Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzplandarlehen als Teil des Kapitalkontos i.S. des § 15a EStG
Leitsatz (amtlich)
Das von einem Kommanditisten der KG gewährte "Darlehen" erhöht sein Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn es den vertraglichen Bestimmungen zufolge während des Bestehens der Gesellschaft vom Kommanditisten nicht gekündigt werden kann und wenn das Guthaben im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation der Gesellschaft mit einem eventuell bestehenden negativen Kapitalkonto verrechnet wird.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Sie befasst sich mit der Entwicklung, der Unterhaltung und dem Betrieb einer Golfsport- und Clubanlage. An ihrem Stammkapital waren zum 31. Dezember 1998 neben anderen Kommanditisten A, B und C jeweils mit einer ―eingezahlten― Stammeinlage von 7 500 DM als Treugeber-Kommanditisten beteiligt.
Die genannten Kommanditisten gewährten der Klägerin im Streitjahr (1998) jeweils ein zinsloses Darlehen in Höhe von 2 500 DM. Hierzu war gemäß § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags jeder Kommanditist oder Treugeber der KG verpflichtet. Die Höhe des jeweiligen Darlehens war abhängig vom Eintrittszeitpunkt des Kommanditisten bzw. Treugebers. Die Absätze 5 bis 7 des § 8 des Gesellschaftsvertrags lauten:
"Das Darlehen nach Abs. 4 ist unverzinslich. Es wird für die Laufzeit der Kommanditbeteiligung bzw. des Treuhandverhältnisses gewährt.
Die Gesellschaft ist zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens nach Abs. 4 auch in Teilbeträgen berechtigt. Vorzeitige Rückzahlungen müssen anteilig an alle Gesellschafter geleistet werden.
Die Rückzahlung des Darlehens findet nicht statt, soweit bei vorzeitigen Rückzahlungen oder bei Ausscheiden des Kommanditisten/Treugebers die Kapitalkonten (§ 7 Abs. 1 bis 4) insgesamt negativ sind. Im Falle des Ausscheidens wird das Darlehen nach Abs. 4 als zusätzliche Gesellschafterleistung auf den negativen Saldo der Kapitalkonten (§ 7 Abs. 1 bis 4) verrechnet. Ein danach verbleibender Betrag ist dem ausscheidenden Kommanditisten/Treugeber zurückzubezahlen."
Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags werden für jeden Gesellschafter drei Kapitalkonten geführt, nämlich das Kapitalkonto I (Verbuchung des Festkapitals ―Pflichteinlage―), das Kapitalkonto II als Verrechnungskonto (Verbuchung von Gewinnen, Entnahmen sowie Einlagen der Gesellschafter) und das Kapitalkonto III als Verlustvortragskonto (Verbuchung der Verlustanteile der Gesellschafter). Auf dem Kapitalkonto III werden Gewinnanteile des Gesellschafters solange gutgeschrieben, bis die Verlustvorträge ausgeglichen sind.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr (1998) erklärte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 87 095 DM, von dem den genannten Treugeber-Kommanditisten entsprechend ihrer Beteiligungsquote jeweils 6 318 DM zugerechnet wurden, obwohl dieser Betrag zusammen mit dem Verlustanteil von 2 908 DM aus dem Vorjahr den Kapitalanteil der Kommanditisten jeweils um 1 726 DM überstieg. Zusammen mit dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1998 vom 7. Juli 2000 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) mit Bescheid über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf § 15a Abs. 1 EStG den ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlustanteil jeweils in Höhe von 4 592 DM (6 318 DM ./. 1 726 DM) und im Hinblick auf § 15a Abs. 2 EStG den nur mit künftigen Gewinnen verrechenbaren restlichen Verlustanteil mit jeweils 1 726 DM fest.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit seiner Einspruchsentscheidung vom 1. September 2000 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Darlehen sei im Sinne des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. März 1988 II ZR 238/87 (BGHZ 104, 33, Betriebs-Berater ―BB― 1988, 1084) als sog. Finanzplandarlehen konzipiert. Derartigen Darlehen komme materielle Eigenkapitalfunktion zu. Dies gelte insbesondere, wenn das Finanzplandarlehen wie hier auf der Grundlage einer "gesplitteten Einlageverpflichtung" geleistet werde, nach der der Gesamtkapitalbeitrag des Kommanditisten ―hier 10 000 DM― teils durch Einlage und teils durch Darlehensgewährung zu erbringen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil vom 8. April 2003 11 K 225/00 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 996 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt ist.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung des FA vom 1. September 2000 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und den Bescheid zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 15a Abs. 4 EStG für 1998 in der Weise zu ändern, dass die ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlustanteile der Treugeber-Kommanditisten A, B und C ―ohne zusätzliche Feststellung eines nur verrechenbaren Verlustanteils― jeweils mit ./. 6 318 DM festgestellt werden.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage.
