Leitsatz (amtlich)
Wenn die Summe der Gutschriften auf einen Bausparvertrag (Bausparguthaben) die vereinbarte Bausparsumme erreicht hat, sind weitere Sparleistungen des Bausparers nicht mehr prämienbegünstigt. Zu dem Bausparguthaben gehören auch die dem Bausparer gewährten und dem Bausparkonto gutgeschriebenen staatlichen Wohnungsbau-Prämien.
Normenkette
WoPG 1960 § 2 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die am 11. Juni 1971 verstorbene Schwester des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) hatte im Jahr 1962 einen Bausparvertrag mit einer Vertragssumme von 8 000 DM abgeschlossen. Dem Bausparkonto wurden in den Jahren 1962 bis 1967 außer den Einzahlungen die jährlich angefallenen Zinsen sowie die gewährten Wohnungsbau-Prämien gutgeschrieben. Das Konto erreichte am 25. Juli 1967 einen Stand von 8 018, 10 DM. In dieser Summe sind Wohnungsbau-Prämien von insgesamt 1 621, 10 DM zuzüglich der darauf entfallenden Zinsen enthalten. Im Dezember 1967 wurden dem Bausparkonto Zinsen in Höhe von 237,45 DM gutgeschrieben. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) gewährte darauf antragsgemäß eine Wohnungsbau-Prämie von 59,50 DM. Für das Jahr 1968 beantragte die Bausparerin eine Wohnungsbau-Prämie für Beiträge in Höhe von 795,55 DM (548 DM Einzahlungen, 247,55 DM Bausparzinsen). Die Bausparkasse bestätigte zunächst den Zinsbetrag als prämienbegünstigte Aufwendungen. Sie teilte dann vor Gewährung der Prämie dem FA mit, daß bereits im Jahr 1967 die Bausparsumme erreicht worden sei. Das FA lehnte darauf den Prämienantrag 1968 ab und forderte die für das Jahr 1967 gewährte Prämie zurück.
Das FG gab der Klage statt. Es führte in dem in den EFG 1973, 571, veröffentlichten Urteil aus: Zu den prämienbegünstigten Aufwendungen für einen Bausparvertrag gehörten die Einzahlungen und die gutgeschriebenen Bausparzinsen solange, bis die Bausparsumme voll angespart und damit der Vertragszweck erreicht sei. Die gewährten Wohnungsbau-Prämien seien bei der Prüfung, ob die Bausparsumme erreicht sei, nicht einzurechnen. Es handle sich dabei nicht um eigene Aufwendungen des Sparers, sondern um staatliche Zuschüsse zur Förderung des Wohnungsbaus, die dem Sparer zusätzlich zur Bausparsumme zur Verfügung gestellt würden. Nehme der Sparer als staatliche Vergünstigung für seine Sparleistungen nicht die Wohnungsbau-Prämie, sondern den Sonderausgabenabzug in Anspruch, so werde die Höhe des Bausparguthabens durch die Steuerermäßigung nicht berührt. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum der Sparer bei Inanspruchnahme der Wohnungsbau-Prämie schlechter stehen solle.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben. Es trägt vor:
Bei der Frage, ob die Bausparsumme angespart sei, seien die staatlichen Sparprämien mitzurechnen. Die Wohnungsbau-Prämie werde von der Bausparkasse wie ein echter Bausparbeitrag behandelt; sie werde auf dem Bausparkonto verbucht, verzinst und bei Errechnung der für die Zuteilung maßgebenden Bewertungsziffer berücksichtigt. Die Wohnungsbau-Prämie werde dadurch der Sparleistung gleichgestellt. Der Bausparer könne wählen, ob er die Wohnungsbau-Prämie oder den Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen wolle. Dabei müsse er die verschiedenartigen wirtschaftlichen Auswirkungen vorher abwägen. Die unterschiedliche Ausgestaltung der möglichen staatlichen Vergünstigungen stelle keine Benachteiligung für die Gruppe der Sparer dar, die sich für eine Wohnungsbau-Prämie entschieden hätten.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er trägt vor: Die staatlichen Wohnungsbau-Prämien hätten für die Abwicklung des Bausparvertrags keine Bedeutung, gleichgültig, ob sie von der Bausparkasse auf dem Bausparkonto oder gesondert verbucht würden. Dementsprechend seien prämienbegünstigt nur die aus eigenen Mitteln geleisteten Sparbeiträge. Der Sparer könne über die Wohnungsbau-Prämie im Gegensatz zu seinen eigenen Sparleistungen nur bedingt verfügen. Bei der Berechnung der Durchschnittssparleistungen der ersten vier Jahre würden die Wohnungsbau-Prämien nicht mitgerechnet. Schließlich bleibe die Verpflichtung der Bausparkasse zur Darlehensgewährung unberührt, auch wenn die Wohnungsbau-Prämie wegen vorzeitiger Auszahlung des Sparguthabens zurückgewährt werden müsse.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.
