Leitsatz (amtlich)
1. An Entscheidungen der Verkehrsbehörden über den Betrieb (einschließlich Änderung und Erweiterung) einer Linie mit Kraftomnibussen sind auch die Finanzverwaltungsbehörden und Steuergerichte gebunden.
2. Die Finanzverwaltungsbehörden und Steuergerichte entscheiden aber selbst darüber, ob ein von den Verkehrsbehörden genehmigter Linienverkehr mit Kraftomnibussen als Orts- oder Nachbarortslinienverkehr anzusehen ist.
3. Beförderungen im zugelassenen Linienverkehr liegen nicht vor, wenn der Unternehmer ungeachtet der für den Betrieb einer einheitlichen Linie erteilten Genehmigung die vorgesehene Strecke tatsächlich mit mehreren, fahrplanmäßig unterschiedlichen Linien befährt.
4. Ein steuerbegünstigter Nachbarortslinienverkehr kann dann nicht mehr in Betracht kommen, wenn die Zahl der Linienfahrten in beiden Verkehrsrichtungen so gering ist, daß von einer "Häufigkeit" des Verkehrs nicht mehr gesprochen werden kann.
Normenkette
BefStG 1955 § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b, Abs. 2; PBefG 1934 § 2 Ziff. 2, §§ 4, 5 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 Ziff. 1
Tatbestand
Streitig ist in der Revision allein, ob es sich bei den Personenbeförderungen, die die Revisionsklägerin mit ihren Kraftomnibussen auf der Strecke A--B--C--N--I--T--Z durchgeführt hat, um beförderungsteuerfreien Orts- oder Nachbarortslinienverkehr im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 5 b, Abs. 2 des Beförderungsteuergesetzes in der Fassung vom 13. Juni 1955 (BefStG) in Verbindung mit § 13 der Beförderungsteuer-Durchführungsverordnung vom 8. Oktober 1955 (BefStDV) handelt.
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige -- Stpfl. --) ist Inhaberin eines Verkehrsunternehmens, das auf mehreren Strecken im Raum L, A und S die Personenbeförderung mit Kraftomnibussen im Linienverkehr betreibt. Bei der Mehrzahl der Strecken handelt es sich um solche im steuerbefreiten Orts- und Nachbarortslinienverkehr. Anläßlich einer Beförderungsteuerprüfung im September 1956 wurde festgestellt, daß die Stpfl. in der Zeit vom 1. Juni 1955 bis 31. August 1956 auf mehreren Strecken Personenbeförderungen durchgeführt hat, die nicht als Beförderungen im steuerbegünstigten Orts- und Nachbarortslinienverkehr anzusehen seien. Nach den Feststellungen des Prüfers gilt dies für Personenbeförderungen auf den folgenden Strecken:
1. L--R (Strecke I)
2. A--B--C--N--I--T--Z (Strecke II)
3. A--Z--U--G--S (Strecke III)
4. A--Z--M--F (Strecke IV).
Das Finanzamt (FA) setzte entsprechend den Feststellungen im Prüfungsbericht vom 15. September 1956 eine Beförderungsteuer fest.
Die Stpfl., die die Steuerpflicht der Beförderungen aus der Strecke I anerkannt, im übrigen aber gegen die Steuerfestsetzungen des FA Einspruch eingelegt hatte, blieb im Einspruchsverfahren ohne Erfolg.
