Leitsatz (amtlich)
Leisten ausländische Muttergesellschaften in ausländischer Währung zusätzliche Zahlungen an Arbeitnehmer, die auf Zeit zur Dienstleistung an ihre inländische Tochtergesellschaft abgeordnet wurden und von diesen auch entlohnt werden, so liegen nicht ohne weiteres verdeckte Einlagen der Muttergesellschaften an die inländische Tochtergesellschaft vor.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist bei den Körperschaftsteuerveranlagungen 1973 bis 1975, ob Zahlungen, die die Gesellschafter (ausländische Muttergesellschaften) einer inländischen GmbH für Familienvergütungen, Boni und Ergänzungszahlungen an die zur GmbH abgeordneten Arbeitnehmer im Ausland geleistet haben, bei der GmbH vom Gewinn abgezogen werden dürfen.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde im Jahre 1972 gegründet. Das Stammkapital wird von zwei japanischen Muttergesellschaften gehalten. Die Klägerin bezieht Waren von beiden Muttergesellschaften.
Die Klägerin beschäftigte neben einer größeren Anzahl deutscher Arbeitnehmer mehrere von den Muttergesellschaften (Gesellschaftern) entsandte japanische Arbeitnehmer, und zwar in den Streitjahren die beiden Geschäftsführer, den Prokuristen und seinen Assistenten, und ab 1975 auch den Leiter einer Fertigungsabteilung. Außerdem waren noch zwei bis drei japanische Techniker tätig. Diese Personen wurden von den Muttergesellschaften aus dem Kreise ihrer Belegschaften auf Zeit zur Klägerin abgeordnet. Schriftliche Arbeitsverträge zwischen diesen Arbeitnehmern und der Klägerin bestanden nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht. Die Vergütungen bestimmten sich nach dem Tarifwerk, welches zwischen den japanischen Muttergesellschaften und den dortigen Gewerkschaften ausgehandelt worden ist. Das Grundgehalt der außerhalb Japans tätigen Arbeitnehmer war bis zu 30 v. H. höher als das Grundgehalt in Japan. Wenn die Familie in Japan zurückblieb, wurde eine Familientrennungszuwendung in Yen gezahlt. Gleiches galt für den sog. Bonus. Die Höhe der Boni wurde halbjährlich mit der japanischen Gewerkschaft tarifvertraglich festgesetzt. Soweit die Gehälter nach den Tarifverträgen der Muttergesellschaften nicht in Yen gezahlt werden sollten, leistete die Klägerin die Zahlungen an die bei ihr beschäftigten Japaner und nahm insoweit auch den Lohnsteuerabzug vor. Die Zahlungen behandelte sie als Betriebsausgaben. Die in Japan in Yen zu zahlenden Gehaltsteile wurden dagegen nicht von der Klägerin, sondern von den Muttergesellschaften entrichtet. Zwischen diesen und der Klägerin bestanden in den Streitjahren hinsichtlich der in Yen zu zahlenden Entgelte keine Vereinbarungen. Der Klägerin wurden diese Zahlungen von den Muttergesellschaften nicht in Rechnung gestellt. Die Klägerin gab keine Auskunft darüber, wie diese Zahlungen von ihren Muttergesellschaften handels- und steuerrechtlich behandelt worden sind.
Die Zahlungen der Muttergesellschaften beliefen sich im Wirtschaftsjahr 1972/73 auf 38 147 DM, 1973/74 auf 113 282 DM und 1974/75 auf 69 779 DM. Sie wurden in der Buchführung der Klägerin nicht erfaßt.
In den Körperschaftsteuererklärungen 1973 und 1974 berücksichtigte die Klägerin die Lohnzahlungen, die in Japan geleistet wurden, nicht. Den auf die Zahlungen entfallenden Lohnsteueraufwand wies sie durch Rückstellungen in ihren Bilanzen aus. In der Körperschaftsteuererklärung 1975 wurde erstmals vermerkt, daß sich der Gewinn laut Handelsbilanz um die als verdeckte Einlagen zu behandelnden Löhne mindere.
Aufgrund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung, die im Jahre 1977 stattfand, vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, daß den Zahlungen der Muttergesellschaften keine rechtliche Verpflichtung der Klägerin zugrunde gelegen habe. Die Gesellschafter hätten vielmehr eigene Verpflichtungen erfüllt. Das FA lehnte es deshalb ab, in Höhe der von den Gesellschaftern in Japan gezahlten Boni und Familienvergütungen verdeckte Einlagen anzuerkennen und diese gewinnmindernd zu berücksichtigen. Die von der Klägerin vorgenommenen Rückstellungen für Lohnsteuern, die auf die in Japan gezahlten Entgelte entfielen, erkannte das FA gleichfalls nicht an. Diese Rückstellungen betrugen für 1973 34 484,29 DM, für 1974 118 000 DM und für 1975 79 436,51 DM. Dementsprechend erließ das FA einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1973 und erstmalige Körperschaftsteuerbescheide für 1974 und 1975. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg.
Das FG gab der Klage insoweit statt, als es sich um die von der Klägerin gebildeten Rückstellungen für Lohnsteuerschulden handelte. Im übrigen seien die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide zu bestätigen. Zutreffend habe das FA angenommen, daß in den Lohnzahlungen der Muttergesellschaften keine verdeckten Einlagen zu erblicken und bei der Klägerin gewinnmindernd zu berücksichtigen seien.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung sachlichen Rechts.
