Leitsatz (amtlich)
Bezieht ein Leuchtmittelherstellungsbetrieb von einem anderen Herstellungsbetrieb bereits versteuerte Leuchtmittel, so unterliegen diese, soweit für sie der Nachweis der Versteuerung erbracht werden kann, bei der Entfernung aus dem beziehenden Betrieb nicht erneut der Leuchtmittelsteuer.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3; LeuchtmStG §§ 1, 3, 8 Abs. 1 Nr. 2, §§ 9, 10 Abs. 1; LeuchtmStDB § 3 Abs. 3, §§ 10, 17
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine OHG, betreibt eine Leuchtröhrenfabrik. Sie ist seit dem 12. September 1956 als Leuchtmittelherstellungsbetrieb angemeldet. Im Jahre 1965 wurde festgestellt, daß die Klägerin von den Firmen … und … in der Zeit von Juli 1964 bis Mitte 1965 bereits versteuerte Leuchtröhren bezogen und in ihren Betrieb aufgenommen hatte. Diese Leuchtröhren sind von der Klägerin für ihr erteilte Aufträge verwendet und aus ihrem Betrieb wieder entfernt worden. In ihren Anmeldungen von Leuchtmitteln zur Steuerfestsetzung hat die Klägerin diese Leuchtröhren nicht aufgeführt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt – HZA –) erließ am 9. Juli 1965 einen Steuerbescheid, durch den er für 3 327,09 laufende Meter Hochspannungsentladungslampen (Leuchtröhren) für Werbezwecke eine Steuer in Höhe von 3 327 DM festsetzte. Der Einspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen eine nochmalige Versteuerung der bereits versteuerten Leuchtröhren wandte, blieb ohne Erfolg. Auch die als Klage behandelte Berufung blieb erfolglos.
Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid aufzuheben.
Die Klägerin macht geltend, daß sie im Jahre 1956 als Leuchtmittelherstellerin angemeldet worden sei. Im Laufe des Jahres 1965 sei sie aus personellen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen, im eigenen Betrieb Leuchtmittel herzustellen. Sie habe daher seit Juli 1965 von zwei anderen Herstellungsbetrieben die in Rede stehenden bereits versteuerten Leuchtröhren bezogen. Da sie diese Leuchtröhren nicht in ihrem Betrieb hergestellt habe und unstreitig zu dieser Zeit bei ihr keine anderen Leuchtmittel hergestellt worden seien, habe sie diese nicht zur Steuer angemeldet.
Das Finanzgericht (FG) habe sich in Widerspruch zu seinen eigenen Feststellungen gesetzt, nämlich, daß die Klägerin die in Rede stehenden Leuchtmittel nicht selbst hergestellt und zu der Zeit des Bezugs dieser Leuchtmittel keinen Herstellungsbetrieb unterhalten habe. Die Vorentscheidung verletze damit die §§ 1 und 3 des Leuchtmittelsteuergesetzes (LeuchtmStG) und § 1 StAnpG.
Das FG bestimme den Begriff des Herstellungsbetriebes im Sinne des Leuchtmittelsteuergesetzes allein danach, ob der Betrieb bei der Zollverwaltung als Herstellungsbetrieb angemeldet sei oder nicht. Für diese Ansicht sei keine Stutze im Gesetz zu finden. Das Gesetz schreibe für die in Betracht kommenden Betriebe nur eine Anmelde- oder eine Abmeldepflicht vor. Dieser Verpflichtung komme aber keine steuerbegründende oder steuerbefreiende Wirkung zu. Ihre Bedeutung erschöpfe sich vielmehr in einer beweiserleichternden Funktion. Das FG hätte bei der Bestimmung des Begriffs „Herstellungsbetrieb” die anerkannten Auslegungsmethoden heranziehen und insbesondere § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG berücksichtigen müssen. Als Herstellungsbetrieb im Sinne des Leuchtmittelsteuergesetzes könne nur der Betrieb angesehen werden, in dem tatsächlich Leuchtmittel hergestellt würden. Es komme also nicht darauf an, ob die Klägerin ihren Betrieb wieder abgemeldet habe. Der Begriff „Herstellungsbetrieb” im Sinne des § 3 der Durchführungsbestimmungen zum Leuchtmittelsteuergesetz (LeuchtmStDB) beziehe zwar auch die Lagerung der hergestellten Produkte mit ein. Steuertatbestand sei aber nicht die Lagerung von Leuchtmitteln allem, sondern nur die Lagerung von im Betrieb hergestellten Leuchtmitteln. Die Auffassung des FG führe dazu, daß die Lagerung von Leuchtmitteln allein die Steuerschuld im Sinne des § 3 LeuchtmStG zum Entstehen bringen könne. § 13 LeuchtmStG stelle insoweit keine Ermächtigung für den Bundesminister der Finanzen (BdF) dar. Auch § 9 LeuchtmStG spreche hinsichtlich der Erstattung der Steuer nur vom Hersteller, nicht vom „Lagerer”.
Auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 LeuchtmStG setze voraus, daß Leuchtmittel in einen anderen Herstellungsbetrieb verbracht würden. Unstreitig sei aber die Klägerin zu der hier in Betracht kommenden Zeit nicht Herstellungsbetrieb gewesen.
Das FG habe bei der Beurteilung der Frage, ob eine Steuerschuld entstanden sei oder nicht, der Gesetzesformulierung „aus dem Herstellungsbetrieb”, also dem bestimmten Artikel vor dem Wort „Herstellungsbetrieb” keine Bedeutung beigemessen.
Nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung werde die Leuchtmittelsteuer als Verbrauchsteuer bereits bei den Herstellern erhoben. Jede dazwischen noch einmal eintretende Besteuerung würde nicht den Verbrauch, sondern die Herstellung oder sonstige Verwendung der Ware treffen. Damit würde aus der Leuchtmittelsteuer, welche die Abnehmer der Hersteller belasten solle, eine Sondersteuer der steuerpflichtigen Betriebe und Unternehmen werden. Ein solches Ergebnis müsse jedoch nicht nur aus Gründen der Begriffs- und Systemklarheit abgelehnt werden; es sei vor allem aus den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen nicht tragbar.
Das Leuchtmittelsteuergesetz und die Durchführungsbestimmungen sähen eine Doppelbesteuerung nicht vor. Eine solche wäre unzulässig. Diesem Verbot der Doppelbesteuerung entspreche u. a. § 8 Abs. 1 Nr. 2 LeuchtmStG in Verbindung mit § 11 LeuchtmStDB – gemeint wohl § 10 – wonach Leuchtmittel unversteuert unter Steueraufsicht in einen anderen Herstellungsbetrieb verbracht werden dürften. Wenn aber, wie im Streitfalle, eine Herstellerfirma eine andere beliefere und die erstere bereits die Leuchtmittelsteuer entrichte, so stelle die nochmalige Erhebung der Steuer bei der belieferten Firma eine Doppelbesteuerung dar.
Die Klägerin habe beim FG darauf hingewiesen, daß dem HZA die bezogenen versteuerten Leuchtmittel im einzelnen genau bekannt und nachgewiesen worden seien. Nur diese und nicht etwa auch die in dem fraglichen Zeitraum noch vorhandenen, von der Klägerin selbst hergestellten Leuchtmittel seien Gegenstand des angefochtenen Steuerbescheides. Sei dem HZA bekannt gewesen, welche Leuchtmittel die Klägerin von Zulieferern bezogen habe, dann sei kein Raum mehr für die Erhebung einer Leuchtmittelsteuer. Die Berufung auf den Gesetzeswortlaut – die Richtigkeit der Auffassung des HZA unterstellt – stelle daher in diesem Fall einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar.
Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es wird vorgetragen, der Auffassung der Klägerin, der Begriff des Herstellungsbetriebs im Sinne des Leuchtmittelsteuergesetzes hänge davon ab, ob in einem Betrieb tatsächlich Leuchtmittel hergestellt würden, könne nicht gefolgt werden. Das ergebe sich schon daraus, daß zu einem Herstellungsbetrieb auch die Anlagen und Räume gehörten, in denen Leuchtmittel gelagert würden (§ 3 Abs. 1 LeuchtmStDB). Folge man der Ansicht der Klägerin, so wäre die Erhebung der Leuchtmittelsteuer für die in einem Betrieb hergestellten und im Ausgangslager lagernden Leuchtmittel nach der Einstellung der Herstellung nicht mehr möglich. Daß dies nicht der Fall sein könne, dürfte nicht bestritten werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
Nach § 1 Abs. 1 LeuchtmStG unterliegen Leuchtmittel, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes (mit Ausnahme der Zollausschlüsse und Zollfreigebiete) hergestellt werden, der Leuchtmittelsteuer, die eine Verbrauchsteuer im Sinne der AO ist. In § 3 Abs. 1 LeuchtmStG ist gesagt, daß die Leuchtmittelsteuerschuld u. a. dadurch entsteht, daß Leuchtmittel aus dem Herstellungsbetrieb entfernt werden, und zwar im Zeitpunkt der Entfernung. Steuerschuldner ist nach § 3 Abs. 2 LeuchtmStG der Inhaber des Herstellungsbetriebs, d. h. der Hersteller. Die Klägerin macht geltend, daß sie in der hier maßgebenden Zeit mangels geeigneter Fachkräfte selbst keine Leuchtmittel hergestellt, sondern bereits versteuerte Leuchtmittel von fremden Firmen bezogen und in ihren Betrieb aufgenommen habe. Sie meint, daß sie deswegen nicht als Herstellungsbetrieb behandelt werden dürfe. Der Senat tritt der Ansicht der Klägerin bei, daß es für die Frage, ob im Sinne des Leuchtmittelsteuergesetzes ein Herstellungsbetrieb vorliegt, nicht darauf ankommt, ob dieser bei der Zollverwaltung gemäß § 10 LeuchtmStG in Verbindung mit § 17 LeuchtmStDB angemeldet bzw. abgemeldet ist, weil es sich insoweit um Ordnungsvorschriften handelt, die keine materiell-rechtliche Bedeutung haben. Für die Entstehung der Steuerschuld kann es nicht von Bedeutung sein, ob ein Herstellungsbetrieb nach § 15 LeuchtmStDB angemeldet ist oder nicht. Umgekehrt kann es auch für den Verlust der Eigenschaft eines Herstellungsbetriebs nicht entscheidend sein, ob ein angemeldeter Betrieb wieder abgemeldet wurde oder nicht. Maßgebend kann grundsätzlich nur sein, ob in dem Betrieb tatsächlich Leuchtmittel hergestellt werden.
Der Senat läßt dahingestellt, ob die Klägerin, auch wenn sie selbst keine Leuchtmittel mehr herstellte, trotzdem noch ein Herstellungsbetrieb war, weil sie noch selbst hergestellte Leuchtmittel in ihrem Betrieb lagerte; denn im Streitfalle wurde die Steuer nicht für solche selbst hergestellten Leuchtmittel erhoben, sondern für bereits versteuerte Leuchtmittel, die die Klägerin von anderen Firmen bezogen hat. Die Steuerschuld entsteht, wie oben gesagt, mit der Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb. Das bedeutet, daß die Leuchtmittel in dem Betrieb, aus dem sie entfernt wurden, auch hergestellt worden sein müssen. Die in Rede stehenden Leuchtmittel sind aber unstreitig nicht im Betrieb der Klägerin hergestellt worden. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, daß der Gesetzgeber in § 3 LeuchtmStG nicht von „einem” Herstellungsbetrieb spricht, sondern von „dem” Herstellungsbetrieb. Dieser Auffassung steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 LeuchtmStG, wonach Leuchtmittel unversteuert unter Steueraufsicht in einen anderen Herstellungsbetrieb verbracht werden dürfen, nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Ausnahmevorschrift in Verbindung mit § 10 LeuchtmStDB einen Weg aufgezeigt, wie eine Doppelversteuerung vermieden werden kann, die dadurch eintreten könnte, daß bereits versteuerte Leuchtmittel in einen anderen Herstellungsbetrieb aufgenommen werden. Aus dieser Vorschrift ist jedoch nicht zu entnehmen, daß bereits versteuerte Leuchtmittel, die in einen fremden Herstellungsbetrieb gelangen, beim Wiederausgang grundsätzlich noch einmal versteuert werden müssen. Das HZA kann sich für seine Auffassung nicht auf § 3 LeuchtmStDB berufen, der in den Herstellungsbetrieb auch Räume einbezieht, in denen die hergestellten Leuchtmittel gelagert werden. Diese Vorschrift betrifft den Normalfall, daß in einem Betrieb Leuchtmittel hergestellt und dort gelagert werden. Die von einem anderen Herstellungsbetrieb steuerfrei bezogenen und unter amtlicher Aufsicht versandten Leuchtmittel, die dort gelagert werden, sind wie die selbst hergestellten zu behandeln und müssen beim Ausgang aus dem Betrieb daher versteuert werden. Aus dieser Vorschrift ist aber nicht ersichtlich, daß bereits versteuerte Leuchtmittel, die in einen anderen Herstellungsbetrieb gelangen und dort lagern, beim Ausgang noch einmal zu versteuern sind. Ebensowenig geht das daraus hervor, daß für die Klägerin die Möglichkeit bestanden hätte, gemäß § 3 Abs. 3 LeuchtmStDB beim HZA zu beantragen, einzelne Räume aus dem Herstellungsbetrieb herauszunehmen.
Die gegenteilige Auffassung würde dem Wesen einer Verbrauchsteuer widersprechen, die auf den. Verbrauch einer Ware abstellt. Wenn der Gesetzgeber die Steuerschuld mit der Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb entstehen läßt und den Hersteller zum Steuerschuldner erklärt, so ist das nur aus Gründen der Vereinfachung der Steuererhebung geschehen. Die Vorschriften des Leuchtmittelsteuergesetzes können, da eine ausdrückliche Regelung dahin, wie bereits versteuert bezogene Leuchtmittel beim Ausgang aus dem beziehenden Betrieb zu behandeln sind, fehlt, nur dahin verstanden werden, daß die Leuchtmittelsteuer für die gleiche Ware grundsätzlich nur einmal entrichtet werden soll. Das ist auch daraus zu schließen, daß nach § 9 LeuchtmStG die Steuer für Leuchtmittel, die in den Herstellungsbetrieb zurückgenommen werden, erstattet wird, wenn auch nur auf Antrag.
Die Möglichkeit einer nochmaligen Versteuerung wäre nur dann nicht ausgeschlossen, wenn die von anderen Herstellungsbetrieben bezogenen, bereits versteuerten Leuchtmittel in dem aufnehmenden Betrieb so gelagert würden, daß sie mit den dort selbst hergestellten Leuchtmitteln vermischt und daher nicht mehr oder nur mit erheblichen, für die Steueraufsicht unzumutbaren Schwierigkeiten von den selbst hergestellten Leuchtmitteln zu unterscheiden wären. Soweit dem Hersteller der Nachweis nicht gelänge, welche Leuchtmittel bereits versteuert sind, könnten gegen eine Versteuerung ohne Rücksicht auf eine etwaige Doppelbelastung rechtliche Bedenken nicht erhoben werden.
Im Streitfalle sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die versteuert bezogenen Leuchtmittel von den von der Klägerin selbst hergestellten Leuchtmitteln nicht zu unterscheiden gewesen wären. Die Klägerin hat im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen, daß sie die bereits versteuert bezogenen Leuchtröhren in einen eigens dafür bestimmten Betriebsraum verbracht habe und daß für das HZA keine Schwierigkeiten bestanden hätten, die bereits versteuerten Leuchtmittel festzustellen und von den selbst hergestellten zu unterscheiden. Diese Ausführungen sind vom HZA nicht bestritten worden.
Nach allem waren daher die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und der angefochtene Steuerbescheid aufzuheben und die Klägerin von der angefochtenen Leuchtmittelsteuer freizustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 514749 |
BFHE 1973, 89 |