Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsunfähigkeitsrente (abgekürzte Leibrente) statt Krankengeld; rückwirkender Austausch des sozialrechtlichen Rechtsgrundes
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen (hier: Krankengeld) erbracht und ist der Anspruch des Berechtigten auf diese infolge der Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente mit den Wirkungen entfallen, dass der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig ist (§ 103 Abs. 1 SGB X) und der Rentenanspruch des Berechtigten als erfüllt gilt (§ 107 Abs. 1 SGB X), unterliegt die Rente im Umfang dieser Erfüllungsfiktion als abgekürzte Leibrente mit ihrem Ertragsanteil der Einkommensteuer.
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a S. 4, § 11 Abs. 2, § 32b Abs. 1 Nr. 1b; EStDV § 55 Abs. 2; SGB X §§ 103, 107
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der 1943 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt von der Krankenkasse (KK) für den Zeitraum vom 11. Juli 1997 bis 23. Juni 1998 Krankengeld, und zwar "für 1997" 24 538 DM und für die Zeit vom 1. Januar bis 23. Juni 1998 24 941 DM. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erkannten ihm rückwirkend vom 4. Juni 1997 bzw. 1. August 1997 an Erwerbsunfähigkeitsrenten zu. Der Kläger bezog Rentenzahlungen für 1998 von der BfA in Höhe von 32 619 DM und von der VBL in Höhe von 14 057 DM sowie im Jahre 1998 Nachzahlungen für 1997 (BfA: 15 527 DM, VBL: 3 071 DM). Gemäß § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) erstattete die BfA im Jahre 1998 der KK Beträge für 1997 in Höhe von 14 811 DM und für 1998 in Höhe von 15 044 DM.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 erklärte der Kläger sowohl die Rentenzahlungen der BfA und der VBL für 1998 als auch die Nachzahlungen für 1997 als mit einem Ertragsanteil von 21 v.H. zu versteuernde Leibrenten. Er beantragte, bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) Krankengeld in Höhe von ./. 4 914 DM (24 941 DM ./. 14 811 DM ./. 15 044 DM) mit der Wirkung eines negativen Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) folgte dem nicht. Er erfasste ―zunächst― die Rentenzahlungen der BfA für 1998 in Höhe von 32 619 DM und die der VBL in Höhe von 14 057 DM jeweils mit einem Ertragsanteil von 21 v.H. als sonstige Einkünfte und berücksichtigte unter Hinweis auf R 185 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1998 als "andere Lohnersatzleistungen" Krankengeld in Höhe von 9 897 DM (in 1998 erhaltenes Krankengeld 24 941 DM mit Rente verrechnet ./. 15 043,91 DM). Mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 machte der Kläger geltend, dass die Anweisung in R 185 Abs. 4 EStR 1998 nicht dem Gesetz entspreche. Im Streitfall sei gemäß R 185 Abs. 3 EStR 1998 zu verfahren. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat das FA geänderte Einkommensteuerbescheide vom 19. Juni 2001 erlassen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte sich damit einverstanden erklärt, dass die Einkommensteuerbescheide für 1997 und 1998 wie folgt geändert wurden: In dem "nach § 174 AO 1977" geänderten Bescheid für 1997 wurden Leibrenten in Höhe von 14 811 DM (Einkünfte: 2 910 DM) und dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen in Höhe von 9 726 DM angesetzt. In dem gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Änderungsbescheid für das Streitjahr wurden folgende Rentenzahlungen als Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer angesetzt:
21 v.H. von 32 619 DM |
6 849 DM |
21 v.H. von 14 057 DM |
2 951 DM |
sowie zusätzlich 21 v.H. des Betrages von 3 787 DM als Leibrente, der sich wie folgt errechnet:
Rentennachzahlung BfA für 1997 |
15 527 DM |
abzüglich Erstattung BfA an die KK für 1997 |
14 811 DM 716 DM |
Rentennachzahlung VBL für 1997 |
3 071 DM |
Insgesamt |
3 787 DM |
21 v.H. von 3 787 DM = 794 DM (lt. Einkommensteuer-Bescheid "Ertragsanteil für mehrere Jahre"). Es wurden Leistungen in Höhe von 9 897 DM nach § 32b EStG in die Berechung des Steuersatzes einbezogen.