Die Berufung der Stpfl. führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und zu einer Herabsetzung der Beförderungsteuer, weil das Finanzgericht (FG) die Personenbeförderungen auf der Strecke III als steuerbefreiten Nachbarortslinienverkehr anerkannte. Im übrigen hatte auch die Berufung keinen Erfolg. Insbesondere führte das FG hinsichtlich der Personenbeförderung auf der Strecke II folgendes aus: Die Linie sei seitens der höheren Verkehrsbehörde hinsichtlich des Teilstücks A--B durch die Genehmigungsurkunden Nr.... und Nr.... vom Februar 1951 bzw. März 1956 auf die Dauer von fünf Jahren konzessioniert worden. Durch einstweilige Erlaubnis vom Dezember 1954 sei der Stpfl. erstmals für die Dauer von drei Monaten gestattet worden, die vorgenannte Linie um das Teilstück C--N--I--T--Z zu verlängern. Diese Erlaubnis sei später fortlaufend für jeweils ein weiteres Vierteljahr erneuert worden, weil das Konzessionsverfahren für diese Linie noch nicht habe abgeschlossen werden können. Obwohl also durch die vorgenannte einstweilige Erlaubnis die über B hinausgehende Strecke nur als Verlängerung der Linie A--B genehmigt worden sei, habe die Stpfl. die Linie so befahren, als ob zwei getrennte Linien bewilligt worden seien, von denen die eine (A--B) die Gemeinden A und T durchfahre, während die andere (die nachträglich erlaubte Verlängerungsstrecke) nur Haltestellen innerhalb der politischen Gemeinde T berühre. Das zuerst genannte Teilstück werde fahrplanmäßig an allen Werktagen außer sonnabends innerhalb von 12 Stunden mehr als 12mal befahren, das zweite Teilstück in der gleichen Zeit weniger als 12mal. Entgegen der Auffassung der Stpfl. vertritt auch das FG die Ansicht, daß die auf der vorgenannten Gesamtstrecke erbrachten Beförderungsleistungen auf jeden Fall der Beförderungsteuer unterlägen, gleichgültig ob man hier entsprechend der von der Verkehrsbehörde erteilten Genehmigung das Befahren einer einheitlichen Nachbarortslinie von A bis Z oder entsprechend der tatsächlichen Handhabung durch die Stpfl. Personenbeförderung in zwei getrennten Linien, einer Nachbarortslinie von A bis B und einer Ortslinie von C bis Z annehme. Im ersteren Falle seien die Personenbeförderungen deshalb nicht von der Beförderungsteuer befreit, weil der dann vorliegende Nachbarortslinienverkehr zwischen A und Z nicht die nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 BefStDV notwendigen Voraussetzungen erfülle und deshalb in bezug auf Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung einem Ortslinienverkehr in einer der in Betracht kommenden Gemeinden nicht gleichgeachtet werden könne (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BefStG). Gehe man aber von dem zweiten Fall aus, daß die Stpfl. die Gesamtstrecke in zwei getrennten Linien befahre, so läge insoweit kein zugelassener Orts- oder Nachbarortslinienverkehr vor, der allein nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b BefStG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BefStG von der Beförderungsteuer befreit sei. Denn nach dem klaren Wortlaut der Genehmigungsurkunden habe die Verkehrsbehörde nur eine Nachbarortslinie von A nach Z konzessioniert, nicht jedoch eine Nachbarortslinie von A nach B und außerdem noch eine Ortslinie zwischen C und Z. An diese in ihrem Wortlaut eindeutige Entscheidung der Verkehrsbehörde seien auch FA und FG gebunden, ohne daß es darauf ankomme, ob die Verkehrsbehörde ursprünglich vielleicht eine andere Art der Konzessionierung vorgesehen gehabt habe.
