Leitsatz (amtlich)
Die in der ErstVOGetrReis (1964) geregelte Abschöpfungsfreiheit für im aktiven Veredelungsverkehr anfallende Nebenerzeugnisse und Abfälle ist mit dem Inkrafttreten der ErstVOGSEGF (1967) weggefallen, ohne daß es einer ausdrücklichen Aufhebung dieser Regelung bedurfte.
Normenkette
EWGV 19/62 Art. 19 Abs. 2, Art. 20 Abs. 2; EWGV 120/67 Art. 17, 33 Abs. 3; EWGV 360/67 Art. 5, 17 Abs. 1; DurchfG EWG Getr (1962) § 8; DurchfG EWG GRSEG § 5 Nr. 1; DurchfG EWG GRSEG § 10 Abs. 1; ErstVOGetrReis (1964) § 1 Abs. 5, § 4 Abs. 5; ErstVOGSEGF (1967) §§ 1, 10; ZG § 50 Abs. 2 S. 2 a. F
Tatbestand
Der Klägerin war vom Hauptzollamt (HZA) am 22. Juni 1966 ein nichtständiger Aktiver Veredelungsverkehr (akt. VV) mit Gelbmais der Tarifnr. 10.05 des Zolltarifs (ZT) zur Herstellung von Maisgrieß der Tarifnr. 11.02 in Form der Freigutveredelung bewilligt worden. Für den Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1967 forderte das Zollamt (ZA) mit Abrechnungszollbescheid vom 18. Januar 1968 Abschöpfung und Ausgleichsteuer für Nebenerzeugnisse und Abfälle, weil solche seit 1. Juli 1967 mit dem Inkrafttreten der Erstattungsverordnung Getreide, Schweinefleisch, Eier, Geflügelfleisch und Fette vom 26. Juli 1967 – ErstVOGSEGF – (Bundesanzeiger – BAnz – Nr. 139 vom 28. Juli 1967, Bundeszollblatt 1967 S. 1006 – BZBl 1967, 1006 –) nicht mehr abschöpfungsfrei und die Waren im Streitfalle erst nach dem 1. Juli 1967 gestellt worden seien.
Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch Teilurteil hinsichtlich des Abschöpfungsbetrags statt.
Das FG führte aus, daß die Erstattungsverordnung Getreide und Reis vom 24. November 1964 – ErstVOGetrReis – (BGBl I 1964, 917, BZBl 1965, 2), nach der die Nebenerzeugnisse abschöpfungsfrei waren, insoweit durch die ErstVOGSEGF nicht aufgehoben worden sei. Diese regle lediglich die durch die Verordnung (EWG) Nr. 120/67 – VO (EWG) 120/67 – und VO (EWG) 360/67 festgesetzten Barerstattungen, nicht aber die Erstattung im akt. VV. Aus Art. 17 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und Art. 5 der VO (EWG) 360/67 folge, daß der akt. VV für Mais zur Herstellung von Maisgrieß weiterhin zugelassen sei. § 10 ErstVOGSEGF enthalte lediglich eine Übergangsregelung für die Erstattung in Form der abschöpfungsfreien Einfuhr, nicht aber für die Erstattung im akt. VV. Offensichtlich sei selbst den beteiligten Verwaltungsbehörden bis in den Oktober 1967 hinein unklar gewesen, ob Nebenerzeugnisse weiterhin abschöpfungsfrei seien oder nicht. Denn der Bundesminister der Finanzen (BdF) habe erst mit Erlaß vom 16. Oktober 1967 die Zollstellen darauf aufmerksam gemacht, daß die §§ 1 Abs. 5 und 4 Abs. 4 ErstVOGetrReis durch die ErstVOGSEGF aufgehoben seien. Dies hätte, wäre es richtig, weitreichende und einschneidende Wirkungen für die Steuerpflichtigen gehabt, die auf eine Erstattung im akt. W gerechnet und darauf ihre kaufmännische Kalkulation aufgebaut hatten. An die Bestimmtheit solcher Vorschriften seien deshalb ähnlich scharfe Anforderungen wie an Verbotsnormen zu stellen (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 7. April 1964, Die Öffentliche Verwaltung 1964 S. 417 – DÖV 1964, 417 –).