Mit der Klage begehrte der Kläger, den Einkommensteuerbescheid für 1998 dahin gehend abzuändern, dass der Gesamtbetrag der Rentennachzahlungen für 1997 von 18 598 DM (bisher 3 787 DM) mit dem Ertragsanteil von 21 v.H. der Besteuerung unterworfen wird und das Krankengeld in Höhe von ./. 4 914 DM (bisher 9 897 DM) berücksichtigt wird. Zur Begründung trug er vor: Für die Renteneinkünfte als Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) gelte das Zuflussprinzip (§ 11 Abs. 1 EStG). Dies bedeute, dass er im Jahr des Zuflusses, also im Streitjahr, die gesamten Rentennachzahlungen für 1997 zu versteuern habe. Beim Krankengeld handele es sich um steuerfreie Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 1 a EStG, die im Rahmen des Progressionsvorbehaltes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG zu berücksichtigen seien. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers würden Lohnersatzleistungen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und damit ebenfalls zu den Überschusseinkünften rechnen mit der Folge, dass auch insoweit das Zufluss- und Abflussprinzip gelte. Das Krankengeld für 1997 sei somit "im Jahr der Rückzahlung", also im Streitjahr, abzuziehen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage u.a. unter Bezugnahme auf das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Januar 1997 1 K 116/96 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 807) abgewiesen.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 19. Juni 2001 dahin zu ändern, dass der Gesamtbetrag der Rentennachzahlungen für 1997 von 18 598 DM (bisher: 3 787 DM) mit dem Ertragsanteil von 21 v.H. der Besteuerung unterworfen und das Krankengeld in Höhe von ./. 4 914 DM (bisher: 9 897 DM) berücksichtigt wird.
Das FA beantragt unter Hinweis auf die angefochtene Entscheidung des FG, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Das im Jahre 1998 von der KK gezahlte Krankengeld unterliegt infolge der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X insoweit als Leibrente mit ihrem Ertragsanteil der Einkommensteuer, als die BfA für 1998 eine Erstattung in Höhe von 15 044 DM geleistet hat. Zwar sind diese Bezüge dem Kläger von der KK als Krankengeld zugeflossen. Für die Besteuerung ist indes entscheidend, dass sie ihm auf der Rechtsgrundlage des mit der BfA bestehenden Rentenversicherungsverhältnisses als Erwerbsunfähigkeitsrente zustehen. Dieser ―endgültige― sozialversicherungsrechtliche Rechtsgrund ist maßgebend für die steuerliche Behandlung. Soweit die BfA der KK wegen der Zahlung von Krankengeld für das Jahr 1997 den Betrag von 14 811 DM erstattet hat, mindert dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht das im Jahre 1998 nach Maßgabe des § 32b EStG anzusetzende Krankengeld. Vielmehr steht aufgrund dieser Erstattung ―rückwirkend― fest, dass in deren Höhe Rechtsgrund für den Zufluss von Sozialleistungen im Jahre 1997 die dem Kläger zustehende Erwerbsunfähigkeitsrente ist; im Übrigen verbleibt es dabei, dass das im Jahre 1997 zugeflossene Krankengeld steuerlich diesem Veranlagungszeitraum zuzurechnen ist.
2. Sozialversicherungsrenten sind Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (Senatsurteil vom 8. März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551, unter 2. a). Solche Renten sind, wenn sie auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind oder zu einem früheren Zeitpunkt mit dem Tod des Versicherten enden, abgekürzte Leibrenten (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 4 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ―EStDV―). Die von dem Kläger bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrenten sind abgekürzte Leibrenten (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1990 X R 60/90, BFHE 162, 298, BStBl II 1991, 89; vom 22. Januar 1991 X R 97/89, BFHE 164, 304, BStBl II 1991, 686, m.w.N. der Rechtsprechung; R 167 Abs. 7 EStR 1998), deren Ertragsanteile nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 4 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV zu ermitteln sind. "Beginn der Rente" (Kopfleiste der Ertragswerttabelle § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG) ist der Eintritt des sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Versicherungsfalles (vgl. Senatsurteil in BFHE 164, 304, BStBl II 1991, 686, unter 3., zur Erwerbsunfähigkeitsrente). Dies ist vorliegend der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit am 4. Juni 1997 bzw. am 1. August 1997. Diese Renten enden spätestens mit dem Eintritt des Versicherungsfalls des Alters. Daher ist das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten zutreffend davon ausgegangen, dass der Ertragsanteil der Erwerbsunfähigkeitsrenten 21 v.H. beträgt.
