Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Sind Hypothekenzinsen, die eine Grundstücksgemeinschaft an einen Gemeinschafter zahlt, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung zu rechnen?

 

Normenkette

EStG § 9 S. 1, § 20 Abs. 3, § 21/1/1, § 21/3

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige, eine aus zwei gleich beteiligten Miteigentümern bestehende Grundstücksgemeinschaft, hat einer Steuerberatungs-GmbH, die für sie die Erklärung zur einheitlichen Feststellung ihrer Einkünfte für 1959 erstellt hat, im Jahre 1960 hierfür 77 DM Honorar bezahlt und hat diesen Betrag als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt hat den Abzug nicht anerkannt.

Die Sprungberufung dagegen hatte Erfolg. Das Finanzgericht will zwar die Kosten für die Mitwirkung eines Steuerberaters bei der persönlichen Einkommensteuererklärung der beteiligten Miteigentümer zu den Aufwendungen der privaten Lebenshaltung der Beteiligten rechnen, nicht aber die Kosten für die Erstellung einer Erklärung, zur einheitlichen Feststellung von Einkünften einer Gemeinschaft. Diese seien ähnlich wie bei einer Handelsgesellschaft Werbungskosten der Gemeinschaft. Das Finanzgericht folgte dagegen nicht der Auffassung der Steuerpflichtigen hinsichtlich der streitigen Hypothekenzinsen von 176 DM, die für eine Hypothek gezahlt worden waren, die eine Miteigentümerin des Grundstücks erworben hatte. Das Finanzamt hatte diese Schuldzinsen erklärungsgemäß dieser Miteigentümerin in voller Höhe zugerechnet. Der Auffassung der Steuerpflichtigen, nur die Hälfte der Hypothekenzinsen gehöre zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die andere Hälfte dagegen zu den Einkünften der Miteigentümerin aus Kapitalvermögen, trat das Verwaltungsgericht nicht bei. Die Hypothekenzinsen hingen so eng mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zusammen, daß sie nach § 20 Abs. 3 EStG zu diesen gehörten und nicht Kapitaleinkünfte seien. Andererseits sei aber auch der Auffassung des Finanzamts im Berufungsverfahren nicht zu folgen, die Zinsen könnten die Einkünfte der Steuerpflichtigen überhaupt nicht mindern, da die Steuerpflichtige nicht ihr eigener Schuldner sein könne. Die Vereinbarung der an der Steuerpflichtigen Beteiligten sei steuerlich zu beachten. Danach seien die Hypothekenzinsen der beteiligten Hypothekengläubigerin erst zuzurechnen, nachdem zuvor der um die Hypothekenzinsen geminderte überschuß zu gleichen Teilen auf die Miteigentümer aufgeteilt sei.

Der Vorsteher des Finanzamts wendet sich mit seiner Rb. gegen die Behandlung der Steuerberatungskosten als Werbungskosten, die in Widerspruch stehe zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 166/60 U vom 16. Dezember 1960 (BStBl 1961 III S. 63, Slg. Bd. 72 S 169). Gegen die Verteilung des Verlustes auf die Beteiligten beständen keine Bedenken.

Die Steuerpflichtige rügt unrichtige Feststellung der Einkünfte. Soweit für die eine Miteigentümerin aus ihrer auf dem Grundstück eingetragenen Hypothek Zinsen auf ihren Anteil entfielen, seien diese nämlich nur zur Hälfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln; die auf den ihr nicht gehörenden Grundstücksanteil entfallende Zinshälfte gehöre dagegen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet. Der Antrag in der Anschlußbeschwerde der Steuerpflichtigen auf Zurechnung der Hälfte der Hypothekenzinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen kann gleichfalls keinen Erfolg haben.

Die Anerkennung der Steuerberatungskosten als Werbungskosten entspricht den Grundsätzen, die der Senat im Urteil VI 207/62 S vom 30. April 1965 (BStBl 1965 III S. 410) aufgestellt hat. Derartige Ausgaben sind Werbungskosten, wenn sie zur Ermittlung von Einkünften aufgewendet werden. Das ist in der Regel anzunehmen, wenn eine Grundstücksgemeinschaft sich zur Feststellung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Hilfe eines Steuerberaters bedient. Da in diesen Fällen außerhalb der Ermittlung und der Verteilung der Einkünfte liegende Fragen im allgemeinen nicht auftreten, braucht auch kein Teilbetrag für das Ausfüllen der Steuererklärung als nicht abzugsfähig ausgeschieden zu werden. Der Streitfall enthält keine Besonderheiten, die eine andere Beurteilung veranlassen könnten.

Der Senat tritt der Vorentscheidung auch hinsichtlich der Behandlung der Hypothekenzinsen bei. Der vom Finanzgericht einheitlich festgestellte Gesamtverlust des Grundstücks beträgt, wenn die Steuerberatungskosten als Werbungskosten abgezogen wurden, 2.805 DM. Die von der Gemeinschaft an die eine Miteigentümerin gezahlten Hypothekenzinsen wurden dabei voll als abzugsfähige Werbungskosten abgesetzt. Das Finanzgericht hat ohne Rechtsirrtum angenommen, daß nach § 20 Abs. 3 EStG diese Schuldzinsen wegen des engen Zusammenhangs mit den Mieteinkünften bei diesen steuerlich zu erfassen sind. Die Steuerpflichtige glaubt, daß dies nur in Höhe des Betrags geschehen könne, der ihrem Beteiligungsverhältnis an dem Haus entspreche. Sie will daher nur die Hälfte dieser Zinsen bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wissen; die andere Hälfte dieser Zinsen sieht sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Er tritt dem Finanzgericht bei, das diese Zinsen voll dem Anteil der Miteigentümerin zugerechnet hat, die gleichzeitig die Hypothekengläubigerin ist. Es ist dem Finanzgericht auch insoweit zu folgen, als es die von den Miteigentümern vereinbarte Aufteilung beachtet hat, daß nämlich der nach dem Abzug dieser Schuldzinsen sich ergebende Verlust auf beide Miteigentümer zu gleichen Teilen aufzuteilen und die Schuldzinsen erst dann bei der Empfängerin der Zinsen zum Ausgleich des auf sie treffenden Verlustes zu verwenden sind. Da die Vorentscheidung demnach nicht zu beanstanden ist, mußten die Rb. und die Anschlußbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411774

BStBl III 1965, 664

BFHE 1966, 456

BFHE 83, 456

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