Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei Kapitalgesellschaften, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten oder nutzen, führen Tätigkeiten, die einen späteren Gewerbebetrieb lediglich vorbereiten, nicht zum Versagen der Vergünstigung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG.
Normenkette
GewStG § 9 Ziff. 1 S. 3
Tatbestand
Die Bfin., eine AG, hat nach ihrer durch Beschluß geänderten Satzung den Aufbau und Betrieb von Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben zum Gegenstand. Sie begann im Streitjahr mit dem Wiederaufbau ihres früher verpachteten und im Kriege zerstörten Hotels, das sie nach Wiederherstellung des Gebäudes und Beschaffung der Hoteleinrichtung im Jahr 1957 selbst in Betrieb nahm.
Im Kalenderjahr 1956 hatte sie lediglich Erträge aus der Vermietung und Verpachtung ihres Grundbesitzes. In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr beantragte sie, die Summe des Gewinns aus Gewerbebetrieb und der Zurechnungen nach § 8 GewStG um den auf ihren Grundbesitz entfallenden Gewerbeertrag von ... DM gemäß § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG zu kürzen. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab und nahm statt dessen nur die Kürzung gemäß § 9 Ziff. 1 Satz 1 GewStG um 3 v. H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes mit ... DM vor. Es vertrat die Auffassung, daß die AG die Wiedererrichtung des Hotels zum Zwecke der eigenen Unterhaltung oder der Verpachtung mit Einrichtung betrieben und damit im Streitjahr Handlungen vorgenommen habe, die über eine reine Grundbesitzverwaltung hinausgingen. Das schließe die Anwendung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG aus. Hiergegen brachte die AG vor, bei ihr seien die gleichen Verhältnisse wie bei einer Grundstücksverwaltungsgesellschaft gegeben. Der Grundstücksertrag lasse sich rechnerisch einwandfrei feststellen. Sie habe den Charakter einer Grundstücksverwaltungsgesellschaft nicht schon durch den Bau des Hotels, sondern erst mit dessen Eröffnung in eigener Regie im Jahr 1957 verloren. Es handle sich lediglich um die Vorbereitung des Gewerbebetriebes, die noch keine den § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG ausschließende Handlung darstelle. Der Wortlaut ihrer Satzung sei ohne Bedeutung. Es komme auf die tatsächlichen Verhältnisse im Streitjahr an. Im übrigen sei im Jahre 1956 noch nicht endgültig entschieden gewesen, ob das Hotel in eigener Regie betrieben werde. Eine Verpachtung sei auch noch erwogen worden.
Das Finanzgericht schloß sich dem Finanzamt an. Es sei wohl richtig, daß die Firma nur Nutzungen aus ihrem Grundbesitz gezogen und mit der Errichtung des Hotels erst einen Gewerbebetrieb vorbereitet habe. Es handle sich aber hierbei um Maßnahmen, die über die Verwaltung von Grundbesitz hinausgegangen seien. Die AG habe im Streitjahr mit einer Hypothekenbank über die Finanzierung des Hotels Verhandlungen geführt und abgeschlossen. Dabei sei bereits die künftige Einrichtung des Hotels zum Gegenstand der Schuldenabsicherung gemacht worden und eine weitere Hypothek in Aussicht genommen worden, die der AG von einer Brauerei gegen übernahme von Bierabnahmeverpflichtungen in Aussicht gestellt worden sei. Allerdings sei der Bierlieferungsvertrag erst nach einem Vorvertrag im Juli 1957 abgeschlossen worden. Ob die AG schon im Jahre 1956 entschlossen gewesen sei, das Hotel selbst zu betreiben, oder es mit Inventar oder bei gleichzeitigem Verkauf der Einrichtung zu verpachten, mache keinen Unterschied (Urteil des Reichsfinanzhofs I 160/39 vom 16. Mai 1939, RStBl 1939 S. 790, Slg. Bd. 47 S. 66). Die Eigenbewirtschaftung des Hotels sei von Anfang an beabsichtigt gewesen.
Die AG wiederholt in ihrer Rb. ihr Vorbringen bei den Vorinstanzen. Sie ist insbesondere der Ansicht, daß es nicht auf den Satzungsinhalt, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse im Streitjahr ankomme. Im Streitjahr habe sie keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Die Bestellung des Inventars sei zudem erst Mitte des Jahres 1957 erfolgt. Die Kreditverhandlungen mit der Bank seien nur vorsorglicher Natur gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Dem Finanzgericht ist darin beizupflichten, daß seine Rechtsauffassung möglich ist. Sie ist aber nicht zwingend. Man kann gegen sie beachtliche Gesichtspunkte geltend machen.
Der Senat tritt der Auffassung der Bfin. darin bei, daß es für die Anwendung der Vergünstigungsvorschrift auf die tatsächlichen Verhältnisse des Streitjahres ankommt, nicht auf die satzungsmäßigen Zwecke, die sich die Kapitalgesellschaft für die Zukunft gestellt hat. Es muß sich allerdings um einen auf lange Sicht bemessenen Zustand handeln, nicht um ein einzelnes Jahr, das in dieser Beziehung von den vorhergehenden und nachfolgenden Jahren zufällig abweicht.
Im Streitfall wurde der Kapitalgesellschaft für die Vorjahre die Vergünstigung gewährt. Unbestritten steht sie ihr im Jahre 1957 nicht mehr zu.
Für die Entscheidung ist die Frage wesentlich, welche Bedeutung dem im Jahre 1956 durchgeführten Aufbau des Hotels zukommt. Nach den vorliegenden Unterlagen wurden im Jahre 1956 von der Bfin. erhebliche Beträge für den Aufbau des Hotels aufgewandt. Man kann mit dem Finanzgericht in diesem Aufbau ein überschreiten der verwaltenden Tätigkeit erblicken. Dagegen kann man aber den Gesichtspunkt geltend machen, daß, von den Kapitalgesellschaften abgesehen, im Gewerbesteuerrecht die Vorbereitung der gewerblichen Tätigkeit noch nicht als gewerbesteuerpflichtig anzusehen ist (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs IV 262/60 vom 9. Dezember 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 128, sowie GewStR 1955 Abschn. 21, die ausdrücklich die Errichtung von Fabrikgebäuden erwähnen). Im übrigen wird man der Bfin. darin beipflichten können, daß die im Jahre 1956 getätigten Maßnahmen die Möglichkeit noch offenließen, auch in der Zukunft die rein verwaltende Tätigkeit fortzusetzen.
Unter Würdigung der gesamten Verhältnisse ist der Senat der Ansicht, daß der Bfin. für das Streitjahr die Vergünstigung noch zuzubilligen ist. Die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 160/39 vom 16. Mai 1939 steht diesen Grundsätzen nicht entgegen, da es sich hier um ein anders geartetes Rechtsproblem gehandelt hat (Verpachtung eines Gewerbebetriebs mit Grundvermögen).
Da die Vorentscheidung von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, wird sie aufgehoben. Die Sache wird an das Finanzamt zur Durchführung der Veranlagung im Einspruchsverfahren entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 410147 |
BStBl III 1961, 469 |
BFHE 1962, 561 |
BFHE 73, 561 |