Mit Rb. wendet sich die Stpfl. nur insoweit gegen das Urteil des FG, als dieses ihr die Freistellung von der Beförderungsteuer für Personenbeförderungen auf der Strecke II versagt hat. Die Stpfl. vertritt in der Rechtsbeschwerdebegründung die Auffassung, sie betreibe auf den Linien A--B und B--Z die Personenbeförderung mit Omnibussen mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde. Die Personenbeförderung sei daher auf der erstgenannten Strecke als Nachbarortslinienverkehr, auf der letztgenannten als Ortslinienverkehr nach § 3 Abs. 2 BefStG steuerfrei. Die alleinige Aufgabe der Verkehrsbehörden dabei sei es, über die Genehmigung des Linienverkehrs als solchen zu befinden. Die Entscheidung darüber, ob es sich bei den in Betracht kommenden Linien um Orts- oder Nachbarortslinienverkehr handele, obliege den Finanzbehörden. Das FG verkenne diese Zuständigkeitsverteilung. Die Ausführungen des FG seien jedoch auch dann zu beanstanden, wenn es etwa habe sagen wollen, daß die Verkehrsbehörde nur eine, nicht etwa zwei Linien genehmigt habe. Verkehrsrechtlich spiele es keine Rolle, ob mehrere aneinander anschließende Strekken eine oder mehrere Linien darstellten. Der Genehmigungsurkunde könne deshalb keine weitere Bedeutung beigemessen werden als die, daß die Stpfl. die Erlaubnis habe, auf den konzessionierten Strecken Personenbeförderung mit Omnibussen zu betreiben. Es komme entscheidend nur auf die Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse an, ob eine oder zwei Linien vorlägen, nicht auf den Inhalt der Genehmigungsurkunden. Im übrigen sei es nicht richtig, daß die Verkehrsbehörde für die Personenbeförderung auf der Strecke A--Z nur eine Linie genehmigt habe. Denn die Verkehrsbehörde habe zwischen den Strecken A--B und B--Z dadurch unterschieden, daß sie für die erstere eine Dauergenehmigung, für die letztere nur eine einstweilige, mehrfach wiederholte Erlaubnis auf kurze Frist erteilt habe. Daraus sei zu folgern, daß Genehmigungen für zwei Linien vorlägen. Im übrigen seien, auch wenn man nur eine einzige Nachbarortslinie annähme, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Stpfl., die nach dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 gemäß § 115, § 187 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 FGO in Verbindung mit § 286 AO a. F. als Revision zu behandeln ist, erweist sich als unbegründet.
Grundsätzlich unterliegt die Beförderung von Personen mit Omnibussen der Beförderungsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1b BefStG, auch wenn es sich dabei um Linienverkehr handelt. Ausnahmen von der Besteuerung sind jedoch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG u. a. für Personenbeförderungen mit Kraftomnibussen vorgesehen, wenn sie im sogenannten Orts- und Nachbarortslinienverkehr durchgeführt werden. Nach § 3 Abs. 2 BefStG liegt Ortslinienverkehr im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 5 BefStG dann vor, wenn es sich um zugelassenen Linienverkehr innerhalb derselben Gemeinde handelt, bei dem Ausgangspunkt und Endpunkt der Linie in dieser Gemeinde liegen und auch Haltestellen zum Ein- und Aussteigen nur innerhalb dieser Gemeinde bestehen. Beim Nachbarortslinienverkehr muß es sich ebenfalls um zugelassenen Linienverkehr handeln; ferner müssen der Ausgangspunkt und der Endpunkt der Linie sowie die Haltestellen zum Ein- und Aussteigen in benachbarten Gemeinden, d. h. in solchen Gemeinden liegen, die wirtschaftlich und verkehrsmäßig eng verbunden sind, so daß der Verkehr entsprechend dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis nach Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung einem Ortslinienverkehr in einer der in Betracht kommenden Gemeinden gleichzusetzen ist.
Die Revisionsklägerin meint, daß die Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 5 b in Verbindung mit § 3 Abs. 2 BefStG hier anzuwenden sei. Die Vorinstanz hat dies in Übereinstimmung mit dem FA abgelehnt, weil -- gleichgültig, ob es sich im Streitfall um eine einzige Linie handele oder aber um zwei verschiedene Linien -- die Voraussetzungen für eine Anwendung der Befreiungsvorschrift nicht gegeben seien.
