Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzung für Vorsteuerabzug bei beabsichtigter steuerpflichtiger Verwendung der Eingangsumsätze
Leitsatz (NV)
Durch die EuGH-Urteile Schloßstraße (Slg. 2000, I-4279, BFH/NV 2001, Beilage 1, 15), Breitsohl (Slg. 2000, I-4321, BFH/NV 2001, Beilage 1, 20) und INZO (Slg. 1996, I-857, BStBl II 1996, 655) und die daran anschließende Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass dem Unternehmer unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug zusteht, wenn er zur Zeit des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, die Eingangsumsätze für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden. Die Frage, welche objektiven Nachweise für diese Absicht zu verlangen sind, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und ist deshalb keine Rechtsfrage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; UStG 1993 § 15
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Streitjahr 1997 bei einem Werbeunternehmen nichtselbständig tätig. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machte sie bei den hieraus erzielten Einkünften Werbungskosten für Fahrten mit dem eigenen PKW zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an 230 Tagen geltend.
Im März 1997 erwarb die Klägerin einen neuen PKW zum Nettopreis von 47 826,08 DM zuzüglich 7 173,92 DM Umsatzsteuer.
Am … Oktober 1997 meldete sie bei der Verbandsgemeindeverwaltung A das Gewerbe "Service und Beratung" an; die Tätigkeit sollte am … Oktober beginnen.
Im März 1998 gab die Klägerin eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das vierte Quartal 1997 ab, die keine Umsätze, dafür aber Vorsteuerbeträge in Höhe von 1 749,17 DM auswies.
In der im Mai 1998 abgegebenen Jahresumsatzsteuererklärung machte sie u.a. die bei Erwerb des PKW gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend; nach Abzug der Steuer für die private PKW-Nutzung ergab sich ein (Vorsteuer-)Überschuss von 8 540,03 DM.
Bei der Veranlagung der Klägerin zur Umsatzsteuer erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung den Vorsteuerabzug für den PKW nicht an, da die Klägerin erst im Oktober begonnen habe, geschäftliche und unternehmerische Aktivitäten zu entwickeln und der Erwerb des PKW im März im nichtunternehmerischen Bereich erfolgt sei.
Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kam unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94, INZO (Slg. 1996, I-857, BStBl II 1996, 655) zu dem Ergebnis, es fehlten objektive Anhaltspunkte für die Unternehmensbezogenheit der Anschaffung des PKW. In diesem Zusammenhang meinte das FG u.a., die Klägerin sei zwar nicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet gewesen; gleichwohl wäre es ein Indiz für die unternehmerische Anschaffung des PKW gewesen, wenn die Klägerin bereits für den Zeitpunkt der Anschaffung des PKW eine Voranmeldung abgegeben und darin die Vorsteuer für den PKW geltend gemacht hätte.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, die sie auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Die Klägerin rügt Abweichung der Vorentscheidung von den Urteilen des EuGH vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98, Breitsohl (Slg. 2000, I-4321) und INZO (Slg. 1996, I-857, BStBl II 1996, 655). Die vom FG zitierte Entscheidung, Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 26. August 1993 V R 32/91 (BFH/NV 1995, 346) sei durch die EuGH-Urteile überholt. Außerdem meint sie, nach der Begründung der Vorentscheidung hätte die Lieferung des PKW für das Unternehmen damit nachgewiesen werden können, dass die Vorsteuer in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das vierte Quartal erklärt worden wäre; dies sei unrichtig.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). In der Beschwerdeschrift müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
2. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muss sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln, die im Revisionsverfahren geklärt werden kann. An einer revisiblen Rechtsfrage fehlt es, wenn die Entscheidung des Streitfalls nur von der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse abhängt (BFH-Beschluss vom 2. März 1982 VII B 148/81, BFHE 135, 169, BStBl II 1982, 327).
a) Durch die EuGH-Urteile vom 8. Juni 2000 Rs. C-396/98, Schloßstraße (Slg. 2000, I-4279), Breitsohl (Slg. 2000, I-4321) und INZO (Slg. 1996, I-857, BStBl II 1996, 655) und die daran anschließende Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass dem Unternehmer unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes der Vorsteuerabzug zusteht, wenn er zur Zeit des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, die Eingangsumsätze für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden. Die Frage, welche objektiven Nachweise für diese Absicht zu verlangen sind, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und ist deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
b) Es mag zwar sein, dass das vom FG zitierte Urteil des BFH in BFH/NV 1995, 346 durch die genannten Urteile des EuGH überholt ist; aus der Beschwerdeschrift (und der Vorentscheidung) ergibt sich aber nicht, dass das FG aus dem Urteil des BFH Konsequenzen gezogen hat, die den Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung und der Folgerechtsprechung des BFH widersprechen.
c) Es ist auch zutreffend, dass es rechtlich unzulässig gewesen wäre, wenn die Klägerin die Vorsteuer für den PKW in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das vierte Quartal 1997 geltend gemacht hätte. Gleichwohl durfte das FG bei der Sachverhaltsermittlung, ob die Klägerin bereits beim Erwerb des PKW (am 3. März 1997) beabsichtigte, diesen für steuerpflichtige Umsätze zu verwenden, u.a. auch die Tatsache berücksichtigen, dass die Klägerin weder in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste Quartal noch in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das vierte Quartal den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte.
2. Aus den vorgenannten Gründen erscheint auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich; jedenfalls ergibt sich die Erforderlichkeit nicht schlüssig aus der Beschwerdebegründung.
Fundstellen