Leitsatz (amtlich)
Hat das FA eine beantragte Sparprämie nach den Vorschriften des Spar-Prämiengesetzes gewährt, so ist durch den Antrag das Wahlrecht (§ 10 Abs. 4 EStG 1967) ausgeübt. Der Antrag wird nicht dadurch nachträglich unwirksam, daß der Sparer den Sparvertrag vor Ablauf der Festlegungsfrist auflöst und sich das Sparguthaben auszahlen läßt. Dies gilt auch dann, wenn der Sparer von der Gewährung der Prämie noch keine Kenntnis erlangt hatte.
Normenkette
EStG 1967 § 10 Abs. 4; SparPG 1967 § 3 Abs. 5, 6 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine vom FG zu dem Rechtsstreit beigeladene Ehefrau haben in der von ihnen beiden unterschriebenen gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1967, die der Kläger am 26. September 1968 beim Beklagten und Revisionskläger (FA) abgab, den Abzug von Bausparbeiträgen als Sonderausgaben in Höhe von rd. 7 000 DM beantragt. Am 23. Februar 1968 hatten die Eheleute bereits für einen am 3. November 1967 nach dem SparPG 1967 abgeschlossenen Ratensparvertrag der Ehefrau sowie für einen vor dem 8. Dezember 1966 geschlossenen Ratensparvertrag bei einer Bank Anträge auf Gewährung von Sparprämie gestellt. Diesen Anträgen hatte das FA durch Verfügung vom 16. September 1968 entsprochen, und zwar hinsichtlich des am 3. November 1967 abgeschlossenen Sparratenvertrages durch Gewährung einer Prämie von 17,60 DM. Bei Abgabe der Einkommensteuererklärung wurde der Kläger von dem zuständigen Sachbearbeiter des FA darauf hingewiesen, daß wegen des Kumulationsverbots die Bausparbeiträge nicht mehr als Sonderausgaben geltend gemacht werden könnten. Daraufhin veranlaßte die Ehefrau am 27. September 1968 die Rückbuchung der Prämie von 17,60 DM auf ein Konto des FA. Außerdem kündigte sie am 30. September 1968 den Sparvertrag; das Sparguthaben wurde am selben Tage an sie ausgezahlt. Bei der Zusammenveranlagung versagte das FA den beantragten Sonderausgabenabzug für die Bausparbeiträge.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg; das FG setzte die Einkommensteuer entsprechend herab. Es ging zwar davon aus, daß die Eheleute am 23. Februar 1968 vor Geltendmachung des Sonderausgabenabzugs einen Antrag auf Gewährung einer Sparprämie für einen nach dem 8. Dezember 1966 abgeschlossenen Sparvertrag (§ 10 Abs. 4 i. V. m. § 52 Abs. 11 Nr. 2 EStG 1967) gestellt und sich dabei nicht in einem zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtigenden Erklärungsirrtum befunden hätten. Es war jedoch der Auffassung, daß das FA sich auf § 10 Abs. 4 EStG 1967 nicht berufen könne, da diese Vorschrift den vorliegenden Sachverhalt nicht treffe. Denn der Kläger und seine Ehefrau hätten nicht nur, wie es in dem Urteil des BFH vom 10. November 1967 VI R 251/66 (BFHE 91, 31, BStBl II 1968, 199) als die Wirksamkeit einer ausgeübten Wahl nicht berührend angesehen worden sei, die gewährte Prämie zurückgezahlt, sondern sie hätten darüber hinaus im Einvernehmen mit der Bank den Ratensparvertrag in vollem Umfange rückgängig gemacht. Damit sei im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG die Voraussetzung für die Gewährung einer Prämie nach dem Spar-Prämiengesetz nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen. Mangele es danach an der Berechtigung für einen Spar-Prämienbezug, so könne ein gleichwohl gestellter Antrag nicht zum Nachteil des Antragstellers als Ausübung des Wahlrechts im Sinne des § 10 Abs. 4 EStG 1967 behandelt werden. Ein derartiger Antrag sei vielmehr rechtlich als von Anfang an gegenstandslos zu betrachten. Bei Geltendmachung des Sonderausgabenabzugs für die Bausparbeiträge hätten die Eheleute ihr Wahlrecht deshalb rechtswirksam noch nicht anderweitig ausgeübt gehabt.
Mit der Revision trägt das FA unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 18. August 1972 VI R 320/70 (BFHE 107, 335, BStBl II 1973, 90) insbesondere vor, die Eheleute hätten mit dem Antrag auf Gewährung der Sparprämie ihr Wahlrecht unwiderruflich ausgeübt. Denn dieser Antrag sei wirksam und habe durch die Auflösung des Sparvertrages nicht etwa seine Wirksamkeit verloren, weil der Ehefrau aufgrund des Antrags bereits eine Prämie gewährt worden sei.
