Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Verpflichtet sich ein Rückerstattungsberechtigter im Zuge der Rückerstattung beim Rückerwerb eines Unternehmens zu Rentenzahlungen an den Rückerstattungsverpflichteten, so gelten für diese Renten die Zurechnungsvorschriften des § 8 Ziff. 2 und des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 2, § 12 Abs. 2 Ziff. 1
Tatbestand
Die Bfin. wurde am 24. Oktober 1951 mit Wirkung vom 1. August 1951 gegründet. Sie ist eine KG, deren Komplementär eine GmbH ist. Gesellschafter der GmbH sind die vier Kinder des im Jahre 1944 verstorbenen Fabrikbesitzers F., die auch die Kommanditisten der Bfin. sind. Das Unternehmen stand früher im Alleineigentum des F., der es, da er jüdischer Abstammung war, im Jahre 1938 an eine KG veräußerte, deren Gesellschafter vier mit ihm befreundete Generaldirektoren führender Unternehmungen, sein Schwiegersohn und ein Webereifachmann waren. Nach dem zweiten Weltkrieg haben seine Erben Rückerstattungsansprüche geltend gemacht. Die Gesellschafter der KG gründeten am 27. Mai 1949 eine GmbH, an die sie die bisher von der KG betriebenen Unternehmen verpachteten. Am gleichen Tage verpflichteten sich die Erben in einem Vertrag zu Rentenzahlungen an die Gesellschafter der KG, der am 5. Mai 1950 gerichtlich protokolliert wurde. Eine Einigung über die Rückerstattung kam jedoch erst am 31. Oktober 1950 zustande, nachdem die gegenseitigen Ansprüche durch ein Gutachten geklärt waren. Danach gab die KG das Unternehmen mit Wirkung ab 1. Januar 1949 an die Erben zurück. Die Gesellschafter der KG übertrugen ihre Anteile an der am 27. Mai 1949 gegründeten GmbH ebenfalls auf die Erben. Außerdem verpflichteten sie sich, ihre KG zu liquidieren. Etwa ein Jahr später, am 24. Oktober 1951, gründete die Erbengemeinschaft die Bfin., und zwar nachdem kurz vorher die Witwe des früheren Alleininhabers F. aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden war und ihren Anteil daran an ihre vier Kinder übertragen hatte.
Die Rentenzahlungen, die die Bfin. an die früheren Gesellschafter der KG auf Grund der Vereinbarung vom 27. Mai 1949 leistete, wurden buchmäßig in voller Höhe als Betriebsausgaben behandelt, obwohl die Rentenverpflichtung, deren Wert auf Grund eines versicherungsmathematischen Gutachtens auf 457.392 DM ermittelt wurde, nicht als Verbindlichkeit in die Handelsbilanzen aufgenommen war. Bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für 1951 und 1952 wurden die Renten vom Finanzamt nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Während des Berufungsverfahrens über die Behandlung der Rentenzahlungen wurde eine Betriebsprüfung bei der Bfin. durchgeführt, die zu erheblichen Mehrsteuern führte. Daraus ergaben sich ernste Liquiditätsschwierigkeiten für die Bfin., die schließlich zum Erlaß eines großen Teils der nachgeforderten Steuern führten. Entsprechend der Behandlung bei der Einkommensteuer berichtigte das Finanzamt die Gewerbesteuermeßbescheide für 1951 bis 1955 und behandelte dabei ebenso wie bei der erstmaligen Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags für 1956 die Ertragsanteile der Rentenzahlungen, um die der Gewinn gekürzt worden war, als Renten, die wirtschaftlich mit der Gründung eines Betriebs im Sinn von § 8 Ziff. 2 GewStG zusammenhängen und rechnete sie demgemäß nach § 7 GewStG dem Gewinn wieder zu. Ebenso wurde beim Gewerbekapital der Einheitswert des Betriebs um die Jahresbeträge des Rentenstammrechts erhöht, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswertes abgezogen worden waren. Der Einspruch und die Berufung der Bfin. hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht hat ebenso wie das Finanzamt angenommen, daß die Rentenbelastung der Bfin. wirtschaftlich mit ihrer Gründung im Sinn von § 8 Ziff. 2 und § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG zusammenhinge. Ob dies der Fall sei, müsse nach dem Gründungsvorgang bestimmt werden. Die Erbengemeinschaft habe die bei der Gründung der Bfin. zunächst von ihr persönlich übernommenen Rentenverpflichtungen in das Unternehmen eingebracht. Die Grundsätze der Rückerstattungsgesetzgebung hätten für die Beurteilung des Streitfalles keine Bedeutung. Die der Bfin. bei der Gründung auferlegte Rentenlast wirke sich bei der Gewerbesteuer dahin aus, daß sie das Eigenkapital der Gesellschafter mindere und Fremdkapital gleichstehe, das von Anfang an in dem Unternehmen arbeite. Wirtschaftlich hätten die Rentenberechtigten der Bfin. einen Dauerkredit eingeräumt. Durch die Einbringung der Rentenverpflichtung in das Unternehmen erreichten die Gesellschafter der Bfin., daß der Gewinn und damit ihre Einkommensteuer durch die Rentenzahlung gemindert werde. Da die Gesellschafter beschränkt steuerpflichtig seien, könne diese Minderung bei Behandlung der Rentenverpflichtung als private Verbindlichkeit nicht eintreten, da dann ein Abzug als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes wegen ihrer beschränkten Einkommensteuerpflicht nicht in Betracht gekommen wäre. Nach den Vorschriften des GewStG müsse aber die bei der Einkommensbesteuerung sich auswirkende Minderung des Gewinns durch die Rentenzahlungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags und des Gewerbekapitals rückgängig gemacht werden.
Die Bfin. führt zur Begründung ihrer Rb. aus: Renten seien bei der Gewerbesteuer nur zurechnungspflichtig, wenn sie als Entgelt für ein im Gewerbebetrieb arbeitendes Gewerbekapital gezahlt würden. Wenn ein veräußerter Betrieb aber bereits mit einer Rentenverpflichtung belastet sei, gingen seine sämtlichen Verbindlichkeiten in vollem Umfang auf den Erwerber über. Im Streitfall habe die Rentenverpflichtung der Erbengemeinschaft bei der Gründung der Bfin. bereits als Betriebsschuld bestanden. Damit entfalle die Möglichkeit einer Hinzurechnung der Renten nach § 8 Ziff. 2 und § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG. Im übrigen habe das Finanzgericht hierüber keine positiven Feststellungen getroffen, sondern die Rentenverpflichtung zu Unrecht als private Schuld der Erbengemeinschaft unterstellt. Dieser Punkt sei nicht genügend aufgeklärt worden, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die Bfin. beantragt in erster Linie die Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts und der diesem vorangegangenen Entscheidungen sowie die Freistellung der Rentenzahlungen und des Rentenkapitals von der Gewerbesteuer; hilfsweise wird um Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Streitsache an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung gebeten.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Aus dem objektsteuerartigen Charakter der Gewerbesteuer folgt, daß die in den persönlichen Verhältnissen der Betriebsinhaber liegenden Umstände sich auf die Gewerbesteuer der Gewerbebetriebe nicht auswirken dürfen. Diesem Ziel dienen die in §§ 8 ff. und § 12 GewStG angeordneten Kürzungen und Zurechnungen zum Gewinn und zum Einheitswert bei der Ermittlung des Gewerbeertrags und des Gewerbekapitals.
Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die im Vertrag vom 27. Mai 1949/ 5. Mai 1950 zwischen der Erbengemeinschaft F. und den früheren Gesellschaftern der KG vereinbarten Renten mit der Gründung oder dem Erwerb der Bfin. durch deren jetzige Gesellschafter zusammenhängen und ob deshalb die Ertragsanteile der Renten, die bei der Gewinnermittlung als gewinnmindernder Betriebsaufwand berücksichtigt wurden, nach § 8 Ziff. 2 GewStG dem Gewinn wieder zuzurechnen sind und der beim Einheitswert abgesetzte Kapitalbetrag dieser Renten nach § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG bei dem Gewerbekapital zu berücksichtigen ist. Das Finanzgericht hat dies in übereinstimmung mit dem Finanzamt zu Recht angenommen. Die Erbengemeinschaft F. hat die Zahlung dieser Renten übernommen, um das früher von dem Erblasser F. betriebene Unternehmen im Wege der Wiedergutmachung zurückzuerwerben. Diese Rentenverpflichtungen, die die Mitglieder der Erbengemeinschaft F. zunächst als persönliche Verbindlichkeiten übernommen haben, wurden von ihnen nach dem Rückerwerb des Unternehmens mit Betriebsmitteln erfüllt. Daß es sich dabei um ursprünglich private Verbindlichkeiten handelt, wurde vom Finanzgericht in einer den Senat bindenden Weise festgestellt. Ohne Bedeutung ist dabei, daß die Rentenverpflichtungen mit dem Rückerwerb des Unternehmens im Wege der Wiedergutmachung zusammenhängen. Entscheidend ist allein, daß die Mitglieder der Erbengemeinschaft F. diese Verbindlichkeiten übernommen haben, um das Unternehmen zurückzuerhalten. Der Rückerwerb zog sich infolge der bei der Rückerstattung des Unternehmens auftretenden Schwierigkeiten bei der Feststellung der Ansprüche der Beteiligten vom Jahr 1949 bis Ende 1950 hin. Der ganze Zeitraum zwischen der ersten Vereinbarung am 27. Mai 1949 bis zur endgültigen Rückübertragung des Unternehmens auf die Familie F. ist für die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften der §§ 8 und 12 GewStG als Einheit anzusehen. Die bereits zu Beginn dieser Verhandlungen vereinbarten Rentenverpflichtungen der Familie F. wurden bei dieser Sachlage zutreffend als solche behandelt, für die eine Zurechnung nach § 8 Ziff. 2 und § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG vorzunehmen ist. Da gegen die Höhe der vorgenommenen Zurechnungen keine Einwendungen erhoben werden und nach dem Inhalt der Akten auch keine Bedenken gegen die zahlenmäßige Richtigkeit bestehen, konnte die Rb. keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 410909 |
BStBl III 1963, 459 |
BFHE 1964, 380 |
BFHE 77, 380 |