Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit eines Grundstücks- und Hausverwalters ist eine gewerbliche Tätigkeit, wenn der Umfang der von ihm zu bewältigenden Aufgaben die ständige Beschäftlgung dritter Personen als Mitarbeiter erfordert.
Normenkette
EStG §§ 15, 18; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) hinsichtlich seiner Tätigkeit als Hausverwalter der Gewerbesteuerpflicht unterliegt.
Der Steuerpflichtige war in den streitigen Erhebungszeiträumen (1962 bis 1966) mit der Verwaltung von etwa 70 bis 80 Grundstücken vorwiegend im Ausland wohnhafter Mandanten betraut, die er mit Hilfe von drei Kontoristinnen, einer Stenotypistin, eines Lehrlings (bei einem Personalkostenaufwand in Höhe von 34 000 bis 37 500 DM) und der unentgeltlichen Mitarbeit seiner Ehefrau wahrnahm. Seine Tätigkeit umfaßte nach seinen Ausführungen zu einem großen Teil Aufgaben, die einer Grundstücks- und Hausverwaltung an sich nicht wesenseigen sind (wie die selbständige Entscheidung über Vornahme, Art und Umfang substanzerhaltender und renditefördernder Maßnahmen, Prüfung von Kostenvoranschlägen und Baurechnungen, Abgabe von Einkommen- und Vermögensteuererklärungen für die beschränkt steuerpflichtigen Mandanten und deren Vertretung in Hypothekengewinnabgabe[HGA]-Erlaß und -Herabsetzungsverfahren). Außerdem betätigte sich der Steuerpflichtige als Makler beim Verkauf von Grundstücken, bei der Beschaffung von Heizmaterial und beim Abschluß von Bausparverträgen.
Der Revisionsbeklagte (das FA) sah den Steuerpflichtigen nach genauerer Kenntniserlangung über Art und Umfang seiner Tätigkeit als Gewerbetreibenden an. Die gegen die Gewerbesteuerbescheide vom 22. August 1968 unmittelbar zum FG erhobene Klage (§ 45 FGO) blieb ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Die vom Steuerpflichtigen als Hausverwalter ausgeübte Tätigkeit sei angesichts ihres Umfanges (Verwaltung von rund 80 Grundstücken mit rund 1 500 bis 2 000 Mietern) und der damit bedingten Notwendigkeit der Beschäftigung ständiger Mitarbeiter eine gewerbliche Tätigkeit (Urteil des BFH IV 395/54 U vom 1. Dezember 1955, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 62 S. 120 - BFH 62, 120 -, BStBl III 1956, 45). Der Steuerpflichtige verkenne, daß es sich bei den von seinen Mitarbeitern zu leistenden Arbeiten (wie Führung und Überwachung von Mietkonten, Erstellung der monatlichen Abrechnungen, der Lohnabrechnungen für die Hauswarte und dgl.) nicht um mehr mechanische Hilfsarbeiten handele, sondern daß seine Mitarbeiter Aufgaben erfüllten, die zu den typischen Aufgaben eines Hausverwalters gehörten. Abgesehen von bestimmten Schreibarbeiten einfacher Art und Botendiensten könne die übrige Tätigkeit eines Hausverwalters auch nicht in eine geistig leitende Tätigkeit und eine technische, minder zu bewertende Arbeit aufgespalten werden. Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG setze voraus, daß die zu leistende Arbeit ausschließlich oder fast ausschließlich von dem Berufsträger selbst erbracht werde. Daß die vom Steuerpflichtigen zu leistende Verwaltungsarbeit angesichts des inländischen Grundbesitzes ausländischer Grundstückseigentümer über den Rahmen einer normalen Hausverwaltung weit hinausgehe, werde nicht verkannt. Doch gerade der Umfang und die Besonderheiten seines Aufgabengebiets erforderten eine weitgehende Entlastung durch ständige Mitarbeiter, um ihm für diese besonderen Arbeiten die erforderliche Zeit zu schaffen. Bei dieser Rechtslage komme es nicht mehr darauf an, daß sich der Steuerpflichtige in steigendem Maße auch als Makler und Vermittler anderer Geschäfte betätigt habe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Steuerpflichtigen mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben. Zu ihrer Begründung läßt er vortragen:
Entgegen der Auffassung des FG könne die Entscheidung darüber, ob der Steuerpflichtige selbständig oder gewerblich tätig gewesen sei, nicht auf zwei herausgegriffene Merkmale abgestellt werden. Es müsse vielmehr das Gesamtbild seiner Tätigkeit bestimmend sein. So habe der Steuerpflichtige den Umfang seiner Tätigkeit bewußt auf die Verwaltung von 70 bis 75 bebauten Grundstücken beschränkt, um die mit ihrer Verwaltung verbundene außerdienstliche Überwachungstätigkeit hinsichtlich der Notwendigkeit und Anordnung von Reparaturen persönlich wahrnehmen zu können. Seine Mitarbeiter, deren geringe Zahl schon nicht von einer kaufmännischen Organisation zu sprechen erlaube, seien allein im Innendienst mit einfachen Buchungs- und Schreibarbeiten befaßt gewesen, an deren Erledigung auch der Steuerpflichtige selbst mitarbeitend und überwachend teilgenommen habe. Die für seinen Betrieb bedeutsame Besonderheit liege indes darin, daß seine Mandanten überwiegend im Ausland wohnten. So nehme er - im Gegensatz zum