Mit der Revision macht das HZA geltend, daß sich aus §§ 1 und 2 Abs. 1 ErstVOGSEGF klar und unmißverständlich ergebe, daß Erstattungen nur für die vom Rat oder von der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Getreide usw. festgesetzten Ausfuhrerstattungen, und zwar nur für aus dem freien Verkehr des Zollgebiets ausgeführte Waren gewährt werden. Durch Art. 33 der VO (EWG) 120/67 seien die VO (EWG) 19/62 und deren Durchführungsbestimmungen mit Ausnahme der VO (EWG) 3/63 und VO (EWG) 119/66 ab 1. Juli 1967 aufgehoben worden. Da die VO (EWG) 120/67 nur noch Barerstattungen vorsehe, könne auch die ErstVOGSEGF nur als eine Regelung für Barerstattungen verstanden werden. Art. 17 der VO (EWG) 360/67 spreche gegen die Ansicht des FG, daß die Erstattung in Form der Abschöpfungsfreiheit von im Rahmen eines akt. VV angefallen Nebenerzeugnissen durch die ErstVOGSEGF nicht ausgeschlossen sei. Denn danach werde derjenige, der eine Ware Im Rahmen eines akt. W ausführe, demjenigen gleichgestellt, der diese Ware mit Barerstattung ausführe. Dadurch habe sichergestellt werden sollen, daß die im Rahmen eines akt. W bei der Einfuhr des Grunderzeugnisses gewährte Abschöpfungsfreiheit nicht größer sein dürfe als die bei der Ausfuhr des Veredelungserzeugnisses zu gewährende Ausfuhrerstattung. Da im Falle der genehmigten abschöpfungsfreien Einfuhr des Grunderzeugnisses die Nebenerzeugnisse begrifflich abschöpfungsfrei bleiben, habe im Interesse gleicher Behandlung auch für die Erstattung im Rahmen eines akt. W wegen § 50 Abs. 2 Satz 2 ZG eine entsprechende Regelung getroffen werden müssen. Diese sei sachlich dadurch überholt, daß die neuen Vorschriften nur noch eine Barerstattung vorsehen.
Nachdem es neben dem akt. W im Rahmen der gemeinsamen Marktordnung für Getreide seit 1. Juli 1967 keine abschöpfungsfreie Einfuhr mehr gebe, könnten nur der akt. W und die Barerstattung miteinander verglichen werden. Bei dieser müsse das Unternehmen für die eingeführten Grundstoffe die volle Abschöpfung zahlen und bekomme eine Erstattung für die ausgeführten Fertigerzeugnisse nur nach Maßgabe des in ihnen enthaltenen Grundstoffanteils. Es müsse also im Ergebnis die Abschöpfung für die angefallenen, nicht ausgeführten Nebenerzeugnisse und Abfälle tragen. Die Fortgeltung des § 1 Abs. 4 und Abs. 5 ErstVOGetrReis könne nicht damit begründet werden, daß auf Grund von Art. 16 der VO (EWG) 120/67 Erstattungen in Form der abschöpfungsfreien Einfuhr wieder eingeführt werden könnten. Dies sei praktisch ausgeschlossen. Die abschöpfungsfreie Einfuhr sei eine Übergangsregelung gewesen, die nach Einführung des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft auf Grund einheitlicher Preise als systemfremd abgeschafft worden sei. Dies ergebe sich aus Art. 27 der VO (EWG) 120/67, der den W selbst unter den Vorbehalt eines möglichen Verbotes stelle. Die Erstattungen orientieren sich vorwiegend an der Überschußsituation auf den einzelnen Märkten der Gemeinschaft, nicht aber an der Einfuhr. Insofern sei schon der VV systemfremd, aber geduldet, erst recht die abschöpfungsfreie Einfuhr. Die Fortgeltung der genannten Bestimmungen der ErstVOGetrReis könne auch nicht aus dem Fehlen einer Übergangsregelung in der ErstVOGSEGF gefolgert werden, da darauf kein Rechtsanspruch bestehe. Eine solche sei nachträglich teilweise durch den BdF-Erlaß vom 25. Juni 1968 aus Billigkeitsgründen getroffen worden, die auch der Klägerin zugute gekommen sei.