Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Kennzeichnung der Umschließungen, in die fremdes Bier in einer Brauerei umgefüllt wird.
Normenkette
BierStG §§ 9, 12; BierStDB §§ 16-17, 19-20, 51-53, 84; AO § 192
Tatbestand
Mit Bescheid vom 10. August 1953 forderte das Hauptzollamt die Beschwerdegegnerin - Bgin. - gemäß § 202 Abs. 6 der Reichsabgabenordnung - AO - (richtigerweise Abs. 9 - vgl. Gesetz zur änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 11. Juli 1953 - Bundesgesetzblatt - BGBl. - I S. 511) unter Androhung eines Erzwingungsgeldes auf, ab 11. Oktober 1953 das in ihre Brauerei eingebrachte und auf Flaschen umgefüllte Bier einer fremden Brauerei mit ihrem (der Bgin.) Namen zu kennzeichnen, wobei ihr freigestellt wurde, dabei zusätzlich einen Vermerk über die Lieferbrauerei anzubringen. Auf die gegen diesen Bescheid eingelegte Beschwerde hat das Finanzgericht mit Beschluß IV 21/53 B vom 30. September 1953 die Verfügung des Hauptzollamts aufgehoben. Gegen den Beschluß des Finanzgerichts hat das Hauptzollamt Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Bundesminister der Finanzen ist mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1953 III C - V 2230 - 9/53 dem Verfahren beigetreten.
Das Hauptzollamt stützt seine Rechtsbeschwerde auf den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 1. April 1953 III C - V 2154 - 1/53 (Bundeszollblatt - BZBl. - S. 157), durch den zur Erzielung gleichmäßiger Handhabung angeordnet wurde, daß Brauereien, die fremdes Bier in ihren Brauereibetrieb aufnehmen und auf Flaschen umfüllen, diese gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz (BierStDB) mit ihrem Namen kennzeichnen müssen, da zum Begriffe "herstellen" auch das Umfüllen in Flaschen gehöre. In einem Schreiben vom 30. Mai 1953 III C - V 2154 - 3/53 an den Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien verweist der Bundesminister der Finanzen zur Begründung seiner Anordnung vom 1. April 1953 auf § 16 BierStDB, stellt es jedoch den abfüllenden Brauereien frei, bei der Kennzeichnung Etiketten zu verwenden, auf denen - gemeinsam oder getrennt - die Lieferbrauerei und die abfüllende Brauerei angegeben sind.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 4 Ziff. 1 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 (BGBl. S. 257) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 BierStDB muß auf anderen Versandgefäßen als Fässern der Name und der Ort der Brauerei, in der das Bier hergestellt worden ist, angegeben sein. Im Streitfalle besteht daher eine Kennzeichnungspflicht für die Bgin. mit ihren Flaschenetiketten nur, wenn das Umfüllen betriebsfremden Bieres aus Fässern in Flaschen als Teil der Herstellung anzusehen ist.
§ 61 BierStDB kann zur Entscheidung dieser Frage nicht herangezogen werden. Nach dieser Bestimmung umfassen die Ausdrücke "Bereitung von Bier" und "Bierbereitung" zwar alle Teile der Herstellung und Behandlung des Bieres im weitesten Sinne in der Brauerei wie außerhalb davon (beim Bierverleger, beim Wirt und dergleichen) bis zur Abgabe des Bieres an den Verbraucher. § 16 BierStDB ist aber zu § 9 Abs. 1 bis 4 des Biersteuergesetzes (BierStG) ergangen und erläutert daher den Begriff "Bierbereitung" im Sinne des dort aufgestellten Reinheitsgebotes. Dieser Begriff ist deshalb für die vorliegende Frage nicht maßgebend. Abgesehen davon wird Bier durch bloßes Umfüllen nicht behandelt; denn Behandeln ist z. B. das Verwenden von Bierklärmitteln nach § 17 Abs. 2 BierStDB, das Vorbehandeln des Brauwassers nach § 19 BierStDB und das Zusetzen von Kohlensäure nach § 20 Abs. 3 BierStDB.
