Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Rückzahlung von Studiendarlehen begründet in der Regel keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von § 33 EStG.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Der Bf., ein Rechtsanwalt, beantragte für das Streitjahr 1961 eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG wegen außergewöhnlicher Belastungen durch die Rückzahlung von Studiendarlehen. Er behauptet, seine Kusine habe ihn während seiner Ausbildung mit etwa 26.000 DM unterstützt, die er ihr im Rahmen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erstatten müsse. Im Streitjahr 1961 habe er monatlich 400 DM, insgesamt also (12 x 400 =) 4.800 DM zurückgezahlt. Das Finanzamt versagte eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG, weil die Ausgaben dem Bf. nicht zwangsläufig erwachsen seien.
Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht ließ es dahingestellt, ob der Bf. zur Rückzahlung der Beträge verpflichtet sei, weil es den § 33 EStG schon aus Rechtsgründen für unanwendbar hielt.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. ist unbegründet.
Die Auffassung des Finanzgerichts, daß der Bf. die Studienschulden nicht zwangsläufig aufgenommen habe, läßt keinen Rechtsirrtum erkennen. Ausgaben zur Tilgung von aufgenommenen Schulden kann ein Steuerpflichtiger als außergewöhnliche Belastungen nur geltend machen, wenn er durch die Schuldentilgung in seinem Einkommen wesentlich beeinträchtigt wird und die Aufnahme der Schulden selbst außergewöhnlich und zwangsläufig war (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 602/53 U vom 30. September 1954, BStBl 1954 III S. 357, Slg. Bd. 59 S. 381). Welcher Ausbildung ein Steuerpflichtiger sich unterzieht, ist grundsätzlich Sache seiner freien Entschließung. Der Senat hat daher schon wiederholt Ausgaben für das Studium nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EStG anerkannt (vgl. die Urteile VI 7/56 U vom 20. September 1957, BStBl 1957 III S. 424, Slg. Bd. 65 S. 498; VI 92/58 vom 20. März 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 33, Rechtsspruch 95, und VI 80/59 vom 6. November 1959, StRK, Einkommensteuergesetz, § 33, Rechtsspruch 110 b, "Der Betrieb" 1960 S. 599). Im übrigen führen die Aufwendungen für ein erfolgreiches akademisches Studium zu einer Hebung der sozialen Stellung und in der Regel auch zu einer wirtschaftlichen Besserstellung. Unter diesen Gesichtspunkten sind Studienkosten kein verlorener Aufwand, sondern schaffen dem Steuerpflichtigen einen gewissen Gegenwert.
Daneben stehen aber der steuerlichen Berücksichtigung der Tilgung von Studienschulden auch andere erhebliche Gründe entgegen. Die akademischen Studien werden seit Jahren und zunehmend mehr durch Stipendien aus öffentlichen Mitteln gefördert. Es ist den Finanzämtern im allgemeinen unmöglich - oft erst nach vielen Jahren -, einigermaßen zuverlässig festzustellen, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige als Student kein Stipendium erhalten hat und ob der Steuerpflichtige bei entsprechendem Verhalten nicht ein Stipendium hätte erhalten können, so daß die Schuldaufnahme für ihn nicht zwangsläufig war. Jedenfalls liegt es nicht im Sinne des § 33 EStG, einem Studenten, der, statt ein Stipendium in Anspruch zu nehmen, Schulden aufgenommen hat, für die Tilgung dieser Schulden eine Steuerermäßigung zu geben. überdies ist es heute weithin üblich, daß Studenten ihre akademische Ausbildung zum Teil dadurch selbst finanzieren, daß sie in den Ferien wenigstens nach den ersten Semestern eine Arbeit aufnehmen. Es besteht jedenfalls schon seit Jahren in der Bundesrepublik im allgemeinen kein Bedürfnis mehr, daß strebsame und zielbewußte Studenten Studienschulden machen, vor allem nicht in einer Größenordnung, wie der Bf. sie behauptet.
Dabei läßt der Senat allerdings die Möglichkeit offen, Grenzfälle anders zu beurteilen. Ein Grenzfall kann z. B. sein, daß ein Verwandter einspringt, um durch ein Darlehen dem Studenten den Abschluß eines fortgeschrittenen akademischen Studiums zu ermöglichen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 284/51 U vom 20. März 1952, BStBl 1952 III S. 125, Slg. Bd. 56 S. 321). Einen Grenzfall betraf auch das Urteil des Senats VI 80/59 (a. a. O.), in dem die Verlobte die Studienkosten ihres Bräutigams übernahm, weil dieser als Ausländer in der Bundesrepublik nicht entgeltlich arbeiten konnte. Ein solcher Grenzfall liegt hier aber nicht vor. Wenn auch die Berufsausbildung des Bf. durch Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse beeinträchtigt worden sein mag, so steht der Bf. dabei doch nicht erkennbar anders als viele seiner Altersgenossen.
Der Bf. beruft sich auch darauf, daß die Eltern eines auswärts wohnenden Studenten nach §§ 32 Abs. 2 und 33 a Abs. 2 EStG Steuervergünstigungen durch Kinderfreibeträge erhalten und will mindestens die gleichen Beträge für sich abgezogen haben. Dieser Antrag findet im Gesetz keine Stütze. Bei der Gewährung von Kinderfreibeträgen spielt die gesetzliche Unterhaltspflicht die entscheidende Rolle. Wenn die Eltern, die in Erfüllung ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht ein Kind studieren lassen, einen Kinderfreibetrag erhalten, so kann daraus nicht gefolgert werden, daß ein Steuerpflichtiger, der nicht von den Eltern unterhalten wird, sondern sein Studium anderweitig finanziert, mindestens steuerlich so gestellt werden müßte, als ob seine Eltern die Studienkosten getragen hätten.
Nach allem konnte die Rb. keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 411173 |
BStBl III 1964, 330 |
BFHE 1964, 269 |
BFHE 79, 218 |