Die Klägerin beantragt, bei der Ermittlung des Einkommens für die Streitjahre die in Japan geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die von den Gesellschaftern der Klägerin an deren japanische Angestellte gezahlten Familienvergütungen, Boni und Ergänzungszahlungen sind bei der Klägerin nicht abzugsfähig.
1. Der Senat kann offenlassen, wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn die Gesellschafter der Klägerin - unter welchem Gesichtspunkt auch immer - verdeckte Einlagen an die Klägerin geleistet hätten. Denn solche verdeckten Einlagen liegen nicht vor. Eine verdeckte Einlage setzt voraus, daß ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und daß diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. August 1974 I R 168/72, BFHE 114, 41, BStBl II 1975, 123, im Anschluß an die frühere Rechtsprechung des erkennenden Senats).
Das FG hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht geprüft. Die Klägerin hat - wie nochmals in der mündlichen Verhandlung festgestellt wurde - die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht mit einer in gehöriger Form vorgebrachten Verfahrensrüge angegriffen. Die Feststellungen des FG sind daher für das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend. Die vom FG vorgenommene Würdigung der festgestellten Tatsachen ist möglich (§ 96 FGO) und berechtigte das FG zu dem Schluß, daß die hier strittigen Zahlungen der Gesellschafter ihre Ursache nicht im Gesellschaftsverhältnis hatten.
Zu Recht hat das FG das Vorliegen einer verdeckten Einlage davon abhängig gemacht, daß eine Lohnschuld der Klägerin gegenüber ihren Arbeitnehmern bestanden habe, die Gesellschafter diese Schuld getilgt hätten und die Schuldtilgung ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis habe. Keine dieser Voraussetzungen konnte zur Gewißheit des FG festgestellt werden. Das FG konnte noch nicht einmal feststellen, daß schriftliche oder wenigstens mündliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den japanischen Arbeitnehmern darüber getroffen worden sind, ob die Zahlungen der Gesellschafter Bestandteil des Entgelts für die bei der Klägerin zu leistenden Tätigkeiten der Arbeitnehmer geworden sind. Dabei kann es offenbleiben, ob der Darstellung der Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung eine entscheidende Bedeutung zukommt. Jedenfalls kann aus der Buchführung der Klägerin nichts dafür hergeleitet werden, daß sie die von ihren Gesellschaftern den japanischen Arbeitnehmern in Yen gezahlten Beträge als Teil des Arbeitsentgelts mit ihren japanischen Arbeitnehmern vereinbart hat.
Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für die Annahme festgestellt werden, daß die Gesellschafter Verpflichtungen der Klägerin erfüllt hätten. Das FG hat in diesem Zusammenhang zu Recht dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß ein etwa vorhandener Wille der Gesellschafter, im Namen und für Rechnung der Klägerin zu leisten, irgendwie hätte erkennbar hervortreten müssen. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - die Möglichkeit besteht, daß die Gesellschafter eigenbetriebliche Verpflichtungen erfüllten. Nach den Feststellungen des FG sind die betreffenden Arbeitnehmer, die zuvor im Dienste der Gesellschafter gestanden hatten, auf Zeit an die Klägerin abgeordnet. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das FG es für möglich gehalten hat, daß in beschränktem Umfang fortbestehende Rechtsbeziehungen der japanischen Arbeitnehmer zu den Gesellschaftern der Klägerin der Rechtsgrund für die hier strittigen Zahlungen gewesen sind. Die Gesellschafter konnten ein eigenes Interesse daran haben, daß sich geeignete Personen für eine Abordnung in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zur Verfügung stellten, hier Erfahrungen sammelten und mit diesen Erfahrungen nach Japan zurückkehrten, um sie in den Unternehmen der Gesellschafter auszuwerten. Diesem Interesse kann es entsprochen haben, an die Arbeitnehmer zusätzliche Zahlungen zu leisten, wie sie den Bestimmungen des Tarifwerks entsprachen, das jeweils von den Gesellschaftern und den für sie zuständigen Firmengewerkschaften ausgehandelt worden war. Die Zahlungen der Gesellschafter sind daher nicht notwendig Vermögensvorteile der Klägerin, die ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 des Handelsgesetzbuches) der Gesellschaft (Klägerin) nicht eingeräumt haben würde. Schon aufgrund dieses Sachverhalts konnte das FG zu seiner tatsächlichen Würdigung und mußte es - von dieser Würdigung ausgehend - zur Verneinung verdeckter Einlagen mit den sich daraus ergebenden Folgerungen gelangen. Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch die Tatsache, daß die Klägerin selbst nicht vorgetragen hat, die von ihr selbst gezahlten Arbeitsentgelte wären ohne die Zahlungen ihrer Gesellschafter unangemessen niedrig gewesen.
Da die Klägerin mit der Geltendmachung verdeckter Einlagen eine Minderung ihrer Körperschaftsteuerschuld erstrebt hat, trägt sie die objektive Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen für die erstrebte Minderung in tatsächlicher Hinsicht gegeben waren (BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562). Dies hat das FG zutreffend erkannt.
2. Das FG hat die vom FA nicht anerkannten Lohnsteuerrückstellungen für die Streitjahre für berechtigt angesehen und die Streichung rückgängig gemacht. Der Senat braucht nicht zu prüfen, ob diese Rechtsauffassung des FG zutrifft. Selbst wenn dies zu verneinen wäre, könnte der erkennende Senat das Urteil des FG insoweit nicht beanstanden; dem stünde das sog. Verböserungsverbot entgegen. Im Streitfall hat nur die Klägerin Revision eingelegt, nicht auch das FA.
Fundstellen
Haufe-Index 75016 |
BStBl II 1984, 535 |
BFHE 1985, 38 |