Für die Frage der Steuerpflicht bzw. der Steuerbefreiung des hier in Rede stehenden Linienverkehrs ist es zunächst bedeutsam, ob es sich im Streitfalle entsprechend der Ansicht der Finanzbehörden nur um eine einheitliche (Nachbarorts-)Linie A--B--C--Z handelt, oder ob tatsächlich zwei verschiedene Linien, nämlich die Nachbarortslinie A--B und die Ortslinie C--Z betrieben werden. Die Vorinstanz hat ausgeführt, daß gerade auch in dem letzteren Falle die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 BefStG schon deshalb nicht zu gewähren sei, weil die zur Voraussetzung der Steuerbefreiung gemachte Zulassung durch die Verkehrsbehörde nur für eine Linie, nicht für zwei verschiedene Linien, nämlich für eine Nachbarortslinie und eine Ortslinie, erteilt worden sei. Dieser Auffassung der Vorinstanz ist beizupflichten. Allerdings hat die Verkehrsbehörde nur über die Zulassung der Linie als solche, nicht über deren besondere Qualität als Ortslinie oder Nachbarortslinie zu entscheiden; denn diese Begriffe sind nicht dem Straßenverkehrsrecht, sondern allein dem BefStG entnommen. Wenn das FG in dem angefochtenen Urteil davon gesprochen hat, daß die Verkehrsbehörde nur eine Nachbarortslinie, nicht jedoch eine Nachbarortslinie und eine Ortslinie konzessioniert habe, so ist dies jedoch auch nur in dem Sinne zu verstehen, daß sich die Konzession der Verkehrsbehörde auf eine einzige Linie beschränke, die Verkehrsbehörde die Konzession also nicht auf zwei verschiedene Linien verteilt habe. Dies ist entgegen der Ansicht der Stpfl. aus dem klaren Wortlaut der Genehmigungs- bzw. Erlaubnisurkunden zu entnehmen. Denn in der mehrfach erneuerten Erlaubnisurkunde wird ausdrücklich von einer Verlängerung der Linie A--B bis nach Z gesprochen. Es unterliegt aber der alleinigen Entscheidungsbefugnis der Verkehrsbehörden, ob sie eine Konzession für eine oder für mehrere Linien erteilen wollen und ob sie eine bereits erteilte Konzession abändern wollen. Dies ergibt sich eindeutig aus der Vorschrift des § 2 Ziff. 2 und des § 5 Abs. 1 Ziff. 2 sowie Abs. 2 Ziff. 1 des hier anzuwendenden Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 -- PBefG-- (mit späteren Änderungen). Entgegen der Auffassung der Stpfl., daß die Entscheidung darüber, ob eine oder mehrere konzessionierte Linien vorliegen, sich nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse richte, ist deshalb daran festzuhalten, daß die Entscheidung hierüber ausschließlich den Verkehrsbehörden obliegt. Haben diese -- wie im Streitfall -- nur eine Linie konzessioniert, indem sie eine bereits bestehende Linienkonzession durch Verlängerung der Strecke erweitert haben, so sind an diesen Gestaltungsakt der Verkehrsbehörde auch die Steuergerichte und Finanzbehörden gebunden. Ist die Entscheidung von der Verkehrsbehörde ihrem Wortlaut nach eindeutig und zweifelsfrei getroffen worden, so kann diese Entscheidung auch dann nicht anders verstanden werden, wenn in den Vorverhandlungen möglicherweise Erwägungen angestellt worden sind, die auf die Konzessionierung von zwei oder mehr Linien gerichtet waren. Ebenso ist es unerheblich, daß im Streitfall nur hinsichtlich des einen Teils der Gesamtstrecke eine langjährige Konzessionierung ausgesprochen worden ist, während für die restliche Strecke nur eine vorläufige und verhältnismäßig kurzfristige Erlaubnis erteilt wurde; denn nicht nur die Entscheidung über die Konzessionierung überhaupt, sondern auch über die Form der Konzessionierung einer Linie ist in das Ermessen der zuständigen Verkehrsbehörde gestellt. Die Tatsache allein, daß nur für einen Teil der Linie eine langjährige Konzession, für einen anderen Teil nur eine kurzfristige Erlaubnis erteilt worden ist, führt deshalb nicht notwendig zu einer Aufteilung der einheitlichen Linienkonzession in zwei verschiedenen Linien, wie die Stpfl. anzunehmen scheint, wenn im übrigen, wie hier, nach