Leitsatz (amtlich)
Soweit Arbeitnehmer einer Brauerei, die in den Brauereiräumen auch Limonade herstellt, mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Limonade beschäftigt sind, kann ihnen für diese Tätigkeit steuerbefreiter Haustrunk nicht gewährt werden.
Normenkette
BierStG § 7; BierStDB §§ 12-13
Streitjahr(e)
1962, 1963
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (im folgenden Steuerpflichtige - Stpfl. -) stellt in ihren Brauereiräumen neben Bier auch Limonade her. Zur Herstellung und zum Vertrieb der Limonade setzt sie zum Teil das Personal und die Einrichtungen der Brauerei ein. Die Stpfl. gewährte ihren Arbeitnehmern steuerfreien Haustrunk gemäß § 7 des Biersteuergesetzes (BierStG) und §§ 12, 13 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz (BierStDB) ohne Rücksicht auf die etwaige zeitweilige Beschäftigung in der Limonadenherstellung. Das Hauptzollamt vertrat dagegen die Auffassung, daß den Angestellten und Arbeitern der Brauerei steuerfreier Haustrunk nur insoweit und für die Zeit zustehe, in der sie im eigentlichen Brauereibetrieb, d. h. mit der Herstellung und dem Vertrieb von Bier, unmittelbar oder mittelbar befaßt seien. Es schätzte, daß 20 % des Haustrunkbieres, das in der Zeit vom 1. März 1962 bis 30. April 1930 an 19 zeitweilig mit der Herstellung und dem Vertrieb von Limonade befaßte Brauereiangehörige abgegeben wurde, zu Unrecht steuerfrei gewährt wurde und forderte demgemäß mit Steuerbescheid vom 18. August 1963 für 55,175 hl Vollbier von der Stpfl. die Biersteuer in Höhe von 690,40 DM nach.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den Steuerbescheid ersatzlos auf.
Mit seiner Revision beantragt das HZA, die Vorentscheidung aufzuheben. Zur Begründung wird vorgetragen, die Vorentscheidung stehe in Widerspruch zu § 7 BierStG und §§ 12, 13 BierStDB. Die Vergünstigung des steuerfreien Haustrunks sei nach der Rechtsprechung den Arbeitnehmern zu gewähren, die im eigentlichen Brauereiunternehmen tätig seien. Der Limonadenbetrieb eines Brauereiunternehmens gehöre trotz etwaiger örtlicher Verbindung mit der Brauerei nicht zum eigentlichen Brauereibetrieb. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß bei der Limonadenherstellung Räume und Einrichtungen der Brauerei mitbenutzt würden und daß die Limonade gemeinsam mit dem Bier abgesetzt werde. Der tarifliche Anspruch auf Haustrunk rechtfertige allein noch nicht die Steuerbefreiung. Er sei lediglich eine der Voraussetzungen hierfür. Nach der Rechtsprechung stehe Arbeitnehmern, die nur gelegentlich in einer Brauerei beschäftigt seien, ein Teilhaustrunk zu. Daraus analog zu folgern, daß solche Arbeitnehmer, die zwar überwiegend im eigentlichen Brauereiunternehmen tätig seien, jedoch daneben auch in einer anderen Arbeit eingesetzt seien, auch nur für ihre Tätigkeit in der eigentlichen Brauerei haustrunkberechtigt seien und daher auch nur einen Teilhaustrunk erhielten. Das treffe auf die mit der Herstellung von Mineralwasser oder dergleichen beschäftigten Arbeitnehmer zu. Demzufolge könne steuerfreier Haustrunk für Arbeitnehmer, die teils in der Brauerei, teils in der Limonadenherstellung tätig seien, nicht in vollem Umfange gewährt werden, sondern sei anteilsmäßig zu kürzen.
Die Stpfl. beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie trägt vor, bei ihrem Betrieb handle es sich nur um eine Brauerei, in der die heute branchenüblichen Produkte hergestellt und vertrieben würden. Als Kriterium für ein Brauereiunternehmen gelte nicht der räumliche, sondern der gewerbliche Zusammenhang. Daß die Betrachtungsweise des HZA willkürlich sei, ergebe sich schon daraus, daß es den Betrieb der Stpfl. nur in einen Brauereibetrieb und einen Limonadenbetrieb erlegen wolle, konsequenterweise aber auch noch von einem Kunsteisbetrieb sprechen müsse, der keineswegs nur Hilfsstoffe der Bier- und Limonadenerzeugung, sondern auch Eis als eigenständiges Verkaufsprodukt herstelle. Es komme nur auf die Tätigkeit in der Brauerei, nicht aber auf die Art der Tätigkeit in der Brauerei an. Anders wäre der Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 31. Juli 1953 nicht zu verstehen, in dem z. B. die Betriebsraumpflegerinnen und Bibliothekare als Brauereiarbeiter anerkannt würden, deren Tätigkeit sich weder unmittelbar noch mittelbar auf die Bierherstellung erstrecke. Bei den in Betracht kommenden Bediensteten handle es sich nicht um Aushilfskräfte und Gelegenheitsarbeiter, sondern um ständig und voll in der Brauerei Beschäftigte. Es werde der Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verletzt, wenn die mit der Herstellung von Malz oder Eis beschäftigten Arbeitnehmer vollen steuerfreien Haustrunk bekämen, auch wenn Malz oder Eis nur überwiegend in der diese Produkte herstellenden Brauerei verwendet würden. Wenn es nach dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 31. Juli 1953 für die ungeschmälerte steuerfreie Haustrunkgewährung an den Personenkreis, der die Vorerzeugnisse Malz und Hopfen herstelle, genüge, daß diese Vorerzeugnisse überwiegend für die eigene Brauerei bestimmt seien, dann stehe der ungekürzte steuerfrei Haustrunk um so mehr denen zu, die überwiegend für die Bierherstellung tätig seien. Ein Vergleich mit Abgrenzungstatbeständen in anderen Steuergesetzen zeige, daß immer nur der überwiegende Tatbestand zum Zuge komme. Im Streitfall sei die Bierherstellung überwiegend. Durch die ständig wachsende Bedeutung der alkoholfreien Getränke und der heutigen Koppelung von Bier und Limonade seien ein Strukturwandel im Brauereigewerbe und demzufolge auch Änderungen im einschlägigen Tarif eingetreten, die die volle steuerfreie Abgabe von Haustrunk für die in der Limonadenherstellung Beschäftigten auch wirtschaftlich rechtfertigen. Die Brauereien seien im Laufe der Zeit genötigt gewesen, die Limonadenerzeugung aufzunehmen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wenn die Limonadenherstellung auch ein Verlustgeschäft bedeute, so sei es doch ein Mittel der Bierabsatzsicherung und Bierabsatzförderung. Die abgegebene Haustrunkmenge liege im Streitfalle auch dann noch unter der tariflich steuerfreien Menge, wenn dem Arbeitnehmer für die Zeit der Tätigkeit in der Limonadenherstellung steuerfreier Haustrunk nicht zustünde.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Streitig ist, ob und in welcher Höhe den im Brauereibetrieb der Stpfl. neben der Herstellung von Bier mit der Herstellung von Limonade beschäftigten Arbeitnehmern wegen ihrer Beschäftigung in der Limonadenherstellung der steuerfreie Haustrunk gekürzt werden kann. Nach § 7 Abs. 1 BierStG ist Bier, das Brauereien an ihre Angestellten und Arbeiter als Haustrunk gegen Entgelt oder unentgeltlich abgeben, nach näherer Weisung des Bundesministers der Finanzen von der Steuer befreit. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil V z 142/57 U vom 6. März 1958 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 66 S. 602 - BFH 66, 602 -, BStBl III 1958, 231, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1958 S. 177 - ZfZ 1958, 177 -) den Begriff Brauerei im Sinne dieser Vorschrift und des § 12 BierStDB unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) V z A 45/37 U vom 8. Oktober 1937 (Reichszollblatt 1937 S. 712) dahin erläutert, daß hierunter der Betrieb einer Braustätte zwecks Herstellung von Bier zu verstehen ist. Wenn in dem Urteil vom 6. März 1958 weiter gesagt ist, daß der Kreis der haustrunkberechtigten Arbeitnehmer die in dem Brauereibetrieb für diesen tätigen Angestellten und Arbeiter umfaßt, so kann das nur dahin verstanden werden, daß diese nur haustrunktberechtigt sein könne, soweit sie für die Bierherstellung tätig sind. Dabei ist es gleichgültig, ob sie an der Herstellung des Bieres unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, wobei zur Bierherstellung auch die Beschaffung und Herstellung seiner Rohstoffe und Vorerzeugnisse und der Vertrieb des Bieres aus der Brauerei und den brauereieigenen Niederlagen zu rechnen ist (vgl. Urteil des RFH V z 166/37 vom 2. Dezember 1938, Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Bd. 45 S. 275 - RFH 45, 275 -, Mrozek-Kartei, Rechtsspruch 4 zu § 7 BierStG, und Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 31. Juli 1953 (Bundeszollblatt 1953 S. 605). Solange und soweit die Arbeitnehmer nicht mit der Bierherstellung, sondern mit der Limonadenherstellung befaßt sind, können sie nicht als im Brauereibetrieb tätig angesehen werden, mag auch die Herstellung von Bier und Limonade sich in den gleichen Räumen und mit den gleichen Maschinen vollziehen und mag der Vertrieb von Bier und Limonade auch mit den gleichen Fahrzeugen durchgeführt werden. Dabei kann es auch nicht entscheidend sein, daß die Stpfl. als gewerbliche Einheit Bier, Limonade und Eis herstellt. Maßgebend sind allein die biersteuerrechtlichen Bestimmungen. Soweit und solange Limonade in den Brauereiräumen hergestellt wird, kann nicht von einem Brauereibetrieb, sondern nur von einem Limonadenherstellungsbetrieb gesprochen werden. Die Zufälligkeit, daß in den Räumen und mit den Maschinen einer Brauerei auch Limonade hergestellt werden kann, kann die gegenteilige Ansicht des FG nicht rechtfertigen. Andernfalls müßte jedes ähnliche Gewerbe, das einer Brauerei in ihre Brauereiräume verlegt und dort unter Einsatz des sonst mit der Bierherstellung befaßten Personals betreibt, als mit der Bierherstellung verwandt angesehen werden, wenn es auch damit nichts zu tun hat. Für die Dauer der Limonadenherstellung sind die Arbeitnehmer nicht anders zu behandeln als Personen, die nicht ständig im Brauereibetrieb beschäftigt sind und denen daher nach dem Urteil des RFH IV A 210/32 vom 22. Februar 1933, Mrozek-Kartei, Rechtsspruch 1 zu § 7 BierStG, ZfZ 1933, 127, steuerfreier Haustrunk gewährt werden kann, soweit und solange sie im Brauereibetrieb unmittelbar oder mittelbar tätig sind. Auf die überwiegende Tätigkeit der Bierherstellung der in Betracht kommenden Arbeitnehmer kann es für die Gewährung vollen steuerfreien Haustrunks nicht ankommen, weil das Gesetz hierfür keine Handhabe bietet.
Die Berufung auf den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 31. Juli 1953 geht fehl. Wenn den mit der Herstellung der Rohstoffe und Vorerzeugnisse (Hopfen, Malz) befaßten Bediensteten voller steuerfreier Haustrunk gewährt wird, falls diese Produkte überwiegend zur Bierherstellung in der eigenen Brauerei, im übrigen aber zum Verkauf bestimmt sind, bestehen hiergegen insofern keine Bedenken, weil die genannten Produkte mit der Bierherstellung zu tun haben, was für die Limonade jedenfalls nicht zutrifft. Wie die mit der Herstellung von Hopfen und Malz sind auch die mit der Herstellung von Eis Bediensteten einer Brauerei hinsichtlich der Gewährung steuerfreien Haustrunks zu behandeln, d. h. sie erhalten vollen steuerfreien Haustrunk, wenn dieses Eis überwiegend zur Verwendung in der eigenen Brauerei bestimmt ist; denn auch die Herstellung von Eis liegt im Rahmen der Bierherstellung. Es kann also nicht von einer Verletzung des Grundsatzes der gleichmäßigen steuerlichen Behandlung (Art. 3 GG) gesprochen werden, weil nicht Gleiches ungleich behandelt wird. Es kann auch nicht bestritten werden, daß von der Stpfl. beispielhaft erwähnten, in einer Brauerei tätigen Betriebsraumpflegerinnen und Bibliothekare mittelbar an der Bierherstellung mitwirken. Der Hinweis des FG, daß auch den Schreinern einer Brauerei voller steuerfreier Haustrunk gewährt würde, obwohl in den von ihnen gefertigten oder instandgesetzten brauereieigenen Möbeln auch Speisen Kaffee usw. umgesetzt würden, geht fehl. Soweit eine Tätigkeit gleichzeitig sowohl der Herstellung und dem Vertrieb des Bieres als auch anderen Zwecken dient, ist eine Kürzung des Haustrunkes nicht gerechtfertigt. Darauf, daß die in Betracht kommenden Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag Anspruch auf vollen Haustrunk haben, auch wenn sie zeitweise bei der Limonadenherstellung beschäftigt werden, kann es nicht ankommen, da der tarifliche Anspruch lediglich eine der Voraussetzungen für die Abgabe steuerfreien Haustrunks bildet (vgl. das genannte Urteil des RFH V z 166/37 vom 2. Dezember 1938). Der Auffassung des FG, daß sich die Tätigkeiten zwischen Bierherstellung und Limonadenherstellung praktisch nicht voneinander abgrenzen ließen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen (vgl. dazu das vorbezeichnete Urteil des BFH V z 142/57 U vom 6. März 1958). Im übrigen geht der Gesetzgeber für solche Fälle die Möglichkeit der Schätzung nach § 217 AO.
Es kann für die Entscheidung auch nicht erheblich sein, wenn die Brauereien heute mehr oder minder gezwungen sind, neben Bier auch Limonade herzustellen, um ihre sonst möglicherweise abwandernden Kunden damit beliefern zu können. Diese wirtschaftlichen Erwägungen rechtfertigen keine andere Auffassung hinsichtlich des biersteuerrechtlichen Begriffs Brauerei, auch kann deswegen im Sinne des Biersteuerrechts nicht davon gesprochen werden, daß die an der Limonadenherstellung beschäftigten Arbeitnehmer mittelbar am Vertrieb des Bieres mitwirken. Es kann nur eine mittelbare körperliche Mitwirkung in Betracht kommen. Es kann auch nicht entscheidend sein, daß die Stpfl. ihren Arbeitnehmern nicht die vollen nach dem Tarifvertrag zustehenden Mengen an Haustrunk gewährt, sondern geringere Mengen. Es ist für die Entscheidung von den Mengen auszugehen, die die Stpfl. im Rahmen des Tarifvertrages auf Grund der Dienstverträge tatsächlich gewährt.
Da die Vorinstanz die Rechtslage verkannt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Stpfl. hat schon im Berufungsverfahren eingewendet, daß der Widerruf der in der Vergangenheit gewährten Steuerbefreiung und die Nacherhebung der entsprechenden Biersteuerbeträge gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, da der Zollbehörde die Verhältnisse der Brauerei seit Jahren bekannt gewesen seien, sie also gewußt habe, daß die Empfänger steuerfreien Haustrunk gelegentlich auch im Limonadengeschäft tätig seien. Zu dieser Frage wird auf die Entscheidung des BFH VII 207/57 U vom 17. Dezember 1958, BFH 68, 378, BStBl III 1959, 146, verwiesen, wonach ein nachhaltiges fehlerhaftes Verhalten der Zollbehörde der Nachforderung von Abgaben aus dem Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht.
Die Vorinstanz hat auf Grund der von ihr vertretenen anderen Rechtsauffassung nicht festgestellt, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum die Grundsätze dieses Urteils im Streitfall anzuwenden sind, insbesondere ab welchem Zeitpunkt die Stpfl auf Grund der vorgenommenen Betriebsprüfung möglicherweise mit einer Änderung der Verhaltensweise der Zollbehörde und einer Nachforderung von Biersteuer rechnen mußte. Weiter hat die Vorinstanz keine Feststellungen hinsichtlich der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen getroffen, wobei zu bemerken ist, daß maßgebend für die Kürzung des Haustrunks nur die für die Limonadenherstellung verwendete Zeit sein kann.
Aus diesem Grunde war die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes des Freistaates Bayern zur Durchführung der Finanzgerichtsordnung vom 23. Dezember 1965 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1965 S. 357) an das jetzt zuständige FG München zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen trifft.
Fundstellen
Haufe-Index 425834 |
BFHE 1967, 498 |
BFHE 89, 498 |