Leitsatz (amtlich)
PKW, die eine GmbH ihren Gesellschaftern oder Geschäftsführern gegen ein nicht die Selbstkosten deckendes Entgelt überläßt, sind nicht im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964 im eigenen gewerblichen Betrieb an Selbstfahrer vermietet. Eine Investitionszulage kommt daher nicht in Betracht.
Normenkette
BHG 1964 § 19 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin ist eine Verlags-GmbH. Gegenstand des Unternehmens sind die Herstellung und der Vertrieb einer Zeitung und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte. Im Jahr 1967 hat die GmbH u. a. drei Personenkraftwagen (PKW) zum Gesamtpreis von 30 587,45 DM angeschafft. Sie hat die Fahrzeuge an ihren Gesellschafter A und ihre Prokuristen B und C vermietet. Nach dem zwischen der GmbH und ihrem Gesellschafter A geschlossenen Vertrag vom 29. November 1967 beträgt der Mietpreis für die Überlassung eines Opel-Rekord 19 L (Anschaffungspreis: 10 076,45 DM):
Miete monatlich 105,- DM
Haftpflicht 1/12 von 294 DM 24,50 DM
Kraftfahrzeugsteuer 1/12 von 273,60 DM 22,80 DM
152,30 DM
+4,17 % Umsatzsteuer 6,35 DM
158,65 DM,
abgerundet monatlich 158 DM.
Das FA lehnte auch im Einspruchsverfahren die Gewährung einer Investitionszulage nach § 19 BHG 1964 für die drei PKW ab. Im Bescheid vom 23. April 1968, mit dem für andere Wirtschaftsgüter eine Investitionszulage von X DM festgesetzt worden war, heißt es u. a. : "Dieser Bescheid ist vorläufig gemäß § 100 Abs. 2 AO. Eine Investitionszulage für die angeschafften Personenkraftfahrzeuge kann im Hinblick auf § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964 nicht gewährt werden." Mit der Verfügung vom 4. September 1968, die im Anschluß an eine Betriebsprüfung erging, hatte das FA einen Teilbetrag der Investitionszulage zurückgefordert und ausgeführt, daß damit gleichzeitig die Vorläufigkeit des Bescheides vom 23. April 1968 entfalle. Die Einspruchsschrift ging beim FA am 4. Oktober 1968 ein.
Das FG wies die wegen der Ablehnung der Investitionszulage für die drei PKW erhobene Klage ab. Es führte aus, der Einspruch sei verspätet eingelegt worden. Über die Ablehnung der Investitionszulage sei bereits in dem Bescheid vom 23. April 1968 endgültig entschieden worden. Wenn ein Bescheid einwandfrei abgrenzbar mehrere Entscheidungen über verschiedene Wirtschaftsgüter enthalte, so könne und müsse jede einzelne Entscheidung über ein Wirtschaftsgut innerhalb der Rechtsmittelfrist angefochten werden. Aber auch in der Sache sei die Ablehnung der Investitionszulage gerechtfertigt. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ansicht des FA zutreffe, daß die gewerbliche Vermietung von PKW ein Teil der betrieblichen Aufgabe des Unternehmens sein müsse. Sofern ein gewerblicher Unternehmer neben einem anderen Gewerbezweig auch Mietwagenverleih betreibe, sei das ein Teil seiner gewerblichen Betätigung. Ein Mietwagenunternehmen liege aber nur vor, wenn die Mietwagen an einen unbestimmten Personenkreis vermietet würden. Die Klägerin habe lediglich drei PKW angeschafft, um sie einem bestimmten Personenkreis zu überlassen, nämlich ihren zwei Prokuristen und einem ihrer Gesellschafter. Darin liege ein Scheingeschäft im Sinne von § 5 StAnpG, welches für § 19 BHG 1964 ohne Bedeutung sei. Der vereinbarte Mietpreis decke nicht annähernd die Selbstkosten der GmbH für die Anschaffung der PKW. Es liege daher keine ernstlich gewollte, auf Gewinnerzielungsabsicht ausgerichtete gewerbliche Tätigkeit vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Möglichkeit der AfA und einer Investitionszulage für die GmbH in Betracht gezogen werde. Die Tatsache, daß die Vermietung tatsächlich nur an Gesellschafter oder leitende Angestellte (Prokuristen) erfolgt sei, lasse erkennen, daß hier ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 6 Abs. 1 StAnpG vorliege und daß gemäß § 6 Abs. 2 StAnpG die Frage auftauche, ob nicht vielmehr eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter bzw. der Lohnsteuerpflicht unterliegende Sachzuwendungen an die beiden Prokuristen vorlägen, worüber das Gericht im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht zu entscheiden habe.
