Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 5 EStG setzt voraus, daß die wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit von dem Steuerpflichtigen persönlich ausgeübt wird.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 5, § 34/4, § 24 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob § 34 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 eine sachliche oder eine persönliche Steuerbegünstigung für Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit darstellt.

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat außer Einkünften aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer Verlagsbuchhandlung als Miterbe seines im Jahre 1943 verstorbenen Vaters Honorare aus den Neuauflagen eines wissenschaftlichen Unterrichtswerkes des Erblassers erhalten, für die er die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 5 EStG 1953 in Anspruch nimmt. Der Bf. selbst hat keine schriftstellerische Tätigkeit ausgeübt.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht ist der Auffassung des Finanzamts gefolgt, daß § 34 Abs. 5 EStG einen steuerlichen Anreiz für eine Nebentätigkeit geben wolle, so daß die Steuervergünstigung nur den Steuerpflichtigen zugute kommen könne, die neben ihrem Hauptberuf eine Nebentätigkeit selbst ausübten (unter Hinweis auf Abschn. 163 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1953). Das Finanzgericht hat weiter ausgeführt: Dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 EStG 1953 sei zwar nicht ohne weiteres zu entnehmen, daß die Nebeneinkünfte von dem Steuerpflichtigen, der die Vergünstigung beanspruche, erarbeitet sein müßten. Aus dem Sinn und Zweck der Gesetzesvorschrift, die Nebeneinkünfte der bezeichneten Art bei einem bestimmten Kreis von Steuerpflichtigen zu begünstigen, ergebe sich jedoch, daß die Vergünstigung gewissermaßen als eine steuerliche Leistungsprämie gedacht sei, die nur den tätig gewordenen Steuerpflichtigen zuteil werden könne. Es handle sich um eine qualifizierte persönliche Begünstigung.

Auch aus dem Gesichtspunkt der Gesamtrechtsnachfolge könne man nicht zu einer anderen Auffassung gelangen. Auf Grund des Erbfalles seien lediglich die Honoraransprüche auf den Bf. anteilsmäßig übergegangen, die das Finanzamt zutreffend gemäß § 18, § 24 Ziff. 2 EStG den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zugerechnet habe. Hieraus könne aber nicht gefolgert werden, daß diese Honorare - falls sie überhaupt beim Erblasser steuerbegünstigt gewesen sein sollten - ohne weiteres auch beim Erben Steuerbegünstigungen genössen. Der Begriff der Nebeneinkünfte in § 34 Abs. 5 EStG 1953 sei ein gegenüber den in Frage kommenden Einkunftsarten herausgehobener Begriff, der erst durch Ziff. 2 des § 34 Abs. 5 zu den in Frage kommenden Einkunftsarten in Beziehung gesetzt werde. Mit dem Tode des Begünstigten verliere der Begriff "Nebeneinkünfte" seinen besonderen Charakter, es gingen nur noch gewöhnliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit auf den Erben über. Die Vergünstigung könne in der Person des Bf. als Erben nicht neu entstehen, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, nicht einmal dem Erblasser zuteil geworden sei. Es hiesse, den Sinn der personenbezogenen Begünstigung in sein Gegenteil verkehren, wolle man hier den Miterben die Vergünstigung gewähren.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird geltend gemacht, aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 EStG sei nicht zu entnehmen, daß nur den auf den bevorzugten Gebieten neben ihrem Hauptberuf tätigen Steuerpflichtigen die Steuervergünstigung gewährt werden sollte, nicht aber deren Erben. Die vom Finanzgericht vorgenommene Unterscheidung von "gewöhnlichen" Einkünften aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit und "persönlich erarbeiteten" Einkünften dieser Art widerspreche dem EStG, da mit dem Begriff der Nebeneinkünfte des § 34 Abs. 5 keine neue Einkunftsart in das Einkommensteuerrecht eingeführt werden sollte. Durch § 24 Ziff. 2 EStG sei klargestellt, daß der Erbe einkommensteuerlich in gleicher Weise wie der Erblasser zu behandeln sei. Der Bf. beziehe daher die Honorare aus seiner eigenen freien Berufstätigkeit. Es komme deshalb auch nicht darauf an, ob dem Erblasser selbst die Begünstigung zugestanden habe; allein entscheidend sei, ob die geforderten Voraussetzungen in der Person des Bf. im Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen vorlägen. Auch aus der Stellung des § 34 im IV. Abschn. des EStG müsse entnommen werden, daß es sich hier nicht um eine personenbezogene Härtenmilderungsvorschrift, sondern um eine sachliche Begünstigung der dort angeführten Einkünfte, d. h. um eine sachliche Tarifbestimmung, handle.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Die durch das Zweite Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 20. April 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes - WiGBl - S. 69) eingeführte Erweiterung der Vergünstigung des § 34 bezweckt nach der amtlichen Begründung, einen steuerlichen Anreiz zur Erzielung eines höheren Einkommens durch eine nicht in den Beruf fallende Nebentätigkeit auf wissenschaftlichem, künstlerischem oder schriftstellerischem Gebiet zu geben. Es sollten hierdurch einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen für die neben ihrer Haupttätigkeit erzielten Nebeneinkünfte steuerliche Vergünstigungen gewährt werden. Es handelt sich also um eine auf einen bestimmten Kreis von Steuerpflichtigen - Arbeitnehmer und Angehörige der freien Berufe - und auf bestimmte Einkünfte beschränkte Steuervergünstigung. Der erkennende Senat folgt daher der Auffassung des Finanzgerichts, daß es sich bei § 34 Abs. 5 EStG um eine persönliche Steuervergünstigung handelt, die den Steuerpflichtigen nur dann gewährt werden kann, wenn sie persönlich in dem vom Gesetz geforderten Rahmen tätig geworden sind. Diese Auslegung allein wird dem mit der Vergünstigungsvorschrift des § 34 Abs. 5 EStG 1953 verfolgten Zweck, einen steuerlichen Anreiz für die Ausübung von Nebentätigkeiten zu geben, gerecht. Der vom Bf. vorgetragene Einwand, daß sich eine solche Beschränkung aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen nicht ergebe, kann nicht für zutreffend erachtet werden. Einer ausdrücklichen Beschränkung der steuerlichen Vergünstigung bedurfte es im Hinblick auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift nicht. Auch aus der systematischen Stellung des § 34 im IV. Abschnitt des EStG kann im Gegensatz zu der Auffassung des Bf. nicht geschlossen werden, daß es sich hier um eine sachliche Begünstigung der in Frage kommenden Nebeneinkünfte handle. Der Bf. hat selbst auf die im Fall des § 34 Abs. 5 problematische Gesetzessystematik hingewiesen. Die Steuervergünstigung für Nebeneinkünfte ist offenbar nur deshalb als Abs. 5 dem § 34 angegliedert worden, weil man die Steuersätze des § 34 Abs. 1 auf diese Nebeneinkünfte angewendet wissen wollte; sonst hat Abs. 5 mit der in § 34 enthaltenen Sondervorschrift für außerordentliche Einkünfte keinen sachlichen Zusammenhang.

