Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält daran fest, daß die Unterhaltszuschüsse der Justizreferendare (Gerichtsreferendare, Rechtsreferendare) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind.
2. Der Senat hält die Unterscheidung zwischen Ausbildungskosten und als Werbungskosten anzuerkennenden Fortbildungskosten aufrecht.
2. Für den Justizreferendar bleibt es dabei, a) daß die Kosten der Dr.-Prüfung, auch wenn diese erst nach Eintritt in das Berufsleben abgelegt wird, als letzter Akt einer akademischen Ausbildung nicht abzugsfähige Ausbildungsaufwendungen sind, b) daß dagegen die Aufwendungen für ein Repetitorium abzugsfähige Fortbildungskosten sind.
Normenkette
EStG 1967 §§ 19, 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 12 Nr. 1; LStDV § 1 Abs. 2-3, § 2 Abs. 1-2
Tatbestand
Der Kläger, jetzt Rechtsanwalt, war im Jahr 1967 als Gerichtsreferendar tätig. Er wandte in diesem Jahr für ein der Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen dienendes Repetitorium 315 DM auf und zahlte an Promotionskosten 352,30 DM.
Seinen Antrag, diese Beträge bei der steuerlichen Erfassung des Unterhaltszuschusses als Werbungskosten abzuziehen, lehnte das FA ab. In der Einspruchsentscheidung führte es aus: Entgegen der Entscheidung des BFH VI 72/65 vom 25. November 1966 (BFH 88, 162, BStBl III 1967, 340) seien die Ausgaben für die zweite Staatsprüfung als Ausbildungskosten anzusehen; denn der Kläger habe als Berufsziel die Erlangung der Richterbefähigung angesehen. Zudem stünden die Empfänger von Unterhaltszuschüssen nicht in einem echten Arbeitsverhältnis; andernfalls wäre es nicht erforderlich gewesen, die Zuschüsse außerhalb des § 2 Abs. 2 Nr. 1 LStDV im Abschn. 1 Nr. 5 LStR besonders aufzuführen. Die Promotionskosten seien nach der BFH-Entscheidung VI R 88/66 vom 7. August 1967 (BFH 90, 26, BStBl III 1967, 777) nicht absetzbar.
Das FG erkannte in beiden Punkten entgegengesetzt der Rechtsprechung des BFH dahin, daß die Repetitorkosten nicht abgesetzt werden könnten, wohl aber die Kosten der Doktorarbeit. Das FG, so wird in der Begründung ausgeführt, verkenne nicht, daß der BFH mit seiner Rechtsprechung zu den Repetitorkosten eine grobe Unbilligkeit habe beseitigen wollen. Doch habe dies nicht ohne Verstoß gegen das anzuwendende Recht geschehen können, sofern man an der Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten festhalte. Das FG vermöge sich der auf tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellung des BFH, daß auch Juristen oft schon als Referendar in das Wirtschaftsleben einträten, nicht anzuschließen. Andererseits sei dem Kläger darin zuzustimmen, daß er mittels der Dissertation seine allgemeinen rechtswissenschaftlichen Kenntnisse, die er durch die Ausbildung erworben habe und mit denen er eine juristische Tätigkeit hätte ausüben können, fortgebildet habe. Die Kosten fielen auch nicht unter § 12 Nr. 1 EStG. Es sei gerichtsbekannt, daß ein promovierter Jurist beim Publikum ein höheres Ansehen und Vertrauen genieße; deshalb werde sich ein Rechtssuchender bei der Wahl zwischen einem promovierten Anwalt und einem solchen ohne Doktortitel in der Regel für den ersten entscheiden. Es spreche nichts dafür, daß der Kläger den Doktortitel aus Eitelkeit erworben habe. Falls die Rechtsprechung des BFH so zu verstehen sei, daß Promotionskosten ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht anerkannt werden dürften, so vermöge das FG ihr nicht zu folgen.
Abschließend bemerkte das FG, ein Richter, dessen Stimme den Ausschlag gegeben habe, habe für die Anerkennung der Promotionskosten gestimmt, weil er vorher bei den Repetitorkosten in der Abstimmung unterlegen sei; der Richter sei der Auffassung, daß sich die Mehrheit des FG-Senates, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, für den Abzug von Werbungskosten in Höhe von rd. 300 DM entschieden habe.
Das FG ließ gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zu. Beide Beteiligten legten in gesetzlicher Frist Revision ein.
Das FA macht mit der Revision geltend, das Urteil weiche hinsichtlich der Promotionskosten von der Entscheidung des BFH VI R 63/67 vom 7. August 1967 (BFH 90, 34, BStBl III 1967, 779) ab und beruhe auf dieser Abweichung. Es bestehe daher eine Divergenz im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
Der Kläger rügt Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Nr. 1 EStG 1967. Das FG irre, wenn es die Repetitorkosten zum Lebenshaltungsaufwand rechne. Im übrigen ergebe sich aus den Entscheidungsgründen, daß die Mehrheit des FG für die Anerkennung dieser Aufwendungen als Werbungskosten gestimmt habe, was § 52 Abs. 1 FGO, § 196 Abs. 1 GVG zuwider im Urteilstenor nicht zum Ausdruck komme.
Bezüglich der Revision des FA beantragt der Kläger, sie als unzulässig zu verwerfen, weil die verletzte Rechtsnorm nicht bezeichnet sei. Das FA meint demgegenüber, daß es durch die Rüge der Abweichung vom BFH-Urteil VI R 63/67 (a. a. O.) zugleich die in dieser BFH-Entscheidung behandelten § 9 Satz 1 und § 12 Nr. 1 EStG 1965 als verletzt beanstandet habe.
In der Sache stimmt das FA nunmehr dem Kläger darin bei, daß die 315 DM für den Repetitor als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Dagegen hält es daran fest, daß die Promotionskosten als Lebenshaltungskosten im Sinne des § 12 EStG steuerlich nicht abzugsfähig sind.
Die Prüfung der Revisionen ergibt folgendes.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
I.
Die Revision des FA ist nicht unzulässig. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß nach § 120 Abs. 2 FGO die durch das FG-Urteil verletzte Rechtsnorm in der Begründung "bezeichnet" sein muß. In der Tat ist vom FA die angeblich verletzte Rechtsnorm zunächst nicht ausdrücklich bezeichnet worden; als dies durch die Benennung von § 9 Satz 1 und § 12 Nr. 1 EStG 1965 im Schriftsatz vom 23. November 1970 geschah, war die Begründungsfrist längst abgelaufen. Eine solche ziffernmäßige Benennung der verletzten Rechtsnorm verlangt § 120 Abs. 2 FGO jedoch nicht. Nach der Entscheidung des BFH III R 32/70 vom 18. Dezember 1970 (BFH 101, 349, BStBl II 1971, 329) ist dem Erfordernis der Revisionsbegründung genügt, wenn sich die sachliche Bezogenheit auch ohne Benennung einzelner Gesetzesparagraphen usw. eindeutig aus der Revisionsbegründung ergibt, besonders wenn es sich mehr um Rechtsgrundsätze als um einzelne Vorschriften handelt. Das trifft hier zu. Denn dadurch, daß das FA auf den Gegensatz zwischen FG-Urteil und BFH-Entscheidung VI R 63/67 vom 7. August 1967 (a. a. O.) hinweist, rügt es inhaltlich die Verletzung der §§ 9 und 12 Nr. 1 EStG, auf die das damalige BFH-Urteil sich gerade gestützt hatte.
II.
Der Kläger kann aus dem in den Urteilsgründen mitgeteilten Vorgang der Beratung nichts zu seinen Gunsten herleiten. Wenn er meint, es habe in der Streitfrage der Repetitorkosten zu seinen Gunsten eine Mehrheit bestanden, so geht er dabei von einem Irrtum über den Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren aus. Nach dem Beschluß des BFH Gr. S. 1/66 vom 17. Juli 1967 (BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344) ist Streitgegenstand nicht etwa das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Berechtigung der Steuerfestsetzung des FA als solche, die auf zahlreichen Einzelkomponenten beruht. Insgesamt gesehen hatte der betreffende Richter die Entscheidung des FG gebilligt, wenn auch seine Vorstellung über die Begründung von der Mehrheit abwich. Man fragt sich allerdings zwelchem Zweck die Preisgabe einer solchen internen Meinungsverschiedenheit, wie sie in einem Richterkollegium jederzeit auftreten kann, eigentlich dienen soll.
III.
In der Sache selbst geben die Ausführungen des FG und der Beteiligten dem Senat keinen Anlaß, in den zu entscheidenden Punkten eine Änderung der Rechtsprechung eintreten zu lassen.
