Entscheidungsstichwort (Thema)
Verteilung der (objektiven) Beweislast im AdV-Verfahren
Leitsatz (NV)
Die Unsicherheit darüber, ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer Grunderwerbsteuerbefreiung vorliegen, geht im AdV-Verfahren zu Lasten der Grundstückserwerberin.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 4. September 1981 erwarben die Antragstellerin und ihr Ehemann je zur Hälfte ein bebautes Grundstück. Sie beantragten Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW. Das gekaufte Objekt sei durch Bescheid der Stadtverwaltung vom 26. Januar vorläufig in der Denkmalliste eingetragen worden.
Später teilte der Ehemann der Antragstellerin dem Finanzamt - FA - (Antragsgegner) telefonisch mit, daß ,,das Haus gemäß Urkunde vom 11. Januar 1982 von ihm allein erworben" worden sei. Daraufhin erhob das FA die Steuer für den Erwerb der Antragstellerin. Über deren Einspruch hat es noch nicht entschieden.
Das Begehren der Antragstellerin, die Vollziehung des gegen sie gerichteten angefochtenen Steuerbescheides auszusetzen, lehnte das FA ab. Von einer Widmung des Grundstückes zur Denkmalpflege könne ausgegangen werden, wenn der Erwerber im Jahre des Erwerbes und in den folgenden drei Jahren erhebliche Beträge für Baumaßnahmen aufwende. Diese Voraussetzung sei bei der Antragstellerin offenbar nicht erfüllt, da sie das Grundstück bereits am 11. Januar 1982 weiter veräußert habe.
Das FG hat dem gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 FGO gestellten Antrag stattgegeben. Die Antragstellerin habe die genannte Steuerbefreiung beantragt und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie das Grundstück erwerbe, um es mit Zustimmung der zuständigen Denkmalschutzbehörde dem Denkmalschutz zu widmen. Dafür, daß sie im Erwerbszeitpunkt diese Absicht nicht gehabt habe, sei weder etwas vorgetragen noch aus der Akte oder den Umständen ersichtlich. Mehr als die vorgenannte Absicht verlange § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG nicht.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet.
Es gibt keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides (§ 69 Abs. 2 FGO).
Die Antragstellerin hat durch notariell beurkundeten Vertrag vom 4. September 1981 den Miteigentumsanteil an dem Grundstück erworben und damit den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt; die Grunderwerbsteuer ist danach entstanden.
Ob die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erfüllt hat, ist bisher im Hauptverfahren offen. Wie die Antragstellerin vor dem FG vorgetragen hat, ,,wurde (sie) zu keiner Zeit als Eigentümerin im Grundbuch genannt". Vielmehr sei (unmittelbar) ihr Ehemann als Eigentümer auch der von ihr gekauften Grundstückshälfte eingetragen worden, nachdem sie ihm diese Hälfte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 11. Januar 1982 geschenkt hatte. Wenn sie demnach bereits vier Monate nach dem Kauf der Grundstückshälfte (am 4. September 1981) diese an ihren Ehemann weiter verschenkte, so sprechen die äußeren Umstände dagegen, daß sie bei Abschluß des Kaufvertrages die Absicht hatte, das aufstehende Gebäude i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG der Denkmalpflege zu ,,widmen"; denn eine solche Widmung bedeutet, daß der Erwerber das Grundstück langfristig behält, um die Bausubstanz (ggf. nach einer Renovierung) auf - zumindest längere - Dauer zu erhalten. Ein Zeitraum von etwa vier Monaten nach Abschluß des Grundstückskaufvertrages, der nicht einmal zum Eigentumserwerb führte, reicht in diesem Rahmen nicht aus.
Diese vorgenannte Unsicherheit darüber, ob die Antragstellerin bei dem Erwerb der Grundstückshälfte die Absicht der Widmung i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG hatte und somit die tatsächlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift vorliegen, geht im Aussetzungsverfahren zu Lasten der Antragstellerin. Das entspricht der Verteilung der (objektiven) Beweislast im Hauptverfahren. Auch dort geht es zu Lasten der Antragstellerin, wenn diese Voraussetzungen nicht zu beweisen sind (vgl. dazu den Beschluß des BFH vom 24. April 1985 II B 28/84, BFHE 143, 499, BStBl II 1985, 520).
Aus der von ihr behaupteten mündlichen Auskunft einer Sachbearbeiterin des FA kann die Antragstellerin keine Rechte herleiten.
Daß die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, ist - wie schon das FG ausgeführt hat - weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.
Der angefochtene Beschluß des FG ist dementsprechend aufzuheben und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 414675 |
BFH/NV 1987, 519 |