Was die von der Rb. gegen die Ausführungen des Finanzgerichts hinsichtlich des besonderen Begriffs "Nebeneinkünfte" erhobenen Einwendungen angeht, so hat das Finanzamt mit Recht darauf hingewiesen, daß der Begriff der Nebeneinkünfte im Sinne des § 34 Abs. 5 nur in Verbindung und im Zusammenhang mit dem Steuerpflichtigen, der neben seinem Hauptberuf eine der begünstigten Nebentätigkeiten ausübt, verstanden werden könne; daß das Finanzgericht die Schaffung einer weiteren Einkunftsart im Auge gehabt hätte, kann seinen Ausführungen nicht entnommen werden.

Es kommt hinzu, daß der Erblasser des Bf. bereits im Jahre 1943 verstorben ist, also zu einem Zeitpunkt, in dem die hier vom Bf. in Anspruch genommene Steuervergünstigung noch nicht bestanden hat. Es würde über den Rahmen der von dem Gesetzgeber beabsichtigten Steuervergünstigung hinausgehen, wollte man hier dem Bf. die Vergünstigung des § 34 Abs. 5 zubilligen, auf die der Erblasser selbst keinen Anspruch gehabt hat. Selbst wenn aber die vom Erblasser herrührenden Einkünfte bei ihm steuerbegünstigte Nebeneinkünfte gewesen wären, so würde die Auffassung der Rb. dazu führen, daß es vom Zufall abhängig wäre, ob bei mehreren Miterben die Steuervergünstigung in Frage käme, je nachdem, ob die einzelnen Miterben Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder freier Berufstätigkeit bezögen und auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen des § 34 Abs. 5 EStG erfüllten. Diese auch von Hartmann-Böttcher, Großkommentar zur Einkommensteuer, § 34 Anm. 18 - Erben - vertretene Auffassung lehnt der erkennende Senat als zu weitgehend ab. Sie widerspricht, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, dem Rechtsgrundsatz, daß steuerliche Vergünstigungsrechte, wozu auch die Tarifvergünstigungen zu rechnen sind, wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters regelmäßig nicht vererblich sind. So auch Boeker, Gesamtrechtsnachfolge und Steuervergünstigungen, Rechts- und Wirtschafts-Praxis Gr. 14, D-Blatt "Allgemeine Einzelfragen 63" unter IV 5., Lfg. 289 S. 36. Auch Blümich-Falk, EStG 7 Aufl., § 34 Anm. 12 f, letzter Absatz, äußern im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine persönliche Tätigkeit bestimmter Art begünstigen wolle, erhebliche Bedenken gegen eine Begünstigung der Erben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408916

BStBl III 1958, 25

BFHE 1958, 60

BFHE 66, 60

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge