Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer, Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Einkünfte aus Beteiligungen an den Jahnschaften im Bezirk des Olper Forstgesetzes vom 3. August 1897 (Preußische Gesetzessammlung S. 285) sind Einkünfte aus Kapitalvermögen; bei einem Landwirt gehören sie nach § 20 Abs. 3 EStG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. 2. Die Steuervergünstigung für Waldnutzungen nach § 34 Abs. 3 EStG 1950/1952 (§ 34 b ab EStG 1955) steht dem Genossen für die Ausschüttung aus der Jahnschaft nicht zu.
EStG 1950/1952 § 20, § 34 Abs. 3; KStG 1950/1952 § 4 Abs. 1 Ziff. 5; VOL vom 2. Juni 1949 § 9 Abs.
Normenkette
EStG §§ 20, 34 Abs. 3; KStG § 4 Abs. 1 Nr. 5; VOL § 9 Abs. 2
Tatbestand
Der Steuerpflichtige ist Land- und Forstwirt. Sein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft wird nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL) vom 2. Juni 1949 ermittelt. Für die Streitjahre 1950 bis 1952 hat das Finanzamt in den nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO durchgeführten Berichtigungsveranlagungen den VOL-Gewinnen des Steuerpflichtigen aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb jeweils 1 000 DM (für 1950), 3 570 DM (für 1951) und 7 000 DM (für 1952) hinzugerechnet, die dem Steuerpflichtigen aus seiner Beteiligung an der Jahnschaft X. ausgezahlt worden sind. Der Steuerpflichtige begehrt für diese Beträge die Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG 1950/1952 (EStG), da Erlöse aus außerordentlichen Waldnutzungen vorlägen. Das Finanzamt versagte diese Tarifvergünstigung. Die Jahnschaft sei eine juristische Person. Die Ausschüttungen seien Einkünfte aus der Beteiligung des Steuerpflichtigen, also Kapitaleinkünfte im Sinn des § 20 EStG. Für sie könne der Vorzugstarif des § 34 Abs. 3 EStG nicht gewährt werden.
Der Einspruch blieb erfolglos. Der Steuerausschuß anerkannte zwar auf Grund der Ausführungen des Urteils des Reichsfinanzhofs I A 93/23 vom 28. September 1923 (Slg. Bd. 12 S. 343), daß die Erträge des Steuerpflichtigen aus seiner Beteiligung an der Jahnschaft Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft seien, versagte die Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG gleichwohl, weil die Jahnschaft nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung im Gesetz betreffend die Regelung der Forstverhältnisse für das ehemalige Justizamt Olpe im Kreise Olpe, Regierungsbezirk Arnsberg - im folgenden Olper Forstgesetz - vom 3. August 1897 (Preußische Gesetzessammlung 1897 S. 285) als selbständige Körperschaft den forstwirtschaftlichen Betrieb allein ausübe, nicht die Genossen der Jahnschaft.
Auf die Berufung des Steuerpflichtigen gewährte das Finanzamt die beantragte Tarifvergünstigung. Es führte aus, aus der Behandlung der Erträge der Genossen aus den Anteilen an der Jahnschaft als unmittelbar von ihnen bezogene land- und forstwirtschaftliche Einkünfte nach den Urteilen des Reichsfinanzhofs I A 93/23; VI A 349/33 vom 21. Juni 1933 (RStBl 1933 S. 1079) und VI 222/43 vom 19. Januar 1944 (RStBl 1944 S. 204) ergebe sich zwingend, daß für diese Einkünfte alle Steuervergünstigungen zur Anwendung kämen, die das EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft vorsehe. Die Jahnschaft ähnele eher einer Personengesellschaft als einer Körperschaft. Die Genossen selbst seien es, die die Jahnschaftswaldungen verwalteten. Für die Gewährung der Tarifvergünstigungen müsse genügen, daß der einzelne Genosse in der Versammlung entsprechende Anträge stellen könne und die Versammlung solchen Anträgen, insbesondere wenn sie von mehreren Genossen gestellt würden, im Rahmen forstwirtschaftlicher Grundsätze Rechnung tragen würde und müsse.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung, soweit sie die Veranlagungszeiträume 1950 bis 1952 betreffen, und zur Zurückverweisung an das Finanzamt.
