Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Hausverwalter mit umfangreichen Hausverwaltungen, die zur Durchführung der laufenden Verwaltungsarbeiten, z. B. der Buchungsarbeiten, ständig Angestellte beschäftigen, sind Gewerbetreibende.
Normenkette
EStG §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 3; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist Hausverwalterin. Sie verwaltete im Veranlagungszeitraum 1949 23 Privathäuser, 20 unter Treuhandverwaltung stehende Gebäude und 8 Ruinengrundstücke; weitere 3 Grundstücke wurden nicht ständig von ihr betreut. Die Bfin. hat zur Durchführung ihrer Verwaltungsaufgaben fünf Angestellte beschäftigt, außerdem einen selbständigen Betriebsberater zunächst stundenweise und dann für etwa zwei Monate als Vertreter einer erkrankten und später beurlaubten Angestellten. Das Finanzamt sah die Tätigkeit der Bfin. als gewerblich und nicht als freiberuflich im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) an; es zog die Bfin. unter Zugrundelegung eines Gewerbeertrags von 5.500 DM nach einem Steuermeßbetrag von 100 DM für 1949 zu einer Gewerbesteuer von 225 DM heran. Einspruch und Berufung hiergegen hatten keinen Erfolg.
Die Vorbehörde führte aus, für die Feststellung, ob eine ihrem Wesen nach freiberufliche Tätigkeit im einzelnen Fall als gewerblich anzusehen sei, komme es entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige die Tätigkeit ausschließlich oder doch überwiegend persönlich ausübe oder ob er mit Hilfe von Angestellten seine Arbeitskraft vervielfache. Die Bfin. habe zur Bewältigung ihrer umfangreichen Verwaltungsarbeiten eine beachtliche Zahl von Angestellten beschäftigt. Diese Angestellten hätten u. a. die Abrechnungen für Treuhänder und Privatkundschaft sowie den Abschluß von Mietverträgen vorbereitet, das Mietinkasso durchgeführt, die Notwendigkeit von Hausreparaturen untersucht, diese beaufsichtigt, die dafür eingereichten Handwerkerrechnungen geprüft und die Buchführung einschließlich der Konten der verwalteten Grundstücke geführt. Die Bfin. habe durch die übertragung dieser Arbeiten auf ihre Angestellten ihre Arbeitskraft vervielfacht. Sie wäre sonst auch nicht in der Lage gewesen, 54 in verschiedenen Stadtteilen gelegene Häuser mit zum Teil 20 und mehr Wohnungen zu verwalten.
Mit der Rechtsbeschwerde trägt die Bfin. vor, die Annahme der Vorbehörde, sie habe ihre Arbeitskraft mit Hilfe ihrer Angestellten vervielfacht, stehe mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Widerspruch. Die Angestellten hätten lediglich mechanische oder technische Funktionen gehabt, insbesondere Büroarbeiten erledigt. Diese Entlastung der Bfin. könne nicht als Vervielfachung ihrer Arbeitskraft angesehen werden. Die Vorbereitung der Abrechnungen durch die Angestellten sei z. B. eine rein mechanische Tätigkeit. Das gleiche gelte auch für die Vorbereitung der Mietverträge, bei denen die Angestellten lediglich Personalien, Anschrift sowie Art und Zahl der vermieteten Räume festgestellt hätten, ohne einen Einfluß auf den Inhalt der Verträge nehmen zu können. Das Mietinkasso bestehe lediglich in der Entgegennahme der von den Mietern gezahlten Beträge und ihrer Verbuchung. Die Prüfung der Handwerkerrechnungen sei größtenteils eine rechnerische und technische Angelegenheit, zu der ebenfalls keine besonders vorgebildeten Fachkräfte benötigt würden. Die Berufungsentscheidung habe dies verkannt und die mechanisch- technischen Hilfeleistungen zu Unrecht als Vervielfachung der Arbeitskraft der Bfin. gewertet.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil VI 311/38 vom 15. Juni 1938 (Slg. Bd. 44 S. 157, Reichssteuerblatt - RStBl - 1938 S. 842) ausgeführt, die Tätigkeit eines Hausverwalters könne eine selbständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG sein, und zwar sei Voraussetzung, daß die persönliche Arbeitsleistung des Hausverwalters im Vordergrund stehe und die Tätigkeit mitarbeitender Personen sich auf Hilfeleistungen beschränkte. Es ist möglich, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn ein Hausverwalter nur wenige Häuser betreut. Sobald eine Hausverwaltung jedoch eine größere Anzahl von Gebäuden umfaßt, erreicht die laufende typische Verwaltungsarbeit erfahrungsgemäß ein solches Ausmaß, daß sie von dem Hausverwalter nicht allein bewältigt werden kann. Bei umfangreicheren Hausverwaltungen und der dadurch bedingten ständigen Beschäftigung mehrerer Mitarbeiter ist der Verwalter nicht mehr als alleiniger Träger der typischen Verwaltungsarbeit anzusehen. Diese laufende Verwaltungsarbeit besteht in erheblichem Umfang in mehr technischer, z. B. buchlicher, Handwerkerleistungen überwachender und ähnlicher Tätigkeit. Eine Aufspaltung der Verwaltertätigkeit in eine geistige leitende Tätigkeit und in technische minder zu bewertende Arbeiten, deren Erledigung durch dritte, angestellte Personen gewerbesteuerlich unschädlich ist, etwa wie bei einem Rechtsanwalt mit Büropersonal oder einem Arzt mit Sprechstundenhilfe, ist deshalb abzulehnen, abgesehen von der Beschäftigung bloßer Schreibkräfte oder Boten. Auch sonst wird beispielsweise die Buchführung für andere, die im wesentlichen durch Angestellte besorgt wird und bei der sich der Berufsträger auf die Leitung und Aufsicht beschränkt, von der Rechtsprechung nicht mehr als selbständige Arbeits- (Berufs-) tätigkeit, sondern als gewerbliche Betätigung angesehen. Dieser Grundsatz hat dazu geführt, daß Steuerberater mit Buchstellenbetrieben als Gewerbetreibende zu behandeln sind (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 471/38 vom 17. August 1938, Slg. Bd. 44 S. 324, RStBl 1938 S. 915).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall besteht kein Zweifel an der von der Vorbehörde bejahten gewerblichen Tätigkeit der Bfin.; denn die Verwaltung von 54 Grundstücken kann von einer Person ohne eine weitgehende Entlastung in der laufenden Verwaltungsarbeit durch Angestellte nicht durchgeführt werden. Auch die Zahl der Angestellten spricht bereits gegen die Annahme einer selbständigen Arbeit der Bfin. Die Feststellung der Vorbehörde, daß ihre Angestellten nicht nur mechanische Hilfsarbeiten verrichteten, sondern auch Aufgaben erfüllten, die die Bfin. von typischen Aufgaben eines Hausverwalters entlasteten, ist nicht zu beanstanden. Das gilt insbesondere hinsichtlich des von der Bfin. beschäftigten Dipl.-Ingenieurs und der Angestellten, die in der Hauptsache die Buchungs- und Abrechnungsarbeiten erledigen.
Fundstellen
Haufe-Index 408349 |
BStBl III 1956, 45 |
BFHE 1956, 120 |
BFHE 62, 120 |