Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgesuchs durch anwaltliche Versicherung
Leitsatz (NV)
Die anwaltliche Versicherung der fristgerechten Absendung einer Rechtsmittelschrift genügt zur Glaubhaftmachung seines Vortrages nicht, wenn daneben lediglich eine Fotokopie der Eintragung im Postausgangsbuch vorgelegt wird.
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen der Klägerinnen, Revisionsklägerinnen und Beschwerdeführerinnen (Klägerinnen) wegen Gewinnfeststellung 1980 bis 1983 und Gewerbesteuer-Meßbeträgen 1980 bis 1983 als unbegründet abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Die Urteile wurden dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerinnen am 22. März 1994 zugestellt. Mit Schriftsätzen vom 19. April 1994 -- beim FG eingegangen am 25. April 1994 -- hat der Prozeßbevollmächtigte für die Klägerinnen gegen die Urteile Revision und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Mit Schreiben vom 27. Juni 1994, dem Prozeßbevollmächtigten zugestellt am 4. Juli 1994, hat der Vorsitzende des erkennenden Senats den Prozeßbevollmächtigten darauf hingewiesen, daß die Rechtsmittel verspätet eingegangen sind. Dieser beantragte daraufhin, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, daß er die Rechtsmittelschreiben persönlich am Mittwoch, dem 20. April 1994, zur Hauptpost in X gegeben habe. Er habe auf die normale Postlaufzeit vertraut, nach der die Schreiben rechtzeitig beim FG hätten eingehen müssen. Den Anträgen ist die Ablichtung eines Blattes aus dem Postausgangsbuch des Prozeßbevollmächtigten beigefügt, aus dem sich ergibt, daß am 20. April ... ein Schreiben an das "Finanzgericht Y" abgesandt wurde. Den Anträgen ist außerdem eine Erklärung des Prozeßbevollmächtigten beigefügt, mit der dieser die Richtigkeit seines Vortrags an Eides Statt versicherte.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde und Revisionen sind unzulässig.
1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision, nach § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils des FG einzulegen. Diese Frist endete hier mit Ablauf des 22. April 1994. Revisionen und Beschwerden sind aber erst am 25. April 1994 -- und damit verspätet -- beim FG eingegangen.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO war den Klägerinnen nicht zu gewähren.
Die rechtzeitige Aufgabe der Schriftstücke zur Post ist nicht nachgewiesen. Die anwaltliche Versicherung allein reicht hierfür nicht aus (vgl. Senatsbeschluß vom 25. April 1995 VIII R 86/94, BFH/NV 1995, 1002 m. w. N.). Die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zusätzlich erforderlichen objektiven Beweismittel -- wie die Eintragung im Postausgangsbuch -- sind im Streitfall ohne Aktenzeichen und ohne Hinweis auf die Parteien des Rechtsstreits nicht beweiskräftig oder -- wie die Eintragung der Frist im Fristenkontrollbuch und deren Löschung aufgrund der Eintragung im Postausgangsbuch -- nicht vorgelegt. Die Beweismittel müssen aber im Zeitpunkt der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag präsent sein (vgl. BFH in BFH/NV 1995, 1002 m. w. N.).
Der Senat weist ergänzend darauf hin, daß die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO nicht gegeben sind. Ein späterer Wechsel in der Zuständigkeit des Spruchkörpers läßt die Wirksamkeit der Verzichtserklärung unberührt (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1980 7 B 27.80, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts S. 310, § 101 VwGO Nr. 10; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 90 Rdnr. 16).
Fundstellen
Haufe-Index 421276 |
BFH/NV 1996, 566 |