Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Abgrenzung des Kreises der Arbeitnehmer einer Brauerei, an die steuerfreier Haustrunk abgegeben werden darf, hält der Senat die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs aufrecht.
Normenkette
BierStG § 7 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, in welchem Umfange den in Diensten der Beschwerdeführerin (Bfin.) stehenden Betriebsschreinern D., L. und Z. für die Zeit vom 14. April 1955 bis 30. Juni 1956 steuerfreier Haustrunk nach § 7 Abs. 1 des Biersteuergesetzes (BierStG) zusteht.
Die Betriebsschreiner sind nur teilweise in der Brauerei der Bfin. selbst beschäftigt gewesen; während der übrigen Arbeitszeit haben sie teils in brauereieigenen Gaststätten, teils in Kundenwirtschaften die Instandsetzung von brauereieigenen Möbeln und Kühlschränken vorgenommen.
Das Hauptzollamt hat die Schreiner als sogenannte Nebenbeschäftigte der Brauerei angesehen und den steuerfreien Haustrunk entsprechend ihrer nicht im eigentlichen Brauereibetrieb geleisteten Arbeitszeit durch Verfügung vom 13. April 1955 gekürzt. Da die Bfin. den Schreinern gleichwohl den vollen Haustrunk gewährte, wurde mit Sondersteuerbescheid vom 3. August 1956 für diejenige als Haustrunk abgegebene Biermenge, die das zugestandene Bezugsrecht überschritt, Biersteuer im Betrage von 119,80 DM angefordert.
Die Anfechtung blieb erfolglos. Auch die Oberfinanzdirektion ist im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs davon ausgegangen, daß die Betriebsschreiner bei ihren Arbeiten in den Gaststätten weder mit der Herstellung noch mit dem Vertrieb des Bieres im eigentlichen Brauereiunternehmen beschäftigt gewesen seien.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird in Ergänzung früheren Vorbringens geltend gemacht, daß die Zubilligung des Haustrunks nicht mit der Begründung abgelehnt werden könne, daß unter Brauerei nur die Räumlichkeit zu verstehen sei, in der das Bier hergestellt werde, wie im Urteil des Reichsfinanzhofs V z A 45/37 U vom 8. Oktober 1937 (Reichszollblatt 1937 S. 712) entschieden worden sei. Der Betrieb der Brauerei beschränke sich nicht auf solche Räume, sondern dehne sich auf Tätigkeiten zur Bewirtschaftung und Instandhaltung brauereieigener Möbel und Kühlschränke aus, die den Gastwirten zur Verfügung gestellt würden. Auch betriebswirtschaftlich betrachte man die Instandsetzung solcher Möbel in den Räumen der Gastwirte als zum Brauereibetrieb gehörig.
Der Begriff des Vertriebs des Bieres aus der Brauerei dürfe nicht zu eng ausgelegt werden. Da der Gaststättenbesucher die Qualität des Bieres nach dem Geschmack zur Zeit des Genusses beurteile, sei die Brauerei wirtschaftlich und betriebswirtschaftlich gezwungen, den Vertrieb des Bieres bis zum Ausschank zu betreuen.
Nach moderner Auffassung gehöre zu den Lieferpflichten der Brauerei auch die Ausübung des Kundendienstes, und so zähle die Instandhaltung brauereieigener Gastwirtschaften, wie Prof. Kinnebrock dargelegt habe, zu den laufenden Kosten der Absatzsicherung.
Durch Ablehnung des steuerfreien Haustrunks für die Betriebsschreiner werde der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verletzt, da kein Anlaß vorliege, die Betriebsschreiner im vorliegenden Falle anders zu behandeln als Betriebspfleger, Werksköche und andere Personen, die nach dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 31. Juli 1953 (Bundeszollblatt 1953 S. 605) Haustrunkberechtigte seien. Die Gewährung von Haustrunk beruhe auf altem Brauch und stelle ein Gewohnheitsrecht dar, nach welchem der Brauerei für alle Brauereiangehörigen ein Anspruch auf steuerfreien Haustrunk zustehe.
Schließlich sei eine andere Auffassung nicht praktikabel, da der Verwaltungsaufwand des Fiskus in keinem Verhältnis zu den Steuerbeträgen stehe.
Entscheidungsgründe
Der Rb. ist der Erfolg zu versagen.
