Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Das Anteilsrecht an einer Forstgenossenschaft im Sinne des Braunschweigischen Gesetzes betreffend die ungeteilten Genossenschaftsforsten vom 19. Mai 1890 (Gesetz- und Verordnungs-Sammlung 1890 Nr. 16 S. 53) vermittelt dem Berechtigten - abgesehen von den Mitgliedschaftsrechten (z. B. dem Recht zur Teilnahme an der Genossenschaftsversammlung und der Ausübung des Stimmrechts) - eine seinem Anteilsrecht entsprechende Beteiligung an den Nutzungen des Genossenschaftsforstes. Derartige Nutzungsrechte sind bewertungsfähige Wirtschaftsgüter im Sinne des Bewertungsgesetzes. Sie fallen nicht unter die Vergünstigung des § 24 Ziff. 2 Satz 1 Halbsatz 2 des Gesetzes über den Lastenausgleich.
Normenkette
LAG § 24 Ziff. 2 S. 1; BewG §§ 67, 110
Tatbestand
Der Bf. war am Währungsstichtage Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes und eines Anteils an einer Forstgenossenschaft, die ihren Sitz im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Braunschweig hat. Der Einheitswert für den Genossenschaftsforst ist gegenüber der Forstgenossenschaft auf 5.200 DM festgestellt worden. Bei der Veranlagung des Bf. zur Vermögensabgabe setzte das Finanzamt den Anteil des Bf. an der Forstgenossenschaft als sonstiges Vermögen mit 167 DM an. Hiergegen brachte der Bf. vor, daß die Anteile an der Forstgenossenschaft entsprechend der Fassung der Satzung sowie ihrer praktischen Handhabung den Aktien oder sonstigen Anteilen an Kapitalgesellschaften gleichzuachten seien. Allein die Organe der Forstgenossenschaft (Vorstand und Genossenschaftsversammlung übten die unmittelbare Nutzung am Genossenschaftsforst aus; der einzelne Genosse habe lediglich ein Bezugsrecht auf seinen Anteil an den von den Organen der Genossenschaft festgestellten und beschlossenen Gewinnausschüttungen. Hieraus ergebe sich eine Parallele zu dem Recht des Aktionärs auf Verteilung des Reingewinns, die der Beschlußfassung durch die Generalversammlung der Aktiengesellschaft unterliege. Es sei deshalb gerechtfertigt, auch seinen Anteil an der Forstgenossenschaft gemäß § 24 Ziff. 2 Satz 1 Halbsatz 2 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) von der Vermögensabgabe freizulassen.
Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. In der Rb. wird vor allem vorgebracht: Im Urteil I A 93/23 vom 28. September 1923 (Slg. Bd. 12 S. 343) habe der Reichsfinanzhof zum Ausdruck gebracht, daß die ungeteilte Realgemeinde wegen ihrer übereinstimmung mit den Aktiengesellschaften steuerlich entsprechend behandelt werden müsse. Allein die Realgemeinde übe die unmittelbare Nutzung aus, während sich das Recht des einzelnen Genossen nur in dem Bezugsrecht auf einen Anteil äußere. Das Teilnahmerecht sei kein dingliches Recht irgendwelcher Art, sondern ein reines Mitgliedschaftsrecht an der Rechtspersönlichkeit der Realgemeinde; diese führe rechtlich und wirtschaftlich ein Eigenleben. Das Finanzgericht habe das nicht beachtet. Die Annahme, daß zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung zwar die Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden, nicht aber die Beteiligten der einzelnen Genossen an der Genossenschaft von der Vermögensabgabe befreit seien, finde im Gesetz keine Stütze. Vielmehr sei anzunehmen, daß der Gesetzgeber auf die besondere kulturelle Bedeutung der Forsten Rücksicht genommen habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb., die vom Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen worden ist, ist unbegründet.
