Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine entsprechende Anwendung der für Dienstreisen geltenden Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand bei Fahrtätigkeit

 

Leitsatz (NV)

Bis zur Neuregelung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand durch das Jahressteuergesetz 1996 sind die in den Lohnsteuer-Richtlinien bestimmten Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand bei Fahrtätigkeit weiter anzuwenden.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1; LStR 1990 Abschn. 39 Abs. 6

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1990 als Kraftfahrer tätig. Nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers war er an 17 Tagen mehr als 6 Stunden und an 183 Tagen mehr als 12 Stunden unterwegs. Er erledigte am Betriebssitz keine fahreruntypischen Arbeiten.

Im Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen von 3 064 DM an. Dies entsprach der in Abschn. 39 Abs. 6 der Lohnsteuer-Richtlinien 1990 (LStR) getroffenen Regelung über die Höhe von Verpflegungsmehraufwendungen bei Ausübung einer Fahrtätigkeit. Mit ihrem Einspruch begehrten die Kläger Verpflegungsmehraufwendungen von insgesamt 6 575 DM. Sie begründeten dies mit dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 9. November 1990 IV 8940/88 L (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1991, 313). Darin hatte das FG bei einem Berufskraftfahrer Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der Dienstreisepauschalen anerkannt.

Das FG gab der Klage, mit der die Kläger weitere Werbungskosten in Höhe von 3 511 DM begehrten, statt. Es meinte, dem Kläger seien die für Dienstreisen geltenden -- höheren -- Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand zu bewilligen. Es könne für die Höhe des Verpflegungsmehraufwands nicht darauf ankommen, ob am Betriebssitz fahreruntypische Tätigkeiten auszuüben seien. Das Urteil ist in EFG 1995, 1011 veröffentlicht.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. Abschn. 39 Abs. 6 LStR. Es macht außerdem eine Divergenz zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1994 VI R 74/94 (BFH/NV 1995, 673) geltend.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung. Das FG hat zu Unrecht weitere Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) berücksichtigt.

Der vom FA anerkannte Verpflegungsmehraufwand entspricht der in Abschn. 39 Abs. 6 LStR getroffenen Regelung über Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Fahrtätigkeit, wie sie der Kläger ausgeübt hat. Der Senat hat in dem Urteil vom 26. Januar 1994 VI R 118/89 (BFHE 173, 174, BStBl II 1994, 529) entschieden, daß die in den LStR getroffenen Regelungen über Verpflegungsmehraufwendungen bei eintägiger Auswärtstätigkeit trotz ihrer Ungereimtheiten grundsätzlich aus Gründen der Kontinuität für eine Übergangszeit weiter anzuwenden sind. Das bedeutet, daß für die Übergangszeit bis zu einer Neuregelung tatsächlich bestehende Ungereimtheiten in der Regel hinzunehmen sind. Jedenfalls dürfen die Finanzgerichte bestehende Ungereimtheiten der bisherigen Regelungen in den LStR nicht in der Weise beseitigen, daß sie die Pauschbeträge der LStR noch weiter erhöhen.

Die Beträge, die das FA bereits in Übereinstimmung mit der in Abschn. 39 Abs. 6 LStR getroffenen Regelung anerkannt hat, sind nicht zu niedrig. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Neuregelung, die der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 durch das Jahressteuergesetz vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) getroffen hat. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 Buchst. c EStG 1996 steht einem Steuerpflichtigen mit einer Auswärtstätigkeit bei einer Abwesenheit von mindestens 10 Stunden, aber weniger als 14 Stunden ein Pauschbetrag von nur 10 DM zu. Bei einer Abwesenheit von weniger als 10 Stunden sind überhaupt keine Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen. Tatsächlich hatte das FA aber bereits Verpflegungsmehraufwendungen von 8 DM bzw. 16 DM pro Tag als Werbungskosten anerkannt.

Dementsprechend hat das Thüringer FG in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 21. Juni 1995 I 150/90 (EFG 1995, 1010) zu Recht entschieden, daß bis zu einer Neuregelung der Reisekostenpauschalen die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand bei Fahrtätigkeit weiter anwendbar sind.

Soweit das FG im Streitfall den Vortrag für glaubhaft gehalten hat, daß dem Kläger ein Aufwand für auswärtige Verpflegung von mindestens ca. 30 DM pro Tag entstanden sei, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, woraus es die Glaubhaftigkeit dieses Vortrags ableitet. Unstreitig hat der Kläger keine Belege über seinen behaupteten Verpflegungsaufwand vorgelegt. Es kann deshalb offenbleiben, ob im Falle eines Nachweises überhaupt ein höherer Betrag als der vom FA anerkannte zu berücksichtigen gewesen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421336

BFH/NV 1996, 544

BB 1996, 1048

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