Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Entspricht die in einem der Vermögensabgabeveranlagung zugrunde liegenden Einheitswertbescheid enthaltene Zurechnung nicht den Vermögensverhältnissen jedes einzelnen Ehegatten am Währungsstichtag und ist die Zurechnung nur deshalb vorgenommen und widerspruchslos hingenommen worden, weil sie nach den Zusammenrechnungs- und Zusammenveranlagungsvorschriften des BewG, des VStG und des LAG bisher ohne abgabenrechtliche Auswirkung gewesen war, so muß zur Vermeidung einer Benachteiligung der Eheleute bei der Bemessung der Freibeträge die Aufteilung des Einheitswertes formlos im Verfahren über die Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge nach § 55c LAG vorgenommen werden.
Ob und inwieweit eine formlose Aufteilung des Einheitswertes in diesen Fällen in Betracht kommt, beurteilt sich nach den Grundsätzen über die Zurechnung, die zu beachten gewesen wären, wenn die Frage der gesonderten Zurechnung auf die einzelnen Ehegatten bereits bei der Feststellung des Einheitswertes (Hauptfeststellung oder Fortschreibung) wegen ihrer Maßgeblichkeit für die Berechnung der Freibeträge zu entscheiden gewesen wäre. Entsprechendes gilt für eine gesonderte Zurechnung anderer Wirtschaftsgüter.
Normenkette
LAG § 55c
Tatbestand
Der BF. ist zusammen mit seiner im Jahre 1963 verstorbenen Ehefrau durch unanfechtbar gewordenen Bescheid vom 7. Oktober 1955 zur Vermögensabgabe veranlagt worden. Das zur Vermögensabgabe herangezogene Vermögen bestand aus einem Grundstück und einem gewerblichen Betrieb, vermindert um eine Einkommensteuerschuld. Im März 1962 ging beim Finanzamt ein formlos gestellter Antrag des Bf. auf Herabsetzung des Vierteljahrsbetrags nach Maßgabe des § 55 c LAG ein, den das Finanzamt ablehnte, weil der Antragsteller nach dem Eintrag im Grundbuch am 21. Juni 1948 Alleineigentümer der Grundstücke gewesen sei. Bei dem einen der Grundstücke handelt es sich um ein im Einheitswert des Betriebsvermögens enthaltenes Geschäftsgrundstück. Nachdem der Bf. gegen die ablehnende Verfügung des Finanzamts Einspruch erhoben hatte, reichten er und seine Ehefrau einen von ihnen gemeinsam ausgefüllten Erklärungsvordruck über die der Vermögensabgabe unterliegenden Einzelvermögen der Ehegatten ein, dem sie eine ebenfalls von beiden Ehegatten unterschriebene ergänzende Erklärung beifügten. In diesen Erklärungen wurde ausgeführt, daß sämtliches Grund- und Betriebsvermögen, gleichviel ob einheitswertmäßig oder im Grundbuch auf den Bf. lautend, auf Grund gegenseitiger Vereinbarung beider Ehegatten zu gleichen Teilen gehöre; dasselbe gelte für sämtliches Barvermögen. Mit Ausnahme von den Ersparnissen der Ehefrau sei alles Vermögen erst nach der im Jahre 1928 erfolgten Eheschließung, und zwar erst nach Mitte 1933, von beiden Ehegatten erarbeitet bzw. mit beiderseitigem Geld je zur Hälfte erworben worden. Unter der Voraussetzung gleicher Vermögensteilung habe die Ehefrau bei der Geschäftsgründung ihre Ersparnisse zur Beschaffung der notwendigen Werkzeuge in das Geschäft gesteckt und auch selbst im Betrieb mitgearbeitet. Die später im Geschäft nicht benötigten Gelder seien geteilt und auf getrennten Sparkonten angelegt worden. Unter gleichmäßiger finanzieller Beteiligung beider Ehegatten seien dann in den Jahren 1937 bis 1939 die Grundstücke erworben und im Einverständnis der Ehefrau aus Kreditgründen auf den Namen des Ehemannes eingetragen worden. Auch an der Errichtung der Werkstätte habe die Ehefrau bei allen Eigenbauarbeiten als Hilfsarbeiterin mitgewirkt; Im Kriege habe sie in Abwesenheit des Ehemannes das Geschäft fortgeführt und es ihm so nach seiner Rückkehr ermöglicht, sofort wieder mit der Arbeit zu beginnen. Nach Abdeckung der Kredite seien die im Geschäft nicht benötigten Gelder wiederum entnommen und gleichmäßig auf Sparkonten verteilt worden. Diese vereinbarte Vermögensteilung sei von den Ehegatten auch nach der Währungsumstellung beibehalten worden.