Das gilt zunächst hinsichtlich der Zweifel, die das FA in der Einspruchsentscheidung äußert, ob nämlich die Unterhaltszuschüsse der Referendare Einnahmen aus einem "echten" Dienstverhältnis seien. Bei der Frage, ob der Referendar einkommensteuerlich als Arbeitnehmer und als Empfänger von Arbeitslohn zu gelten hat, kommt es nicht auf die Lage in anderen Rechtsgebieten, etwa des Arbeitsrechts oder des Sozialversicherungsrechts, sondern allein auf die steuerlichen Gesichtspunkte an, wie sie in den § 19 EStG und diesen zutreffend auslegenden § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 1 LStDV zum Ausdruck gebracht sind (BFH-Entscheidung VI 158/65 vom 29. September 1967, BFH 90, 289, BStBl II 1968, 84). Daß für andere Rechtsgebiete andere Begriffsbestimmungen des Arbeitnehmers und des Arbeitslohns gelten können, hängt damit zusammen, daß die verschiedenen Gesetze zum Teil verschiedenen rechtspolitischen Zwecken dienen. Für den Bereich des Steuerrechts sind die Gerichtsreferendare nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Arbeitnehmer und ihre Unterhaltszuschüsse als Arbeitslohn anzusehen (BFH-Urteil IV 276/52 U vom 1. Juli 1954, BFH 60, 36, BStBl III 1955, 14). Wesentlich ist, daß der Referendar, der aus seinem Universitätsstudium eine gewisse Summe von Kenntnissen mitbringt, zur praktischen Verwertung und Weiterbildung dieser Kenntnisse die ihm aufgetragene Fertigung von Entwürfen und Gutachten und die Erledigung von Aufträgen bei Gerichten oder anderen Stellen auszuführen sowie an Sitzungen, Beratungen, Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen hat. Durch diese Weisungsgebundenheit bis in die Einzelheiten seiner Beschäftigung ist der Referendar in der Betätigung seines geschäftlichen Willens der Leitung der für seine Ausbildung zuständigen Behörde unterstellt und damit zugleich dem geschäftlichen Organismus dieses Arbeitgebers eingegliedert (§ 1 Abs. 3 LStDV).
Für die von ihm erwartete Erfüllung seiner Pflichten bezieht der Referendar die als Unterhaltszuschüsse bezeichneten Einnahmen. Sie sind daher Arbeitslohn im Sinne des § 19 EStG. Die Bezeichnung der Bezüge als "Unterhaltszuschuß" ist dabei angesichts der dargelegten steuerlichen Rechtslage ohne Bedeutung (siehe auch § 2 Abs. 1 Satz 3 LStDV). Desgleichen läßt es die Feststellung der Unterhaltszuschüsse als Arbeitslohn unberührt, daß für den Referendar mit seiner Beschäftigung im Rahmen des behördlichen Dienstbetriebes durch Einschaltung in die gerichtliche und andere Praxis zugleich eine juristische Weiterbildung mit dem Ziel des Bestehens der zweiten Staatsprüfung verbunden ist. Denn jeder, der unter Verwertung seines erworbenen Wissens tätig wird, lernt durch die mit der Ausübung der Tätigkeit verbundene Erfahrung Neues hinzu und sucht seine Kenntnisse auch in anderer Form zu verbreitern und zu vertiefen. Die Art seiner Einnahmen und die Einordnung dieser Einnahmen in die verschiedenen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 EStG) ändern sich dadurch nicht.
Wenn das FA in der Einspruchsentscheidung meint, zur Begründung einer Steuerpflicht der Unterhaltszuschüsse sei "erforderlich gewesen ..., diese Zuschüsse in Abschn. 2 Abs. 1 Nr. 5 LStR besonders aufzuführen", so wird die Bedeutung von Verwaltungsrichtlinien verkannt. Verwaltungsrichtlinien setzen kein Recht; vielmehr werden durch sie den FÄ eben nur "Richtlinien" gegeben, wie in Einzelfällen der Praxis verfahren werden soll. Die Rechtsgrundlage für die Entscheidung bilden das Gesetz und gesetzlich zustande gekommene Verordnungen.
Sind aber die Unterhaltszuschüsse der Referendare Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG, dann besteht im Grundsatz die Möglichkeit, daß diesen Einnahmen Werbungskosten gegenüberstehen. Damit ergibt sich die im Einzelfall oft nicht einfach zu beantwortende Frage, ob der betreffende Aufwand zu den sog. Ausbildungskosten (= nicht abzugsfähige Lebensführungskosten gemäß § 12 Nr. 1 EStG) gehört oder ob er als Kosten der Fortbildung unter die Werbungskosten nach § 9 EStG fällt.
