Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegatten-Arbeitsverhältnisse
Leitsatz (NV)
1. Keine steuerliche Anerkennung von Gewinnbeteiligungen im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses, wenn die Vereinbarung über die Fälligkeit unter Fremden unüblich ist.
2. Das Schweigen des FA auf ein Schreiben des Steuerpflichtigen kann auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben regelmäßig nicht als Zusage angesehen werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet. Die Klägerin war aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 1. Januar 1969 im Betrieb ihres Ehemannes als Angestellte beschäftigt. Neben dem monatlichen Gehalt war eine Beteiligung am Gewinn zugesagt. Die Gewinnbeteiligung konnte nach dem Vertrag unter Berücksichtigung der Geschäftslage entweder sofort ausgezahlt werden, oder mußte ggf. im Interesse des Unternehmens vorerst im Betrieb verbleiben.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung (1973/74) für die Veranlagungszeiträume 1969 bis 1971 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die für die Gewinnbeteiligungen gebildeten Rückstellungen nicht als gewinnmindernd an, da der Anstellungsvertrag weder eine Bemessungsgrundlage noch Angaben zur prozentualen oder wertmäßigen Höhe der Gewinnbeteiligung enthalte.
Die Kläger trafen daraufhin unter dem Datum vom 28. Dezember 1983 eine Zusatzvereinbarung, nach der die Höhe der Gewinnbeteiligung - abhängig von der Höhe des Gewinns - auf gestaffelte Beträge festgelegt wurde. Mit Schreiben vom 29. Januar 1974 übersandte der Kläger die Zusatzvereinbarung mit dem Bemerken, er gehe davon aus, daß diese jetzt den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Andernfalls erwarte er eine Rückäußerung innerhalb von drei Wochen. Das FA hat das Schreiben unbeantwortet gelassen; es trägt den Vermerk: ,,Bp ist abgeschl.".
Die Veranlagungen für die Streitjahre (1973 bis 1975) führte das FA in der Folgezeit zunächst entsprechend den Angaben in den Steuererklärungen durch und setzte die Einkommensteuer für 1973 und 1974 nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig, und für 1975 nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. In den Steuererklärungen waren Gewinnbeteiligungen der Klägerin als Rückstellungen bzw. als Ausgaben gewinnmindernd berücksichtigt worden.
Im Anschluß an eine weitere Betriebsprüfung (1978/79) änderte das FA die Bescheide für die Streitjahre. Es erkannte die monatlichen laufenden Gehälter als angemessene Vergütung steuerlich an, nicht jedoch die Gewinnbeteiligungen.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Anstellungsvertrag entspreche nach Inhalt und Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen.Das Verhalten des FA verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Insbesondere könne trotz der im Schreiben vom 29. Januar 1974 enthaltenen Bitte um Rückäußerung in dem Schweigen des FA nicht eine Zusage des Inhalts gesehen werden, daß die Gewinnbeteiligung nunmehr steuerlich anerkannt werden müsse.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der Grundsätze von Treu und Glauben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat zu Recht die Vereinbarungen über eine Gewinnbeteiligung der Klägerin steuerlich nicht anerkannt. Das FA hat die entsprechenden Zahlungen zutreffend nicht zum Abzug als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) zugelassen und die Bildung von Rückstellungen als unzulässig angesehen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Verträge zwischen Ehegatten steuerlich anzuerkennen, wenn sie ernsthaft, klar und eindeutig vereinbart sind, und der Vereinbarung entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Die Verträge sind daraufhin zu prüfen, ob sie auch zwischen Fremden üblich wären. Diese Grundsätze gelten auch für die Vereinbarung von Gewinnbeteiligungen (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1975 I R 208/72, BFHE 115, 481, BStBl II 1975, 579 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen ist das FG ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, die Vereinbarung über die Fälligkeit der Gewinnbeteiligung entspreche nicht dem, was zwischen Fremden üblicherweise vereinbart worden wäre. Ebenso hat es ohne Rechtsverstoß angenommen, daß es im Streitjahr 1973 an einer unter Fremden üblichen Vereinbarung über die Höhe der Gewinnbeteiligung fehlte. Soweit das FG hierzu festgestellt hat, daß die unter dem Datum vom 28. Dezember 1973 getroffene Vereinbarung über die Höhe der Gewinnbeteiligung nicht lediglich frühere mündliche Vereinbarungen schriftlich fixieren sollte, eine Vereinbarung über die Höhe also nicht bestand, ist der Senat an diese dem FG vorbehaltene tatsächliche Feststellung gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
2. Das FG hat auch zu Recht angenommen, daß das FA nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert war, der Vereinbarung der Gewinnbeteiligung die steuerliche Anerkennung zu versagen.