dem Inhalt der Konzessionsurkunden die Konzession klar erkennbar nur für eine einzige Linie erteilt worden ist. Denn die einstweilige Erlaubniserteilung, die gesetzlich erstmals im PBefG 1961 geregelt worden ist, unterscheidet sich, von der Kurzfristigkeit der Erlaubniserteilung abgesehen, in ihrem sachlichen Inhalt nicht von der Dauergenehmigung des Linienverkehrs (vgl. § 20 PBefG 1961). Sie dient vielmehr ebenso wie die Genehmigung nicht nur der Neueinrichtung eines Linienverkehrs, sondern in gleicher Weise der Erweiterung oder Änderung eines bereits bestehenden. Die Erlaubnis wird erteilt, wenn ein sofortiges unaufschiebbares Verkehrsbedürfnis für die Zulassung, Erweiterung usw. einer Linie besteht, und sie dient insbesondere, was auch für den Streitfall gilt, als Überbrückungsmaßnahme, wenn eine angestrebte Dauerkonzession wegen des hierfür vorgesehenen Anhörungsverfahrens nicht sofort erteilt werden kann. Da somit die Verlängerung einer bereits konzessionierten Linie auch im Wege der kurzfristigen Erlaubniserteilung möglich ist, so kommt es im Falle der Erlaubniserteilung ebenfalls nur darauf an, in welcher Form die Verkehrsbehörde die Erlaubnis erteilt, insbesondere ob sie dies durch Zulassung einer neuen Linie oder durch Verlängerung einer bereits bestehenden Linie tut. Ist demgemäß im Streitfalle die Konzession der Verkehrsbehörden nur für eine (verlängerte) Linie erteilt worden, so könnte der Betrieb zweier verschiedener Linien, der sich jeweils auf Teilstrecken der konzessionierten Linie beschränkt, schon deshalb nicht von der Beförderungsteuer befreit werden, weil der Betrieb dieser Linien nicht von der zuständigen Verkehrsbehörde erlaubt worden, eine selbständige und willkürliche Aufteilung der Linie durch den Steuerpflichtigen aber schon deshalb nicht zulässig ist, weil Anfangs- und Endpunkt der Linie bei der Genehmigung bzw. Erlaubniserteilung festgelegt werden (§ 4 PBefG 1934, § 42 PBefG 1961).
Geht man mit den Finanzbehörden und dem FG davon aus, daß es sich hier um den Betrieb einer einheitlichen Linie handelt, kann eine Steuerbefreiung für die mit den Omnibussen der Stpfl. durchgeführten Personenbeförderungen auf der Strecke II nicht in Betracht kommen. In diesem Falle handelt es sich um eine Nachbarortslinie, die die benachbarten Gemeinden A und T berührt. Die Voraussetzungen, von denen die Steuerbefreiung des Nachbarortslinienverkehrs abhängig gemacht wird, liegen insoweit aber nur für einen Teil der Gesamtstrecke von A bis Z vor, als es sich um die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung dieses Linienverkehrs handelt. Denn der Nachbarortslinienverkehr kann hinsichtlich der Frage der Steuerbefreiung nur dann dem Ortslinienverkehr gleichgestellt werden, wenn die wirtschaftliche und verkehrsmäßige Verbindung der Nachbargemeinden so eng ist, daß der Verkehr entsprechend dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis nach Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung einen Ortslinienverkehr in einer der in Betracht kommenden Gemeinden gleichzusetzen ist. Das ist, was die Häufigkeit des Verkehrs anlangt, zwar für die Teilstrecke A--B zu bejahen, auf der täglich innerhalb von 12 Stunden mehr als 12 Fahrten ausgeführt werden, so daß eine durchschnittliche Verkehrshäufigkeit von mehr als einer Fahrt je Stunde erzielt wird. Auf der Teilstrecke C bis Z erreicht jedoch der von der Stpfl. ausgeübte Linienverkehr eine solche Häufigkeit nicht. Hier werden nach den unbestrittenen Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht täglich innerhalb von 12 Stunden nur sechs bis sieben Fahrten in beiden Richtungen ausgeführt. Mit einer so geringen Anzahl von Fahrten kann aber die Voraussetzung der Verkehrshäufigkeit nicht erfüllt werden, an die das Gesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 BefStG die Steuerbefreiung des Nachbarortslinienverkehrs knüpft.