Die in der Anlage A zum Olper Forstgesetz bezeichneten Jahnschaften der Stadt Olpe und der ämter Olpe, Drolshagen und Wenden, zu denen auch die Jahnschaft X. gehört, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist, bestehen nach Art. 164 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unter Aufrechterhaltung der landesgesetzlichen Vorschriften fort. Ihre rechtliche Gestalt hat sich aus den Allmendgenossenschaften und den Markgenossenschaften entwickelt. Die Jahnschaften werden ebenso wie die Hauberggenossenschaften als Reste der Markgenossenschaften angesehen werden müssen (vgl. Gierke, Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs = Das deutsche Genossenschaftsrecht, 2. Bd. S. 332, 333). Sie stellen Wirtschaftsgenossenschaften dar, bei denen sich die Gesamtheit der aus dem Eigentum am Jahnschaftsvermögen fließenden Herrschaftsmacht auf die einheitliche Verbandsperson der Genossenschaft als einheitsrechtliche Befugnisse einerseits und auf die Genossen als vielheitliche Sonderrechte andererseits verteilen. Als Verbandsperson ist die Jahnschaft auf Grund der Regelungen in den §§ 2, 14 bis 16 des Olper Forstgesetzes als rechtlich selbständige Vermögensgenossenschaft mit korporativer Verfassung und damit als juristische Person anzusehen. In dieser Eigenschaft übt die Jahnschaft die im Eigentum am Jahnschaftsvermögen begründete Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis aus. Nach § 3 des Olper Forstgesetzes nehmen die Genossen als Miteigentümer am Jahnschaftsvermögen nach den Verhältnissen ihrer Anteile an den Nutzungen und Lasten der Jahnschaft teil. Dieser Begriff des Miteigentums muß hier dahin gedeutet werden, daß die Genossen als Vielheit und als Nutzungsberechtigte zusammen mit der Genossenschaft Eigentümer des Jahnschaftsvermögens sind. Während also die Verbandsperson als rechtliche Einheit die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse des Eigentums innehat und den Genossen als Vielheit die Nutzungsrechte des Eigentums zustehen, jeder für sich also funktionales Teileigentum ausübt, steht erst beiden zusammen, nämlich der Verbandsperson und der Vielheit der Genossen, das volle Eigentum mit allen funktionalen Auswirkungen zu. Nur insofern sind die Genossen Miteigentümer am Jahnschaftsvermögen.
Ihren Ausdruck findet diese Rechtsstellung der Genossen in der Ausgestaltung der Jahnschaftsanteile nach § 12 Abs. 1 und in ihrer grundbuchmäßigen Behandlung nach § 18 Abs. 1 des Olper Forstgesetzes. Der Genosse erhält im Jahnschaftsanteil, über den er nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 des Olper Forstgesetzes frei verfügen kann, einen Ersatz für sein Eigentum am Jahnschaftsvermögen. Auf den Anteil gehen alle Eigenschaften der Jahnschaftsgrundstücke über; er wird neben der Jahnschaft als solcher nach § 18 Abs. 1 des Olper-Forstgesetzes in das Grundbuch eingetragen. Im Grundbuch ist außerdem die Eigenschaft der Grundstücke als Jahnschaftsgrundstücke zu vermerken. Hierin liegt die Bekundung nach außen, daß sich die funktionalen Herrschaftssphären des Eigentums an den Jahnschaftsgrundstücken auf die Jahnschaft als juristische Verbandsperson einerseits und auf die Jahnschaftsgenossen andererseits verteilen und das Volleigentum erst diesen beiden gemeinsam zusteht. Einkommensteuerlich könnte sich aus diesem Status der Jahnschaften eine unmittelbare Zurechnung der Nutzungen bei den Genossen ergeben, während die auf der Vermögensinnehabung und Verwaltungsbefugnis beruhende Besteuerung die Jahnschaft als solche treffen würde. An der Durchführung dieser Auffassung sieht sich der Senat jedoch durch die Systematik des Gesetzes und durch den in der Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 5 KStG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen gehindert, wonach die Jahnschaften als Körperschaften im Sinne des KStG zu behandeln sind.
