Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
übersteigen bei einem Gartenbaubetrieb die Umsätze aus Landschaftsgärtnerei 50 v. H. der Gesamtumsätze und überwiegt im Umsatz die Vergütung für Leistungen und für in nicht selbstgezogenen Pflanzen bestehende Lieferungen, so ist in der Regel der ganze Betrieb als Gewerbebetrieb anzusehen.
Normenkette
EStG § 13/1/1, § 15/1; EStR Abschn. 134; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Revisionskläger (Steuerpflichtige - Stpfl. -) mit dem von ihm unterhaltenen Gartenbaubetrieb in den Streitjahren (1957 bis 1961) der Gewerbesteuer unterliegt.
Der Stpfl. ist Gartenarchitekt. In seiner 10.641 qm Freiland und 830 qm verglaste Flächen umfassenden Gärtnerei zog er im wesentlichen Blumenstauden und Ziergehölze auf, die teils durch Verkauf, teils bei der Ausführung gärtnerischer Anlagen Verwendung fanden. Nach den anläßlich einer Betriebsprüfung im Juni 1962 getroffenen Feststellungen betrugen die Einnahmen aus der Gartengestaltung (Landschaftsgärtnerei) in den Streitjahren 1957 bis 1960 zwischen 66 und 89,6 v. H. der Gesamteinnahmen des Betriebs. Auf Grund dieser Feststellungen sah der Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Betrieb in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsauffassung als Gewerbebetrieb an und unterwarf den Stpfl. mit den Bescheiden vom 18. bzw. 19. April 1963 für die Streitjahre (1957 bis 1961) der Gewerbesteuer. Einspruch und Berufung bleiben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründet seine Entscheidung wie folgt:
Die Frage, ob der Stpfl. in den Streitjahren einen landwirtschaftlichen oder einen gewerblichen Betrieb geführt habe, sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nach den für das Einkommensteuerrecht geltenden Grundsätzen zu beantworten. Danach sei auch für die Frage nach der Gewerbesteuerpflicht auf das Gesamtbild des Betriebes abzustellen. Dieses werde bei einem Gartenbaubetrieb, dessen Umsätze überwiegend aus Erlösen für die Ausführung von Gartenanlagen beständen, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entscheidend durch die letztgenannte, als Landschaftsgärtnerei bezeichnete Tätigkeit bestimmt. Da hierbei der Wert der vom Unternehmer gezogenen Eigenerzeugnisse (Pflanzen, Stauden usw.) regelmäßig geringer sei als der Wert der von ihm erbrachten Arbeitsleistung einschließlich zugekaufter Materialien (wie Steine, Platten, Humus usw.) und er mit seinen Vertragspartnern Werkverträge schließe, betrachte der BFH einen solchen Betrieb als Gewerbebetrieb (BFH-Urteil VI 304/62 U vom 27. September 1963, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 77 S. 594 - BFH 77, 594 -, BStBl III 1963, 537). Dieser Rechtsprechung trete die Kammer bei. Ihre Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt.
Hiergegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rb. des Stpfl., mit der er nicht die tatsächlichen Feststellungen des FG, insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen für die Einordnung seines Betriebes als eines Gewerbebetriebes bestreitet, sondern lediglich für die Einordnung des Betriebes als landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betrieb diejenigen Abgrenzungsmerkmale angewendet wissen will, die die Rechtsprechung für die Einordnung von Handelsgärtnereien gegenüber Gärtnereien mit landwirtschaftlicher Struktur entwickelt hat. Wenn auch der Umsatzanteil der Landschaftsgärtnerei 2/3 bis 3/4 des Gesamtumsatzes betrage, so sei der Gesamtbetrieb doch seiner Anlage nach auf die Pflanzengewinnung ausgerichtet. Die Landschaftsgärtnerei diene ausschließlich dem Absatz der selbstgewonnenen Erzeugnisse. Der reine Pflanzenanteil liege, gemessen am Gesamtumsatz, zwischen 40 und 56 v. H. Bei dieser Berechnung seien die Arbeitslöhne und die Zukäufe für die Landschaftsgärtnerei ausgeschieden. Auf Grund des überwiegend landwirtschaftlichen Charakters seines Betriebes habe er seinerzeit seitens des Kulturamts ein Darlehen erhalten, gehöre er auf Grund gesetzlicher Vorschriften der landwirtschaftlichen Alterskasse an, erhalte er für seinen Betrieb Anpassungshilfe und sei ihm schließlich die Einbeziehung in die Schlechtwettergeldregelung versagt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Wie der Senat bereits zur Frage der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO in dem (nicht veröffentlichten) Beschluß I S 6/66 vom 19. Juli 1966 ausgeführt hat, kommt es im Streitfalle darauf an, ob und inwieweit die Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen hinter die besondere Art ihrer Verwertung zurücktritt. Dies hat auch der Stpfl. ausweislich seiner Revisionsbegründungsschrift nicht verkannt. Da die Art der Verwertung der selbstgezogenen Pflanzen in den einzelnen Jahren wechseln kann, kann es für die steuerrechtliche Beurteilung nicht darauf ankommen, wie der Betrieb des Stpfl. von anderer Seite für die Frage der Gewährung von Landeskultur- oder Stellungsdarlehen, von Anpassungshilfe und für die Versagung der Einbeziehung in die Schlechtwettergeldregelung beurteilt worden ist. Insbesondere lassen sich - wie bereits ausgeführt - im Hinblick auf die besondere Art der Verwertung der selbstgewonnenen Pflanzen und Pflanzenteile im Streitfall diejenigen Einordnungsmerkmale nicht anwenden, die zur Abgrenzung landwirtschaftlich orientierter Gärtnereibetriebe von Handelsgärtnereien entwickelt worden sind. Dort kommt es angesichts der gleichen Art der Verwertung der selbstgezogenen wie der zugekauften Pflanzen durch Verkauf allein auf die Höhe des Zukaufs an. Im Streitfall dagegen führt die besondere Art der Verwertung zu der von der Auffassung des Stpfl. abweichende Beurteilung, die der BFH auch seiner Entscheidung IV 110/62 U vom 6. November 1964 (BFH 81, 411, BStBl III 1965, 147) über die steuerrechtliche Einordnung von Friedhofsgärtnereien zugrunde gelegt hat.
Nach diesen Grundsätzen führt die übernahme gewisser Tätigkeiten zur überwiegenden Verwertung selbstgezogener Pflanzen in der Regel keine Strukturänderung des gärtnerischen Betriebes herbei. Eine Aufteilung der in dieser Tätigkeit zu sehenden einheitlichen Leistung in eine Lieferung von Pflanzen und eine Leistung unter Gleichsetzung des Leistungsanteils mit dem Zukauf fremder Erzeugnisse ist indes nicht möglich. überwiegt in Ansehung des Gesamtumsatzes der Umsatz aus der Tätigkeit den Umsatz aus der Verwertung selbstgezogener Pflanzen und ist eine funktionelle Aufteilung des Betriebes in einen gärtnerischen und einen gewerblichen Betrieb angesichts der einander bedingenden und voneinander abhängigen Tätigkeiten nicht möglich, ist der Betrieb insgesamt als Gewerbebetrieb anzusprechen.
Wie im Falle des Urteils IV 110/62 U (a. a. O.) hat auch im Streitfall das FG in übernahme der vom Stpfl. nicht bestrittenen Angaben im Betriebsprüfungsbericht ein überwiegen der Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei mit 66 bis 89,6 v. H. des Gesamtumsatzes festgestellt. Es hat ferner festgestellt, daß in der vom Stpfl. erbrachten Leistung - Entwurf der Anlage, Bodenbearbeitung, Lieferung der Pflanzen und Hilfsmaterialien, Durchführung der Anpflanzung, Pflege der Anpflanzung - entgegen der Auffassung des Stpfl. einander bedingende und voneinander abhängige Tätigkeiten zu sehen sind. Wenn das FG danach in Abwägung aller Umstände den Betrieb als Gewerbebetrieb eingeordnet hat, so liegt darin kein Verstoß gegen den Inhalt der Akten und kein Rechtsirrtum (§§ 288, 296 AO a. F., § 118 FGO). Die Revision konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 412305 |
BStBl III 1966, 678 |
BFHE 1967, 13 |
BFHE 87, 13 |