I. Die Klägerin ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) klagebefugt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch die Personengesellschaft im Verfahren der Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG jedenfalls dann klagebefugt, wenn, wie im Streitfall, die Feststellung der verrechenbaren Verluste mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der Gesellschaft nach § 15a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG verbunden worden ist (s. Senatsurteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BFHE 177, 71, BStBl II 1995, 467, m.w.N., zur insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.). Die Kommanditisten, um deren verrechenbare Verluste es geht, sind dann gemäß § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 ―früher Nr. 2― FGO notwendig beizuladen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 1989 IV R 19/88, BFHE 157, 181, BStBl II 1989, 1018). Der Senat hat die vom FG unterlassene Beiladung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO nachgeholt.
II. In der Sache selbst unterliegen die den Treugeber-Kommanditisten zuzurechnenden Verlustanteile der Klägerin bis zur Höhe der Kapitalkonten zuzüglich der nach § 8 des Gesellschaftsvertrages gewährten Darlehen nicht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG.
1. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der Anteil eines Kommanditisten am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht.
Den Begriff des Kapitalkontos definiert das Gesetz nicht. Nach der Rechtsprechung ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich ggf. bestehender Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten gemeint (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347, und Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2003 IV B 201/03, BFHE 204, 268, BStBl II 2004, 231). Die zum Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafter gehörenden Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft sind deshalb nicht in das Kapitalkonto i.S. von § 15a EStG einzubeziehen; sie sind damit auch nicht geeignet, das Entstehen eines negativen Kapitalkontos der Kommanditisten aufgrund der ihnen zuzurechnenden Anteile am Verlust der KG zu verhindern (inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 1991 VIII R 31/88, BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167; vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706; vom 13. Oktober 1998 VIII R 78/97, BFHE 187, 227, BStBl II 1999, 163).
Es ist jedoch zu beachten, dass das Kapitalkonto sich bei einer KG aus mehreren Konten mit verschiedenen Bezeichnungen zusammensetzen und dazu auch ein "Darlehenskonto" gehören kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BFHE 181, 148, BStBl II 1997, 36, m.w.N.; vom 26. September 1996 IV R 105/94, BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 3.a aa der Gründe; vom 4. Mai 2000 IV R 16/99, BFHE 191, 539, BStBl II 2001, 171). Entscheidend ist, ob das Konto durch seine Teilhabe an Verlusten der Gesellschaft der gesamthänderischen Bindung unterliegt.
2. Nach dem BGH-Urteil in BGHZ 104, 33, BB 1988, 1084 gehören formal als Fremdkapital ausgewiesene Gesellschafterleistungen zur Haftungsmasse der KG, die deren Gläubigern zur Verfügung stehen muss, wenn sie die folgenden Merkmale aufweisen: günstige Kreditkonditionen, Pflicht zur langfristigen Belassung des Kapitals, Fehlen einer einseitigen Kündigungsmöglichkeit, Rückforderung lediglich als Abfindungs- oder Liquidationsguthaben sowie ―zumindest nach Einschätzungen der Gesellschafter― Unentbehrlichkeit des Darlehens für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele, insbesondere im Hinblick auf die Aufnahme von Fremdmitteln. Derartige Gesellschafterleistungen werden als "Finanzplandarlehen" bezeichnet, weil sie planmäßig in die Finanzierung der Gesellschaft einbezogen sind (vgl. z.B. Sieger/Aleth, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 2000, 462, 463). Mit Rücksicht darauf, dass die Gesellschafter in derartigen Fällen bei Gründung der Gesellschaft vertragsgemäß neben den Bareinlagen Darlehen als Gesellschafterbeitrag leisten müssen, spricht man auch von "gesplitteten Einlagen" (vgl. Gschwendtner, Deutsches Steuerrecht ―DStR―, Beihefter zu Heft 32/1999, 14).
3. Ob Finanzplandarlehen und Darlehen bei gesplitteter Einlage einkommensteuerlich Eigenkapital und damit auch Teil des Kapitalkontos i.S. von § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG sind, hat der BFH noch nicht entschieden. Im Schrifttum wird die Frage unterschiedlich beantwortet (dafür: v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 15a Rdnr. B 441; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 15a EStG Anm. 92; Haas, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1992, 655; Bordewin, DStR 1994, 673, 676; Ruban in Festschrift für F. Klein, 1994, 781, 787; Korn, Kölner Steuerdialog ―KÖSDI― 1994, Nr. 8, 9907, 9911; Pyszka, BB 1999, 665; L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, bis zur 18. Aufl., § 15a Rz. 91; dagegen: Crezelius, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht ―JbFfSt 1999/2000, 395, 398; Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 15a EStG Rn. 28b; zweifelnd: Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 15a Rz. 91; Wacker in BB 1999, 33, 34; Korn/ Heißenberg in Korn, Einkommensteuergesetz, § 15a Rz. 33).
a) Der Senat vertritt die Auffassung, dass durch die Hingabe eines Darlehens seitens des Gesellschafters dessen Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht bereits deswegen erhöht wird, weil das Darlehen in den Finanzierungsplan der Gesellschaft einbezogen ist und dem Gesellschaftsvertrag zufolge neben der Bareinlage gewährt werden muss. Das von einem Kommanditisten der KG gewährte "Darlehen" erhöht sein Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG vielmehr nur dann, wenn es den vertraglichen Bestimmungen zufolge während des Bestehens der Gesellschaft vom Kommanditisten nicht gekündigt werden kann und wenn das Guthaben im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation mit einem eventuell bestehenden negativen Kapitalkonto verrechnet wird (vgl. auch Reiß in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O. § 15 Rz. E 135; Buciek, Die Steuerberatung ―Stbg― 2000, 109, 111; Wacker, BB 1999, 33, 34). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Den Begriffen "Finanzplandarlehen" und "gesplittete Einlage" kommt nur die Funktion von Schlagwörtern zu (vgl. Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 9; Goette, DStR 1999, 1201). Wenn im Weiteren von "Finanzplandarlehen" die Rede ist, wird vorausgesetzt, dass die vorstehend aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind.
Da die streitigen Darlehen unverzinslich waren, kann offen bleiben, ob der Eigenkapitalcharakter von Finanzplandarlehen auch deren Unverzinslichkeit bzw. die Gewinnabhängigkeit der Zinsen voraussetzt (vgl. hierzu Buciek, Stbg 2000, 111).