Das FG geht zutreffend davon aus, daß Einzahlungen auf einen Bausparvertrag, die nach Ansparung der gesamten Vertragssumme erbracht werden, keine prämienbegünstigten Aufwendungen mehr sein können. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG gehören zu den prämienbegünstigten Aufwendungen die Beiträge an Bausparkassen, die zur Erlangung von Baudarlehen geleistet werden. Diese von dem Gesetzgeber geforderte Zielsetzung ist nicht mehr gegeben, wenn das angesparte Guthaben die vereinbarte Bausparsumme erreicht hat, und deshalb die Gewährung eines Baudarlehens durch die Bausparkasse nicht mehr in Betracht kommt.
Dem Guthaben müssen entgegen der Ansicht des FG nicht nur die prämienbegünstigten eigenen Aufwendungen des Bausparers, sondern sämtliche Vergütungen, die auf seine Anweisung oder mit seiner Zustimmung auf dem Bausparkonto gutgeschrieben worden sind, zugerechnet werden, da sich nach dieser Summe der Gutschriften die Rechte des Sparers gegenüber der Bausparkasse richten. Innerhalb des Bausparverhältnisses kommt es nicht darauf an, aus welchen Mitteln das Guthaben angespart worden ist. So kann der Bausparer aus eigenen oder aus Kreditmitteln die Sparbeiträge oder Sondersparzahlungen leisten. Ebenso können dritte Personen aus eigenem Interesse oder im Interesse des Bausparers Zahlungen erbringen (§ 267 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es ist nicht gerechtfertigt, für den Bereich des Prämienrechts eine abweichende Guthabensermittlung vorzunehmen. Die insoweit bedeutsame Frage, ob der Bausparer seine Beiträge zur Erlangung von Baudarlehen geleistet hat, kann nur nach den Gegebenheiten seines Bausparverhältnisses beurteilt werden. Wenn in diesem Vertragsverhältnis wegen der Höhe des tatsächlich angesparten Guthabens die Gewährung eines Bauspardarlehens ausgeschlossen ist, ist dies auch prämienrechtlich zu beachten.
Mit dem Hinweis, daß die Wohnungsbau-Prämien nicht als prämienbegünstigte Aufwendungen behandelt und bei Ermittlung des "Eineinhalbfachen" (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 WoPG) nicht mitgerechnet werden, kann nicht begründet werden, daß sie nicht zu dem Bausparguthaben gehören könnten. Eine Wohnungsbau-Prämie soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur als Anreiz für die eigenen Leistungen des Bausparers gewährt werden (§ 1 Nr. 2 WoPG). Das schließt aber nicht aus, daß das Bausparguthaben durch sonstige, nicht prämienbegünstigte Gutschriften vermehrt wird. Die Feststellung, welche Aufwendungen prämienbegünstigt sind, hat keinen Zusammenhang mit der Frage, welche Vergütungen das Bausparguthaben erhöhen.
Aus den unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich aus der Inanspruchnahme der Wohnungsbau-Prämie einerseits und des Sonderausgabenabzugs für Bausparbeiträge andererseits im Einzelfall ergeben können, kann ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht hergeleitet werden. Jeder Bausparer hat ein Wahlrecht zwischen den staatlichen Vergünstigungen, wobei es ihm überlassen ist, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen und die ihm günstigere Möglichkeit auszunutzen, so daß eine willkürliche Ungleichbehandlung der einen oder der anderen Gruppe von Bausparern nicht gegeben sein kann.
Im Streitfall steht fest, daß auf dem Bausparkonto der Bausparerin außer ihren Sparbeiträgen und den Bausparzinsen auch die gewährten Wohnungsbau-Prämien gutgeschrieben worden sind. Die Bausparkasse hat somit die Wohnungsbau-Prämien als - nach den Bausparbedingungen zulässige - Sondersparzahlungen behandelt. Diese Buchungen sind der Bausparerin durch Übersendung der Jahresauszüge bekanntgemacht worden, ohne daß sie dagegen Einwendungen erhoben hat. Es ist deshalb davon auszugehen, daß sie mit dieser Handhabung der Bausparkasse einverstanden war. Das Bausparguthaben hat unter Einschluß der Wohnungsbau-Prämien bereits im Juli 1967 die Bausparsumme erreicht. Das FA hat deshalb zu Recht für die später geleisteten Einzahlungen und gutgeschriebenen Bausparzinsen die Gewährung der Wohnungsbau-Prämie versagt.
Fundstellen
Haufe-Index 71832 |
BStBl II 1976, 405 |
BFHE 1976, 402 |