Leitsatz (amtlich)

Mit der Entnahme eingeführter Leuchtmittel aus dem offenen Zollager entsteht auch dann eine Leuchtmittelsteuerschuld, wenn die Leuchtmittel nach der Entnahme an einen im Erhebungsgebiet gelegenen Betrieb versandt werden, um dort in Fahrzeuge oder Geräte, die zur Ausfuhr bestimmt sind, eingebaut zu werden.

 

Normenkette

LeuchtmStG §§ 7, 8 Abs. 1; ZG § 42 Abs. 1 Nr. 2, § 44 Abs. 1, § 46 Abs. 3 S. 1; LeuchtmStDB §§ 8, 11

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) unterhält ein offenes Zollager für eingeführte Leuchtmittel.

Im Februar und April 1975 versandte sie 30 000 und im April 1976 weitere 40 000 Birnenlampen unversteuert an die Firma T, die einen Herstellungsbetrieb für Leuchten (nicht für Leuchtmittel) unterhält und der nach § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Leuchtmittelsteuergesetz i. d. F. vom 21. August 1974 – LeuchtmStDB – (BGBl I, 2072) bewilligt worden war, Leuchtmittel unversteuert in Fahrzeuge oder Geräte, die zur Ausfuhr bestimmt sind, einzubauen. Die Entnahmen aus dem offenen Zollager wurden in die monatlichen Zahlungsanmeldungen aufgenommen. Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer wurden entrichtet.

Für den Versand verwandte die Klägerin zunächst formlose Versendungsanmeldungen, die sie an die für die Firma T zuständige Zollstelle schickte. In diesen Versendungsanmeldungen war das Lager der Klägerin als „Ausgangslager” bezeichnet. Erstmals für die Versendungsanmeldung vom 27. April 1976 verwandte die Klägerin das vorgeschriebene Formblatt (Vordruck 2114), aus dem sich für die empfangende Zollstelle ergab, daß die Versendung nicht aus einem Herstellungsbetrieb, sondern aus einem offenen Zollager der Klägerin erfolgte.

Das führte dazu, daß das HZA mit Steuerbescheiden vom 5. November 1976 und 9. Dezember 1976 Leuchtmittelsteuer in der Gesamthöhe von 9 100 DM festsetzte mit der Begründung, die Entnahme der Leuchtmittel aus dem offenen Zollager habe zur Entstehung der Leuchtmittelsteuerschuld geführt (§ 46 Abs. 3 des Zollgesetzes i. d. F. vom 3. August 1973 – ZG –, BGBl I, 933, i. V. m. § 7 Abs. 1 des Leuchtmittelsteuergesetzes i. d. F. vom 26. Juli 1974 – LeuchtmStG – BGBl I, 1553). Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.

Die Klage führte zur Aufhebung der Steuerbescheide und der Einspruchsentscheidung. In den Gründen seines Urteils führte das Finanzgericht (FG) folgendes aus:

Die Klage sei begründet, weil die Lieferung der Leuchtmittel zur Ausfuhr unter Steueraufsicht den Steuerbefreiungstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG in der damals geltenden Fassung erfülle. Unstreitig sei, daß die an die Firma T gelieferten Leuchtmittel zur Ausfuhr gelangt seien. Die Lieferung an die Firma T und die weitere Ausfuhr seien auch unter Steueraufsicht erfolgt.

Die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG betreffe auch eingeführte Leuchtmittel. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung, der eine Einschränkung auf Leuchtmittel, die im Inland hergestellt seien, nicht enthalte und für eine einschränkende Auslegung in diesem Sinne auch keinen Raum lasse.

Das HZA legte gegen das Urteil mit folgender Begründung Revision ein:

Die Ausfuhr unversteuerter Leuchtmittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG könne nur durch den Leuchtmittelhersteller oder – i. V. m. § 8 LeuchtmStDB – die Inhaber der in § 8 Abs. 1 LeuchtmStDB bezeichneten Betriebe bewirkt werden. Nur sie seien in der Lage, Leuchtmittel unversteuert, das bedeute, belastet mit einer nur bedingten Steuerschuld, auszuführen. Inhaber von Zollagern könnten nur über „versteuerte” Leuchtmittel verfügen, so daß sie gar nicht in der Lage seien. Leuchtmittel „unversteuert” auszuführen. Die Möglichkeit zur Ausfuhr von unversteuerten Leuchtmitteln unmittelbar aus dem Zollager werde nicht durch die Steuerbefreiungsvorschrift des § 8 Abs. 1 LeuchtmStG eröffnet. Sie folge aus den Vorschriften des ZG i. V. m. der Einfuhrvorschrift des § 7 Abs. 1 LeuchtmStG.

Mit der Entnahme der Leuchtmittel aus dem Zollager durch die Klägerin sei nach § 7 Abs. 1 LeuchtmStG i. V. m. § 46 Abs. 3 Satz 1 ZG eine unbedingte Steuerschuld für diese Leuchtmittel entstanden mit der Folge, daß diese Leuchtmittel als „versteuert” anzusehen seien. Durch die spätere Ausfuhr habe der Wegfall oder das Erlöschen der Steuerschuld nicht mehr herbeigeführt werden können.

Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die vom FG zugelassene Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Das HZA hat von der Klägerin zu Recht auch die Leuchtmittelsteuer erhoben. Nach den Feststellungen des FG ist davon auszugehen, daß die Leuchtmittel, für die die Leuchtmittelsteuer erhoben worden ist, eingeführt, im Anschluß an die Einfuhr zur Zollgutlagerung abgefertigt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ZG) und in ein privates offenes Zollager (§§ 42 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 44 Abs. 1 ZG) überführt worden sind. Für eingeführte Leuchtmittel entsteht die Steuerschuld nach § 7 Abs. 1 LeuchtmStG in sinngemäßer Anwendung der Zollvorschriften. Im Streitfall ist danach in sinngemäßer Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 1 ZG mit der Entfernung der Leuchtmittel aus dem offenen Zollager die Leuchtmittelsteuer entstanden. Die Entfernung aus dem offenen Zollager hat, wie auch das FG zutreffend annimmt, zur Entnahme in den freien Verkehr geführt. Die Entnahme hatte in sinngemäßer Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 1 ZG die Entstehung der Steuerschuld zur Folge.

Entgegen der Auffassung des FG sind die Steuerbescheide nicht deshalb rechtswidrig, weil die Leuchtmittel nach der Entfernung aus dem offenen Zollager zum Einbau in Fahrzeuge oder Geräte versandt und anschließend ausgeführt worden sind. Die Versendung der Leuchtmittel zum Einbau in Fahrzeuge oder Geräte und die anschließende Ausfuhr waren nicht geeignet, die Entstehung der Steuer in sinngemäßer Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 1 ZG zu verhindern.

Nach der für den Streitfall maßgebenden Fassung der gesetzlichen Vorschriften des Leuchtmittelsteuerrechts durften Leuchtmittel nach der Einfuhr – entsprechend der vom HZA erteilten Auskunft auch aus einem offenen Zollager – lediglich unter Steueraufsicht zur weiteren Bearbeitung in einen Herstellungsbetrieb verbracht oder unter bestimmten Voraussetzungen für Wasser- oder Luftfahrzeuge verwendet werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 LeuchtmStG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Leuchtmittelsteuergesetzes vom 26. Juli 1974 – LeuchtmStG a. F. –, BGBl I, 1533; § 11 LeuchtmStDB). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall, wie den Ausführungen des FG entnommen werden muß, nicht erfüllt. Aus diesen Ausführungen ergibt sich vor allem, daß der Betrieb, an den die Leuchtmittel versandt worden sind, nicht ein Herstellungsbetrieb i. S. der §§ 8 Abs. 1 Nr. 3 LeuchtmStG a. F., 11 LeuchtmStDB war. Als Herstellungsbetrieb im Sinne dieser Vorschriften kommt nur ein Leuchtmittelherstellungsbetrieb i. S. des § 3 LeuchtmStG in Betracht. Der Betrieb, in den die Leuchtmittel versandt worden sind, war nach den Ausführungen des FG aber ein Herstellungsbetrieb für Leuchten, nicht für Leuchtmittel.

Nach § 8 LeuchtmStDB besteht zwar auch die Möglichkeit, Leuchtmittel unversteuert an einen im Erhebungsgebiet gelegenen Betrieb zu versenden, damit sie dort in Fahrzeuge oder Geräte, die zur Ausfuhr bestimmt sind, eingebaut werden. Diese Möglichkeit ist aber nur für Leuchtmittel aus einem im Erhebungsgebiet befindlichen Herstellungsbetrieb i. S. des § 3 LeuchtmStG vorgesehen. Dagegen fehlt es im Leuchtmittelsteuerrecht an einer Vorschrift, nach der auch eingeführte Leuchtmittel nach der Einfuhr oder aus einem besonderen Zollverkehr unversteuert an einen Betrieb zum Einbau in auszuführende Fahrzeuge oder Geräte versandt werden können.

Entgegen der Auffassung des FG bietet die Rechtsgrundlage dazu nicht § 8 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG a. F. Der Auffassung, daß diese Vorschrift auch die Ausfuhr eingeführter Leuchtmittel ohne Versteuerung regele, steht bereits entgegen, daß der Gesetzgeber, wie sich aus § 8 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LeuchtmStG a. F. ergibt, ausdrückliche Regelungen für erforderlich gehalten hat, um eingeführte Leuchtmittel unversteuert belassen zu können. Dieses Erfordernis folgt aus § 7 LeuchtmStG, wonach für eingeführte Leuchtmittel mit dem Übergang in den freien Verkehr des Erhebungsgebietes in sinngemäßer Anwendung der Zollvorschriften grundsätzlich eine Steuerschuld entsteht. In § 8 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LeuchtmStG sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung Ausnahmen von diesem Grundsatz enthalten. Eine solche Ausnahme kann aus § 8 Abs. 1. Nr. 1 LeuchtmStG nicht entnommen werden.

Da nach den vorstehenden Ausführungen bereits die Entnahme der Leuchtmittel aus dem offenen Zollager in den zollrechtlich freien Verkehr zur Entstehung der Steuerschuld geführt hat, waren die Leuchtmittel nachher nicht mehr unversteuert i. S. des § 8 Abs. 1 LeuchtmStG, so daß sie schon aus diesem Grunde nicht mehr unversteuert ausgeführt werden konnten.

Die Entstehung der Steuerschuld durch die Entfernung der Leuchtmittel aus dem offenen Zollager hätte im Streitfall nur dadurch verhindert werden können, daß die Leuchtmittel mit der Entfernung aus dem offenen Zollager zu einer neuen Zollbehandlung gestellt worden wären (§ 45 Abs. 6 Satz 1 ZG). Als Zollbehandlung wäre, um die Leuchtmittel unversteuert in den Betrieb der Firma T befördern zu können, eine Abfertigung zum Zollgutversand in Betracht gekommen. Sodann wäre zur Vermeidung einer Versteuerung die Überführung der Leuchtmittel in einen der Firma T bewilligten aktiven Veredelungsverkehr erforderlich gewesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510590

BFHE 1983, 5

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