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß für die Auslegung der umstrittenen Vorschriften hinsichtlich des akt. W berücksichtigt werden müsse, daß daneben auch die Ausfuhr von Getreideerzeugnissen aus dem freien Verkehr des Inlands durch Erstattungen ermöglicht und gefördert werde. Da das deutsche Preisniveau für Getreide und Getreideerzeugnisse weit über dem internationalen Preisniveau liege und ausländisches Getreide bei der Einfuhr durch Abschöpfungen an das inländische Preisniveau herangeschleust werde, habe das Erstattungsrecht innerhalb der EWG für die Ausfuhr von Getreideerzeugnissen die Barerstattung und die abschöpfungsfreie Einfuhr von Getreide vorgesehen. Die Umrechnungssätze für das Verhältnis von Rohstoff zu Fertigerzeugnis seien hierzu in gleicher Höhe festgesetzt worden, wobei der auf die im Inland verbleibenden Nebenerzeugnissen entfallende Rohstoffanteil von der Abschöpfung frei geblieben und dadurch auf das Weltmarktpreisniveau herabgeschleust worden sei. Der daneben stehende akt. W sei zur Gleichstellung mit den Unternehmen, die eine Erstattung in Anspruch nehmen, nur in der Form der Freigutveredelung möglich gewesen. Da aber § 50 Abs. 2 Satz 2 ZG für Nebenerzeugnisse die Entstehung einer Zollschuld vorsehe, andererseits derselbe Umrechnungssatz wie im Erstattungsrecht gelten sollte, hätten die Nebenerzeugnisse von einer Abschöpfung freigestellt werden müssen. Nach Ablösung der VO (EWG) 19/62 durch die VO (EWG) 120/67 sei das Erstattungsrecht der VO (EWG) 19/62 im Grundsatz, insbesondere hinsichtlich der Berechnungsmethode, beibehalten worden. Der auf die Nebenerzeugnisse entfallende Rohstoffanteil sei wieder von der Erstattung ausgenommen worden, obgleich die Nebenerzeugnisse im Inland verblieben. Ab 1. Juli 1967 habe die Freigutveredelung bei gleichbleibenden Umrechnungssätzen nur konkurrieren können, wenn die Nebenerzeugnisse von der Abschöpfung freigestellt blieben. Da die Abschöpfung von dem Einfuhrgut und auch später bei der Gestellung des Ersatzgutes nicht erhoben werde und die Freigutveredelung insbesondere von finanzschwachen und mittleren Unternehmen in Anspruch genommen werde, sei deren Zulassung ein soziales Gebot im Sinne von Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Entgegen der Ansicht des HZA sei es nicht so offensichtlich gewesen, daß die Bestimmungen der ErstVOGSEGF eine ausdrückliche Aufhebung der ErstVOGetrReis entbehrlich machten. § 1 ErstVOGSEGF beschränke nicht den Anwendungsbereich auf die von den Gemeinschaftsorganen festgesetzten Erstattungen, sondern beziehe sich nur darauf und nicht auf den akt. VV. Dasselbe gelte für § 2 Abs. 1 ErstVOGSEGF Art. 33 der VO (EWG) 120/67 hebe nur die VO (EWG) 19/62 auf. Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der EWG (DurchfG EWG Getr) sei weiterhin in Kraft geblieben. Die VO (EWG) 120/67 sehe auch nicht nur die Barerstattung vor, sondern überlasse es in Art. 16 der Kommission, in welcher Form die Erstattung gewährt werde. Weder die VO (EWG) 120/67 noch die VO (EWG) 360/67 schlössen die Freistellung der Nebenerzeugnisse von einer Abschöpfung aus. Gerade die Gleichstellung des W mit der Erstattung erfordere aber weiterhin die Freistellung der Nebenerzeugnisse von der Abschöpfung.
Entscheidungsgründe
Im übrigen hat die Revision Erfolg.
