Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB; Ermessenserwägungen für die Festsetzung des Verspätungszuschlages
Leitsatz (NV)
Mit welchem Gewicht bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages zu berücksichtigen ist, dass sich der Zahlungsanspruch verringert und die verspätete Abgabe nicht zu einem Zinsvorteil geführt hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
Normenkette
AO 1977 § 152; FGO § 115
Tatbestand
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) setzte gegenüber der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 1996 einen Verspätungszuschlag fest. Bei der Festsetzung berücksichtigte das FA, dass die Klägerin die Umsatzsteuererklärung erst nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen abgegeben hatte, ferner die Dauer der Fristüberschreitung, die wiederholte Säumigkeit und das Fehlen von Entschuldigungsgründen. Dem Umstand, dass die Festsetzung wegen höherer Umsatzsteuervorauszahlungen zu einer Erstattung geführt habe, komme angesichts der übrigen Gründe kein besonderes Gewicht zu.
Die Klägerin ist der Auffassung, ein Verspätungszuschlag habe nicht festgesetzt werden dürfen, weil sie wegen der Erstattung aus der verspäteten Abgabe der Erklärung keinen Vorteil gezogen habe. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, das FA habe alle für die Ermessensentscheidung maßgeblichen ―und grundsätzlich gleichwertigen― Gesichtspunkte erwogen und gegeneinander abgewogen.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Urteil des FG beruht ―entgegen der Auffassung der Klägerin― auf keinem Rechtssatz, der von einem Rechtssatz des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Dezember 1988 V R 169/83 (BFHE 155, 46, BStBl II 1989, 231) abweicht.
a) Den von der Klägerin zur Begründung ihrer Divergenzrüge behaupteten Rechtssatz ―dem Zahlungsanspruch müsse besonderes Gewicht bei der Ermessensentscheidung zukommen― enthält das Urteil in BFHE 155, 46, BStBl II 1989, 231 offensichtlich nicht; denn mit dem Hinweis, die Oberfinanzdirektion (OFD) habe der Höhe des Zahlungsanspruches "keine genügende Beachtung geschenkt" hat der BFH ―lediglich― beanstandet, die OFD habe bei ihrer Ermessensentscheidung unberücksichtigt gelassen, dass sich seit der erstmaligen Festsetzung des Verspätungszuschlages aufgrund von Änderungen des Umsatzsteuerbescheides der Zahlungsanspruch erheblich verringert hatte. Ermessensfehlerhaft war hiernach allein, dass die OFD diesen Umstand bei der Ermessensentscheidung überhaupt nicht erwogen hatte.
b) Die Frage des fehlenden Zinsvorteils der Klägerin hat das FG in seine Überprüfung der Ermessensentscheidung der Finanzbehörden ausdrücklich miteinbezogen. Zwar kommt das FG im Rahmen seiner durch § 102 FGO begrenzten Überprüfung der Ermessensentscheidung zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls der fehlende Zinsvorteil der Klägerin der Festsetzung des Verspätungszuschlages weder dem Grunde noch der Höhe nach entgegengestanden hat. Damit setzt es sich jedoch nicht in Widerspruch zu der herangezogenen BFH-Entscheidung. Diese verlangt nur, dass auch der Umstand des fehlenden Zinsvorteils in die Abwägung des Für und Wider miteinbezogen werden muss, schreibt aber nicht vor, wie er im Rahmen dieser Abwägung zu gewichten ist bzw. welche Folge er haben müsste.
Fundstellen
Haufe-Index 426244 |
BFH/NV 2000, 1178 |