b) Kann das Darlehen nicht einseitig von den Gesellschaftern gekündigt werden und ist das Guthaben im Falle des Ausscheidens oder der Liquidation der Gesellschaft mit einem eventuell bestehenden negativen Kapitalkonto zu verrechnen (Finanzplandarlehen), so handelt es sich um materielles Eigenkapital (BGH-Urteil in BGHZ 104, 33, BB 1988, 1084) und nicht ―wie beim kapitalersetzenden Darlehen― um Fremdkapital, das nur zeitweise eine Eigenkapitalfunktion übernimmt (vgl. Fleischer, a.a.O., S. 302 f.; Wacker, BB 1999, 33, 34), die es verliert, wenn sich die Gesellschaft nachhaltig erholt und so ihre Kreditwürdigkeit zurückgewinnt (Baumbach/Hueck/G. Hueck, GmbH-Gesetz, § 32a Rz. 51; Schlegelberger/K. Schmidt, Handelsgesetzbuch, § 172a Rz. 31; Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 5. Aufl. 1997, Rz. 3.53 f.; Wacker, BB 1999, 33, 34). Wegen der nur vorübergehenden Eigenkapitalfunktion kapitalersetzender Darlehen und der Beschränkung der kapitalersetzenden Wirkung auf die Gläubiger der Gesellschaft hat es der BFH abgelehnt, eigenkapitalersetzende Darlehen als Teil des Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen (BFH-Urteil in BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347, unter II.2.c bb ccc und 4.; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 3.a bb). Hieran ist festzuhalten, ohne dass das einer Anerkennung von Finanzplandarlehen als Bestandteil des Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG entgegenstünde. Denn das Finanzplandarlehen im hier verstandenen Sinne behält seinen Charakter als materielles Eigenkapital mangels Kündbarkeit seitens des Gesellschafters unabhängig davon, ob sich die Gesellschaft in einer Krise befindet. Zudem hat seine spätere Verrechnung mit einem eventuell bestehenden negativen Kapitalkonto zur Folge, dass der Darlehensgeber im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern für Verluste der Gesellschaft einzustehen hat.
c) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Erwägung, dass der BGH in seinem Urteil vom 28. Juni 1999 II ZR 272/98 (BGHZ 142, 116, DStR 1999, 1198) annehme, die Rechtsfigur der Finanzplankredite habe rechtliche Wirkungen nur für Darlehenszusagen, wohingegen nach Darlehensgewährung nur die Rechtsgrundsätze und Vorschriften über eigenkapitalersetzende Darlehen anzuwenden seien (so L. Schmidt, a.a.O., § 15a Rz. 91; ab der 19. Aufl. Schmidt/Wacker a.a.O., Rz. 91). Zwar hat der BGH in dem angeführten Urteil ausgeführt, die Eigenkapitalersatzregeln fänden ohne weiteres Anwendung, wenn der Gesellschafter das Versprechen zur Gewährung eines Finanzplandarlehens erfüllt habe, die zur Verfügung gestellten Mittel beim Eintritt der Krise jedoch stehen lasse. Diese Aussage des BGH ändert jedoch nichts daran, dass bei einem Finanzplandarlehen im hier verstandenen Sinn eine Kündigung des Darlehens durch den Gesellschafter bereits wegen der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nicht in Betracht kommt, ohne dass es auf die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen Eigenkapitalersatz anzunehmen ist, ankäme (BGH-Urteil in BGHZ 104, 33, BB 1988, 1084; Sieger/Aleth, GmbHR 2000, 462, 467, unter V.3.; Habersack, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 2000, 384, 412 f.). Es kann daher keine Rede davon sein, dass sich beim Finanzplandarlehen durch ein externes Ereignis (Krise der Gesellschaft) der Eigenkapitalcharakter der hingegebenen Mittel mehrfach ändern könne (so aber Braun, EFG 2003, 997).
d) Stellt sich das Finanzplandarlehen nach den vorstehend aufgeführten Grundsätzen als materielles Eigenkapital dar, so kann die Frage, ob ein solches Darlehen das Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG erhöht, nicht von der Beantwortung der Frage abhängen, ob es in der Handelsbilanz aufgrund des true-and-fair-view-Gebots als Eigenkapital zu erfassen ist (so z.B. Bachem, Probleme der Bilanzierung und Besteuerung von eigenkapitalersetzenden Maßnahmen, Institut Finanzen und Steuern 1993, S. 34) oder ob es allein wegen des formellen Fremdkapitalcharakters dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip entsprechend als Fremdkapital ausgewiesen werden muss (Sieger/Aleth, GmbHR 2000, 462, 469).
