Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsrecht bei Bau auf Ehegatten-Grundstück; Vermietung an den anderen Ehegatten
Leitsatz (NV)
Ein Gebäude, das ein Steuerpflichtiger auf dem ihm und seinem Ehegatten gehörenden Grundstück errichtet, kann er letzterem, soweit dieser bürgerlich-rechtlich (Mit)Eigentümer ist, nur dann mit steuerrechtlicher Wirkung vermieten, wenn er selbst eine Rechtsposition hat, die Gegenstand einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung sein kann.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen . . . einzelhandel. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Ihr Ehemann ist in diesem Betrieb als Prokurist angestellt.
Auf einem der Klägerin und ihrem Ehemann je zur Hälfte gehörenden Grundstück, das mit einer Halle bebaut ist, wurde im Streitjahr ein Anbau (Ausstellungshalle) errichtet. Die Herstellungskosten des Gebäudes und der Inneneinrichtung wurden wie folgt finanziert:
ERP-Darlehen Betrieb ...DM
ERP-Darlehen Betrieb ...DM
Darlehen Sparkasse Betrieb ...DM
(Gesamtschuldner Eheleute) Darlehen Eltern der Klägerin ...DM
Entnahme Betrieb ...DM
insgesamt ...DM
Nach Fertigstellung der Halle schlossen die Klägerin als Mieterin und ihr Ehemann als Vermieter im November 1979 einen Mietvertrag, in dem es u. a. heißt:
,,§ 1 . . . Mit Einverständnis der Mieterin hat der Vermieter im Jahre 1979 auf dem vorgenannten Grundbesitz auf eigene Rechnung und Gefahr einen Hallenerweiterungsbau errichtet. Dieser Neubau einschließlich Innenausstattung ist Gegenstand dieses Mietvertrages. Soweit der Vermieter an dem Gebäudeneubau sein Eigentum nach den §§ 95, 946 BGB verloren hat, erkennt die Mieterin ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Nutzungs- und Entschädigungsrecht an."
Das Mietverhältnis wurde, beginnend ab 1. November 1979, auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Der jährliche Mietzins sollte . . . DM zuzüglich Mehrwertsteuer betragen. Die Mieterin trug alle mit dem Mietobjekt zusammenhängenden laufenden Aufwendungen mit Ausnahme der Aufwendungen für Grundsteuer und Gebäudebrandversicherung. Dem Vermieter oblag ,,die Erhaltung des Mietobjekts in Dach und Fach" einschließlich außergewöhnlicher Ausbesserungen.
Nach einer Außenprüfung schloß sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) der Auffassung des Prüfers an, der Ehemann sei nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Anbaus; er rechnete den Erweiterungsanbau - auch im Hinblick auf die Zweckbindung der nicht übertragbaren ERP-Mittel - in vollem Umfang dem notwendigen Betriebsvermögen der Klägerin zu. Der Mietvertrag vom November 1979 wurde nicht anerkannt; die als Betriebsausgaben gebuchten Mieten wurden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zugerechnet. In den Gewerbesteuermeßbescheiden für 1980 und 1981 rechnete das FA die gebuchten Mieten dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte teilweise Erfolg; das FA vertrat nunmehr die Auffassung, der Anbau sei der Klägerin und ihrem Ehemann entsprechend den Eigentumsverhältnissen am Grundstück je zur Hälfte zuzurechnen; es erkannte die entsprechenden Mietzahlungen als Betriebsausgaben an.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen: Da der Ehemann Miteigentümer des Anbaus nur zur ideellen Hälfte sei und der Miteigentumsanteil der Klägerin im Betriebsvermögen der Einzelhandelsfirma der Klägerin erfaßt sei, habe der Ehemann nur seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Klägerin vermieten können. Der für den gesamten Anbau angesetzte Mietpreis könne deshalb nur zur Hälfte bei den Betriebsausgaben der Klägerin abgesetzt werden. Für den Miteigentumsanteil der Klägerin seien zur Hälfte die Absetzungen für Abnutzung (AfA) und die übrigen Aufwendungen abziehbar.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts und die Versagung des rechtlichen Gehörs.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. a) Als Betriebsausgaben des Mieter-Ehegatten sind Aufwendungen abziehbar, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG), d. h. wenn sie objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind.