Nach Auffassung des FG ist die in § 1 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 ErstVOGetrReis geregelte Abschöpfungsfreiheit für die im akt. VV anfallenden Nebenerzeugnisse und Abfälle nicht durch die am 1. Juli 1967 in Kraft getretene ErstVOGSEGF aufgehoben. Es trifft zu, daß die ErstVOGSEGF keine Bestimmung enthält, daß die ErstVOGSEGF das Erstattungsrecht nicht nur wie die ErstVOGetrReis für Getreide und Reis, sondern umfassender auch für die gemeinsamen Marktorganisationen für Schweinefleisch, Eier, Geflügelfleisch und Fette auf Grund des Durchführungsgesetzes EWG Getreide, Reis, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch (DurchfG EWG GRSEG) vom 16. Juni 1967 (BGBl I, 617, BZBl 1967, 1001) neu geregelt hat. Diese Neuregelung ergab sich aus der Ablösung der VO (BWG) 19/62 ff, zu den einzelnen Marktorganisationen durch die VO (EWG) 120/67 ff., nachdem insoweit ein gemeinsames Preis-System festgelegt worden war. Die hier in Betracht kommende, der ErstVOGetrReis zugrunde liegende VO (EWG) 19/62 war mit ihren Durchführungsbestimmungen – ausgenommen die VO (EWG) 3/63 und VO (EWG) 119/66 – am 1. Juli 1967 durch Art. 33 Abs. 3 der VO (EWG) 120/67 vom 13. Juni 1967 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1967 S. 2269 – ABlEG 1967, 2269 –, BZBl 1967, 962) aufgehoben worden. In dem auch zur VO (EWG) 120/67 erlassenen DurchfG EWG GRSEG wurde allerdings das zur VO (EWG) 19/62 ergangene DurchfG EWG Getr vom 26. Juli 1962 (BGBl I, 455, BZBl 1962, 643) nicht aufgehoben. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, sind noch in Art. 100 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) vom 24. Mai 1968 (BGBl I, 503) einige Vorschriften des DurchfG EWG Getr geändert worden. Dies kann jedoch nicht die Bedeutung haben, daß weiterhin die Vorschriften dieses DurchfG EWG Getr auch insoweit anzuwenden sind, als sie die Anwendung der bereits aufgehobenen VO (EWG) 19/62 in der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere der darin in Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 2 den Mitgliedstaaten überlassenen Erstattungsregelungen ermöglichen sollen. Denn insoweit ist das DurchfG EWG Getr gegenstandslos geworden. Die mit dem EGOWiG getroffenen Änderungen des DurchfG EWG Getr können allenfalls nur noch Bedeutung für begangene Ordnungswidrigkeiten haben, die im Zusammenhang mit der VO (EWG) 19/62 und deren Durchführungsbestimmungen stehen. Ähnliches hat auch für die Ablösung der zur VO (EWG) 19/62 ergangenen ErstVOGetrReis zu gelten, die das DurchfG EWG Getr zur unmittelbaren Grundlage hat. Obwohl weder dieses DurchfG noch die ErstVOGetrReis ausdrücklich aufgehoben wurden, ist ihre Grundlage, nämlich die VO (EWG) 19/62, und damit ihr Gegenstand von diesem Zeitpunkt an weggefallen. Dafür ist die ErstVOGSEGF auf Grund des § 5 Nr. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 DurchfG EWG GRSEG zur Regelung der Voraussetzungen, der Höhe und des Verfahrens bei den Ausfuhrerstattungen erlassen worden, soweit dies zur Durchführung – hier – der VO (EWG) 120/67 erforderlich war. Dadurch waren Erstattungsregelungen, die auf Grund der VO (EWG) 19/62 in Verbindung mit § 8 DurchfG EWG Getr (1962) und damit noch im Stadium der schrittweisen Errichtung der gemeinsamen Marktorganisation für Getreide erlassen worden waren, mit der Festlegung eines einheitlichen Getreidepreissystems gegenstandslos geworden (s. Präambel zur VO (EWG) 120/67 Abs. 3 und 4). Einer förmlichen gesetzlichen Aufhebung bedurfte es daher grundsätzlich nicht.
Der Wegfall der ErstVOGetrReis war auch für den Staatsbürger, der im Getreideaußenhandel tätig war und für die Inanspruchnahme von Erstattungen auf diesem Gebiet in Betracht kam, erkennbar und voraussehbar, wie dies vom BVerfG in den Entscheidungen in Bd. 9 S 137 [149]; Bd. 14 S. 245 [253] und vom 7. April 1964 (DÖV 1964, 417) gefordert wird. Die in § 1 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 ErstVOGetrReis vorgesehene Abschöpfungsfreiheit für Nebenerzeugnisse und Abfälle stellte eine Ausnahme von § 50 Abs. 2 Satz 2 ZG a. F. dar. Danach entstand bei der fristgerechten Gestellung von Ersatzgut im Rahmen der Freigutveredelung die Zollschuld für Nebenerzeugnisse und Abfälle, die bei der Veredelung der freigegebenen