Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mineralölsteuerbegünstigung bei fehlendem Wärmemengenzähler und fehlenden Anschreibungen
Leitsatz (NV)
1. Wer eine Steuervergütung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 MinöStG 1993 bzw. nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG in Anspruch nehmen will, hat den hierfür erforderlichen Jahresnutzungsgrad der KWK-Anlage von mindestens 70 % unter Angabe der tatsächlich erzeugten mechanischen und thermischen Energie nachzuweisen.
2. Eine Vergütung kommt daher nicht in Betracht, wenn aufgrund eines fehlenden Wärmemengenzählers die erzeugte thermische Energie nicht gemessen werden kann und wenn entgegen einer Verfügung des HZA monatliche Anschreibungen nicht geführt werden.
3. Bei KWK-Anlagen, die nicht als klein angesehen werden könnten, reicht die Vorlage von Herstellerbeschreibungen oder technischen Gutachten zum Nachweis des Jahresnutzungsgrades nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 76; MinöStG 1993 § 25 Abs. 1 S. 1 Nrn. 5, 3b; EnergieStG § 3 Abs. 3, § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EnergieStV § 9 Abs. 2 Nr. 6, § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 01.04.2009; Aktenzeichen 4 K 1904/08 VM) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Landwirt und ließ auf seinem Hof eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage) mit einer elektrischen Leistung von 34 kW und einer thermischen Leistung von 45 kW installieren. Über einen Wärmemengenzähler verfügt die Anlage nicht. Antragsgemäß erteilte ihm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl. Im Dezember 2007 beantragte der Kläger eine Mineralölsteuervergütung für das Kalenderjahr 2006 in Höhe von … €. Hierzu gab er bezogen auf den Vergütungszeitraum die Menge des verbrauchten Heizöls, die Anzahl der Betriebsstunden sowie die erzeugten Mengen an Strom und Wärme an. Ausgehend von einem Heizwert des verwendeten Heizöls von 443.931 kWh ermittelte der Kläger einen Jahresnutzungsgrad der Anlage von 80,91 %. Die beantragte Vergütung lehnte das HZA mit der Begründung ab, dass nach einer durchgeführten Hilfsberechnung der Nutzungsgrad der Anlage nur 59,83 % betrage.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass dem Kläger ein Vergütungsanspruch nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) bzw. ab dem 1. August 2006 nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) deshalb nicht zustehe, weil er den Nachweis eines Jahresnutzungsgrades von mindestens 70 % nicht zu führen in der Lage gewesen sei. Eine zuverlässige Ermittlung der mit der KWK-Anlage tatsächlich erzeugten mechanischen und thermischen Energie sei im Streitfall nicht möglich. Die Anlage verfüge nicht über einen Wärmemengenzähler, so dass die erzeugte thermische Energie nicht habe gemessen werden können. Entgegen einer Verfügung des HZA habe der Kläger keine monatlichen Anschreibungen geführt. Zudem seien die im Vergütungs- und Einspruchsverfahren gemachten Angaben über die erzeugte thermische Energie widersprüchlich. Auf § 10 Abs. 1 Satz 4 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (EnergieStV) könne der Kläger sein Klagebegehren nicht stützen, denn es liege keine kleine geschlossene KWK-Anlage vor. Dass es sich um eine größere Anlage handele, ergebe sich bereits aus einer Bestätigung der Herstellerfirma sowie aus den Angaben des Klägers im Vergütungsantrag. Die schriftsätzlich beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens sei deshalb entbehrlich, weil konkrete Daten über die im Vergütungsabschnitt erzeugte thermische Energie nicht ermittelt worden seien. Ungeeignet zur Ermittlung des Jahresnutzungsgrades seien abstrakte Berechnungen aufgrund von Versuchsreihen mit anderen Anlagen. Entscheidend komme es darauf an, dass die konkrete Anlage den geforderten Wert erreiche. Technische Gutachten könnten schlüssige Angaben des Antragstellers nicht ersetzen.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Unter Verletzung der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) habe es das FG unterlassen, ein Sachverständigengutachten über die insgesamt im Jahr 2006 erzeugte Wärmemenge und darüber einzuholen, dass es aus technischen und physikalischen Gründen ausgeschlossen werden könne, dass die Anlage des Klägers eine geringere Wärmemenge als 220.000 kWh erzeugt habe. Unter Geltung des MinöStG 1993 habe es keine gesetzlichen Vorgaben über die Art und Weise der Beweisführung gegeben. Von Anfang an sei vorgetragen worden, dass die genutzte Wärmemenge zwar nicht konkret gemessen worden sei, diese jedoch aufgrund der technischen Eigenschaften der Anlage und den Versuchsreihen des Herstellers zuverlässig geschätzt werden könne. Soweit das FG davon ausgegangen sei, dass es sich um keine in sich geschlossene Anlage handele, liege ein Missverständnis vor. Tatsächlich könne nirgends Wärmeenergie entweichen. Sämtliche zur Berechnung des Jahresnutzungsgrades notwendigen Daten seien im Streitfall durch Messungen ermittelt worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen, denn der vom Kläger behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.