Der Kläger geht mit dem Urteil des Senats VI R 320/70 ebenfalls davon aus, daß Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts die Stellung eines wirksamen Antrages ist. Er ist aber der Meinung, daß ein Wegfall der Voraussetzungen, der dem Antrag die Wirksamkeit nimmt und das Wahlrecht hinfällig macht, auch in seinem Falle gegeben sei. Er trägt dazu u. a. vor: Erst bei Einreichung der Einkommensteuererklärung sei ihm mündlich die Gewährung der Sparprämie mitgeteilt worden. Genau genommen sei dies erst nach erfolgter Einreichung geschehen. Da er weder vom FA noch von dem Bankinstitut eine Mitteilung über die Prämiengewährung vor Einreichung seiner Einkommensteuererklärung erhalten habe, habe das FA die Prämie auch noch nicht gewährt. Eine Gutschrift der Prämie auf dem Sparkonto der Ehefrau sei nicht erfolgt. Bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe ihm gegenüber habe es sich um eine interne Verwaltungsmaßnahme gehandelt. Die Abweichung im Sachverhalt gegenüber dem Fall des Urteils VI R 320/70 könne daher nicht zu einem abweichenden rechtlichen Ergebnis führen. Eine Gefahr, daß auf diese Weise eine ausgeübte Wahl noch nach Jahren hinfällig gemacht werden könnte, bestehe mit Rücksicht auf die gesetzlichen Antragsfristen nicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Dem FG ist darin zuzustimmen, daß das Wahlrecht nach § 10 Abs. 4 EStG 1967 zugunsten einer Sparprämie rechtswirksam mit dem Eingang des Prämienantrages beim FA rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei dem Kreditinstitut ausgeübt wird. Das ergibt sich aus den zur Auslegung des § 8 Abs. 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes i. d. F. vom 25. August 1960 (WoPG 1960) entwickelten Rechtsgrundsätzen (BFH-Urteil vom 18. August 1972 VI R 154/68, BFHE 107, 332, BStBl II 1973, 99), die auch bei der Anwendung des § 10 Abs. 4 EStG 1967 zu berücksichtigen sind (BFH-Urteil vom 25. Mai 1973 VI R 59/72, BFHE 109, 249, BStBl II 1973, 585).
Das FG befindet sich ferner in Ubereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, wenn es davon ausgeht, daß ein zunächst wirksam gestellter Antrag unwirksam wird, wenn vor der Gewährung der Prämie durch das FA eine gesetzliche Voraussetzung für die Bewilligung der Prämie wegfällt oder ein Tatbestand verwirklicht wird, der das FA zur Rückforderung einer bereits gewährten Prämie berechtigen würde (Urteil VI R 320/70). Der Senat hat diese Auslegung mit dem Hinweis begründet, das Gesetz gehe davon aus, daß der Antrag, durch den die Wahl ausgeübt werde, zur Gewährung der begehrten Vergünstigung führe. Sei die Gewährung der beantragten Vergünstigung rechtlich nicht mehr möglich, so entspreche es dem zu § 8 WoPG 1960 entwickelten Rechtsgedanken, die formell ausgeübte Wahl unbeachtet zu lassen und dem Berechtigten die Ausübung des Wahlrechts erneut zu gestatten, wenn die Voraussetzungen dafür noch gegeben seien. An diesen Grundsätzen hat der Senat auch im Urteil vom 29. November 1973 VI R 118/72 (BFHE 111, 201, BStBl II 1974, 216) festgehalten und ausgeführt, daß ein wirksamer Antrag, mit dem eine Ausübung des Wahlrechts verbunden wäre, dann nicht vorliege, wenn der Antrag sich nicht ausgewirkt und zu keiner Vergünstigung geführt hat. Hieran ist auch im Streitfall festzuhalten, in dem das FA die Prämie bereits am 16. September 1968 gewährt hatte. Die Bank hat sie am 27. September 1968 zwar zurückgebucht und der Sparvertrag wurde am 30. September 1968 durch Kündigung aufgelöst. Diese Maßnahmen der Eheleute konnten aber die Tatsache, daß der Antrag bereits zu einer Vergünstigung geführt hatte, nicht wieder beseitigen. Es trifft nicht zu, daß der Antrag sich etwa im Sinne der Rechtsprechung des Senats nicht ausgewirkt hätte. Denn tatsächlich ist auf Grund des wirksamen Antrags entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zunächst eine Sparprämie gewährt worden. Erst nachträglich ist mit der Auflösung des Ratensparvertrages durch den darin liegenden Verstoß gegen die gesetzlichen Festlegungsfristen ein Tatbestand verwirklicht worden, der das FA zur Rückforderung der bereits gewährten Prämie berechtigt hätte. Ein solcher Vorgang kann nicht dazu führen, daß der Antrag nachträglich und rückwirkend als unwirksam und das damit ausgeübte Wahlrecht als nicht ausgeübt angesehen werden. Wenn der gegenteiligen Auffassung der Vorinstanz gefolgt würde, so wäre damit der gesetzgeberische Zweck des Kumulationsverbotes, in einfacher Weise eine für alle Beteiligten eindeutige Ausübung des Wahlrechts vorzusehen, vereitelt. Denn der Sparer hätte es in der Hand, noch nach vielen Jahren, solange die Festlegungsfristen nicht abgelaufen sind, durch vorzeitige Kündigung eines Sparvertrages eine ausgeübte Wahl wieder rückgängig zu machen.
Es kommt auch nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Eheleute von der Überweisung der Prämie Kenntnis erlangt haben. Nach dem Spar-Prämiengesetz ist die Erteilung eines formellen Bescheides über die Gewährung der Prämie nicht vorgesehen. § 3 Abs. 5 SparPG 1967 schreibt lediglich vor, daß das FA dem Kreditinstitut die Höhe der Prämie mitteilt, wenn dem Antrag auf Gewährung der Prämie entsprochen wird, und daß das Kreditinstitut die Prämie dem Prämiensparer gesondert gutschreibt. Dies war im Streitfall geschehen, wie die von der Ehefrau des Klägers veranlaßte Rückbuchung erkennen läßt. Nur auf besonderen Antrag des Sparers wird nach § 3 Abs. 6 Satz 2 SparPG 1967 im Falle der ganzen oder teilweisen Ablehnung des Antrages ein förmlicher Bescheid durch das FA erteilt. Die Eheleute hatten hiernach auch bei Würdigung ihrer Einwendungen das Wahlrecht wirksam und unwiderruflich im Sinne der Gewährung einer Sparprämie ausgeübt.
Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage war abzuweisen, da die Bausparbeiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 71660 |
BStBl II 1976, 16 |
BFHE 1976, 130 |