Leitsatz (amtlich)
Verlorene Baukostenzuschüsse, die ein Genosse auf Grund eines Beschlusses der Generalversammlung einer Genossenschaft zu zahlen hat, sind als Beteiligung zu aktivieren und dürfen nur unter dem Gesichtspunkt eines niedrigeren Teilwerts abgeschrieben werden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1961, ob ein verlorener Baukostenzuschuß, den der einer Einkaufsgenossenschaft angehörende Revisionskläger (Steuerpflichtiger) zu zahlen hatte, als zusätzliche Anschaffungskosten der Genossenschaftsanteile zu behandeln ist.
Der Steuerpflichtige, der ein Einzelhandelsgeschäft für Textilien betreibt und seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 5 EStG ermittelt, ist seit 1957 Genosse bei einer Einkaufsgenossenschaft, deren Zweck es ist, den Mitgliedern durch preisgünstigen Mengenbezug von Textilien Einkaufsvorteile zu verschaffen. Die Beteiligung wurde in den vorhergehenden Jahren und im Streitjahr mit 4 000 DM aktiviert. Im Streitjahr 1961 errichtete die Genossenschaft ein Verwaltungs- und Lagergebäude mit Ausstellungsräumen. Durch Generalversammlungsbeschluß wurde jeder Genosse verpflichtet, zur teilweisen Deckung der Baukosten einen Zuschuß von 4 000 DM an die Genossenschaft zu leisten. Der Zuschuß sollte verloren sein. Er war nicht zurückzahlbar, auch nicht bei Austritt des Mitglieds aus der Genossenschaft. Der Steuerpflichtige hat im Streitjahr den Zuschuß von 4 000 DM voll geleistet. Bei der Genossenschaft wurden die Zuschüsse bei den Herstellungskosten des Gebäudes nicht aktiviert. Die AfA wurde um den von den Zuschüssen verminderten Herstellungsaufwand vorgenommen. Der Steuerpflichtige behandelte den Zuschuß von 4 000 DM als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe.
Das FA aktivierte den hingegebenen Betrag als zusätzliche Anschaffungskosten des Erwerbers für die Beteiligung an der Genossenschaft mit dem vollen Betrag von 4 000 DM und erhöhte den Gewinn um diesen Betrag.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
Das FG ging hierbei im wesentlichen von folgenden Erwägungen aus:
Der Begriff der Anschaffungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei nicht eng aufzufassen. Zu diesem gehörten alle Aufwendungen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stünden. Auch nachträgliche Aufwendungen für eine Beteiligung seien hierher zu rechnen. Anders sei es bei echten verlorenen Zuschüssen, durch die der Geber keinerlei Vorteile erlange. Dies sei hier aber nicht der Fall. Zweck der Genossenschaft sei es, den Mitgliedern durch preisgünstigen Mengenbezug Einkaufsvorteile zu verschaffen. Die Zuschußhingabe diene damit unmittelbar dem eigenen Betrieb des Steuerpflichtigen. Es spiele auch keine Rolle, ob ein solcher Zuschuß freiwillig gegeben werde oder ob die Genossen dazu durch Gesetz oder in sonstiger Weise verpflichtet seien. Als zusätzlicher Anschaffungsaufwand auf eine Beteiligung könne der Zuschuß auch nicht im Rahmen der AfA als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Die Beteiligung gehöre nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu den nicht abzugsfähigen Wirtschaftsgütern. In Betracht käme allenfalls eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert. Dafür müßten indes konkrete, wertmindernde Umstände dargetan werden. Es sei davon auszugehen, daß der Gegenstand, für den der Steuerpflichtige als Kaufmann einen Preis zahle, für ihn und für jeden anderen Inhaber oder Erwerber seines Betriebs auch den entsprechenden Wert besitze. Ihm gegenüber müßten auch die Erwägungen des Steuerpflichtigen zurücktreten, daß er möglicherweise bei künftigem Ausscheiden aus der Genossenschaft den geleisteten Zuschuß nicht zurückerstattet bekommen