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, weil die Voraussetzungen des § 55 c LAG nicht gegeben seien. Ein Ehevertrag liege nicht vor, eine schriftliche Vereinbarung über die Vermögensaufteilung habe ebensowenig erbracht werden können wie ein Nachweis über das Vorbehaltsgut der Ehefrau. Aus dem Umstand, daß das eingebrachte Gut der Ehefrau nicht in einem Verzeichnis festgehalten worden sei, müsse gefolgert werden, daß den Ehegatten von vornherein an einer klaren Abgrenzung ihrer Vermögensverhältnisse nicht gelegen gewesen sei. Güterrechtliche Rückforderungsansprüche oder Darlehnsschulden zwischen den Ehegatten könnten mangels eines eindeutigen Nachweises ihres Bestehens steuerlich nicht anerkannt werden. Auch habe im Streitjahr keine ernst zu nehmende tatsächliche Belastung des Ehemannes gegenüber der Ehefrau vorgelegen. Wenn Ehegatten im Hinblick auf die steuerliche Wirkungslosigkeit in der Vergangenheit von dem Abschluß eines Vertrages abgesehen hätten, so hätten sie damit zu erkennen gegeben, daß ihnen an der Abgrenzung ihrer Vermögensverhältnisse ernstlich nicht gelegen gewesen sei. Eine Berücksichtigung der vom Einspruchsführer geltend gemachten Schuld im Rahmen des § 55c LAG sei daher nicht zulässig.
Mit der Berufung weist der Bf. zunächst darauf hin, daß sowohl die vordruckmäßige Erklärung als auch die gleichzeitig mit dieser abgegebene Erläuterung nicht nur von ihm allein, sondern zugleich auch von seiner Ehefrau unterschrieben worden sei, es sich also nicht um eine nur einseitige Erklärung gehandelt habe. Aus dem Nichtvorliegen eines Verzeichnisses über das eingebrachte Gut könne nicht der Schluß gezogen werden, den das Finanzamt gezogen habe. Von den Ehegatten sei eine genaue und komplizierte Aufteilung, nämlich die Halbierung des Vermögens, vorgenommen worden und so das bereits vorweg praktiziert worden, was heute mit der Zugewinngemeinschaft gesetzlich geregelt sei. Die Ausführungen des Finanzamts über die Nichtanerkennung einer Darlehnsschuld oder einer anderen Schuld des Ehemannes gegenüber der Ehefrau lägen neben der Sache, da von solchen Schulden nie die Rede gewesen sei. Insofern sei das Finanzamt bei seiner Entscheidung von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Es gehe nicht um die steuerliche Anerkennung von Schulden zwischen den Ehegatten, sondern um die Hälfte des Grund- und Betriebsvermögens, worauf die Ehefrau einen Anspruch gehabt habe, da die Anschaffung der Vermögensteile eine Maßnahme beider Ehegatten gewesen sei. Die Ehefrau sei auf Grund ihrer finanziellen Leistung und der von den Ehegatten getroffenen Vereinbarungen jeweils Miteigentümerin zur Hälfte der gekauften Grundstücke und errichteten Baulichkeiten geworden. Das gegenseitige Vertrauen habe eine diesbezügliche Grundbucheintragung oder einen notariellen Vertrag erübrigt. Die Ehegatten hätten sich auch ohne diese Maßnahme an ihre Vereinbarung gebunden gefühlt. Steuerlich sei dies bisher auch ohne Belang gewesen, so daß es einer förmlichen Vereinbarung über die Vermögensteilung nicht bedurft habe. Auch nach Treu und Glauben müsse auf den beiderseitigen Willen der Teilung des Vermögens zu gleichen Teilen geschlossen werden.
Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es könne dahingestellt bleiben, ob das der Abgabe unterliegende Vermögen nach bürgerlichem Recht dem Ehemann allein oder ob es ihm zusammen mit seiner Ehefrau gehört habe. Denn die steuerrechtliche Zurechnung von Gegenständen, für die ein Einheitswert festgestellt wird, richte sich ausschließlich nach den im Einheitswertbescheid enthaltenen Zurechnungsfeststellungen, die, soweit die Gesetze nicht Ausnahmen vorgesehen hätten, allen Steuerbescheiden zugrunde zu legen seien, die auf Feststellungsbescheiden beruhten. Dies müsse auch für die Anwendung des § 55c LAG gelten. Das Gesetz habe insoweit keine Ausnahme vorgesehen. Die vom Bundesminister der Finanzen durch Erlaß IV C/4 - LA 2342 c - 4/62 vom 26. Januar 1962 (BStBl 1962 I S. 445) in Tz. 20-23 erteilte Ermächtigung, bei der Ermittlung des Vermögens von Ehegatten im Rahmen des § 55c LAG die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse zugrunde zu legen und die in den Einheitswertbescheiden enthaltenen Zurechnungsfeststellungen insoweit unbeachtet zu lassen, fände im Gesetz keine Stütze. Da im Streitfall in den in Betracht kommenden Einheitswertbescheiden die Zurechnung allein auf den Ehemann vorgenommen worden sei, müsse diese auch für die Anwendung des § 55c LAG entscheiden. Unter diesen Umständen habe die von den Ehegatten angenommene bürgerlich-rechtliche Aufteilung des Vermögens, selbst wenn sie rechtlich zugetroffen haben sollte, im anhängigen Verfahren nicht berücksichtigt werden können; dies hätte nur im Rahmen der für die Feststellung von Einheitswerten vorgesehenen Verfahren und nur von den dafür zuständigen Stellen (Bewertungsstelle beim Grundbesitz und Veranlagungsstelle beim Betriebsvermögen) erfolgen können. Solange eine änderung der Einheitswerte hinsichtlich der Zurechnung nicht vorgenommen worden sei, müsse auch bei der Vermögensabgabeveranlagung von den bisherigen Feststellungen ausgegangen werden. Für die Ehefrau habe daher kein zusätzlicher Fehlbetrag gewährt werden können.
Die Rb. wendet sich dagegen, daß die Vorinstanz den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 26. Januar 1962 a. a. O. nicht berücksichtigt habe. Auch das Finanzamt habe sich an diesen Erlaß nicht gehalten, obwohl es an ihn gebunden sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
§ 55c LAG ist durch das Fünfzehnte Gesetz zur änderung des Lastenausgleichsgesetzes (15. ändGLAG) vom 4. August 1961 (BGBl 1961 I S. 1169) eingeführt worden, um der vom Bundesverfassungsgericht im Urteil 1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 vom 21. Februar 1961 (BStBl 1961 I S. 55) gegebenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften über die Anwendung der Freibeträge und Freigrenzen bei zusammenveranlagten Ehegatten für die Zukunft Rechnung zu tragen. Wäre die Vorschrift des § 29 LAG vom Inkrafttreten des LAG an von Verwaltung und Rechtsprechung im verfassungskonformen Sinne ausgelegt worden, so hätte dies zwangsläufig bei der Durchführung der Veranlagung in den Fällen, in denen bei zusammenveranlagten Ehegatten Freibeträge in Betracht kamen, zu einer Ermittlung des dem einzelnen Ehegatten gehörenden Vermögens führen müssen. Bei den Wirtschaftsgütern, für die kein Einheitswert festzustellen ist, hätte die Ermittlung des Vermögens jedes Ehegatten für die Zwecke der Freibetragsberechnung im Zuge der Vermögensabgabeveranlagung erfolgen müssen, wobei die Grundsätze der steuerlichen Zurechnung zu berücksichtigen gewesen wären. Bei den Wirtschaftsgütern jedoch, für die ein Einheitswert festzustellen ist und die gemäß § 73 Abs. 3 BewG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Ziff. 1 LAG mit den festgestellten Einheitswerten anzusetzen waren, hätte dies nur durch eine den Eigentumsverhältnissen der Ehegatten entsprechende, die Grundsätze der steuerlichen Zurechnung berücksichtigende Zurechnungsfeststellung