Waren entstanden wären. Die Ausnahmeregelung war getroffen worden, um die Erstattung im Rahmen des akt. W an die in der Übergangsbestimmung des Art. 3 der VO (EWG) 60/66 vom 7. Juni 1966 (ABlEG 1966, 1854) vorgesehene Erstattung in Form der Genehmigung der abschöpfungsfreien Einfuhr des Grunderzeugnisses anzupassen. In diesem Fall blieben nämlich die Nebenerzeugnisse und Abfälle abschöpfungsfrei. Diese Ausnahmeregelung konnte demnach schon nach ihrem Sinn und Zweck und ihrer Ausgestaltung nur für die Dauer der Übergangszeit und nur solange gelten, als die abschöpfungsfreie Einfuhr von Getreide zulässig und die Ausnahme von der gesetzlichen Regelung in § 50 Abs. 2 Satz 2 ZG a. F. sachlich gerechtfertigt war. Eine Gleichstellung mit der nach der VO (EWG) 120/67 tatsächlich nur noch vorgesehenen Barerstattung – die theoretische Möglichkeit einer etwa in späterer Zeit wieder eröffneten Möglichkeit der abschöpfungsfreien Einfuhr von Getreide muß in diesem Zusammenhang ausscheiden – rechtfertigt aber nicht die Befreiung der Nebenerzeugnisse und Abfälle von der Abschöpfung, weil sich die Barerstattung nach dem in dem ausgeführten Fertigerzeugnis enthaltenen Grundbestandteil errechnet, der Ausführer also die Abschöpfung für die angefallenen, nicht ausgeführten Nebenerzeugnisse und Abfälle selbst tragen muß. Auch der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, daß die Freigutveredelung besonders den finanzschwachen Unternehmen zugute komme, kann für sich die Beibehaltung der Abschöpfungsfreiheit der Nebenerzeugnisse und Abfälle nicht rechtfertigen. Denn es handelt sich um Auswirkungen die in einer das freie Unternehmertum bejahenden Wirtschaft hingenommen werden müssen (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 9 S. 137 [146] – BVerfGE 9, 137, [146] –).
Die am Getreideaußenhandel beteiligten Unternehmen mußten schon aus der Überleitung der bisherigen Marktorganisation und der damit verbundenen Ablösung von zahlreichen EWG-Verordnungen aus der Übergangszeit in eine grundlegende Neuordnung ersehen, daß damit auch die bisherigen Erstattungsregelungen in vollem Umfang durch die Neuregelung in der ErstVOGSEGF abgelöst wurden, auch wenn diese keine ausdrückliche Aufhebung der ErstVOGetrReis vorsah. Dies ergab sich auch aus § 1 ErstVOGSEGF. Danach wurden Ausfuhrerstattungen, die der Rat oder die Kommission festgesetzt hatte, gewährt, soweit nicht in Verordnungen des Rates oder der Kommission etwas anderes bestimmt war. Daneben war noch unter dem Vorbehalt des Art. 17 der VO (EWG) 120/67 der Akt. W auf Grund von Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 der VO (EWG) 360/67 (ABlEG 1967 Nr. 174, 13) mit dem gleichen Umrechnungsverhältnis wie unter der Geltung der ErstVOGetrReis zugelassen. Damit sollte aber lediglich sichergestellt werden, daß die bei der Einfuhr des Grunderzeugnisses im Rahmen des akt. W sich ergebende Abschöpfungsfreiheit nicht größer als die bei der Ausfuhr des veredelten Erzeugnisses zu gewährende Erstattung ist, daß also die Erstattung im Rahmen des akt. VV gleichgestellt wird mit der Barerstattung im Sinn des § 1 ErstVOGSEGF. Damit war eine abschließende Erstattungsregelung getroffen, die für jeden Beteiligten ersichtlich andere Formen der Erstattung und bisherige Ausnahmeregelungen ausschloß. Dafür spricht auch entgegen der Ansicht des FG die Übergangsregelung in § 10 ErstVOGSEGF, nach der die Erstattung in der Form der Zusage der abschöpfungsfreien Einfuhr auslief, an deren Regelung wiederum die Abschöpfungsfreiheit für die Nebenerzeugnisse und Abfälle im Rahmen der Freigutveredelung angepaßt worden war.
Eine ausdrückliche Aufhebung einer bestimmten Subventionsform mag angebracht sein, wenn diese in einem engeren, nicht im Zusammenhang mit einem komplexen Marktorganisationssystem stehenden Rahmen geregelt ist und sachliche Gründe für eine Weitergeltung gewisser Begünstigungstatbestände sprechen. Hier liegt es jedoch, wie oben ausgeführt wurde, nicht so. Außerdem wurde der einschlägige Getreidehandel offiziell durch die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im BAnz. Nr. 120 vom 1. Juli 1967 darauf hingewiesen, daß die Anwendung der ErstVOGetrReis mit Wirkung vom 1. Juli 1967 entfallen werde.
Fundstellen
Haufe-Index 514742 |
BFHE 1972, 156 |