Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelfsbefugnis bei vollbeendeter Personengesellschaft
Leitsatz (NV)
1. Die handelsrechtliche Vollbeendigung einer Personengesellschaft hat zur Folge, daß diese kein Klagerecht mehr in Anspruch nehmen kann. Die Klagebefugnis geht nicht auf einen Rechtsnachfolger über.
2. Nach Auflösung und Vollbeendigung der Personengesellschaft ist es allein Sache der betroffenen Gesellschafter, Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen. Der Personengesellschaft steht eine derartige Befugnis auch unter dem Blickwinkel des Rechtsscheins nicht zu.
3. Eine Beiladung ist nicht erforderlich, wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 126 Abs. 3 Nr. 1; UmwG § 49 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der ,,Y. Z.-Kommanditgesellschaft" (im folgenden KG).
An der KG waren beteiligt die G-GmbH, die mit der Klägerin nicht identisch ist, A und der Beigeladene B.
Ab 25. Juli 1968 waren an der KG die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitaleinlage und der Beigeladene als Kommanditist beteiligt.
Aufgrund eines Unternehmenskaufvertrages vom 27. August 1971 wurde in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 17. Dezember 1971 beschlossen, die KG nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG) durch Übertragung des Gesellschaftsvermögens in die ,,Y. Z.-GmbH" - die Klägerin - umzuwandeln. Vom Stammkapital der Klägerin übernahmen der Beigeladene eine Stammeinlage von . . . DM und die GmbH als ehemalige persönlich haftende Gesellschafterin der KG eine Stammeinlage von . . . DM. Die Klägerin wurde am 30. Dezember 1971 im Handelsregister eingetragen. Die Auflösung der KG und das Erlöschen der Firma der KG sind ebenfalls am 30. Dezember 1971 im Handelsregister (Amtsgericht X, HR . . .) eingetragen worden.
Von November 1973 bis September 1974 fand bei der KG und dem Beigeladenen eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer gelangte zur Aufassung, daß der KG das Vermögen und die Erträge der D-GmbH zu 70 v. H. zuzurechnen sei, da die D-GmbH als Treuhänderin ihrer Gesellschafter anzusehen sei. Die D-GmbH war am 18. Juni 1964 von der damaligen Ehefrau des Beigeladenen und dem Mitgeschäftsführer der KG, W, in der Schweiz gegründet worden. Das in den Bilanzen der KG ausgewiesene Darlehen der ,, . . . Company" (im folgenden C) bzw. der D sei deshalb ab 25. Juli 1968 zu 70 v. H. als Kapital des Beigeladenen anzusehen. Die C wurde bis zum 31. März 1969 zu 100 v. H. von der D gehalten. Folge sei, daß die für die Darlehen gutgeschriebenen Zinsen zu 70 v. H. als Vorabvergütung außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen seien.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte der Auffassung des Prüfers. Er erließ entsprechende Änderungsbescheide für die Jahre 1968, 1969, 1970 und einen erstmaligen Feststellungsbescheid für 1971. Der Sammelbescheid für die ,,Fa. Z-KG" war gerichtet an ,,Fa. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m. b. H. Dr. U, z. Hd. Herrn V". Die Gesellschafter waren mit Namen bzw. Firma, Wohnort bzw. Sitz und Steuernummer bezeichnet.
Der Einspruch blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung erging in der Feststellungssache ,,der Y. Z.-GmbH & Co. KG". Gerichtet war die Einspruchsentscheidung an ,,Dr. U Wirtschaftsprüfungsgesellschaft".
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt aus, die von der KG an die C und später an die D gezahlten Darlehenszinsen seien in vollem Umfang als Betriebsausgaben der KG zu behandeln. Eine Hinzurechnung beim Beigeladenen habe zu unterbleiben.
Die Klage ist von der Y. Z.-GmbH als Rechtsnachfolgerin der Y. Z.-GmbH & Co. KG erhoben worden. Die Parteibezeichnung im Urteil des FG lautet entsprechend.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG). Außerdem stützt es die Revision auf einen Verfahrensmangel i. S. des § 118 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Nach Auffassung der Klägerin ist § 6 StAnpG nicht verletzt. Das FG habe auch keinen Verfahrensverstoß begangen.