Diese Steuerbefreiungsvorschrift für den Nachbarortslinienverkehr enthält in § 3 Abs. 2 BefStG eine hinreichend bestimmte Legaldefinition (so das Bundesverfassungsgericht -- BVerfG -- im Beschluß vom 2. Juni 1964 -- 2 BvL 23/62 --, BStBl 1964 I S. 528 f., insbesondere S. 530). Schon die Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG, der nur in Verbindung mit der nähere Erläuterungen der Begriffe "Ortslinienverkehr" und "Nachbarortslinienverkehr" enthaltenden Vorschrift des § 3 Abs. 2 BefStG angewendet werden kann, muß jedenfalls im Streitfall -- ungeachtet des § 13 Abs. 5 BefStDV -- zu dem Ergebnis führen, daß für den hier in Rede stehenden Linienverkehr die gewünschte Steuerbefreiung nicht gewährt werden kann. Für die hier zu erörternde Frage der Verkehrshäufigkeit verweist das Gesetz auf den vergleichbaren Ortslinienverkehr. Für den letzteren beschränkt sich die gesetzliche Begriffsbestimmung darauf, daß es sich bei ihm um einen zugelassenen Linienverkehr handelt, bei dem Ausgangs- und Endpunkt der Linie innerhalb derselben Gemeinde liegen und Haltestellen zum Aus- und Einsteigen nur innerhalb dieser Gemeindebestehen. Zur Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung des Ortslinienverkehrs enthält die gesetzliche Begriffsbestimmung nichts. Diese Merkmale ergeben sich aber aus dem Wesen des steuerbefreiten Ortslinienverkehrs, das in einem gewissen Gegensatz zu dem beförderungsteuerrechtlich nicht begünstigten Fernlinienverkehr steht.
Der letztere, der die verkehrsmäßige Verbindung zwischen einer größeren Anzahl zum Teil weit voneinander entfernt liegender Orte zum Gegenstand hat, die weder verkehrsmäßig noch wirtschaftlich in engeren Beziehungen zueinander zu stehen brauchen, ähnelt in gewisser Weise dem Reiseverkehr mit Fernzügen. Das Reiseverkehrsbedürfnis kann aber insbesondere bei Reisen über größere Entfernungen auch durch Fahrten in größeren Zeitabständen befriedigt werden, wenn nur überhaupt ein regelmäßiger Verkehr zu den fahrplanmäßigen Zeiten sichergestellt ist. Deshalb genügt es für den Fernlinienverkehr in der Regel, wenn täglich eine beschränkte Anzahl fahrplanmäßiger Fahrten durchgeführt wird, seien es auch nur drei, vier, fünf oder gegebenenfalls einige Fahrten mehr, deren zeitliche Abstände verschieden bemessen werden können. Die Anzahl der Fahrten kann daher weitgehend mit dem Umfang des Verkehrsvolumens abgestimmt und deshalb auch die Rentierlichkeit des Fernverkehrs regelmäßig sichergestellt werden. Anders verhält es sich bei dem Orslinienverkehr. Er dient ausschließlich der Befriedigung örtlicher Verkehrsbefürfnisse, die insbesondere dann auftreten, wenn es sich um große Gemeinden handelt, innerhalb deren sich die Straßenverbindungen auf so weite Entfernungen erstrecken, daß die Überwindung dieser Entfernungen, insbesondere im Fußgängerverkehr, einen zu großen Aufwand an Zeit und Kraft erfordern würde. Da insoweit ein Verkehrsbedürfnis jederzeit und bei jedem Einwohner der Gemeinde auftreten kann, gleich, an welchem Ort innerhalb der Gemeinde er sich aufhält, so ist dem örtlichen Verkehrsbedürfnis in der Regel nur dadurch abzuhelfen, daß eine große Anzahl von Verkehrsmöglichkeiten in einigermaßen kurzen und regelmäßigen Abständen zur Verfügung gestellt wird. Diese durch das Wesen des Ortsverkehrs bedingte Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Linienfahrten, bei