Grundsätzlich gehört der Erwerb der für die Teilnahme am Berufsleben notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Lebensführung. Die diesem Zweck, nämlich der Schaffung der beruflichen Grundlage, dienenden Ausbildungskosten stehen noch mit keiner beruflichen Tätigkeit und hieraus entspringenden Einnahmen in Zusammenhang und sind demgemäß nicht abzugsfähig, und zwar auch dann nicht, wenn ein bereits im Beruf stehender Steuerpflichtiger sie aufwendet, um unter Übergang zu einer anderen Berufsart seine Lebensstellung insgesamt zu heben. Dagegen sind Kosten der beruflichen Weiterbildung, die dazu dient, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, wegen ihres Zusammenhangs mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den sich hieraus ergebenden Einnahmen Werbungskosten. Unter Hinweis auf die Schwierigkeit der Abgrenzung hat der BFH wiederholt ausgesprochen, daß der Begriff "Fortbildungskosten" gegenüber dem Begriff "Ausbildungskosten" nicht zu eng gefaßt und daß auch der Begriff "Berufswechsel" wegen des allgemeinen Interesses an der öffentlichen Förderung beruflichen Strebens nicht zu eng ausgelegt werden dürfe (BFH-Entscheidung VI 94/64 vom 9. April 1965, HFR 1965, 507 mit weiteren Verweisungen). Jedoch kann die Unterscheidung zwischen Ausbildungskosten und Fortbildungskosten als solche nicht aufgegeben werden. Von ihr geht auch der neue § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 aus, wann er für Ausbildungsaufwendungen in einem beschränkten Umfang einen Sonderausgabenabzug zuläßt.
In der Beurteilung der Aufwendungen für ein Universitätsstudium ist die Rechtsprechung des BFH zunächst nicht einheitlich gewesen. In dem BFH-Urteil VI 175/65 vom 25. November 1966 (BFH 87, 473, BStBl III 1967, 200) wurden bei einem "Industrieingenieur", der als Motorenschlosser einen Fernkurs als Kraftfahrzeugingenieur mit Erfolg abgeschlossen und dann nach Ablegung eines Sonderabiturs das akademische Studium an einer Technischen Hochschule aufgenommen hatte, die Studienkosten als Fortbildungskosten im ausgeübten Beruf und damit als Werbungskosten anerkannt. Demgegenüber hat der BFH in der Entscheidung IV 266/66 vom 16. März 1967 (BFH 89, 511, BStBl III 1967, 723) nach grundsätzlicher Überprüfung der Frage und unter eingehender Begründung ausgesprochen, daß Kosten eines Hochschulstudiums stets nicht abzugsfähige Kosten der Berufsausbildung sind, "mag es erstmaliges oder ergänzendes" Hochschulstudium sein und "mag es zur Berufsausbildung erforderlich sein oder nicht". Die Entscheidung ist, wie sich aus ihr ergibt, im Einverständnis mit dem jetzt erkennenden Senat ergangen.
Auf diesen Grundsätzen fußend hat der Senat in den Urteilen VI R 88/66 vom 7. August 1967 (a. a. O.), VI R 297/66 vom 7. August 1967 (BFH 90, 29, BStBl III 1967, 789) und VI R 63/67 (a. a. O.) die Kosten zur Erlangung der Doktorwürde ebenfalls nicht als Werbungskosten anerkannt. Der Senat sah in der Promotion ganz allgemein den letzten Akt der akademischen Ausbildung, und dies aus Gründen der Gleichbehandlung auch dann, wenn sie nachgeholt wird, nachdem der Steuerpflichtige bereits in das Berufsleben eingetreten ist. Wie die Kosten für den Universitätsbesuch und das das Studium abschließende Examen selbst grundsätzlich nicht als Werbungskosten anerkannt werden können, sind auch die Kosten für den Hochschulbesuch zwecks Erlangung der Doktorwürde und für das Examen selbst nicht als Werbungskosten anzuerkennen. In diesem Sinne hatte bereits der IV. Senat in dem Urteil IV R 266/66 (a. a. O.) entschieden. Die gegen die BFH-Entscheidungen IV R 266/66 und VI R 88/66 (a. a. O.) eingelegten Verfassungsbeschwerden hatten keinen Erfolg (s. die Beschlüsse des BVerfG 1 BvR 660/67 vom 8. Januar 1968, DB 1968, 331, und 1 BvR 5/69 vom 31. März 1969, HFR 1969, 513).