Auch die Bestimmung des § 84 BierStDB, die im Zusammenhang mit der Anleitung zur Schwundfestsetzung (Anl. E zu § 84) die Schwundermittlung regelt, macht das bloße Umfüllen fremden Bieres in der Brauerei nicht zu einem Teil der Herstellung. Mit dem Bundesminister der Finanzen geht der erkennende Senat zwar einig, daß das Abfüllen des Bieres auf die Versandgefäße (so § 84 Abs. 1 BierStDB, während Abs. 1 der Anl. E vom Abfüllen des Bieres im Lagerkeller spricht) noch zum Herstellen gerechnet werden kann, weil erst mit diesem Abfüllen das Bier "fertig" im Sinne von § 12 Abs. 4 BierStG und § 51 BierStDB ist. § 84 BierStDB setzt aber nach Ansicht des Senats einen regelmäßigen Herstellungsprozeß voraus. Ein bloßes Umfüllen betriebsfremden Bieres ohne weitere Bearbeitung des Bieres kann nach dieser Bestimmung nicht als ein Herstellen angesehen werden.
Eine Verminderung der steuerbaren Biermenge durch das Umfüllen (der Umfüllverlust) macht das Umfüllen fremden Bieres auch nicht zum Herstellungsvorgang. änderung des Stammwürzegehalts durch verbotswidriges Zusetzen von Zucker oder von Wasser beim Umfüllen und die Beeinflussung der Besteuerungsgrundlagen durch derartige unerlaubte Handlungen fallen unter "Bearbeiten" des Bieres, das dieses zu einem Erzeugnis der bearbeitenden Brauereien macht.
Das Umfüllen steht schließlich auch nicht auf der gleichen Stufe, wie das Verpacken in anderen Verbrauchsteuergesetzen, wo der Verpackungszwang herrscht, so daß die steuerbaren Gegenstände erst dann "fertig" sind, wenn sie wie Tabakerzeugnisse nach § 8 der Tabaksteuer-Durchführungsbestimmungen, Süßstoff nach § 17 der Durchführungsbestimmungen zum Süßstoffgesetz und Zündwaren nach § 17 der Durchführungsbestimmungen zum Zündwarensteuergesetz vorschriftsmäßig verpackt sind, d. h. das Verpacken gehört hier zum Herstellen.
Gehört demnach das bloße Umfüllen betriebsfremden Bieres nicht zum Herstellen, so braucht die Umfüllbrauerei auf den Versandgefäßen nicht vermerkt zu werden. Würde man das Umfüllen als Herstellen ansehen, dann müßten auch die Bierverleger, die Bier umfüllen, als Hersteller mit allen biersteuerrechtlichen Folgen behandelt werden.
Wenn die Kennzeichnung der Versandgefäße (nach § 52 Abs. 1 Satz 3 und § 53 Abs. 2 Satz 1 BierStDB) als Maßnahme der Steueraufsicht auf Grund des § 12 Abs. 1 BierStG und § 192 AO den steuerlich verantwortlichen Betrieb erkennbar machen soll, so muß die Umfüllbrauerei, die das Fremdbier aufgenommen und umgefüllt hat, zu dieser Kennzeichnung in den Durchführungsbestimmungen verpflichtet werden. Der nur als eine innerdienstliche Verwaltungsanweisung anzusehende Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 1. April 1953 (BZBl. S. 157) kann eine solche Rechtsverordnungsvorschrift nicht ersetzen.
Nach den geltenden Bestimmungen ist mithin die Verfügung des Hauptzollamts vom 10. August 1953 durch den Beschluß des Finanzgerichts vom 30. September 1953 mit Recht aufgehoben worden.
Die Rechtsbeschwerde des Hauptzollamts vom 19. Oktober 1953 gegen diesen Beschluß war daher mit der Kostenfolge aus § 309 AO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408260 |
BStBl III 1955, 314 |
BFHE 1956, 297 |
BFHE 61, 297 |