Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand/GbR als Steuerschuldner
Leitsatz (NV)
1. Die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 ist u. a. dann nicht zu gewähren, wenn der Einbringende entsprechend einem vorgefaßten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung aus der Gesamthand ausscheidet. Bei einem Zeitraum von drei Monaten besteht ein zeitlicher Zusammenhang.
2. Schuldner der Grunderwerbsteuer ist die GbR, auch wenn ein Gesellschafterwechsel stattfindet.
Normenkette
GrEStG 1983 § 5 Abs. 2, § 13
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom Januar 1983 gründeten Herr A und Herr B eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschaft sollte aus den beiden Gründern bestehen. Herr A war nach dem Vertrag zu 95 v. H., Herr B zu 5 v. H. am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Gegenstand der Gesellschaft sollte der Erwerb, die Verwaltung, der Ausbau und die dauerhafte Fruchtziehung eines bestimmten Grundstückes sein. Dieses Grundstück war Eigentum des Herrn A. Die Geschäftsführung der Gesellschaft wurde ausschließlich Herrn B übertragen. Bereits im Gesellschaftsvertrag wurde die Einbringung des Grundstücks durch Herrn A in die Gesellschaft vereinbart. Die Einbringung sollte wirtschaftlich zu 95 v. H. als Einlage von Herrn A und zu 5 v. H. als Einlage von Herrn B erfolgen. Letzterer hatte deswegen bereits 71 000 DM an Herrn A entrichtet. Gleichzeitig wurde die Auflassung des Grundstücks erklärt. Durch notariell beurkundete Erklärung vom selben Tag machte Herr A Frau B das Angebot auf Abschluß eines Gesellschaftsanteils-Übertragungsvertrages. Herr A bot an, seine Beteiligung von 95 v. H. an der GbR an Frau B abzutreten. Der Kaufpreis sollte 1 805 000 DM betragen. Das Angebot war unwiderruflich und bis einschließlich März 1983 befristet. Durch notariell beurkundete Erklärung im März 1983 nahm Frau B dieses Angebot an. Gleichzeitig beantragte sie die Grundbuchberichtigung.
Durch Bescheid vom . . . setzte das beklagte Finanzamt (FA) Grunderwerbsteuer fest. Der Bescheid war gerichtet an die ,,BGB-Gesellschaft Herr B und Frau B - die Klägerin - z. Hd. H. B". Als Sachverhalt bezeichnete das FA die Verträge vom ,,Januar 1983 bzw. vom März 1983". Als Rechtsgrundlage wurde § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) i. V. m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) angegeben. Als Gegenleistung bezeichnete das FA die Beträge von 1 805 000 DM und 71 000 DM. Darüber hinaus zog es als sonstige Leistung von Herrn B übernommene Verbindlichkeiten zur Gegenleistung heran. Der Bescheid enthielt folgende Erläuterung: ,,Alleiniger Zweck der Verträge vom Januar und März 1983 war der Erwerb des gesamten Grundstücks durch die Ehegatten B. Die BGB-Gesellschaft A/B kann daher unter Berücksichtigung des § 42 AO nicht anerkannt werden. Beachtliche außersteuerliche Gründe liegen nicht vor. Die Bekanntgabe dieses Bescheids erfolgt gemäß § 183 Abs. 1 AO mit Wirkung für Frau B."
Mit der Klage wurde geltend gemacht, daß die Grunderwerbsteuer herabzusetzen sei. Die Voraussetzungen des § 42 AO 1977 seien nicht gegeben.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i. V. m. § 42 AO 1977 sei die Steuer vom FA zu Recht festgesetzt worden. Die Übertragung des Grundstücks am . . . Januar 1983 auf die am selben Tag gegründete Gesellschaft, verbunden mit dem am selben Tag angebotenen und von der Klägerin am . . . März 1983 angenommenen Ausscheiden des Herrn A und dem Eintritt der Frau B in die Gesellschaft, seien so zu behandeln, als hätte Herr A das Grundstück an die Kläger in GbR unmittelbar verkauft. Insbesondere lägen die Voraussetzungen für die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht vor. Die Steuervergünstigung nach dieser Vorschrift sei nicht zu gewähren, wenn der einbringende Gesamthänder entsprechend einem vorgefaßten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen übertrage. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor.