Der Vorsitzende des Senats hat an die Beteiligten ein Aufklärungsschreiben gerichtet. Das FA führt daraufhin aus, das FG habe über die Klage nicht sachlich entscheiden dürfen, da die Klägerin nicht klagebefugt sei. Die Klägerin führt aus, es stelle sich die Alternative, daß entweder die angegriffenen Bescheide zumindest einem der Feststellungsbeteiligten wirksam bekanntgegeben wurden und auch diesem die Klageerhebung zuzurechnen sei oder daß die Bescheide mangels wirksamer Bekanntgabe an auch nur einen der Feststellungsbeteiligten nichtig seien. Im letzteren Fall wäre die Klagebefugnis der Klägerin aus der Erwägung zu folgern, daß es dieser prozessual möglich sein müsse, den von den unwirksamen Bescheiden ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
1. Die handelsrechtliche Vollbeendigung einer Personengesellschaft hat zur Folge, daß diese kein Klagerecht mehr in Anspruch nehmen kann. Die Klagebefugnis geht nicht auf einen Rechtsnachfolger über. Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft nur noch von den früheren Gesellschaftern angegriffen werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die den anzugreifenden Gewinnfeststellungsbescheid betrifft (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520; vom 22. November 1988 VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326; vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333).
2. Die KG ist aufgrund des Beschlusses in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17. Dezember 1971 in eine GmbH umgewandelt worden. Die Umwandlung wird nach § 49 Abs. 2 UmwG mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister wirksam. Die Eintragung der GmbH ist im Streitfall am 30. Dezember 1971 erfolgt. Mit der Eintragung ging das Vermögen der KG einschließlich der Verbindlichkeiten auf die GmbH - die Klägerin - über. Die KG war damit aufgelöst; ihre Firma ist erloschen (§ 49 Abs. 2 Satz 3 UmwG). Die Auflösung der KG und das Erlöschen der Firma sind ebenfalls am 30. Dezember 1971 in das Handelsregister beim Amtsgericht X eingetragen worden.
Mit der Vollbeendigung der KG war ihre Prozeßführungsbefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO erloschen. Sie ist nicht auf die GmbH - die Klägerin - als Rechtsnachfolgerin übergegangen. Prozeßführungsbefugt waren vielmehr die Gesellschafter, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die den anzugreifenden Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Das waren im Streitfall die Gesellschafter G-GmbH, A, B. Von diesen Gesellschaftern ist nur der Gesellschafter B als Beigeladener am Verfahren vor dem FG beteiligt gewesen.
3. Eine Beiladung der Gesellschafterin A und der GmbH durch das FG war nicht erforderlich, denn die Klage ist offensichtlich unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 1979 I R 100/77, BFHE 128, 142, BStBl II 1979, 632). Dementsprechend entfällt auch eine Zurückverweisung der Sache an das FG zur Nachholung einer Beiladung.
Der gesamte Inhalt der Klageschrift läßt nur die Auslegung zu, daß die Klage von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Y. Z.-KG eingelegt wurde. Sie kann nicht in eine Klage der G-GmbH umgedeutet werden, denn diese war nicht Rechtsnachfolgerin, sondern Gesellschafterin der KG. Auch die Prozeßvollmacht für das Klageverfahren wurde von der Klägerin erteilt.
Die Klägerin war nicht befugt, für die KG Klage zu erheben. Die Klagebefugnis der KG als Prozeßstandschafterin ihrer Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 FGO war mit der Vollbeendigung der Gesellschaft erloschen. Die Klagebefugnis geht nicht auf den Rechtsnachfolger der Personengesellschaft über (vgl. insbesondere BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520).
Der Einwand der Klägerin, es müsse ihr prozessual möglich sein, im Falle der Unwirksamkeit der Bescheide den von diesen ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen, geht fehl. Nach Auflösung und Vollbeendigung der Personengesellschaft ist es allein Sache der betroffenen Gesellschafter, Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen. Der Klägerin stand eine derartige Befugnis auch unter dem Blickwinkel des Rechtsscheins nicht zu. Den Bescheiden konnte nicht entnommen werden, daß die Klägerin als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden sollte.
Fundstellen
Haufe-Index 418043 |
BFH/NV 1992, 324 |