oder Zurechnungsfortschreibung (ß 216 Abs. 1 Ziff. 2, § 225 a Abs. 1 Ziff. 2 AO) auf den 21. Juni 1948 oder auf einen früheren Feststellungszeitpunkt erfolgen können. Wie das Bundesverfassungsgericht a. a. O. unter D II 3 b seiner Entscheidungsgründe ausgeführt hat, müsse, da für den Währungsstichtag das Vermögen von Ehegatten für die Vermögensteuer gemeinsam festgestellt worden ist und bei der Einzelberechnung des Freibetrages die festgestellten Einheitswerte verwendbar bleiben, die Aufteilung der Werte auf die Ehegatten nachgeholt werden. Darüber, in welcher Form die Nachholung der Aufteilung der Einheitswerte für diese Zwecke zu erfolgen habe, enthält § 55c LAG keine ausdrückliche Anweisung. Wenn die Vorinstanz meint, auch für Zwecke der Freibetragsberechnung nach § 55c LAG blieben ausschließlich die in den maßgeblichen Einheitswerten enthaltenen Zurechnungen entscheidend, so kann dies uneingeschränkt nur für die Fälle gelten, in denen die Zurechnung auf einen der Ehegatten oder auf beide Ehegatten ausdrücklich Gegenstand einer Entscheidung gewesen ist (vgl. den Fall, den der erkennende Senat im Urteil III 13/63 U vom 8. März 1963, BStBl 1963 III S. 275, Slg. Bd. 76 S. 757, zu entscheiden hatte). Ist aber eine im Einheitswertbescheid enthaltene Zurechnung auf einen der Ehegatten nicht Gegenstand einer ausdrücklichen Entscheidung gewesen, ist sie vielmehr, obwohl sie den wirklichen Vermögensverhältnissen der Ehegatten nicht entsprach, widerspruchslos hingenommen worden, weil sie im Hinblick auf die Zusammenrechnungs- und Zusammenveranlagungsvorschriften des BewG, des VStG und auch des LAG bisher ohne abgabenrechtliche Auswirkung war, so muß zur Vermeidung einer Benachteiligung der Eheleute gegebenenfalls die Entscheidung über die Aufteilung des Einheitswertes zur Durchführung des Herabsetzungsverfahrens gemäß § 55c LAG nachgeholt werden. Nach Ansicht der Vorinstanz sei dies nur durch eine förmliche Berichtigung des Einheitswertbescheides hinsichtlich der Zurechnung bzw. durch eine Zurechnungsfortschreibung möglich. Im übrigen könnte auch an den Erlaß eines Ergänzungsbescheides hinsichtlich der Zurechnung gemäß § 216 Abs. 2 AO gedacht werden. Die bei der Vermögensabgabeveranlagung nach Maßgabe des § 21 LAG zwingend vorgeschriebene Maßgeblichkeit der in den Einheitswerten auf den Währungsstichtag enthaltenen Feststellungen - auch der über die Zurechnung -, an der für die Vermögensabgabeveranlagung, soweit sich nicht aus den Befreiungs- und Ermäßigungsvorschriften (vgl. insbesondere die §§ 18, 19, 24 LAG, § 14 des 4. DMBG), aus den Vorschriften über den Abzug der HGA und Kreditgewinnabgabe (KGA) - §§ 210, 215 LAG - oder aus den Doppelbesteuerungsabkommen etwas anderes ergibt, ausnahmslos festgehalten werden muß, wird jedoch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 55c LAG nicht gerecht. Sowohl eine Berichtigung hinsichtlich der Zurechnung als auch eine Zurechnungsfortschreibung oder ein Ergänzungsbescheid über die Zurechnung könnten nicht auf den in § 55c LAG vorgesehenen Herabsetzungspunkt des 1. April 1961, sondern müßten auf den 21. Juni 1948, den für die Vermögensabgabe allgemein maßgeblichen Stichtag, erfolgen. Selbst wenn solche Maßnahmen heute noch zulässig sein würden, was unter anderem auch angesichts des objektiv überlangen Zeitablaufs zweifelhaft sein könnte (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 274/61 vom 21. Juni 1963, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1964 S. 333), würden die genannten Maßnahmen zwangsläufig eine Berichtigung der in Betracht kommenden Vermögensabgabeveranlagungen ex tunc, d. h. mit Wirkung vom 21. Juni 1948 nach sich ziehen, was aus § 218 Abs. 4 AO zu folgern wäre. Dies aber wollte der Gesetzgeber nicht, denn er wollte durch § 55c LAG ausdrücklich nur eine Herabsetzung der Vierteljahresbeträge mit Wirkung ab 1. April 1961 herbeiführen.
