Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine passivierungsfähige Pensionslast zugunsten des überwiegend beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ist bei Abschluß eines ernsthaften Pensionsvertrags anzuerkennen, wenn nachgewiesen wird, daß der Gesundheitszustand des Gesellschafter- Geschäftsführers die Geschäftsführertätigkeit in der GmbH über den vorgesehenen Pensionszeitpunkt hinaus nicht zuläßt.
Normenkette
KStG § 6; EStG §§ 5, 6/1/3, § 6a
Tatbestand
Die Steuerpflichtige betreibt in der Rechtsform einer GmbH die Herstellung und den Vertrieb von elektrischen Läutewerken, Schalt- und anderen Uhren. Das Stammkapital von 200000 DM ist voll eingezahlt. An der Gesellschaft sind zwei Gesellschafter, und zwar Herr M. mit 58,75 v. H. und Frau H. mit 41,25 v. H. beteiligt. Als gesetzlicher Vertreter und Geschäftsführer des Unternehmens ist Herr M. bestellt.
In der Handelsbilanz der GmbH, die zugleich auch die Steuerbilanz darstellt, ist unter anderem eine rechtsverbindliche Pensionszusage für den Gesellschafter-Geschäftsführer Herrn M. als Rückstellung passiviert. Dieselbe betrug am 1. Januar 1958 76113 DM. In der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1958 wurden dieser Rückstellung 11601 DM gewinnmindernd zugeführt.
Bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1958 versagte das Finanzamt den gewinnmindernden Abzug der Zuführung zu der Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer, indem es den Betrag von 11601 DM dem körperschaftsteuerlichen Einkommen der GmbH zurechnete. Das Finanzamt bezog sich unter anderem auf die Urteile des Bundesfinanzhofs I 11/58 S vom 5. Mai 1959 und I 4/59 S vom 4. August 1959 (BStBl 1959 III S. 369 und 374, Slg. Bd. 69 S. 286 und 299).
Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Steuerpflichtige vor, dem Gesellschafter-Geschäftsführer solle bei Arbeitsunfähigkeit oder Vollendung des 65. Lebensjahres bis zu seinem Ableben ein Ruhegeld von 80 v. H. seiner letztmaligen festen Bezüge, seiner Witwe ein lebenslängliches Ruhegeld von 60 v. H. dieser Bezüge gewährt werden. Die Zuführung zur Pensionsrückstellung 1958 für Herrn M. erscheine auch unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als zulässig, obwohl er zu mehr als 50 v. H. am Stammkapital der Firma beteiligt sei. Herr M. sei schwer augenleidend und sein Sehvermögen sehr gefährdet. Sein Gesundheitszustand gestatte ihm eine Verlängerung des Dienstverhältnisses über den vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt hinaus nicht. Sie hat dafür ein fachärztliches Zeugnis einer Augenklinik vorgelegt. Hiernach leidet M. seit langen Jahren an hochgradiger Kurz- und Stabsichtigkeit. Unter Berücksichtigung der laufenden Gefahrenmomente ist es nach dem Gutachten nicht zu erwarten, daß M. länger als bis zum 65. Lebensjahre arbeiten kann, eher weniger.
Der Steuerausschuß hat dem Einspruch stattgegeben. Er hat auf Grund des fachärztlichen Zeugnisses und seiner Kenntnis der örtlichen Verhältnisse die überzeugung gewonnen, daß M. seine Geschäftsführertätigkeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres aufgeben werde. Der Steuerausschuß fügt hinzu, daß M. auch im übrigen gesundheitlich nicht auf der Höhe und damit zu rechnen sei, daß er aus Rücksicht auf seine Mitgesellschafterin und aus innerer überzeugung zurücktreten werde, wenn er seiner dienstlichen Tätigkeit bei Eintritt des Versorgungsfalles gesundheitlich nicht mehr voll gewachsen sein werde. Das Finanzgericht hat sich dieser Beurteilung im Ergebnis angeschlossen. Bei einer Krankheit des Gesellschafter- Geschäftsführers müsse es genügen, wenn die Kapitalgesellschaft dartue, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer voraussichtlich bei Eintritt des Versorgungsfalles nicht mehr arbeitsfähig und zum Rücktritt gezwungen sein werde. Das habe die Steuerpflichtige getan, indem sie ein Zeugnis des behandelnden Facharztes vorgelegt habe. Hiermit habe die Steuerpflichtige das nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Erforderliche und Zumutbare erfüllt, ohne daß es auf die Umstände anzukommen brauche, die der Steuerausschuß zusätzlich auf Grund seiner Kenntnis der örtlichen Verhältnisse angeführt habe.