4. Legt man die vorstehend aufgeführten Maßstäbe an, so haben die streitigen Darlehen der Treugeber-Kommanditisten A, B und C in Höhe von jeweils 2 500 DM deren Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG erhöht.
a) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Verluste der Klägerin auf einem speziellen Verlustvortragskonto (Kapitalkonto III) erfasst werden und somit buchhalterisch nicht das Konto mindern, das die streitigen Gesellschafterdarlehen ausweist. Allerdings hat der VIII. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347, unter II.2.c bb bbb) ausgeführt, als Kapitalkonto könne ein Darlehenskonto grundsätzlich nur dann behandelt werden, wenn auf ihm auch Verluste verrechnet würden. Wie die Einschränkung durch das Wort "grundsätzlich" zeigt, gilt diese Regel jedoch nicht ausnahmslos. So hat der erkennende Senat beispielsweise in dem vom VIII. Senat in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Urteil in BFHE 181, 148, BStBl II 1997, 36 ein als "Darlehenskonto" bezeichnetes Gesellschafterkonto als Kapitalkonto angesehen, obwohl auf ihm keine Verluste ―solche waren nicht entstanden― verrechnet wurden. Dasselbe muss gelten, wenn Verluste zwar buchmäßig nicht auf dem Darlehenskonto verrechnet werden, das ―vom Gesellschafter nicht kündbare― Darlehen im Falle der Liquidation oder seines Ausscheidens jedoch mit seinem ―soweit vorhanden― negativen Kapitalkonto verrechnet wird. Auch durch eine solche Verrechnung zeigt sich die gesamthänderische Bindung der als "Darlehen" bezeichneten Gesellschaftermittel; denn der Gesellschafter muss bis zur Höhe des als Finanzplandarlehen zur Verfügung gestellten Betrags für Verluste einstehen, die die Gesellschaft durch ihre gesamthänderisch gebundene Tätigkeit erlitten hat. Es verhält sich nicht anders, als wenn ―wie bei Kommanditgesellschaften üblich― mehrere Kapitalkonten geführt, jedoch nur über eines von ihnen Verluste verrechnet werden. Dadurch verlieren die anderen Kapitalkonten nicht ihren Eigenkapitalcharakter. Der bloße Umstand, dass die Zuführung von Gesellschaftermitteln als Darlehen bezeichnet wird, vermag hieran nichts zu ändern. Die Behandlung von Finanzplandarlehen als materielles Eigenkapital folgt vielmehr aus dem Grundsatz, dass die falsche Bezeichnung des tatsächlich Gewollten nicht schadet (Pyszka, BB 1999, 665, 668). Der BFH spricht davon, dass in derartigen Fällen die Bezeichnung als Darlehen die Hingabe von Eigenkapital i.S. des § 117 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verdecke (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 59/88, BFH/NV 1991, 476).