Führt hiernach keine der vorgenannten Maßnahmen (Berichtigung des Einheitswertes hinsichtlich der Zurechnung, Zurechnungsfortschreibung, Ergänzungsbescheid) zu dem vom Gesetzgeber ausdrücklich bezeichneten Ziel, so erscheint der vom Bundesminister der Finanzen im Erlaß vom 26. Januar 1962 a. a. O. unter Tz. 23 eingeschlagene Weg einer formlosen Aufteilung des Einheitswertes auf den 21. Juni 1948 entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen an diesem Stichtag für die Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge gemäß § 55c LAG zweckmäßig. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz, diese Regelung fände im Gesetz keine Stütze, ist der Senat der Ansicht, daß nicht nur Sinn und Zweck, sondern auch der Wortlaut des § 55c LAG für eine gegebenenfalls formlose Aufteilung der Einheitswerte zum Zwecke der zutreffenden Berechnung der Freibeträge ab 1. April 1961 sprechen. Während § 21 Abs. 1 LAG bei unbeschränkt Abgabepflichtigen als Bemessungsgrundlage für die Vermögensabgabeveranlagung das Vermögen zu Beginn des 21. Juni 1948 vorsieht, das sich grundsätzlich nach den bei der Vermögensteuer (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet, nimmt § 55c LAG auf diese Vorschriften nicht Bezug, sondern verwendet statt dessen den im LAG sonst nicht üblichen Ausdruck "Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten". Läßt der Gesetzgeber aber entgegen der sonstigen Sprachregelung im LAG hier die "Vermögensverhältnisse des einzelnen Ehegatten" für die neue Berechnung der Freibeträge entscheidend sein, so ist daraus zu entnehmen, daß er für die in § 55c LAG vorgesehenen Zwecke im Interesse der Herbeiführung einer für die Zukunft verfassungskonformen Rechtslage bei zusammenveranlagten Ehegatten solche Rechtsbegriffe des LAG vermeiden wollte, deren Anwendung der Erreichung dieses Zieles entgegenstehen könnte. Die Bindung an die im Einheitswertbescheid enthaltene, den wirklichen Vermögensverhältnissen jedes einzelnen Ehegatten aber nicht entsprechende Zurechnung stände der Erreichung dieses Zieles dann entgegen, wenn eine unrichtige Zurechnung vorläge, die nur deswegen widerspruchslos hingenommen worden ist, weil sie bislang ohne abgabenrechtliche Auswirkung gewesen war. Im Gegensatz zu den durch § 21 Abs. 1 LAG in bezug genommenen Vorschriften über die Ermittlung des Gesamtvermögens, zu denen auch § 73 Abs. 3 BewG gehört, demzufolge die in einem Einheitswert getroffenen Feststellungen für die Vermögensabgabeveranlagung maßgebend sind, beinhaltet der Begriff "Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten" eine solche ausnahmslose Bindung an die im Einheitswertbescheid enthaltene Zurechnung nicht. Er macht vielmehr eine ausschließlich für die Zwecke des § 55c LAG gegebenenfalls vorzunehmende Anpassung an die wirklichen Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten möglich und erforderlich, sofern nicht zuvor bereits eine ausdrückliche Entscheidung über die Zurechnung getroffen worden ist. Diese Anpassung an die Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Ehegatten kann aber, wie oben dargetan, in aller Regel nicht im Wege einer Zurechnungsfortschreibung oder eines Ergänzungsbescheides erfolgen, so daß die Anpassung und damit die Aufteilung der Einheitswerte in dem in § 55c Abs. 4 LAG vorgesehenen besonderen Bescheid über die Herabsetzung des Vierteljahrsbetrages selbst vorzunehmen ist. Dieser Bescheid stellt keine "Neuveranlagung der Vermögensabgabe" dar, wie die Vorinstanz meint. Vielmehr handelt es sich um eine Sondermaßnahme des Lastenausgleichsgesetzgebers, die die Bemessungsgrundlage der bisherigen - unanfechtbar gewordenen - Vermögensabgabeveranlagung und damit auch die grundsätzliche Maßgeblichkeit der Einheitswerte unberührt läßt und nur die Neuberechnung der Freibeträge mit der sich daran anschließenden Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens betrifft (vgl. § 55c Abs. 4 LAG). Die Vorentscheidung, in der die sich aus § 55c LAG ergebende besondere Rechtslage verkannt worden ist, mußte daher aufgehoben werden.