typischen Hausverwalter - bei seinen Mandanten eine besondere Vertrauensstellung ein, die ihm - bedingt durch die Entfernung zu ihren Grundstücken - die Sorge um deren Substanzerhaltung und Rentabilität vollständig überließen und deren Steuerangelegenheiten er - mangels entsprechender Vorkenntnisse bei seinen Mitarbeitern - selbst erledige. Da der Steuerpflichtige für die Erledigung dieser besonderen Arbeiten einen großen Teil seiner Freizeit opfere, sei er in der Lage, sich den allgemeinen, für die Hausverwaltung typischen Aufgaben persönlich in einem Ausmaß zu widmen, das seine Tätigkeit als eine selbständige Tätigkeit ausweise. Wenn heute die allgemeine Entwicklung erhöhte Anforderungen auch an den Hausverwalter stelle, was seine Kenntnisse auf dem Gebiet der Finanzierung, des Grundstücks-, des Miet- und des Steuerrechts anlange, so müsse ihm auf der anderen Seite eine gewisse Entlastung von mechanischen Büroarbeiten zugestanden werden, ohne daß - wie nach der vom FG angezogenen, insoweit als überholt anzusehenden Rechtsprechung - daraus der Schluß auf eine gewerbliche Tätigkeit gezogen werden dürfe.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Wie der BFH in den Urteilen IV 314/52 vom 2. Oktober 1952 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 85), IV 395/54 U (a. a. O.) und VI 63/64 vom 13. Mai 1966 (BFH 86, 305, BStBl III 1966, 489) entschieden hat, ist die Tätigkeit eines Hausverwalters dann als eine gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn der Umfang der zu bewältigenden Verwaltungsarbeit die ständige Beschäftigung von Angestellten erfordert. Die zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG entwickelten Grundsätze hinsichtlich der Vervielfältigung der Arbeitskraft des selbständig Tätigen, später hinsichtlich seiner Leitung und Eigenverantwortlichkeit, gelten nicht auch für die sonstige selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Übersteigt das Ausmaß der laufenden Verwaltungsarbeit, die "in erheblichem Umfang in mehr technischer, wie buchlicher, Handwerkerleistungen überwachender und ähnlicher Tätigkeit" besteht (BFH-Urteil IV 395/54 U, a. a. O.), die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit (so daß auch bei einem selbständig Tätigen - § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG - das Erfordernis der persönlichen Leitung und der Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der Tätigkeit seiner Mitarbeiter nicht mehr als gewahrt angesehen werden kann: BFH-Urteil IV 61/65 U vom 29. Juli 1965, BFH 83, 154, BStBl III 1965, 557) und wird deshalb ein Zurückgreifen auf die qualifizierte Arbeitskraft dritter Personen notwendig, kann von einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr gesprochen werden.
2. Der Steuerpflichtige verkennt, daß auch bei einer weitgehenden persönlichen Wahrnehmung der allgemeinen und der besonderen mit der Hausverwaltung verbundenen Arbeiten durch ihn offensichtlich ein nicht geringes Maß allgemeiner, insbesondere buchtechnischer Arbeiten verblieb, das ebenfalls selbst zu bewältigen seine Arbeitskraft nicht ausreichte. Denn rechnet man auch für einfache, nach vorherigem Diktat zu erledigende Schreibarbeiten 1,5 Arbeitskräfte, so zeigt doch die Beschäftigung von zwei weiteren (fremden) Arbeitskräften und seiner Ehefrau, daß der Steuerpflichtige für die Erledigung typischer Arbeiten der Hausverwaltung der ständigen Beschäftigung dritter Personen nicht entraten konnte. Das allein aber genügt, um seine Tätigkeit als gewerbliche, nicht selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen.
Nicht gegen, sondern für die Notwendigkeit einer ständigen Beschäftigung dritter Personen sprechen die vom Steuerpflichtigen angeführten Besonderheiten seines Betriebes, die seine persönliche Arbeitskraft weitgehend beanspruchten und damit zur Erledigung allgemeiner Verwaltungsaufgaben ein Zurückgreifen auf die Arbeitskraft anderer erforderten. Daß der Steuerpflichtige bemüht war, den Umfang seines Betriebes so zu halten, daß ihm zumindest die Übersicht erhalten blieb, ändert hieran nichts.
Wenn der Steuerpflichtige seine Mitarbeiter als Hilfskräfte bezeichnet, denen nur einfache Büroarbeiten übertragen gewesen seien, so übersieht er, daß sie dennoch die von ihm persönlich nicht mehr zu bewältigenden allgemeinen Aufgaben der Hausverwaltung zur Zufriedenheit erledigten. Auch wenn man unter Berücksichtigung der Entwicklung die Beschäftigung reiner Schreibkräfte als unschädlich ansehen wollte, kann im vorliegenden Streitfall angesichts der Feststellungen des FG über die Aufgabenbereiche, die der Mehrzahl der Mitarbeiter des Steuerpflichtigen zugewiesen waren, nicht mehr von reinen Schreibarbeiten im Sinne mechanischer Hilfsarbeiten die Rede sein.
Fundstellen
Haufe-Index 69371 |
BStBl II 1971, 239 |
BFHE 1971, 215 |