Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung einer selbst genutzten Immobilie gegen Versorgungsleistungen
Leitsatz (NV)
- Die Frage, ob die Übertragung einer selbst genutzten Immobilie gegen Versorgungsleistungen ein Anschaffungsgeschäft darstellt, ist durch das BFH-Urteil vom 10. November 1999 X R 10/99 (BFHE 190, 413) geklärt.
- Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage reicht der Vortrag nicht aus, das FG habe den Vorlagebeschluss des BFH vom 10. November 1999 X R 46/97 (BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188) nicht ausreichend beachtet und auch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847), den das Bundesministerium der Finanzen durch Verwaltungsanweisungen umgesetzt habe, unzutreffend angewendet.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a; EigZulG; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) bekam von ihrem Vater ein Einfamilienhaus übertragen, das sie mit ihrem Ehemann selbst nutzt. Im Gegenzug verpflichtete sie sich zur Zahlung einer lebenslangen Rente. In Höhe des Kapitalwerts der Rente nahm die Klägerin Anschaffungskosten an und beantragte die Gewährung von Eigenheimzulage.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) lehnte dies ab, weil es sich um keinen Anschaffungsvorgang, sondern um eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen handele.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. November 1999 X R 10/99 (BFHE 190, 413) statt.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt das FA Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Klägerin beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des FA ist unzulässig. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe sind entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht schlüssig dargelegt.
1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung fehlt es bereits an der Bezeichnung einer konkreten für grundsätzlich gehaltenen Rechtsfrage. Selbst wenn man unterstellt, dass das FA die Frage für klärungsbedürftig hält, ob die Übertragung einer selbst genutzten Immobilie gegen Versorgungsleistungen ein Anschaffungsgeschäft oder eine unentgeltliche Vermögensübergabe darstellt, ist die Beschwerde unschlüssig, weil diese Frage durch das vom FG herangezogene BFH-Urteil in BFHE 190, 413 im Sinne der Vorentscheidung geklärt ist. Das FA hätte sich mit dieser BFH-Entscheidung auseinander setzen und darlegen müssen, warum es im Allgemeininteresse erneut eine Befassung des BFH mit dieser Frage für erforderlich hält. Der Vortrag, das FG habe den Vorlagebeschluss des BFH vom 10. November 1999 X R 46/97 (BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188) nicht ausreichend beachtet, es habe auch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847), den das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch Verwaltungsanweisungen umgesetzt habe, unzutreffend angewendet, reicht dazu nicht aus, weil damit nur die vermeintliche Unrichtigkeit der Vorentscheidung gerügt wird.
Entgegen der Auffassung des FA ist auch nicht zu erwarten, dass der Große Senat des BFH aufgrund der Ausführungen des Vorlagebeschlusses in BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188 darüber entscheiden wird, ob das BMF-Schreiben vom 23. Dezember 1996 (BStBl I 1996, 1508 in Tz. 11, 13 und 14) eine gegen Zusage von Versorgungsleistungen erworbene selbst genutzte Immobilie zu Recht dem so genannten "Typus 1" zugeordnet, d.h. als ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit beurteilt hat. Die vom FA zitierten nur beiläufigen Ausführungen des Vorlagebeschlusses (unter IV. 4. der Gründe) betreffen nicht die Vorlagefrage. Im Übrigen entsprechen diese Ausführungen des Vorlagebeschlusses auch dem nachfolgenden BFH-Urteil in BFHE 190, 413, mit dem sich der BFH bereits von dem vorgenannten BMF-Schreiben distanziert hat.
2. Auch die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind nicht schlüssig dargelegt. Es ist aus der Beschwerdebegründung nicht ersichtlich, weshalb trotz des bereits vorliegenden BFH-Urteils in BFHE 190, 413 die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten sein könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 708637 |
BFH/NV 2002, 646 |