a) Eine der Nichtanerkennung entgegenstehende Zusage des FA liegt nicht vor. Eine Zusage ist eine Willenserklärung. Im Gegensatz zur Auskunft (Meinungserklärung) ist bei einer Zusage zusätzlich ein Bindungswille erforderlich.
Das FA hat weder eine entsprechende Willenserklärung durch eine ausdrückliche Erklärung noch eine sog. ,,stillschweigende Willenserklärung" durch schlüssiges Verhalten oder bloßes Schweigen abgegeben.
Bei einer Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten nimmt der Erklärende Handlungen vor, die mittelbar den Schluß auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zulassen. Ein derartiges schlüssiges Verhalten des FA ist im Streitfall nicht ersichtlich. Die zunächst entsprechend den Steuererklärungen, aber vorläufig (§ 100 Abs. 2 AO) bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO 1977) durchgeführten Veranlagungen lassen - entgegen der Ansicht der Kläger - gerade nicht den Schluß zu, das FA wolle die Gewinnbeteiligung nunmehr endgültig und bindend anerkennen.
Das bloße Schweigen läßt regelmäßig weder Zustimmung noch Ablehnung erkennen, und ist damit keine Willenserklärung. Nur ausnahmsweise kann das Schweigen einer Willenserklärung gleichgesetzt werden (beredtes Schweigen), etwa dann, wenn das Schweigen als Zustimmung vereinbart worden wäre, oder auch, wenn der Schweigende verpflichtet war, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen.
Eine derartige Verpflichtung bestand für das FA aufgrund des Schreibens des Klägers vom 29. Januar 1974 nicht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem Gesetz, noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Sie kann auch unter Berücksichtigung des besonderen Verhältnisses zwischen Steuerpflichtigen und FA immer nur in Ausnahmefällen bestehen. Das wäre der Fall, wenn das FA vom Steuerpflichtigen - ähnlich einem sog. kaufmännischen Bestätigungsschreiben - ein Schreiben erhält, das sich auf eine vorausgehende Besprechung bezieht, und das den - nach Ansicht des FA unzutreffenden - Inhalt einer in der Besprechung getroffenen Vereinbarung wiedergibt (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1961 V 218/59 U, BFHE 74, 250, BStBl III 1962, 94). Eine vergleichbare Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Weder wurde eine dem Schreiben des Klägers vorausgehende Vereinbarung getroffen noch hat der Kläger eine solche in seinem Schreiben behauptet.
b) Das FA war auch nicht - wie das FG zu Recht festgestellt hat - aus anderen Gründen nach Treu und Glauben daran gehindert, der Tantiemevereinbarung seine Anerkennung zu versagen. Insbesondere geboten es Treu und Glauben auch unter Berücksichtigung des Schreibens des Klägers vom 29. Januar 1974 nicht, auf Bedenken an der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit der Vereinbarung bereits in einem nach § 100 Abs. 2 AO vorläufigen bzw. nach § 164 Abs. 1 AO 1977 unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid ausdrücklich hinzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 414397 |
BFH/NV 1986, 601 |