Die Forstgenossenschaft hat bereits vor dem Inkrafttreten des BGB bestanden. Für derartige Genossenschaften sind die maßgebenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft geblieben (Art. 164 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Die Forstgenossenschaft hat sich auf Grund des Braunschweigischen Gesetzes betreffend die ungeteilten Genossenschaftsforsten vom 19. Mai 1890 am 6. Juli 1896 ein Statut gegeben, in dem die Art der Bewirtschaftung, Verwaltung und Benutzung des Genossenschaftsforstes und die Voraussetzungen gültiger Genossenschaftsbeschlüsse geregelt sind. Das erlassene Statut hält sich an die Normativ-Bestimmungen, die nach dem genannten Gesetz erlassen worden sind. Nach § 2 des Statutes sind Mitglieder der Genossenschaft die in das Forstgrundbuch eingetragenen Inhaber der daselbst aufgeführten Nutzungsgerechtigkeiten (Anteile). Organe der Genossenschaft sind der Vorstand und die Genossenschaftsversammlung. Das Teilnahmeverhältnis der einzelnen Mitglieder (Genossen) nach Rechten und Pflichten wird im allgemeinen durch die in das Forstgrundbuch eingetragenen Anteile bestimmt. Diese ergeben insbesondere den Umfang der Einzelberechtigung an der gesamten Forstnutzung sowie an der durch das Stimmgewicht in der Genossenschaftsversammlung geübten Mitwirkung bei der Forstverwaltung und dienen andererseits als Grundlage für Ausschreibung der Beiträge behufs Aufbringung der gesamten der Genossenschaft erwachsenden Ausgaben (ß 3). Veräußerungen an Forstnutzungsrechten (ß 8 des Gesetzes vom 19. Mai 1890) sind nur dann gültig, wenn sie an Gemeindegenossen oder an in derselben Gemeinde angesessene Personen oder an Angesessene einer an den Forst angrenzenden Gemeinde geschehen (ß 4). Nach § 11 hat der Vorstand die zur Ernte gelangenden Holzmaterialien und sonstigen Produkte pp. zu verwerten bzw. zu verteilen und den einzelnen Genossen die auf sie entfallenden Anteile an Holz bzw. Geld anzuweisen. Zur Frage der Nutzungsform hat das 1. Vorstandsmitglied der Forstgenossenschaft noch erläuternd angegeben: "Hier muß unterschieden werden zwischen Meterholz und Nutzholz. Meterholz wird in natura im Wald durch Lose geteilt. Das Meterholz ist in Nummern eingeteilt und die Nummern werden verlost. Anders beim Nutzholz. Das Nutzholz wird durch den zuständigen Forstbeamten aufgemessen, alsdann wird es im Auftrage der Forstgenossenschaft bei einer nächsten Auktion verkauft. Der Erlös fließt in die Kasse der Genossenschaft. Nach Abzug der Unkosten wird ein eventuell verbleibender überschuß anläßlich der Generalversammlung, die meistens im November oder Dezember stattfindet, anteilmäßig verteilt." Hieraus ergibt sich, daß das Anteilsrecht an dem ungeteilten Genossenschaftsforst dem Bf. - abgesehen von den Mitgliedschaftsrechten, wie z. B. dem Recht zur Teilnahme an der Genossenschaftsversammlung und der Ausübung des Stimmrechts - eine seinem Anteil entsprechende Beteiligung an den Nutzungen des Genossenschaftsforstes vermittelt. Derartige Nutzungsrechte sind - wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben - bewertungsfähige Wirtschaftsgüter im Sinne des Bewertungsgesetzes. Die Zurechnung dieses Wirtschaftsgutes zum sonstigen Vermögen ist, zumal der Einheitswert für den Genossenschaftsforst gegenüber der Genossenschaft festgestellt worden ist, nicht zu beanstanden (ß 67 des Bewertungsgesetzes).
Richtig ist, daß § 24 Ziff. 2 Satz 1 LAG für Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften besondere Vergünstigungen enthält. Danach sind zwei Gruppen von Anteilsrechten zu unterscheiden:
Anteilsrechte (Aktien, Kuxe und sonstige Anteile und Genußscheine) an Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung oder Sitz am 21. Juni 1948 im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland oder in Berlin (West), soweit sie vor dem 31. Dezember 1948 zum amtlichen Verkehr an der Börse zugelassen waren oder im Freiverkehr gehandelt worden sind; sie sind mit dem halben Wert anzusetzen (ß 24 Ziff. 2 Satz 1 Halbsatz 1);
sonstige Anteilsrechte dieser Art sowie Geschäftsguthaben bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften; sie sind außer Ansatz zu lassen (ß 24 Ziff. 2 Satz 1 Halbsatz 2).
Diese Vergünstigungen finden ihre Begründung - worauf die Vorinstanzen schon zutreffend hingewiesen haben - darin, daß das Vermögen der Gesellschaften usw. selbst zur Vermögensabgabe herangezogen wird, die besondere Heranziehung der Anteilsrechte zur Vermögensabgabe daher eine nochmalige zweite Abgabe darstellen würde. Dieser Gedanke - Vermeidung der doppelten Belastung des gleichen Vermögens - scheidet im vorliegenden Falle aus, da die Forstgenossenschaft selbst von der Vermögensabgabe zu befreien war und auch befreit worden ist.
Entgegen der Auffassung des Bf. fällt sein Anteilsrecht allein schon nach dem Wortlaut des § 24 Ziff. 2 Satz 1 LAG nicht unter die Vergünstigung. Die Forstgenossenschaft ist weder eine Kapitalgesellschaft noch eine Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft im Sinne der genannten Vorschrift. Unter den Sammelnamen "Kapitalgesellschaft" (einheitlich seit 1934 für die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Kapitalverkehrsteuer und die Vermögensbesteuerung neu eingeführt) fallen nur Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kolonialgesellschaften und bergrechtliche Gewerkschaften. Auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 28. September 1923 a. a. O., die zudem zur Körperschaftsteuer und nicht zur Vermögensbesteuerung ergangen ist, kann es nicht ankommen. Daß die Forstgenossenschaft zu den Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zu rechnen sei, wird vom Bf. nicht behauptet. Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich, auf die weiteren Ausführungen des Bf. einzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 409498 |
BStBl III 1959, 494 |
BFHE 1960, 627 |
BFHE 69, 627 |