3. Der Rechtsgrund für Ansprüche auf Versicherungsleistungen ergibt sich aus dem bei Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles bestehenden Versicherungsverhältnisses (vgl. Senatsurteil vom 5. September 2001 X R 40/98, BFHE 196, 286, BStBl II 2002, 6, unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundessozialgerichts ―BSG― vom 28. April 1981 3 RK 12/80, BSGE 51, 287, und vom 2. August 2000 B 4 RA 40/99 R, SozR 3-2600, § 100 Nr. 1). Dieser Rechtsgrund ist auch maßgebend für die Besteuerung. Nur auf diese Weise kann ―dem Konzept der Ertragsanteilsbesteuerung entsprechend― der steuerbare Ertragsanteil in der zutreffenden Höhe (oben 2.) von der nichtsteuerbaren zeitlich gestreckten Auszahlung bzw. Rückzahlung eigenen Vermögens getrennt und in dem Veranlagungszeitraum steuerlich erfasst werden, in dem er zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 EStG). Die vom Senat befürwortete Rechtsauffassung ermöglicht es ferner, ungeachtet der Modalitäten der Zahlung ―hier: durch einen vorleistenden Träger― einerseits an einen auf den Versicherungsfall bezogenen "Beginn der Rente" anzuknüpfen und für die gesamte Dauer des Rentenbezugs einen einzigen "Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil)" zu ermitteln, andererseits die Rechtswirkungen auch eines (ggf. negativen) Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG wirtschaftlich zutreffend demjenigen Veranlagungszeitraum zuzuordnen, in welchem dem Steuerpflichtigen die steuerbefreiten Sozialleistungen zugeflossen sind oder seine steuerliche Leistungsfähigkeit aufgrund einer Verausgabung durch ihn selbst (§ 11 Abs. 2 EStG) gemindert worden ist.
4. Dies vorausgesetzt ist Ausgangspunkt für die Bestimmung der steuerbaren Ertragsanteile der Nominalwert der Bezüge, die der Kläger aus den Versicherungsverhältnissen mit der BfA bzw. der VBL erhält. Hiernach sind unter Berücksichtigung des Zuflussprinzips (§ 11 Abs. 1 EStG) im Streitjahr 1998 als Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG anzusetzen:
Rentenbezüge BfA 1998 |
32 619,90 DM |
Rentenbezüge VBL |
14 057,64 DM |
Nachzahlungen BfA für 1997 15 527,16 DM |
|
Nachzahlungen VBL für 1997 3 071,64 DM |
|
Summe der Nachzahlungen |
18 598,80 DM |
Insgesamt |
65 276,34 DM |
Ausgehend von einem Ertragsanteil von 21 v.H. sind die nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbaren Einnahmen mithin in Höhe von 13 708 DM anzusetzen. Nach Abzug der ―gleichfalls unstrittigen― Werbungskosten in Höhe von 2 115 DM betragen die steuerbaren Einkünfte 11 593 DM (Ansatz im Steuerbescheid vom 19. Juni 2001: 8 479 DM).
5. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt daraus, dass die BfA Krankengeld an die KK "zurückgezahlt" hat, nicht die von ihm begehrte Rechtsfolge eines negativen Progressionsvorbehalts, wie er in R 185 Abs. 3 Satz 2 EStR 1998 vorgesehen ist. Dies erschließt sich bereits aufgrund der Erwägung, dass das Krankengeld, wie diese Verwaltungsanweisung offenkundig voraussetzt, nicht vom Kläger selbst zurückgezahlt wurde. Vielmehr hat eine Verrechnung zwischen zwei Leistungsträgern stattgefunden. Die Erstattung durch die BfA bewirkt, dass die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Sozialleistungen ihrem materiell-rechtlichen Rechtsgrund entsprechend (vorstehend 3.) zutreffend besteuert werden. Dies ist der Anwendungsbereich der Regelung in R 185 Abs. 4 EStR, die eine zutreffende Auslegung der § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a, § 11 EStG, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 enthält.
a) Leistungen aus einer Krankenversicherung und damit auch Krankengeld sind nach § 3 Nr. 1 a EStG steuerbefreit. Sie sind jedoch nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Soweit dem Kläger das Krankengeld auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften aus diesem Rechtsgrund endgültig zusteht, verbleibt es bei der Rechtsfolge des § 3 Nr. 1 a EStG im jeweiligen Jahr des Zuflusses.