werde. Die mit dem geförderten Bau der Genossenschaft verbundenen Vorteile seien dem Steuerpflichtigen jedenfalls den hingegebenen Betrag wert gewesen. Sonstige besondere Umstände als Anhaltspunkte für eine niedrigere Teilwertbewertung für den Zuschuß oder den früher hingegebenen erwerbspreis von 4 000 DM seien weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Aktivierung des vollen Zuschusses zum 31. Dezember 1961 sei daher gerechtfertigt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Aufwendungen für den Erwerb der Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft (Genossenschaftsanteil) sind nach den für die Bilanzierung von Beteiligungen geltenden Grundsätzen zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das gleiche gilt für verlorene Baukostenzuschüsse, die ein Genosse im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Genossenschaftsanteils zu zahlen hat (vgl. Urteil des BFH IV R 226/66 vom 27. Juni 1968, BFH 93, 147, BStBl II 1968, 714). Die Sache kann nicht anders beurteilt werden, wenn, wie im Streitfall, der Steuerpflichtige einige Jahre nach dem Erwerb des Genossenschaftsanteils auf Grund seiner Rechtsstellung als Genosse (z. B. auf Grund eines Beschlusses der Generalversammlung) verlorene Baukostenzuschüsse an die Genossenschaft zu erbringen hat. Die Leistung des Baukostenzuschusses ist so eng mit dem Genossenschaftsanteil verknüpft, daß es dem Senat nicht gerechtfertigt erscheint, sie unabhängig von diesem zu betrachten. Der Steuerpflichtige kann sich ihr nicht entziehen, selbst dann nicht, wenn er in der Generalversammlung gegen den entsprechenden Beschluß gestimmt hätte. Er muß daher diese ihm im Rahmen seiner Beteiligung als Genosse obliegenden Aufwendungen ebenso aktivieren wie den Anteil selbst. Der Anteil und die von ihm als Genosse an die Genossenschaft geleisteten Zahlungen bilden zusammen die Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dem Ansatzzwang stehen nicht die im BFH-Urteil I R 38/66 vom 9. Juli 1969 (BFH 96, 559, BStBl II 1969, 744) entwickelten Grundsätze entgegen. Danach ist die Aktivierung auch von Beiträgen für einen Verein erforderlich, wenn diesen entsprechende Gegenleistungen des Vereins gegenüberstehen, deren wirtschaftlicher Wert als Einzelwert von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Dies, obwohl das Mitgliedschaftsrecht selbst nicht bewertungsfähig ist.
Der Senat erwog unter diesem Gesichtspunkt den Ansatz eines besonderen, nur nach Teilwertgrundsätzen abschreibbaren Einzelwirtschaftsguts ebenfalls. Aus den oben genannten Gründen hält er jedoch die Aktivierung unter dem Gesichtspunkt von Aufwendung auf die Beteiligung an der Genossenschaft für wirtschaftlich zutreffender.
Zu der vom Steuerpflichtigen vertretenen Auffassung, daß die Genossenschaft nur von den um die Baukostenzuschüsse der Genossenschaft verminderten Anschaffungskosten abschreiben dürfe, braucht der Senat schon deshalb nicht Stellung zu nehmen, weil für eine AfA auf von der Genossenschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter, die den Genossen zur Verfügung stehen, durch die Genossen kein Raum ist (vgl. BFH-Urteil IV R 226/66, a. a. O., und die dort angeführte Rechtsprechungsübersicht).
Eine Bewertung der Beteiligung unter den Anschaffungskosten kommt nur in Betracht, wenn der Teilwert gesunken ist. Der für den Baukostenzuschuß aktivierte Bilanzansatz wäre nur dann nicht gerechtfertigt, wenn und soweit die Aufwendungen von einem Erwerber nicht erstattet werden würden. Die Vorinstanz verneinte zutreffend, daß diese Voraussetzungen einer Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert gegeben sind.
Fundstellen
Haufe-Index 425920 |
BStBl II 1972, 117 |
BFHE 1972, 414 |