Nach § 7 Abs. 1 BierStG ist Bier, das Brauereien an ihre Arbeitnehmer als Haustrunk gegen Entgelt oder unentgeltlich abgeben, nach näherer Bestimmung des Bundesministers der Finanzen von den Steuern befreit. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift in Verbindung mit § 12 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz (BierStDB) geht hervor, daß die Steuerbefreiung nur bei einem Arbeitsverhältnis zwischen einer Brauerei und ihren Arbeitnehmern besteht, weshalb für die Beurteilung der die Befreiung begründenden Tätigkeit auf die Abgrenzung des Begriffs "Brauerei" nicht verzichtet werden kann. Als Brauerei ist nach den Darlegungen des oben genannten Urteils des Reichsfinanzhofs vom 8. Oktober 1937, denen der Senat beitritt, der Betrieb einer Braustätte zwecks Herstellung von Bier zu verstehen. Mit der Herstellung sind die Lagerung, die Abfüllung und die Abgabe des Bieres (ß 51 BierStDB) engstens verbunden. Daraus ergibt sich, daß der Kreis der berechtigten Arbeitnehmer die in dem Brauereibetrieb für diesen tätigen Arbeiter und Angestellten umfaßt. Dem entspricht auch die in dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV a 87/22 vom 20. Dezember 1922 (Slg. Bd. 11 S. 124 ff.) dargelegte Entstehungsgeschichte und Zweckbestimmung der Befreiungsvorschrift. Soweit die Betriebsschreiner im eigentlichen Brauereibetrieb tätig sind, steht der Bfin. für sie die Biersteuerbefreiung zu. Solange aber die Tätigkeit der Betriebsschreiner sich nicht im eigentlichen Brauereibetrieb abspielt, kommt die Vergünstigung des steuerfreien Haustrunks nicht in Betracht. Wenn der Ausschank von Bier, wie in dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV A 53/26 vom 2. Juni 1926 (Slg. Bd. 19 S. 118/119) erörtert ist, auch dann, wenn dieser Ausschank mit einer Brauerei räumlich verbunden ist, nicht als Teil des Brauereibetriebs angesehen werden kann, weil es sich um einen gewerblich und steuerlich selbständigen Gewerbebetrieb handelt, so kann auch die Ausbesserung von Geräten, die für Schankstätten bestimmt sind, nicht als eine Tätigkeit im eigentlichen Brauereibetrieb gewertet werden.
Die von der Bfin. herangezogene betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach der Betrieb der Brauerei sich auf Instandhaltung der Möbel und Kühlschränke in den Gaststätten erstrecke, vermag an der steuerrechtlichen Beurteilung nichts ändern.
Schließlich ist auch die von der Bfin. geltend gemachte "Sicherung des Absatzes des Bieres" nicht dem Vertrieb von Bier "aus der Brauerei" rechtlich gleichzuachten, da der Vertrieb des Bieres aus der Brauerei bei der Ankunft in den Schankstätten und der Aufnahme in die dortigen Behälter und Kühlschränke schon stattgefunden hat. Es ist der Bfin. in diesem Zusammenhang zuzugeben, daß der Begriff des Kundendienstes heute weiter gespannt ist als früher. Gleichwohl kann diese handelsrechtliche Wandlung der Geschäftsgebräuche die nach dem geltenden Steuergesetz zu treffende steuerrechtliche Beurteilung nicht beeinflussen.
Es ist daher folgerichtig, daß in dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV A 210/32 vom 22. Februar 1933 (Mrozek-Kartei, Biersteuergesetz, § 7 Rechtsspruch 1), welches auf das Urteil IV A 134/31 vom 30. September 1931 Bezug nimmt, den nicht ständig im Brauereibetrieb beschäftigten Personen der Haustrunk zuerkannt wird, soweit und solange sie im Brauereibetrieb unmittelbar oder mittelbar tätig sind. Mit diesen vor mehr als 25 Jahren ergangenen und von der Praxis angewandten Entscheidungen beantwortet sich die Frage nach der Durchführbarkeit der Abgrenzung der Befreiung von selbst, ganz abgesehen davon, daß eine Brauerei, soweit sie für ihre Arbeitnehmer steuerfreien Haustrunk beansprucht, die Voraussetzungen dafür darzulegen hat (§§ 171, 173 der Reichsabgabenordnung - AO -). Die weitere Anregung der Bfin., die Frage der Steuerbefreiung gemäß der überwiegenden Tätigkeit der Arbeitnehmer zu regeln, findet im Gesetz keine Stütze.
Hinsichtlich der Frage des Herkommens ist es richtig, daß der von den Brauereien den Arbeitnehmern gewährte kostenlose Freitrunk sich gewohnheitsrechtlich im sozialen Verhältnis der Partner entwickelt hat. Der steuerfreie Haustrunk ist aber erst im Jahre 1918 in das geltende Recht eingeführt worden. Hierbei kann ein gegenüber dem Steuerfiskus steuerrechtlich wirksames Gewohnheitsrecht mangels gemeinsamer Rechtsüberzeugung und Rechtsanwendung jedoch nicht entstanden sein; es wäre erst dann vorhanden, wenn es von allen Beteiligten als verbindliche Norm anerkannt worden wäre (vgl. Wackernagel, Festschrift für Karl Haff 1950 S. 361).
Der Erlaß des Bundesministers der Finanzen, auf den sich die Bfin. beruft, zählt zu dem Kreis der Haustrunkberechtigten nur die in eigentlichen Brauereibetrieb beschäftigten Personen. Da die Betriebsschreiner, soweit sie nicht im eigentlichen Brauereibetrieb tätig sind, nicht zu der begünstigten Personengruppe gehören, liegt in der Auffassung der Vorbehörden auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Art. 3 GG verbietet nur, daß wesentlich Gleiches ohne zureichenden Grund ungleich behandelt wird (vgl. von Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl. S. 198/199).
Die steuerliche Freilassung des Haustrunks war deshalb im Streitfalle nicht zulässig.
Fundstellen
Haufe-Index 409039 |
BStBl III 1958, 231 |
BFHE 1958, 602 |
BFHE 66, 602 |