Die zivilrechtliche Gestaltung der Jahnschaften weist Besonderheiten auf, die die Anwendung der allgemeinen steuerlichen Grundsätze auf die Ertragsbesteuerung der Nutzungen aller Art (Geldnutzungen, Naturalnutzungen) zweifelhaft macht. Das Einkommensteuerrecht knüpft an die Zweiteilung in natürliche Personen und Körperschaften im Sinn des § 1 KStG als Einkünftebezieher an. Einkünftebezieher ist der wirtschaftliche Inhaber der Einkommensquelle. Bei Betrieben von Körperschaften sind Einkünftebezieher aus der Bewirtschaftung des Betriebs die Körperschaften, während deren Mitglieder auf Grund der Einkunftsquelle des Mitgliedschaftsrechts nach § 20 EStG Einkünftebezieher der Ausschüttungen sind. Der Fall, daß die Mitglieder einer Körperschaft unmittelbar Einkünfte aus deren Betrieb beziehen, ohne daß die Einkünfte zuvor als Einkünfte der Körperschaft selbst zu behandeln waren, ist der Systematik des Ertragsteuerrechts fremd. Selbst bei den mit stark personenrechtlichen Einschlag versehenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften wird die Einkunftsquelle nicht in eine Verwaltungsfunktion einerseits und in eine Nutzungsfunktion andererseits mit entsprechenden steuerlichen Folgen aufgespalten. Soweit die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 93/23 einen abweichenden Standpunkt eingenommen hat, stimmt ihr der Senat nicht zu. Aus diesen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts folgt, daß nur zu entscheiden bleibt, ob die Jahnschaften steuerlich den Körperschaften oder den Personengesellschaften zuzurechnen sind, bei denen die Gewinnanteile unmittelbar den Gesellschaftern zustehen (§ 15 Ziff. 2 EStG) und bei ihnen zu besteuern sind.
Aus der Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 5 KStG wird der Schluß gezogen werden müssen, daß der Gesetzgeber die dort aufgeführten Realgemeinden, zu denen auch die Jahnschaften des Kreises Olpe gehören, als Körperschaften im Sinn des KStG angesehen hat und entsprechend beurteilt wissen will. Ob man soweit gehen kann, auch Realgemeinden, die nach ihrem bürgerlich- rechtlichen Status mehr den Charakter von Personengesellschaften haben, als subjektiv körperschaftsteuerpflichtige Gebilde zu behandeln, braucht nicht abschließend entschieden zu werden. Man könnte diese Auffassung mit guten Gründen vertreten, wenn man in der Befreiungsvorschrift gesetzestechnisch eine besonders geartete Ergänzung zu § 1 Abs. 1 KStG erblickt.