b) Zu Unrecht haben FA und FG ihre Entscheidungen darauf gestützt, dass die Treugeber-Kommanditisten mit ihren Finanzplandarlehen nicht am Ende eines jeden Wirtschaftsjahres real an den Verlusten der Klägerin teilgenommen hätten, sondern dass das Verlustrisiko insoweit nur bedingt durch ein Ausscheiden des Kommanditisten und mithin nur latent bestanden habe. Diese Auffassung verkennt den Charakter von Kapitalkonten bei Personenhandelsgesellschaften. Nach § 120 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) wird der Verlustanteil eines Gesellschafters einer OHG von seinem Kapitalanteil abgeschrieben. Dasselbe gilt für den Komplementär und den Kommanditisten einer KG (§ 167 Abs. 1 HGB). Der Gesellschafter einer OHG und der Komplementär einer KG einerseits sowie der Kommanditist andererseits unterscheiden sich nur insoweit, als der Kommanditist nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils am Verlust der Gesellschaft teilnimmt. Letzteres hat zur Folge, dass er ―anders als ein persönlich haftender Gesellschafter― im Falle der Liquidation oder seines Ausscheidens aus der Gesellschaft sein negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164, unter C.I.2.b). Die unterschiedliche Verlustbeteiligung der persönlich haftenden Gesellschafter einerseits und der Kommanditisten andererseits ändert jedoch nichts daran, dass Kapitalkonten bei beiden lediglich Verhältniszahlen wiedergeben (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 120 Rn. 22). Auch wenn sich die geleistete Einlage infolge von Verlusten der Gesellschaft vermindert, weisen sie keine Forderungen der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter aus (BGH-Urteil vom 10. Februar 1977 II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 227). Eine Nachschusspflicht besteht nicht (§ 707 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB). Daraus folgt, dass sich bei jedem Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft erst bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zeigt, ob und ggf. in welcher Höhe negative Geschäftsergebnisse der Gesellschaft aus früheren Jahren bei ihm zu einem Verlust des eingesetzten Kapitals führen. Wenn demnach bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses das Guthaben eines Finanzplandarlehens mit einem negativen Kapitalkonto verrechnet wird, geschieht nichts anderes, als wenn bei der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses mit einem Kommanditisten, der anstelle des Finanzplandarlehens eine um den entsprechenden Betrag erhöhte Einlage geleistet hat, eine Rückzahlung der Einlage infolge der vorangegangenen Verluste der Gesellschaft unterbleibt.
c) Entgegen der Auffassung des FG ist es auch unmaßgeblich, dass durch die Finanzplandarlehen der Treugeber-Kommanditisten deren Hafteinlage i.S. der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 HGB nicht erhöht wurde. Einlage des Kommanditisten i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist die tatsächlich geleistete sog. bedungene Einlage i.S. der §§ 167 Abs. 2, 169 Abs. 1 HGB (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2003 IV B 201/03, BFHE 204, 268, BStBl II 2004, 231, unter 1.a). Die Hafteinlage ist demgegenüber Gegenstand der in § 15a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG getroffenen Regelung über den sog. erweiterten Verlustausgleich, der im Streitfall keine Rolle spielt.
d) Ferner spielt es auch keine Rolle, dass die Guthaben der Treugeber-Kommanditisten aus den Finanzplandarlehen ihren Anteil an den stillen Reserven der Klägerin nicht erhöhten. Es entspricht vielmehr allgemeiner Übung, dass die Anteile der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen auf feste und bewegliche Kapitalkonten aufgeteilt werden, von denen nur die festen Kapitalkonten angeben, in welchem Verhältnis der Gesellschafter am Gewinn und den stillen Reserven beteiligt ist (vgl. z.B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 53 III.5.).
e) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich nicht daraus, dass zwar die Gesellschafter ihre Finanzplandarlehen nicht kündigen konnten, wohl aber die Klägerin berechtigt war, die Darlehen vor Beendigung der jeweiligen Gesellschaftsverhältnisse zurückzuzahlen. Sofern dies geschähe, handelte es sich um einen Fall der Einlageminderung, so dass die in § 15a Abs. 3 EStG geregelten Folgen einträten (Wacker, BB 1999, 33, 35).
Fundstellen
Haufe-Index 1381517 |
BFH/NV 2005, 1424 |
BStBl II 2005, 598 |
BFHE 2005, 353 |
BFHE 209, 353 |
BB 2005, 1845 |
DB 2005, 1549 |
DB 2007, 19 |
DStR 2005, 1179 |
DStRE 2005, 923 |
DStZ 2005, 503 |
HFR 2005, 841 |