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Während das Finanzamt die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 55c LAG in erster Linie deshalb nicht für gegeben angesehen hat, weil auch nach den aus dem Grundbuch ersichtlichen bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen die Grundstücke nur dem Bf. allein gehört hätten, hat dieser vorgetragen, die Eintragungen im Grundbuch seien aus Kreditgründen auf seinen Namen erfolgt, es hätte aber aus den von ihm näher dargelegten Gründen von Anfang an Miteigentum unter den Ehegatten bestanden. Zu diesem Vorbringen hat das Finanzgericht noch nicht Stellung genommen. Es wird daher die Prüfung dieses Vorbringens nachzuholen haben. Dabei sind die Grundsätze der steuerlichen Zurechnung - auch im Hinblick auf eine etwaige Abweichung des wirtschaftlichen Eigentums vom bürgerlich-rechtlichen Eigentumsbegriff - zu beachten. Haben am Währungsstichtag die Vermögensverhältnisse der Ehegatten so gelegen, daß die aus dem Grundbuch ersichtlichen Eigentumsverhältnisse - ausnahmsweise - nicht den für die Besteuerung maßgeblichen wirtschaftlichen Eigentumsverhältnissen der Ehegatten entsprochen haben, so daß auf den Währungsstichtag eine von der bürgerlich-rechtlichen abweichende steuerliche Zurechnung vorzunehmen gewesen wäre oder hätte vorgenommen werden können, wenn die Bedeutung einer solchen Zurechnung damals schon bekannt gewesen wäre, so muß im Verfahren gemäß § 55c LAG eine der zutreffenden Zurechnung entsprechende Aufteilung formlos nachgeholt werden. Ob die Vermögensverhältnisse von Ehegatten am 21. Juni 1948 aber wirklich dieser Art gewesen sind, muß hinreichend dargetan werden. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere auch des erkennenden Senats, über die Bedeutung und Beweiswürdigung von Vereinbarungen zwischen nahen Verwandten und Ehegatten kann es keineswegs genügen, eine Vereinbarung über das Miteigentum von Ehegatten nachträglich zu behaupten. Es wird zwar auf die Umstände des einzelnen Falles abzustellen sein, ob und inwieweit schriftliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten aus der Zeit vor dem Währungsstichtag nach deren Lebens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden konnten oder nicht, so daß keineswegs immer die vom Finanzamt in der Einspruchsentscheidung erwähnten Vermögensverzeichnisse vorzuliegen brauchen. Andererseits müssen aber auch objektive und nachprüfbare Umstände oder Beweismittel vorgebracht werden, die geeignet sind, die entscheidende Stelle von der Richtigkeit der behaupteten Vermögensverhältnisse zu überzeugen. Allgemein gültige Regeln darüber, was erforderlich ist und ausreichend erscheint, werden schwerlich aufgestellt werden können. Ob hiernach im Streitfall die vom Bf. behauptete Vereinbarung einer Vermögensteilung durch Vorlegung von Sparkassenbüchern beider Ehegatten hinreichend dargetan und aus deren Guthabenbestand in den verschiedenen Zeitabschnitten ein Schluß auf gemeinsamen Erwerb und wirtschaftliches Miteigentum an den Grundstücken und sonstigen Vermögensgegenständen gezogen werden kann, bedarf der Prüfung. Das zusätzliche Vorbringen des Bf. in der Rechtsbeschwerdeinstanz wird dabei zu berücksichtigen sein. Ergibt die Nachprüfung des Vorbringens des Bf., daß im Sinne des § 11 StAnpG wirtschaftliches Eigentum beider Ehegatten an den Grundstücken je zur Hälfte bestanden hat, so sind die Einheitswerte der Grundstücke für die Berechnung der Freibeträge auf die beiden Ehegatten je zur Hälfte aufzuteilen. Entsprechendes gilt für die Aufteilung des Einheitswertes für das Betriebsvermögen; auch hier ist entscheidend, welchem der Ehegatten der Einheitswert auf den 21. Juni 1948 gemäß § 11 StAnpG zuzurechnen gewesen wäre, wenn diese Frage bereits damals wegen ihrer Maßgeblichkeit für die Berechnung der Freibeträge zur Entscheidung gestanden hätte. Auch bei Wirtschaftsgütern, für die kein Einheitswert festzustellen ist, muß für die Herabsetzung nach § 55c LAG maßgeblich sein, wie die Zurechnung auf den 21. Juni 1948 vorgenommen worden wäre, wenn die Aufteilung des Ehegatten-Vermögens nach den Vermögensverhältnissen jedes einzelnen Ehegatten damals bereits zu entscheiden gewesen wäre.
Verfahrensmäßig ist im übrigen zu beachten, daß der Sohn des Bf. in seiner Eigenschaft als Miterbe nach der verstorbenen Ehefrau des Bf. auch am weiteren Verfahren beteiligt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 411538 |
BStBl III 1965, 304 |
BFHE 1965, 161 |
BFHE 82, 161 |