Leitsatz (amtlich)
1. Der Bundesfinanzhof kann den im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt seiner Entscheidung dann nicht zugrunde legen, wenn die tatsächlichen Feststellungen widerspruchsvoll sind. Dieser Mangel führt auch ohne Verfahrensrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
2. Die Steuerbefreiung für das Halten einer Zugmaschine und eines Anhängers, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb und darüber hinaus zur Beförderung von Holz vom forstwirtschaftlichen Betrieb aus verwendet werden, ist ausgeschlossen, wenn diese Beförderungen nicht von einem Landwirt ausgeführt werden, sondern von einer aus dem Landwirt und seiner Ehefrau bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die ein Fuhrunternehmen betreibt.
Normenkette
FGO § 118 Abs. 2; KraftStG § 2 Nr. 6 S. 1 Buchst. a S. 3
Tatbestand
Das FG hat folgenden Sachverhalt festgestellt: Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt eine 10,5 ha große Landwirtschaft. Außerdem betreibt er zusammen mit seiner Ehefrau ein Fuhrunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Für ihn sind eine Zugmaschine und ein Anhänger zugelassen. Beide Fahrzeuge verwendet er nicht nur in seinem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch in seinem gewerblichen Fuhrunternehmen zur Holzabfuhr aus den Wäldern zu den Sägewerken und Holzsammelplätzen. Seine Auftraggeber sind Gewerbetreibende.
Auf seinen Antrag bescheinigte ihm das FA (Beklagter und Revisionskläger) zunächst, daß das Halten der Fahrzeuge steuerfrei sei. Später setzte es für das Halten der Zugmaschine und des Anhängers Kraftfahrzeugsteuer fest, weil es zu der Ansicht gelangt war, daß der Kläger "überwiegend als Fuhrunternehmer tätig" geworden, infolgedessen das Halten der Fahrzeuge nicht steuerfrei sei.
Das FG hob Einspruchsentscheidung und Steuerbescheide auf. Die Befreiungsvorschrift des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG sei auch dann anwendbar, wenn - wie hier - "der Halter der Fahrzeuge, abgesehen von seiner gewerblichen Tätigkeit, zugleich auch Land- oder Forstwirt" sei.
Mit der Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - rügt das FA die unrichtige Anwendung des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Das angefochtene Urteil muß aufgehoben werden, weil der vom FG festgestellte Sachverhalt widerspruchsvoll ist. Das FG stellt zunächst fest, daß der Kläger nicht nur einen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch "zusammen mit seiner Ehefrau als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Fuhrunternehmen" betreibt. Im übernächsten Satz stellt es demgegenüber fest, daß der Kläger Zugmaschine und Anhänger nicht nur in seinem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch "in seinem gewerblichen Fuhrunternehmen" verwendet und geht auch in den Gründen seines Urteils davon aus, daß "der Bf ... ein Fuhrunternehmen betreibt". Es ist sonach nicht eindeutig festgestellt, wer das Fuhrunternehmen betreibt: der Kläger oder die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Infolgedessen kann der erkennende Senat nicht prüfen, ob das angefochtene Urteil auf unrichtiger Anwendung des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG beruht. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem von der Steuer befreit "das Halten von ... Zugmaschinen, Kraftfahrzeug-Anhängern hinter Zugmaschinen", solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Die Steuerbefreiung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Land- oder Forstwirt Holz vom forstwirtschaftlichen Betrieb aus befördert.
Das Tatbestandsmerkmal, daß die Fahrzeuge "in landoder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden", kann hier dadurch erfüllt sein, daß der Kläger die Zugmaschine und den Anhänger in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verwendete und dieser nach Art und Größe die Verwendung der Fahrzeuge wirtschaftlich rechtfertigte. Das weitere Merkmal, daß die Fahrzeuge "ausschließlich" in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden, ist nicht erfüllt, weil die Fahrzeuge auch in einem Gewerbebetrieb (Fuhrunternehmen) - zur Holzabfuhr aus den Wäldern zu den Sägewerken im Auftrag von Gewerbetreibenden - verwendet wurden. Beförderungen dieser Art schließen zwar die Steuerbefreiung dann nicht aus, wenn "ein Land- oder Forstwirt" sie ausführt (§ 2 Satz 3 Nr. 6 KraftStG). Ob aber diese Voraussetzung im vorliegenden Falle gegeben ist, kann nicht beurteilt werden, weil - wie dargelegt - das FG hierzu keine eindeutigen Feststellungen getroffen hat. Hierin liegt ein Fehler der Urteilsfindung, der auch ohne Verfahrensrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt.
Beförderte nicht der Kläger (Landwirt), sondern die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (Fuhrunternehmen) das Holz aus dem Walde zu den Sägewerken, so ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen. Denn sonst würden - anders als in dem durch das Urteil des BFH vom 7. Februar 1973 II R 33/66 (BFHE 109, 153, BStBl II 1973, 510) entschiedenen Fall - nicht nur Landwirte, sondern auch Gewerbetreibende in einem über den Wortlaut und Sinn der Befreiungsvorschrift hinausgehenden Maße begünstigt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens werden dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO). Der Senat hat gemäß §§ 121, 90 Abs. 3 Satz 1 FGO durch Vorbescheid entschieden.
Fundstellen
Haufe-Index 70531 |
BStBl II 1973, 707 |
BFHE 1973, 472 |