Leitsatz (amtlich)
Stellen im Rahmen der sog. Konzernklausel nach § 4b Abs.6 InvZulG 1982 sowohl das die Nutzung übertragende als auch das nutzende Unternehmen für dieselben Investitionen gleichlautende Zulageanträge, so wird das FA durch die Zahlung der Zulage an das eine Unternehmen von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem anderen Unternehmen frei (Ergänzung zu dem BFH-Urteil vom 9.Dezember 1988 III R 27/86, BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242).
Normenkette
InvZulG 1982 § 4b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, und die ... GmbH (GmbH) sind durch Betriebsaufspaltung miteinander verbundene Unternehmen.
In den Streitjahren 1982 und 1983 führte die Klägerin im Wege der Anschaffung und Herstellung von Wirtschaftsgütern Investitionen in Höhe von 331 440 DM und 1 433 706 DM durch. Die Wirtschaftsgüter überließ sie der Betriebsgesellschaft zur Nutzung.
Am 29.September 1983 beantragte die Klägerin, ausgehend von einem Begünstigungsvolumen von 331 440 DM und unter Berücksichtigung eines eigenen Vergleichsvolumens von 118 838 DM, eine Beschäftigungszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982) in Höhe von 21 260 DM. Am 26.September 1984 stellte die Klägerin den gleichen Antrag für das Jahr 1983. Ausgehend von einem Begünstigungsvolumen von 1 433 707 DM und einen Vergleichsvolumen von null DM beantragte sie eine Zulage von 143 371 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) wies die Anträge mit der Begründung zurück, daß nach § 4b Abs.6 InvZulG 1982 nicht die Klägerin, sondern die Betriebsgesellschaft (GmbH) zulage- und antragsberechtigt sei. Das FA bezog sich dabei auf Tz.6 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 11.Oktober 1982 (BStBl I 1982, 775) sowie auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Schleswig-Holstein vom 16.August 1984 II 206/84 (Betriebs-Berater --BB-- 1985, 254). Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Sie begründete sie unter Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 12.November 1985 II 202/84 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 356) damit, daß gemäß § 4b Abs.6 InvZulG 1982 die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter dem nutzenden Unternehmen lediglich "bei der Ermittlung des Begünstigungsvolumens und des Vergleichsvolumens" zugerechnet würden, daß aber die Zulageberechtigung und das Antragsrecht nach wie vor beim Investor verblieben.
Das FG gab der Klage statt und setzte die Investitionszulage antragsgemäß für die Streitjahre fest.
Dagegen wendet sich das FA mit der Revision.
Während des Revisionsverfahrens stellte sich heraus, daß die GmbH ebenfalls inhaltsgleiche Anträge gestellt hatte und daß ihr vom FA durch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide vom 9.März 1984 und 23.November 1984 die streitigen Zulagen ausgezahlt worden sind.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Wie von den Verfahrensbeteiligten richtig gesehen wird, geht es im vorliegenden Verfahren ausschließlich um die Frage, wem im Rahmen der sog. Konzernklausel nach § 4b Abs.6 InvZulG 1982 die materielle Anspruchsberechtigung und das formelle Antragsrecht zustehen, dem die Nutzung überlassenden oder dem nutzenden Unternehmen. Der Senat hat diese Frage in seinem Urteil vom 9.Dezember 1988 III R 27/86 (BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242) dahin entschieden, daß das nutzende und das zur Nutzung überlassende Unternehmen hinsichtlich der zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter die Zulage als Gesamtgläubiger beanspruchen können und daß demgemäß auch beide Unternehmen nebeneinander formell antragsberechtigt sind. Der Senat ist zu diesem Ergebnis aufgrund der widersprüchlichen gesetzlichen Vorschriften und aus der Erwägung heraus gekommen, daß diese gesetzliche Unzulänglichkeit den Beteiligten nicht zum Nachteil gereichen darf. Die Gesamtgläubigerschaft schließt aber notwendig aus, daß das FA die Zulage zweimal zahlen muß, wenn, aus welchen Gründen auch immer, beide Unternehmen für dieselben Investitionen die Zulage beanspruchen (vgl. § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--).
Dieser Fall liegt, wie sich während des Revisionsverfahrens herausgestellt hat, hier vor. Dem Umstand, daß die Bescheide vom 9.März 1984 und 23.November 1984 gegenüber der GmbH nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, kommt keine Bedeutung zu. Der Vorbehalt bezieht sich, wie sich aus dem Vortrag des FA im Zusammenhang erschließen läßt, ausschließlich auf die Art und Höhe der Investitionen.
Das Urteil des FG, das von diesem Sachverhalt keine Kenntnis hatte, erweist sich somit als unrichtig und war deshalb aufzuheben.
Der Senat durfte den maßgebenden Sachverhalt berücksichtigen, weil er aus den Akten, die dem Senat vorliegen, ersichtlich und zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62346 |
BFH/NV 1989, 12 |
BStBl II 1989, 245 |
BFHE 155, 447 |
BFHE 1989, 447 |
BB 1989, 1329-1329 (LT) |
DB 1989, 708 (KT) |
HFR 1989, 261 (LT) |