Mit der Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i. V. m. § 42 AO 1977.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Entscheidung des FG erweist sich im Ergebnis als richtig (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Mit dem notariell beurkundeten (Gesellschafts-)Vertrag vom Januar 1983 verpflichtete sich Herr A, das ihm gehörende Grundstück in die neu gegründete und zunächst aus ihm und Herrn B bestehende GbR einzubringen. Dieser Vertrag begründete für die GbR, die grunderwerbsteuerrechtlich einen selbständigen Rechtsträger darstellt, einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks. Damit war der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 erfüllt.
Die Höhe der Gegenleistung wurde vom FA nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 zutreffend bestimmt. Bedenken gegen die Höhe der Gegenleistung sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch ersichtlich.
Die Steuer war auch nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 ganz oder teilweise nicht zu erheben. Zwar ist im Streitfall das Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergegangen, an deren Vermögen der Veräußerer beteiligt war. Gleichwohl liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung im Streitfall nicht vor. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Steuervergünstigung trotz (formaler) Beteiligung des Einbringenden am Vermögen der Gesamthand dann nicht zu gewähren, wenn dieser durch (gesellschafts-)vertragliche Abrede im Ergebnis wirtschaftlich so gestellt ist, als sei er während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesamthand und bei deren Beendigung nicht wie ein Eigentümer (anteilig) an den Wertveränderungen des Grundstücks beteiligt (gewesen) oder wenn und soweit dieser entsprechend einem vorgefaßten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 1991 II R 38/87, BFHE 163, 246, BStBl II 1991, 374). Im Streitfall bestand - wie sich aus dem am Tag der Gründung der Gesellschaft und der Einbringung des Grundstücks abgegebenen Angebot zur Übertragung des Gesellschaftsanteils ergibt - von vornherein der Plan, daß Herr A kurzfristig wieder aus der Gesellschaft ausscheidet. In Verwirklichung dieses vorgefaßten Plans hat Herr A seine Gesellschafterstellung dann tatsächlich auf Frau B übertragen. Insofern besteht zwischen Einbringung des Grundstücks und Ausscheiden aus der Gesamthand ein sachlicher Zusammenhang. Bei einem Zeitraum von drei Monaten ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats regelmäßig auch ein zeitlicher Zusammenhang anzunehmen (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, a.a.O.). Da damit bereits die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 nicht vorliegen, kommt es auf die Frage eines Gestaltungsmißbrauchs i. S. § 42 AO 1977 nicht an.
2. Das FA hat daher mit dem angefochtenen Steuerbescheid die Steuer materiell-rechtlich zutreffend festgesetzt. Zutreffend hat das FA im Bescheid auch als zu besteuernden Lebenssachverhalt (u. a.) den Vertrag vom Januar 1983 angegeben. Auch die Rechtsgrundlage (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983) ist im Ergebis im Bescheid richtig angeführt. Allein daraus, daß das FA (unnötigerweise) den Bescheid auch auf § 42 AO 1977 gestützt hat, lassen sich keine Bedenken gegen die Gültigkeit des Steuerbescheids ableiten.
Die GbR ist auch Steuerschuldner nach § 13 Nr. 1 GrEStG 1983. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, daß die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestands aus Herrn B und Herrn A bestand, zum Zeitpunkt des Ergehens des Steuerbescheids aber aus Herrn und Frau B. Der zwischenzeitlich erfolgte Wechsel eines Gesellschafters ändert nichts an der zivilrechtlichen Identität und Kontinuität der Gesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 1987 II R 103/84, BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325). Der Steuerbescheid ist daher materiell-rechtlich zutreffend an die (weiter bestehende) GbR gerichtet, wobei diese richtigerweise mit den zum Zeitpunkt des Ergehens des Steuerbescheids vorhandenen Gesellschaftern bezeichnet wurde. Der angefochtene Steuerbescheid ist daher zutreffend adressiert.
Fundstellen
Haufe-Index 417669 |
BFH/NV 1992, 197 |