Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verteilungsbefugnis nach § 34 Abs. 3 EStG
Leitsatz (NV)
Lohnnachzahlungen aus dem Vorjahr gehören nicht schon deswegen zu den nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG verteilbaren Einkünften, weil sie im Zuflußjahr mit laufenden Lohnzahlungen zusammentreffen.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Die Klägerin bezog im Streitjahr 1984 von ihrem langjährigen Arbeitgeber einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von . . . DM. Hierin enthalten ist das der Klägerin 1984 nachgezahlte Weihnachts- und Urlaubsgeld 1983 in Höhe von . . . DM, das ihr deshalb nicht 1983 ausgezahlt worden ist, weil sie längere Zeit krank war und nur Krankengeld bezogen hatte. Dem Antrag der Kläger, den nachgezahlten Betrag gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verteilen, entsprach der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nicht.
Das Finanzgericht (FG) führte in seinem stattgebenden Urteil aus, die Klägerin habe 1984 Einkünfte bezogen, die eine Entlohnung für Tätigkeiten in 1983 und 1984 darstellten. Der Wortlaut des § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG verlange nicht, daß es sich um eine nachträgliche Entlohnung für eine Tätigkeit handle, die sich über mehrere Kalenderjahre erstreckt habe. Die Vorschrift verlange lediglich Einkünfte für eine mehrjährige Tätigkeit. Eine mehrjährige Tätigkeit sei auch gegeben, wenn sie in wenigstens zwei Kalenderjahren ausgeübt worden sei. Diese Auslegung widerspreche nicht dem Zweck der Vorschrift, der darin bestehe, die auf der Steuerprogression beruhende Mehrbelastung zu mildern. Eine solche Entlastung sei auch notwendig, wenn dem Arbeitnehmer neben dem Lohn, der ihm für den laufenden Veranlagungszeitraum geschuldet werde, eine Gehaltsnachzahlung für das Vorjahr gewährt werde. Auch in diesem Fall könne die steuerliche Belastung höher sein, als sie wäre, wenn der zusätzlich gezahlte Arbeitslohn in dem Jahr zugeflossen wäre, für das er gezahlt worden sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 34 EStG. Diese Vorschrift betreffe, wie die Überschrift zeige, außerordentliche Einkünfte. § 34 Abs. 3 EStG habe Einkünfte zum Gegenstand, die die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellten, die sich über mehrere Jahre erstreckt. Wie sich aus Abschn. 200 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1984 und der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergebe, fielen laufende Einkünfte nicht darunter. Da im Streitfall der nachträglich gezahlte Arbeitslohn auf die Tätigkeit in nur einem Jahr, nämlich 1983, entfalle, seien die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG nicht erfüllt. Dem FG sei lediglich insofern beizupflichten, daß auch bei einer Lohnnachzahlung für nur ein Jahr Steuermehrbelastungen gegenüber einer kontinuierlichen Lohnzahlung eintreten könnten. Dies allein rechtfertige aber die Anwendung des § 34 EStG nicht. Mit dieser Vorschrift solle die Wirkung des § 11 EStG nicht generell, sondern nur in bestimmten Ausnahmefällen gemildert werden. Dies sei auch sachgerecht, da einer lediglich geringfügig verzögerten Zahlung in aller Regel nicht das Merkmal des Außergewöhnlichen anhafte.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Einkünfte stellen nicht schon deswegen die Entlohnung für eine Tätigkeit dar, die sich auf mehrere Jahre erstreckt, weil sie in einem Veranlagungszeitraum, zu dem sie wirtschaftlich nicht gehören, zugeflossen sind und dort mit Einkünften derselben Einkunftsart zusammentreffen. Vielmehr müssen die betreffenden Einkünfte für sich betrachtet Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit darstellen.
Der hiervon abweichenden Auffassung des FG könnte nur gefolgt werden, wenn unter Einkünften i. S. von § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG auch die laufenden Einkünfte des betreffenden Veranlagungszeitraums, die nur für Tätigkeiten in diesem Veranlagungszeitraum gezahlt worden sind, verstanden werden könnten. Daß dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG, wonach ,,diese" Einkünfte, also nur die außerordentlichen und nicht etwa alle Einkünfte derselben Einkunftsart eines Zuflußjahres verteilt werden können. Zwar kann sich durch Nachzahlungen als solche, also auch, wenn der nachzuzahlende Betrag eine Entlohnung für die Tätigkeit nur eines Jahres darstellt, eine höhere Besteuerung ergeben, als diejenige, die erfolgt wäre, wenn der nachgezahlte Betrag in dem Jahre zugeflossen wäre, zu dem er wirtschaftlich gehört. Ziel des § 34 Abs. 3 EStG ist es jedoch nicht, jede sich aus dem Zuflußprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG möglicherweise ergebende steuerliche Mehrbelastung zu mildern. Die Verteilungsbefugnis des § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG soll sich vielmehr erkennbar nur auf solche Einkünfte beziehen, die für sich gesehen eine Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt hat.
Von diesem Verständnis des § 34 Abs. 3 EStG ist der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung ausgegangen. Beispielsweise hat der Senat im BFH-Urteil vom 3. Juli 1987 VI R 43/86 (BFHE 150, 431, BStBl II 1987, 820) nur denjenigen Teil einer Jubiläumszuwendung nach § 34 Abs. 3 EStG für verteilbar angesehen, der eine Entlohnung für einen längeren Zeitraum als ein Jahr dargestellt hat. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
Die Sache ist entscheidungsreif. Da die im Streitfall zu beurteilende Nachzahlung ausschließlich Arbeitslohn für eine im Vorjahr ausgeübte Tätigkeit betraf, ist sie nicht für eine Tätigkeit erfolgt, die sich auf mehrere Jahre erstreckt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 418165 |
BFH/NV 1992, 381 |