Mietzahlungen sind unter der Voraussetzung Betriebsausgaben, daß der Mieter ein Wirtschaftsgut aufgrund Nutzungsüberlassung durch den Vermieter nutzt. Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn der Mieter rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der Mietsache ist; eine Ausnahme gilt für den Fall, daß der Eigentümer die Mietsache aufgrund eines vorbehaltenen Nutzungsrechts vom Berechtigten anmietet und die Mietsache aus diesem Grunde kraft Gestaltung aus fremdem Recht nutzt.
b) Ist der Vermieter der Ehegatte, müssen die Anforderungen erfüllt sein, die ertragsteuerrechtlich an die Anerkennung von Verträgen zwischen Ehegatten gestellt werden. Da der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG durch § 12 Nrn. 1 und 2 EStG eingeschränkt wird, ist erforderlich, daß der Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen, sein Inhalt den zwischen fremden Dritten üblicherweise vereinbarten Rechtsfolgen vergleichbar und der Vertrag diesem Inhalt gemäß tatsächlich vollzogen ist (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160). Diese Grundsätze gelten auch für Mietverhältnisse (BFH-Urteil vom 10. April 1990 VIII R 289/84, BStBl II 1990, 741).
Bei Mietverträgen steht der steuerrechtlichen Anerkennung grundsätzlich nicht entgegen, daß ein Ehegatte den vermieteten Gegenstand dem anderen Ehegatten zivilrechtlich wirksam geschenkt hat; dies ergibt sich aus den von der Rechtsprechung zur Schenkung von Darlehensforderungen entwickelten Grundsätzen; danach kommt es für die ertragsteuerliche Erheblichkeit des Mietvertrages zwischen Ehegatten nicht darauf an, auf welchem Rechtsgrund der Erwerb der vermieteten Sache beruht (BFH-Urteil vom 27. März 1987 III R 175/82, BFH/NV 1988, 21).
c) Ist hiernach ein Mietvertrag steuerrechtlich nicht anzuerkennen, sind die Mietzahlungen nicht betrieblich veranlaßt und damit nach § 12 Nr. 2 EStG nichtabziehbare Privatausgaben.
2. Das FG hat hinsichtlich des der Klägerin zivilrechtlich gehörenden hälftigen Miteigentumsanteils am Gebäude keine Übertragung von Vermögen - wirtschaftlichem Eigentum, einem Nutzungsrecht oder einer gesicherten Rechtsposition - festgestellt, das Gegenstand einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung hätte sein können. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Einkommensteuersache (X R 6/88, vorstehend abgedruckt) Bezug genommen.
Klarstellend bemerkt der Senat, daß sich die Rechtslage hier grundsätzlich anders darstellt als bei einer Übertragung von Vermögensgegenständen durch die Eltern an ihre Kinder unter Vorbehalt eines dinglichen oder obligatorischen Nutzungsrechts (BFH-Urteil vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327).
Wegen des Verböserungsverbots braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und ggf. inwieweit die von der Klägerin getätigten Zinsaufwendungen nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 5. Juni 1985 I R 289/81 (BFHE 144, 57, BStBl II 1985, 619; vgl. ferner BFH-Urteil vom 24. April 1990 IX R 9/86, BFHE 160, 522, BStBl II 1990, 888, unter 2. a) nach § 12 Nr. 2 EStG vom Abzug als Betriebsausgaben ausgeschlossen sind.
3. Auf die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör braucht nicht eingegangen zu werden. Die Rüge betrifft eine Hilfsbegründung des FG 1(§ 42 der Abgabenordnung-AO 1977-), auf die es für die Entscheidung des Senats unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ankommt.
Fundstellen
Haufe-Index 417673 |
BFH/NV 1991, 528 |