Eine gänzlich andere Rechtslage ergibt sich bei den Aufwendungen eines Gerichtsreferendars für die zweite juristische Staatsprüfung. Für diese Aufwendungen hat der Senat im Urteil VI 72/65 (a. a. O.) die Werbungskosteneigenschaft bejaht. Er verwies auf den Wandel der Verhältnisse (§ 1 Abs. 2 StAnpG), der in den Jahren der wirtschaftlichen Hochkonjunktur infolge Mangels an akademischem Nachwuchs eingetreten sei, und hielt es für entscheidend, daß Juristen nunmehr oft schon als Referendare in das Wirtschaftsleben einträten, ähnlich den Akademikern verwandter Sparten, wie Diplomvolkswirten, Diplomkaufleuten und Betriebswirten, die im Anschluß an das akademische Studium keine weitere vorgeschriebene Ausbildung zu durchlaufen brauchten. Wenn der Senat dann weiter ausführte, daß diese Gruppen nach Eintritt in das Berufsleben ihre Ausgaben für ihre Kenntnisse erweiternde Bildung und Prüfung wegen des Zusammenhangs mit dem ausgeübten Beruf als Werbungskosten abziehen könnten und deshalb rechtlich kein Anlaß bestehe, den Referendaren in ihrer Ausbildungszeit die gleiche steuerliche Möglichkeit grundsätzlich abzuschneiden, so beruht das auf der Auffassung, daß der Referendar, auch wenn er sich noch in "Ausbildung" befindet, doch bereits eine einschlägige Tätigkeit ausübt, die zu entsprechenden Einnahmen führt.
Der Senat hält an dieser Auffassung fest. Die Meinung des FG, der BFH habe mit dem Urteil VI 72/65 (a. a. O.) zwar eine grobe Unbilligkeit beseitigen wollen, aber gegen das geltende Recht verstoßen, ist irrig. Der BFH hat keine Billigkeitsentscheidung getroffen. Die Entscheidung beruht vielmehr auf dem Erstreben einer klaren Gleichbehandlung, wie sie für das Steuerrecht von besonderer Bedeutung ist. Für die juristischen Referendare ist ebenso wie für die erwähnten "verwandten" Sparten - aber auch etwa wie für Studienreferendare - mit der erfolgreichen Beendigung des Universitätsstudiums ein bestimmter Wissensstand erreicht, der sie, ohne Rücksicht darauf, welches weitere spezielle Berufsziel sie sich gesteckt haben, in die Lage versetzt, eine Tätigkeit auszuüben, bei der sie die gewonnenen Kenntnisse wirtschaftlich verwerten. Üben sie eine solche Tätigkeit aus, so fallen bei ihnen entsprechende Einkünfte im Sinne des EStG an. Den Einkünften stehen notwendig Betriebsausgaben oder Werbungskosten gegenüber, insbesondere auch solche, die der Weiterbildung auf dem Fachgebiet dienen, das die Grundlage ihrer Tätigkeit bildet. Es ist kein einleuchtender Grund dafür zu finden, daß von dieser Befugnis der Absetzung von Ausgaben für die fachliche Weiterbildung allein jene Gerichtsreferendare ausgeschlossen sein sollen, die sich über den Weg einer zweiten Staatsprüfung um die Erreichung der Richterbefähigung bemühen. Die gegenteilige Auffassung würde z. B. bei Aufgabe dieser Absicht zu dem absurden Ergebnis führen, daß die Ausgaben, würde die Referendartätigkeit abgebrochen, nachträglich die Eigenschaft von Werbungskosten erlangen könnten. Auf jeden Fall wird durch das Urteil VI 72/65 (a. a. O.) erreicht, daß für die Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten nunmehr einheitlich ein klarer Abgrenzungszeitpunkt gefunden ist.
IV.
Als Ergebnis ist danach festzustellen: Die Revision des Klägers hat insoweit Erfolg, als ihm entgegen dem FG-Urteil die Kosten von 315 DM für das Repetitorium als Werbungskosten anzuerkennen sind. Die Revision des FA hat Erfolg, weil das FG dem Kläger die 353 DM Promotionskosten zu Unrecht als Werbungskosten anerkannt hat.
Das Urteil des FG ist daher aufgrund beider Revisionen aufzuheben. Der Senat ist gemäß § 126 Abs. 3 FGO in der Lage durchzuentscheiden. Abweichend vom FG-Urteil ist der nach der Veranlagung zu versteuernde Einkommensbetrag von 23 426 DM nur um 315 DM zu kürzen. Die Steuer aus den sich ergebenden 23 111 DM beträgt nach der Splitting-Tabelle und unter Berücksichtigung der Berlin-Präferenz 2 757 DM.
Die Kosten der Beteiligten werden gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO gegeneinander aufgehoben.
Fundstellen
Haufe-Index 413080 |
BStBl II 1972, 251 |
BFHE 1972, 197 |