Mit der Rb. trägt der Vorsteher des Finanzamts vor, es könne im Widerspruch zur Auffassung des Finanzgerichts nicht nur ausschlaggebend auf den behaupteten schlechten Gesundheitszustand eines Gesellschafter-Geschäftsführers ankommen, sondern es müßten noch weitere objektiv nachprüfbare und von dem Willensentschluß des Gesellschafter-Geschäftsführers unabhängige Tatsachen gegeben sein und dargelegt werden, die das Ausscheiden zu einem bestimmten Zeitpunkt unwiderruflich festlegen, wenn die Ernsthaftigkeit einer Zusage gegeben sein solle. Als "Hauptgesellschafter" mit absoluter Majorität habe es der Gesellschafter-Geschäftsführer vollkommen in der Hand, ob er in seiner persönlichen Arbeitsleistung zurücktreten wolle oder nicht, ohne deswegen seine frühere Position an der Spitze des Unternehmens aufzugeben.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Der Vorsteher des Finanzamts führt zutreffend aus, daß bei Kapitalgesellschaften Rückstellungen für Pensionszusagen an zu mehr als 50 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer mit steuerlicher Wirkung nur zulässig sind, wenn nach den Umständen ernsthaft damit zu rechnen ist, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer zur vorgesehenen Zeit tatsächlich als Geschäftsführer ausscheidet und daß an den Nachweis der Ernsthaftigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind. Es geht hier um Rückstellungen für die später unter Umständen zu erfüllende Pensionslast. Das Steuerrecht verlangt zur Rechtfertigung einer Rückstellung das Bestehen einer Last des Betriebes. Darum kann auch die Rückstellung für ein Pensionsversprechen nur dann anerkannt werden, wenn ernsthaft damit gerechnet werden muß, daß die Ausgaben auch tatsächlich entstehen.
Bei der in Rede stehenden Rückstellung handelt es sich um die in § 5 des Dienstvertrages zugesagten Ruhegehaltsansprüche des M. für den Fall der Arbeitsunfähigkeit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres und das Witwenruhegehalt für die Ehefrau im Falle des Ablebens des M. Daß die in den Urteilen I 11/58 S und I 4/59 S a. a. O. genannten Gründe für die Versagung der Rückstellungen bei Pensionszusagen an den beherrschenden Gesellschafter- Geschäftsführer für die Witwenversorgung nicht gelten und hierfür eine passivierungsfähige Last anzuerkennen ist, hat der erkennende Senat bereits im Urteil I 1 und 2/61 U vom 13. Dezember 1961 (BStBl 1962 III S. 138, Slg. Bd. 74 S. 364) eingehend begründet. Soweit die hier streitige Rückstellung durch die Zusage zugunsten der Ehefrau veranlaßt ist, ist sie jedenfalls anzuerkennen.
Aber auch soweit es sich um die Pension des M. selbst handelt, kann im vorliegenden Falle eine Rückstellung nicht versagt werden. Wie in dem Urteil I 11/58 S (a. a. O.) ausgeführt ist, ist eine ernsthafte, in der Gegenwart passivierungsfähige Last anzuerkennen, wenn damit gerechnet werden muß, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer zu der vorgesehenen Zeit tatsächlich ausscheidet. Zur Begründung der Rückstellungsfähigkeit ist darum durch objektiv nachprüfbare Tatsachen darzulegen, daß nach den gegenwärtigen Verhältnissen Umstände vorliegen, die die Einstellung der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers zu dem vorgesehenen Zeitpunkt nicht von seinem Willen abhängig machen. Das Finanzgericht hat dem Attest des Arztes entnommen, daß der Gesellschafter- Geschäftsführer auf Grund seines Gesundheitszustandes und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder früher ausscheiden müsse. Diese Beweiswürdigung ist - wenn auch nicht zwingend -, so doch möglich und liegt darum im Rahmen der dem Finanzgericht zustehenden Rechte im Sinne des § 278 AO (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 98/33 vom 29. Mai 1934, RStBl 1934 S. 737). Diese überzeugung wird auch durch die Ausführungen des Steuerausschusses gedeckt, der unter Würdigung der ihm vertrauten örtlichen Verhältnisse angenommen hat, daß die Pensionierung des M. rechtzeitig erfolgen werde. Auch der übrige Inhalt der Akten spricht für die Gültigkeit des Pensionsvertrags mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer. Insbesondere läßt die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft keinen Zweifel daran zu, daß die Gesellschaft bei Eintritt des Pensionszeitpunktes in der Lage sein wird, ihr Versprechen zu erfüllen. Da somit eine ernsthafte Verpflichtung der GmbH entstanden ist, ist auch die entsprechende Rückstellung zulässig.
Fundstellen
Haufe-Index 410821 |
BStBl III 1963, 339 |
BFHE 1964, 61 |
BFHE 77, 61 |
BB 1963, 804 |
DB 1963, 949 |