Leitsatz (amtlich)
Die für die Bremer Toto und Lotto GmbH (früher Bremer Sporttoto GmbH und Bremer Lotto GmbH) tätigen Bezirksleiter sind Gewerbetreibende.
Normenkette
EStG 1955 § 15; GewStG 1955 § 2 Abs. 1, § 7; GewStDV 1955 § 1 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) als Bezirksstellenleiter einer Sport-Toto-GmbH und Lotto-GmbH (GmbH) im Erhebungszeitraum 1959 der Gewerbesteuer unterlag.
Der Steuerpflichtige war im Jahre 1959 von der GmbH als Bezirksleiter und als Auswertungsleiter auf Provisionsbasis eingesetzt. Er war dafür verantwortlich, daß der Wettbewerb nach den gesetzlichen Bestimmungen, nach den Wettbedingungen, nach den Geschäftsordnungen und nach den Organisationsplänen für das Fußballtoto und das Zahlenlotto durchgeführt wurde. Er trat für die GmbH gegenüber den Toto- und Lottoannahmestellen, die meist von selbständigen Unternehmen im Rahmen ihrer Gewerbebetriebe unterhalten wurden, auf und schaltete sich in den Abrechnungsprozeß dieser Annahmestellen mit der GmbH ein. Er zog seine Provisionen bei den Abrechnungen der Wettumsätze mit der GmbH ab. Außerdem war dem Steuerpflichtigen von der GmbH die Annahme und Auswertung von Fernwetten übertragen.
Der Steuerpflichtige bestritt unter Hinweis auf das Urteil des BFH IV 49/58 U vom 15. Juni 1960 (BFH 71, 270, BStBl III 1960, 349) seine Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerpflicht.
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) zog den Steuerpflichtigen als Unternehmer mit dem Ertrag aus den Provisionen aus den Gebühren als Bezirksund Auswertungsleiter sowie aus dem Fernwettgeschäft zur Umsatzsteuer und zur Gewerbesteuer heran.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG hob auf die Berufung des Steuerpflichtigen die Einspruchsentscheidung und die Steuerbescheide ersatzlos auf und kam auf Grund der Verträge mit der GmbH zu dem Ergebnis, daß die einzelnen Tätigkeiten als Bezirksleiter, Auswertungsleiter, Stellvertreter der Geschäftsführer sowie im Fernwettgeschäft einheitlich zu beurteilen seien und daß das Gesamtbild überwiegend für eine Eingliederung in das Unternehmen der GmbH spreche, zumal der Steuerpflichtige keine unternehmerische Initiative habe entfalten können.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die als Revision zu behandelnde Rb. des FA ist begründet.
Die Gewerbesteuerpflicht des Steuerpflichtigen hängt davon ab, ob er einen Gewerbebetrieb im Sinn des EStG unterhielt und Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) erzielte (§ 2 Abs. 1, § 7 GewStG). Der V. Senat bejahte in seinem die Umsatzsteuer betreffenden Urteil V 65/63 vom 2. März 1967 (BFH 89, 45, BStBl III 1967, 523) die Selbständigkeit des Steuerpflichtigen und ging dabei von den Grundsätzen der Urteile des BFH I 200/59 S vom 3. Oktober 1961 (BFH 73, 827, BStBl III 1961, 567) und V 133/59 U vom 12. April 1962 (BFH 74, 699, BStBl III 1962, 259) aus. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Gewerbesteuer an.
Die Beteiligung des Steuerpflichtigen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (§ 1 Abs. 1 GewStDV 1955) ist zu bejahen. Der Senat nahm allerdings in seinem Urteil IV 49/58 U, auf das sich der Steuerpflichtige beruht, an, daß sich ein Bezirksstellenleiter des Nordwest-Lottos am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht beteilige. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Die Teilnahme des Steuerpflichtigen am allgemeinen Wirtschaftsverkehr liegt darin, daß er sich in den Leistungsaustausch zwischen der GmbH, den Wettern und den Betrieben der Annahmestellen einschaltete. Insofern ist seine Stellung der eines Generalvertreters vergleichbar, der sich ebenfalls im fremden Namen und für fremde Rechnung in die Abwicklung von Rechtsbeziehungen zwischen seinem Geschäftsherrn und dessen Kunden einschaltet. Daß der Steuerpflichtige keine eigenen Leistungen an den Markt bringt, ist unerheblich. Für die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr spricht auch, daß sich der Steuerpflichtige zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben weitgehend fremder Arbeitskräfte bediente und durch die Gestaltung seiner Betriebsausgaben von erheblichem Umfang eine nicht unerhebliche unternehmerische Initiative entfalten konnte.
Die vom Steuerpflichtigen wegen des Urteils des Bundessozialgerichts 2 RU 196/62 vom 9. Dezember 1964 (vgl. Sozialrecht R 39 zu § 537 der Reichsversicherungsordnung a. F.) angeregte Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte (vgl. § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968, BGBl I 1968 S. 661) ist nicht zulässig. Die Begriffe der Unabhängigkeit und der sich durch Eingliederung in einen Betrieb ergebenden Unselbständigkeit, von der im Steuerrecht die Art der Einkünfte und im Sozialrecht die Versicherungspflicht abhängen, decken sich wegen der unterschiedlichen Zweckbestimmungen nicht. Das entspricht einer jahrzehntelangen Rechtsprechung, die aufzugeben keine Veranlassung besteht.
Fundstellen
Haufe-Index 68161 |
BStBl II 1968, 718 |
BFHE 1968, 161 |