Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuerpflicht für Firmenparkplatz
Leitsatz (NV)
Ein Firmenparkplatz, der sich außerhalb des Firmengeländes befindet und dessen Charakter als öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des Straßenverkehrsrechts von der Gemeinde bescheinigt wird, ist erst dann gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG steuerbefreit, wenn er durch Widmung oder Indienststellung zu einer öffentlichen Sache im Sinne des Straßenrechts geworden ist.
Normenkette
GrStG § 4 Nr. 3 Buchst. a
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gehören in unmittelbarem Anschluß an ihr umzäuntes Betriebsgelände drei Parkplätze mit insgesamt 76 274 qm. Ein Parkplatz mit 1 490 Einstellplätzen für Pkw und 12 Parkplätze für Busse werden zu 74 v. H. durch Werksangehörige benutzt, ein weiterer mit 678 Einstellplätzen zu 63 v. H. und der dritte mit 474 Einstellplätzen zu 50 v. H. Außerdem werden die als öffentliche Verkehrsflächen dem Straßenverkehrsrecht unterliegenden Parkplätze auch von betriebsfremden Dritten genutzt.
Außerdem hat die Klägerin innerhalb des umzäunten Betriebsgeländes Neuwagenabstellplätze errichtet. Die Bodenbefestigung ist für den ruhenden Verkehr (als Parkplätze für zu verladende oder nachzurüstende Fahrzeuge aus der Produktion der Klägerin) geeignet. Zum Zweck der Nacharbeit an den Fahrzeugen wurden Hebebühnen im Freien aufgestellt; je nach Witterungsverhältnissen werden auf den Abstellflächen Zelte, Traglufthallen und andere mobile Leichtbauhallen aufgebaut.
Das Finanzamt (FA) nahm zum 1. Januar 1976 eine Wertfortschreibung des Betriebsgrundstückes der Klägerin vor. Im Einspruchsverfahren begehrte die Klägerin u. a., Grundsteuerbefreiung für die Parkplätze zu gewähren, und vertrat weiter die Auffassung, die Neuwagenabstellplätze seien als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren und der Einheitswert entsprechend herabzusetzen.
In der für Zwecke der Grundsteuer ergangenen Einspruchsentscheidung stellte das FA wegen einer weiter von der Klägerin begehrten Grundsteuerbefreiung den Einheitswert niedriger fest, wies den Einspruch aber im übrigen als unbegründet zurück. Die Klage, mit der die Klägerin ihr Einspruchsziel weiter verfolgt, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Herabsetzung des für Grundsteuerzwecke festgestellten Einheitswerts. Sie rügt Verletzung von § 4 Nr. 3 Buchst. a des Grundsteuergesetzes (GrStG) und von § 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen finanzgerichtlichen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Zutreffend hat das FG in seiner Entscheidung ausgeführt, die Bodenbefestigung der Neuwagenplätze stellten keine Betriebsvorrichtung dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tage in der Sache II R 171/87, betreffend den für Vermögensteuerzwecke festgestellten Einheitswert verwiesen (BStBl 1991 II, 59).
2. Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, die von der Klägerin begehrte Grundsteuerbefreiung aus § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG stehe dieser schon deshalb nach § 8 Abs. 2 GrStG nicht zu, weil die Parkplätze überwiegend durch Werksangehörige genutzt würden. Dies hält der revisionsrichterlichen Überprüfung nicht stand.
Nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG sind u. a. die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege und Plätze von der Grundsteuer befreit.
Ob die Parkplätze der Klägerin dem öffentlichen Verkehr unmittelbar dienende Straßen, Wege oder Plätze im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG sind, hängt davon ab, ob sie durch Widmung und Indienststellung zu einer (rechtlich) öffentlichen Sache geworden sind. Es genügt nicht für die Grundsteuerbefreiung, daß der Eigentümer im Rahmen seiner Verfügungsmacht (§ 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) die Plätze durch einen unbestimmten Personenkreis zum Parken benutzen und dadurch die Fahrwege und Abstellflächen zu tatsächlich öffentlichen Verkehrsflächen im Sinne des Straßenverkehrsrechts werden läßt. Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind unterschiedliche Gesetzgebungsmaterien mit unterschiedlichen Zielsetzungen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 9. Oktober 1984 2 BvL 10/82, BVerfGE 67, 299, 314).
Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 1988 II R 115/88 (BFHE 155, 400, BStBl II 1989, 302) ausgeführt hat, würde es dem Grundgedanken der Befreiung widersprechen, wenn § 4 Nr. 3 a GrStG auch auf Grundflächen angewendet werden würde, auf denen zwar ein tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet, dieser Verkehr aber nicht Selbstzweck ist, sondern nur Mittel zum Zweck, nämlich Funktion im Rahmen eines auf nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gerichteten Unternehmens (wie z. B. bei Parkplätzen, Parkhäusern, Tiefgaragen von Warenhäusern und Übernachtungsbetrieben, bei Zufahrten zu Laderampen, Tankstellen und Autowaschanlagen und bei Gaststättenparkplätzen). Denn in solchen Fällen würde der Grundbesitz nicht zwangsläufig privatwirtschaftlicher Nutzung entzogen bleiben, sondern würde im Gegenteil die Leistungskraft des funktionell verbundenen, mit dem Unternehmen bebauten Grundstücks steigern. Gerade auf diese durch sog. fundiertes Einkommen vermittelte Leistungskraft zielt wirtschaftlich die Grundsteuer (BVerfG-Beschluß vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 353).
Im Streitfall hat die Stadt X zwar der Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 1976 bescheinigt, daß die Parkplätze der Klägerin öffentliche Verkehrsflächen im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind. Dies genügt nach der oben genannten Rechtsprechung nicht. Aus der Bescheinigung der Stadt, auf die das FG Bezug genommen hat, ist nämlich nicht zu ersehen, ob die Parkplätze durch Widmung oder Indienststellung zu einer rechtlich öffentlichen Sache im Sinne des Straßenrechts geworden sind.
3. Die Sache ist nicht spruchreif, sie war daher an das FG zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, Feststellungen darüber zu treffen, ob (und ggf. inwieweit) die Parkplätze durch Widmung oder Indienststellung zur rechtlich öffentlichen Sache i. S. des Straßenrechts geworden sind.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO. Der Senat hat es für zweckdienlich gehalten, durch Vorbescheid (§§ 121, 90 Abs. 3 FGO) zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 417120 |
BFH/NV 1991, 414 |