denen die Tarifgestaltung darauf Rücksicht nehmen muß, daß insbesondere auch das Verkehrsbedürfnis minderbemittelter Bevölkerungsschichten zu befriedigen ist, führt dazu, daß in nicht seltenen Fällen auch solche Linienfahrten ausgeführt werden müssen, die sich nicht rentieren und das wirtschaftliche Ergebnis des einzelnen Unternehmens belasten. Diese Besonderheiten des Ortslinienverkehrs -- daß einerseits für diesen Verkehr oft ein unabweisbares Bedürfnis besteht, daß andererseits dieser Verkehr nicht in allen Fällen und nicht unter allen Umständen rentabel gestaltet werden kann -- dürften Veranlassung gegeben haben, die Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG, die im ursprünglichen Regierungsentwurf nicht vorgesehen war, auf Grund der Ausschußberatungen in das Gesetz einzufügen (vgl. Anlage 1 zur Bundestagsdrucksache 573, Regierungsentwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 S. 4, 5; Bundestagsdrucksache Nr. 614, Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 von mehreren Bundestagsabgeordneten mit Begründung; Bundestagsdrucksache Nr. 1252, Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen zu obigen Entwürfen).
Naturgemäß ist die Häufigkeit des Ortslinienverkehrs keineswegs einheitlich, sondern kann je nach der Größe der örtlichen Verkehrsbedürfnisse schwanken. Es kann sich dabei um Fünf- oder Zehnminutenverkehr, Vierteloder Halbstundenverkehr usw. handeln, und ebenso können die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Fahrten gewissen Schwankungen unterworfen sein. Es ist deshalb insbesondere im Hinblick auf die Verschiedenheit der örtlichen Bedürfnisse nicht immer leicht zu entscheiden, wie viele Linienfahrten im Einzelfalle erforderlich sind, um der mit dem Wesen des Ortslinienverkehrs untrennbar verbundenen Verkehrshäufigkeit zu entsprechen. Ein Linienverkehr aber, der im Durchschnitt einen stündlichen Verkehr nicht erreicht und bei dem der zeitliche Abstand der einzelnen Fahrten erheblich mehr als eine Stunde beträgt, wird hinsichtlich der Häufigkeit und der Regelmäßigkeit des Verkehrs im Regelfall nicht mehr der normalen Vorstellung vom Wesen des Ortslinienverkehrs entsprechen.
Selbst wenn man aber Bedenken dagegen haben sollte, die Durchführung von 12 Fahrten innerhalb eines 12-Stundenzeitraumes als Mindesterfordernis des Nachbarortslinienverkehrs unabdingbar festzulegen, wie es der Vorschrift des § 13 Abs. 5 des BefStDV entsprechen würde, so erscheint eine solche verhältnismäßig geringe Verkehrshäufigkeit im Hinblick auf den vergleichbaren Orslinienverkehr in der Regel doch nicht zu hoch gegriffen. Sinkt die Verkehrshäufigkeit im Linienverkehr zwischen Nachbarorten unter die genannte Zahl der Fahrten herab, so ist jedenfalls der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß ein solcher zahlenmäßig geringer Verkehr seinem Wesen nach eher dem steuerlich nicht begünstigten Fernlinien- als dem Ortslinienverkehr zu vergleichen ist. Dem entspricht es, wenn der Senat bereits in dem Urteil II 31/57 U vom 18. Dezember 1957 (Sammlung der Entscheidungen des BFH Bd. 66 S. 140 -- BFH 66, 140 --, BStBl III 1958, 58) dem Gedanken Ausdruck verliehen hat, daß von einer Häufigkeit im Sinne der gesetzlichen Befreiungsvorschrift dann nicht mehr gesprochen werden kann, wenn sich nach dem Verkehrsbedürfnis nur eine geringe Zahl von Fahrten ergibt.
Wenn einzelne FG -- wie etwa das Hessische FG in dem Urteil V 377--380/61 vom 29. April 1965 (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG-- 1965 S. 314) -- diese Konsequenz zu vermeiden suchen durch den Hinweis, die Zahl der Fahrten werde vom Gesetz nicht absolut, sondern nur ralativ dadurch bestimmt, daß der Verkehr nach Häufigkeit und Regelmäßigkeit dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis in den Nachbarorten entspreche, so ist dies nur bedingt richtig. Zwar wird die Frage der Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Tarifgestaltung im Nachbarortslinienverkehr durch den Vergleich des Verkehrsbedürfnisses für den Nachbarortslinienverkehr mit dem Ortslinienverkehr in einer der in Betracht kommenden Gemeinden relativiert. Abgesehen davon, daß ein solcher Vergleich immer nur in den Fällen durchgeführt werden kann, in denen die Nachbargemeinden überhaupt eigene Ortslinien unterhalten, müßte aber auch in den Fällen, in denen die Häufigkeit des Ortslinienverkehrs in den vom Nachbarortsverkehr berührten Gemeinden verschieden ist, für die Frage nach der ausreichenden Häufigkeit des Nachbarortslinienverkehrs auch auf die allgemeinen Vorstellungen zurückgegangen werden, die mit dem Begriff der Häufigkeit im Ortslinienverkehr verbunden sind. Von einer im Ortslinienverkehr in den betreffenden Gemeinden vergleichbaren Verkehrshäufigkeit kann jedenfalls im Streitfall nicht mehr gesprochen werden, weil hier täglich nur sechs bis sieben Fahrten in den beiden Verkehrsrichtungen durchgeführt werden. Denn wo die Zahl der Fahrten auf ein Minimum herabsinkt, so daß in bezug auf die Häufigkeit und Regelmäßigkeit des Linienverkehrs zwischen Nachbarorten die Grenzen zum Fernlinienverkehr verwischt werden, ist ein Nachbarortslinienverkehr im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 5 b BefStG nicht mehr anzuerkennen.
Aus diesem Grunde muß der Stpfl. die Steuerbefreiung im Streitfalle versagt werden, obwohl auf der Teilstrecke A--B täglich innerhalb 12 Stunden mehr als 12 Fahrten ausgeführt werden. Ist eine Linie als eine einheitliche Nachbarortslinie von der zuständigen oberen Verkehrsbehörde konzessioniert, so müssen die gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich der Häufigkeit, Regelmäßigkeit usw. des Befahrens der Linie grundsätzlich für die Gesamtstrecke erfüllt sein. Es könnte vielleicht als unschädlich betrachtet werden, wenn gelegentlich bestimmter fahrplanmäßiger Fahrten einzelne Haltestellen der Linie nicht angefahren werden; es kann aber nicht für zulässig erachtet werden, daß die Anforderungen, die an die Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Befahrens einer Linie im Nachbarortslinienverkehr zu stellen sind, nur für einen Teil der Strecke erfüllt werden, während sie für den gesamten übrigen Bereich der Linie unerfüllt bleiben. So liegt der Fall hier; denn für die Teilstrecke C--Z, auf der werktäglich innerhalb 12 Stunden nur sechs bis sieben Fahrten in beiden Fahrtrichtungen ausgeführt werden, sind die nach § 3 Abs. 2 BefStG zu stellenden Anforderungen an die Häufigkeit und Regelmäßigkeit des Verkehrs nicht erfüllt.
Unter diesen Umständen erweist sich die Revision als unbegründet, ohne daß es eines Eingehens auf die Frage bedarf, ob und aus welchen Gründen etwa gegen die Rechtsgültigkeit der Vorschrift des § 13 Abs. 5 BefStDV verfassungsrechtliche oder andere Bedenken erhoben werden könnten.
Fundstellen
Haufe-Index 412033 |
BStBl III 1966, 528 |
BFHE 1966, 416 |