Leitsatz (amtlich)
Zu den Entschädigungen im Sinne des Landbeschaffungsgesetzes vom 23. Februar 1957 (BGBl I 1957, 134), die Teil der Bemessungsgrundlage für die Steuer gem. § 11 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG sind, gehören nicht die Vermessungs- und Vermarkungskosten, die der Bundesrepublik Deutschland entstehen, um das für eine Enteignung vorgesehene Grundstück bezeichnen zu können.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Die Bundesrepublik Deutschland kaufte von einer Gemeinde Teile eines Grundstücks, das sie zum Bau der Stichstraße zu einer Standortschießanlage bereits in Anspruch genommen hatte. Sie übernahm die Grunderwerbsteuer, die Kosten des Vertrages, seiner Durchführung und die der Vermessung und Vermarkung. Das Finanzamt zog den Grundstückserwerb mit vorläufigem Bescheid zur Grunderwerbsteuer heran und ging dabei von einer Bemessungsgrundlage aus, die u. a. für geschätzte Vermessungs- und Vermarkungskosten 300 DM enthielt.
Mit der Klage begehrte die Klägerin, die Vermessungs- und Vermarkungskosten außer Ansatz zu lassen. Die Klage blieb ohne Erfolg. Auf die Beschwerde ließ der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Die Klägerin ist der Auffassung: Müsse nur ein Teil eines Grundstücks im öffentlichen Interesse beschafft werden, sei es erforderlich, diesen Teil zu vermessen, um ihn im Enteignungsverfahren einwandfrei bezeichnen zu können. Werde die Enteignung durch freihändigen Kauf vermieden und übernehme der Bund die Kosten, so übernehme er nicht eine Verpflichtung des Verkäufers, sondern erfülle eine eigene Verpflichtung. Was für die Enteignung gelte, müsse auch für den freihändigen Erwerb gelten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
Beim Grundstücksverkauf wird die Steuer vom Wert der Gegenleistung berechnet (§ 10 Abs. 1 GrEStG). Bei der Enteignung oder der freiwilligen Veräußerung eines Grundstücks zur Vermeidung der Enteignung gilt als Gegenleistung die Entschädigung (§ 11 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG). Unter Entschädigung sind die Leistungen zu verstehen, die im Enteignungsverfahren als Entschädigung festgesetzt und dem Entschädigungsberechtigten zugesprochen werden. Dazu gehören außer der Barentschädigung, einer Landentschädigung, auch sonstige Leistungen, die der Enteignungsberechtigte dem Inanspruchgenommenen bzw. dem Verkäufer gegenüber für den Erwerb des Grundstücks erbringt.
Demgemäß scheiden aus der Bemessungsgrundlage Leistungen aus, mit denen nicht der Erwerb der Grundstücke abgegolten wird, wie z. B. die Abgeltung von Belegungsschäden, die Entschädigungen für von den Besatzungsmächten früher abgeholzte Waldbestände einschließlich der Hiebunreife-Entschädigungen oder für die von den Besatzungsmächten vernichteten Vermögenswerte. Ähnlich ist es bei den Vermessungs- und Vermarkungskosten, die anläßlich eines Enteignungsverfahrens nach dem Landbeschaffungsgesetz vom 23. Februar 1957 (BGBl I 1957, 134) für ein Grundstück entstehen, das die Bundesrepublik Deutschland für ihre Zwecke bereits in Besitz genommen hat. Die Klägerin muß, um einen Enteignungsbeschluß herbeiführen zu können, das Grundstück, das sie beansprucht, einwandfrei bezeichnen. Beansprucht sie nur einen Teil eines Grundstücks, muß die für den öffentlichen Bedarf benötigte Grundstücksfläche vermessen werden. Daraus folgt, daß die Bundesrepublik Deutschland die Vermessungs- und Vermarkungskosten aufwenden muß, um die Voraussetzungen für das Enteignungsverfahren zu schaffen. Sie erfüllt eine ihr obliegende Pflicht. Auf die der Regelung in § 448 BGB zugrunde liegenden Erwägungen kommt es mithin nicht an.
Was für die Enteignung gilt, gilt auch bei dem freihändigen Erwerb zur Vermeidung der Enteignung nach dem Landbeschaffungsgesetz. Fallen Vermessungs- und Vermarkungskosten tatsächlich an - was im vorliegenden Fall der vorläufigen Steuerfestsetzung nicht zu prüfen war, weil der Anfall solcher Kosten von der Klägerin nicht bestritten worden ist - und werden sie entschädigt, so gehören diese Kosten bei dem Erwerb eines Grundstücks, das die Klägerin für ihre Zwecke bereits in Besitz genommen hat, nicht zur Entschädigung im Sinn von § 11 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG. Daß die Vermessungs- und Vermarkungskosten keine Entschädigung für den Erwerb des Grundstücks sind, zeigt auch die Erwägung, daß die Klägerin die Vermessungs- und Vermarkungskosten beispielsweise auch dann tragen muß, wenn sie im Enteignungsverfahren ihr Enteignungsbegehren nicht durchzusetzen vermag. Wird das Enteignungsverfahren durch einen freiwilligen Kauf abgewendet, ist die Sachlage nicht anders.
Fundstellen
Haufe-Index 71358 |
BStBl II 1975, 454 |
BFHE 1975, 147 |