Auch die geschichtliche Entwicklung der Jahnschaften aus den Allmendgenossenschaften und die eindeutige korporative Verfassung der Jahnschaften des Kreises Olpe sprechen für ihre Behandlung als Körperschaften. Den Sinn der Befreiung der Jahnschaften von der Körperschaftsteuer sieht der Senat darin, daß die sonst eintretende Doppelbesteuerung mit Rücksicht auf den personenrechtlichen Charakter der Jahnschaften dann vermieden werden soll, wenn sich die Realgemeinde im wesentlichen in der ihrem Charakter entsprechenden Weise wirtschaftlich für die Genossen betätigt. Das ergibt sich auch aus dem Wegfall der Steuerbefreiung, soweit die Realgemeinde einen Gewerbebetrieb unterhält, der über den Rahmen eines Nebenbetriebes hinausgeht. Die Statuierung der Doppelbesteuerung in diesem Fall ist nur möglich, wenn man die Jahnschaft grundsätzlich als körperschaftsteuerpflichtige Gebilde ansieht (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 231/61 U vom 4. Dezember 1962, BStBl 1963 III S. 243, Slg. Bd. 76 S. 669, betreffend den Betrieb einer Forstgenossenschaft mit dem Status einer Realgemeinde). Wenn die Jahnschaft, jedenfalls soweit sie ein gewerbliches Unternehmen betreibt, als subjektiv körperschaftsteuerpflichtig anzusehen ist und die an die Genossen ausgeschütteten Gewinne aus einem solchen Betrieb Einkünfte im Sinn des § 20 EStG darstellen, so ist nicht einzusehen, warum das gleiche nicht für die Einkünfte aus der Betätigung der Jahnschaft im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft gelten soll.
Der Senat stimmt somit dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 42/60 U vom 3. November 1961 (BStBl 1962 III S. 7, Slg. Bd. 74 S. 15) zu, daß die Erträge der Genossen aus der Beteiligung an der Jahnschaft ihrem Wesen nach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) gehören und nicht einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugerechnet werden können, dessen Inhaber der Genosse ist. Im Streitfall gehören diese Erträge jedoch zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, weil die Mitgliedschaft des Steuerpflichtigen an der Jahnschaft mit seinem land- und forstwirtschaftlichen VOL-Betrieb in engem Zusammenhang steht und ihm nach dem von alters her überkommenen Sinn und Zweck zu dienen bestimmt ist. Der Senat stimmt deshalb im Ergebnis dem Finanzgericht, wenn auch mit anderer Begründung, zu, daß hier die Ausschüttungen der Jahnschaft Einkünfte des Steuerpflichtigen aus Land- und Forstwirtschaft sind. Daß sie im Rahmen der Besteuerung nach der VOL durch einen Sonderzuschlag nach § 9 Abs. 2 VOL zu erfassen sind, ergibt sich aus der Entscheidung des Senats IV 277/57 S vom 5. September 1963 (BStBl 1963 III S. 568).
Dem Finanzgericht kann darin nicht gefolgt werden, daß dem Steuerpflichtigen die Vergünstigung für Einkünfte aus Waldnutzungen nach Maßgabe des § 34 Abs. 3 EStG zustehe. Für Einkünfte aus Kapitalvermögen kann sie nicht in Anspruch genommen werden. Ihrem Charakter nach bleiben die Ausschüttungen auch dann Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn und soweit sie wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Genossen nach § 20 Abs. 3 EStG lediglich der Art nach den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden. Die Voraussetzungen der Begünstigungsvorschrift liegen auch schon deshalb nicht vor, weil der Steuerpflichtige selbst keine Waldnutzungen als Bewirtschafter eines Betriebs zog, sondern lediglich einen sich auf sein Mitgliedschaftsrecht gründenden Anspruch auf Ausschüttung in Geld besaß. Soweit im Urteil des Reichsfinanzhofs VI 222/43 vom 19. Januar 1944 (RStBl 1944 S. 204) ein abweichender Standpunkt vertreten wird, tritt ihm der Senat nicht bei.
Da die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgingen, waren sie aufzuheben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen, das noch festzustellen haben wird, in welcher Höhe die Ausschüttungen der einzelnen Jahre auf die der Gewinnermittlung zugrunde liegenden Wirtschaftsjahre entfielen. Nach § 9 Abs. 2 VOL ist ein Sonderzuschlag nur statthaft, wenn dadurch der Gewinn mindestens um 300 DM erhöht wird.
Bei erneuter Entscheidung wird das Finanzamt zu berücksichtigen haben, daß die Veranlagungen nunmehr nach den Vorschriften der §§ 26 ff. EStG 1957 durchzuführen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 410941 |
BStBl III 1964, 117 |
BFHE 1964, 294 |
BFHE 78, 294 |
DStR 1964, 203 |