1. Durch die Ablehnung des Beweisantrags hat das FG nicht gegen die ihm nach § 76 Abs. 1 FGO obliegende Sachaufklärungspflicht verstoßen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 8. Februar 2008 VII B 123/07 (BFH/NV 2008, 993) ausgeführt hat, trifft den Steuerpflichtigen bei der Geltendmachung einer Steuerbegünstigung eine gesteigerte Mitwirkungspflicht. Der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch setzt einen Jahresnutzungsgrad der KWK-Anlage von mindestens 70 % voraus. Nach § 25 Abs. 3b MinöStG 1993 und § 3 Abs. 3 EnergieStG bestimmt sich der Jahresnutzungsgrad nach dem Quotienten aus der Summe der genutzten erzeugten mechanischen und thermischen Energie in einem Kalenderjahr und der Summe der zugeführten Energie aus Energieerzeugnissen in derselben Berichtszeitspanne. In seinem Antrag hat der Vergütungsberechtigte den Vergütungsbetrag selbst zu berechnen und darüber hinaus alle Angaben zu machen, die für die Bemessung der Vergütung erforderlich sind (§ 47 Abs. 2 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung, § 98 Abs. 1 und 3 EnergieStV). Hierzu gehören insbesondere Angaben zur Berechnung des Nutzungsgrades und eine Darstellung der Mengenermittlung sowohl der eingesetzten Energieerzeugnisse als auch der erzeugten genutzten thermischen und mechanischen Energie (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 6 EnergieStV). Die Daten hat der Vergütungsberechtigte der Finanzbehörde in einer Weise zur Verfügung zu stellen, die eine zuverlässige Überprüfung der Vergütungsvoraussetzungen ermöglicht. Dabei erstreckt sich die Mitwirkungspflicht des Vergütungsberechtigten nicht nur auf das Verwaltungsverfahren, sondern auch auf das Klageverfahren, mit dem er seinen Anspruch nach einem erfolglos angestrengten Einspruchsverfahren weiterverfolgt.
2. Aus der maßgeblichen Sicht des FG kam es für die Berechnung des Jahresnutzungsgrades entscheidend auf die Menge der von der KWK-Anlage tatsächlich erzeugten mechanischen und thermischen Energie an. Ausdrücklich hat das FG darauf hingewiesen, dass der zu fordernde Nachweis nicht anhand von abstrakten Berechnungen aufgrund von Versuchsreihen mit anderen Anlagen geführt werden könne. Vielmehr komme es darauf an, dass die konkrete Anlage den vorgegebenen Nutzungsgrad erreiche. Nach der Rechtsauffassung des FG bedarf es zur Berechnung des Nutzungsgrades konkreter und schlüssiger Angaben des Betreibers. Soweit diese nicht vorliegen, ist den Anforderungen des Energiesteuerrechts nicht genüge getan. Wie der Kläger selbst einräumt, wurde die Wärmeenergiemenge nicht konkret gemessen. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger auch keine monatlichen Anschreibungen geführt. Unter diesen Voraussetzungen konnte das FG von der beantragten Beweiserhebung absehen, ohne gegen § 76 Abs. 1 FGO zu verstoßen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die energiesteuerrechtlichen Bestimmungen den positiven Nachweis fordern, dass eine bestimmte Menge an thermischer Energie tatsächlich erzeugt und genutzt wird. Dafür spricht die nunmehr ausdrücklich in § 9 Abs. 2 Nr. 6 EnergieStV aufgenommene Pflicht, bei erstmaliger Antragstellung die Mengenermittlung darzustellen (z.B. durch Angabe der Messtechnik und der verwendeten Zähler). Das in der Beschwerde angesprochene Verfahren, mit dem das Unterschreiten einer bestimmten Wärmeenergiemenge durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens erst nach Ablauf des Vergütungszeitraums ausgeschlossen werden soll, ist somit im Entlastungsverfahren nicht vorgesehen.
3. Soweit die Beschwerde rügt, dass das FG verkannt habe, dass es sich bei der KWK-Anlage um eine geschlossene Anlage handelt, so dass § 10 Abs. 1 EnergieStV Anwendung finden müsse, übersieht der Kläger, dass das FG seine Entscheidung auch darauf gestützt hat, dass die Anlage nichtals klein angesehen werden kann. Nach den Vorgaben der EnergieStV können nur bei kleinen Anlagen der Nutzungsgrad den technischen Beschreibungen entnommen oder technische Gutachten zur Beurteilung herangezogen werden (§ 10 Abs. 1 Satz 4 und 5 EnergieStV). Dass es sich bei der vom Kläger betriebenen Anlage um eine kleine Anlage handeln soll, ist den Ausführungen in der Beschwerdeschrift jedoch nicht zu entnehmen. Insoweit ist die Verfahrensrüge unschlüssig.
Fundstellen
Haufe-Index 2261844 |
BFH/NV 2010, 252 |