b) Soweit die KK Krankengeld gezahlt hat und der Anspruch hierauf durch die Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrenten nachträglich entfallen ist, stehen dem Kläger die geleisteten Zahlungen endgültig aufgrund Sozialversicherungsrechts zu. Der "Austausch" des sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgrundes ―Erwerbsunfähigkeitsrente statt Krankengeld― wird betragsmäßig konkretisiert durch den Erstattungsanspruch, der im Falle einer zeitlichen Überschneidung zweier Leistungen dem vorleistenden Versicherungsträger auf der Rechtsgrundlage des § 103 SGB X zusteht. Ein typischer Anwendungsfall für einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X ist das im Streitfall gegebene Zusammentreffen von Krankengeld und Erwerbsunfähigkeitsrente (vgl. von Wulffen/Roos, SGB X, Kommentar, 4. Aufl. 2001, § 103 Rdnr. 16). In Höhe der Überzahlung durch die KK gilt der Anspruch des Klägers gegen die BfA als eigentliche Leistungsträgerin als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X). Mit dieser Erfüllungsfiktion hat sich der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtsklarheit und der Verwaltungsökonomie für eine unkomplizierte und im Rahmen des Sozialleistungsrechts einheitliche Form des internen Ausgleichs von Leistungsbewilligungen entschieden. Damit soll eine Rückabwicklung im Verhältnis zwischen vorleistendem Träger und Leistungsberechtigtem (hier: dem Kläger) sowie ein Nachholen der Leistung im Verhältnis zwischen leistungspflichtigem Träger und Leistungsberechtigtem vermieden werden (vgl. BSG-Urteil vom 29. April 1997 8 RKn 29/95, SozR 3-1300, § 107 Nr. 10, m.w.N.).
c) Dieser Fall ist nicht zu vergleichen mit der Rückzahlung von rechtsgrundlos erlangten Sozialleistungen durch den Steuerpflichtigen selbst; ein solcher Sachverhalt, in dem es anders als hier um die Rechtsfolgen einer den Kläger "entreichernden" Zahlung ging, lag dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Oktober 1995 I R 153/94 (BFHE 179, 262, BStBl II 1996, 201) zugrunde. Der BFH hat entschieden, dass sich die Rückzahlung steuerfreier Lohnersatzleistungen auf die Rechtsfolge des § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1990 erst im Veranlagungszeitraum des Abflusses auswirkt.
d) Der Ansatz eines negativen Betrags an Krankengeld im Streitjahr 1998 mit der Folge eines negativen Progressionsvorbehalts kommt hiernach nicht in Betracht. Denn die später verwirklichte Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 2 SGB X ändert nichts daran, dass der Zufluss des Krankengeldes beim Kläger bereits im Jahre 1997 stattgefunden hat und der "Austausch" der Rechtsgrundlage sich daher in diesem Veranlagungszeitraum nur insoweit auswirkt, als ein Teil des im Jahre 1997 zugeflossenen Krankengelds von 24 538 DM nunmehr im Umfang der Erstattung (14 811 DM) ―rückwirkend― als Erwerbsunfähigkeitsrente behandelt wird. Hinsichtlich der Differenz von 9 727 DM verbleibt es bei der steuerlichen Behandlung als Krankengeld.
e) Der Senat geht davon aus, dass dem Kläger das Krankengeld "für 1997" in diesem Leistungszeitraum und "für die Zeit vom 1. Januar bis 23. Juni 1998" im Jahre 1998 zugeflossen ist und dass diese Leistungen in der Aufstellung der Rentenbezüge enthalten sind, deren Höhe zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Es sind mithin im betragsmäßigen Umfang der Erstattung durch die BfA an die KK unter Berücksichtigung des Zuflussprinzips (§ 11 Abs. 1 EStG) die Folgerungen aus dem "Austausch" der sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgrundlage zu ziehen. Hiernach ist das im Streitjahr zugeflossene Krankengeld (24 941 DM) in Höhe von 15 044 DM als Erwerbsunfähigkeitsrente zu versteuern; der verbleibende Betrag von 9 897 DM ist ―wie im angefochtenen Bescheid bereits berücksichtigt― nach den für Lohnersatzleistungen geltenden Vorschriften (§ 3 Nr. 1 a, § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG) zu behandeln.
6. Das angefochtene Urteil entspricht diesen Grundsätzen. Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA wird in eigener Zuständigkeit prüfen, ob der Antrag des Klägers, den Gesamtbetrag der Rentennachzahlungen für 1997 in Höhe von 18 598 DM der Ertragsanteilsbesteuerung zu unterwerfen, als Zustimmung zur Änderung des Steuerbescheids zu werten ist.
Fundstellen
Haufe-Index 867620 |
BFH/NV 2003, 99 |
BStBl II 2003, 391 |
BFHE 199, 541 |
BFHE 2002, 541 |
BB 2002, 2654 |
DB 2003, 188 |
DStRE 2003, 143 |
HFR 2003, 352 |