Mit der Revision trägt die GmbH vor:
Der Bescheid vom 23. April 1968 sei in vollem Umfange vorläufig gewesen. Erst der Bescheid über die Rückforderung von Investitionszulage, der bei der GmbH am 5. September 1968 eingegangen sei, enthalte den Vermerk, daß die Vorläufigkeit entfalle. Im übrigen sei durch die Annahme des Einspruchs und seine ohne formellen Widerspruch durchgeführte Behandlung im Rechtsbehelfsverfahren eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgt.
Die Fahrzeuge seien entsprechend § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964 im eigenen gewerblichen Betrieb der GmbH an Selbstfahrer vermietet worden. Auch das rechtskräftige Urteil des FG Berlin I 68/66 vom 20. April 1967 (EFG 1967, 440) verlange nicht, daß der gesamte Betrieb ausschließlich der Vermietung von PKW an Selbstfahrer dienen müsse. Es genüge, daß der Wagen bereits beim Erwerb dazu bestimmt sei, der ausschließlichen Vermietung an Selbstfahrer zu dienen, wenn der gewerbliche Betrieb auch im übrigen mit der Vermietung von PKW nichts zu tun habe.
Die Gewinnerzielungsabsicht sei bei ihr ein entscheidendes Moment im Hinblick auf die Anschaffung der PKW gewesen. Gewinne würden zum einen durch den Verkauf der Zeitung und zum anderen durch die Ausführung von Leistungen im Anzeigengeschäft erreicht. U. a. würden Anzeigenumsätze im Gegengeschäft bewirkt, d. h. der betreffende Vertragspartner bezahle die Anzeige ganz oder zum Teil mit einem in seinem Unternehmen hergestellten oder gehandelten Wirtschaftsgut. Es seien Fälle denkbar, in denen das Geschäft nicht zustande gekommen wäre, wenn Finanzierungswünsche des Kunden von ihr abgelehnt worden wären. Bei Wirtschaftsgütern, die im Gegengeschäft angenommen würden und die Größenordnung eines PKW hätten, müsse sie sich daher zuvor davon überzeugen, daß die PKW auch vermietet werden könnten. Sie hätte die Wagen nicht in Zahlung genommen, wenn nicht bereits bei Vertragsabschluß festgestanden hätte, daß sie vermietet würden. Die Gewinnerzielungsabsicht bestehe also darin, den Anzeigenumsatz, einen wesentlichen Faktor in der Struktur eines Zeitungsverlages, zu erhöhen und durch die vereinnahmte Miete für das Fahrzeug Gewinne zu erzielen.
Der Personenkreis, der einen PKW von ihr zu mieten in der Lage sei, beschränke sich nicht auf die dem Verlag nahestehenden Personen. Die Fahrzeuge würden zu gleiken Konditionen auch an Fremde vermietet. Ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten könne daher nicht unterstellt werden. Auch eine Prüfung der Frage des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der Lohnsteuerpflicht würde zu keinem Ergebnis führen, weil die monatlich zu entrichtende Miete angemessen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, daß sämtliche Unterhaltungskosten, wie z. B. Benzin, Öl, Wartung, Reparaturen usw. zu Lasten der Mieter gingen. Da sie kraft Rechtsform einen Gewerbebetrieb darstelle und die hier in Rede stehenden PKW an Selbstfahrer vermietet seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage gegeben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Allerdings durfte die Vorinstanz die Klage nicht schon mit der Begründung abweisen, daß der Einspruch verspätet eingelegt worden sei. Richtig ist der Ausgangspunkt der Überlegung der Vorinstanz, daß für jedes Wirtschaftsgut ein selbständiger Zulageanspruch gegeben ist, daß über jeden Zulageanspruch grundsätzlich gesondert zu entscheiden ist, daß aber mehrere Entscheidungen, ohne daß die Ansprüche ihre Selbständigkeit verlieren, in einem Bescheid zusammengefaßt werden können (Urteil des Senats VI R 305/67 vom 24. Mai 1968, BFH 92, 402, BStBl II 1968, 572). Das FA hätte es also durchaus in der Hand gehabt, im Bescheid vom 23. April 1968 die Festsetzung der Investitionszulage für einen Teil der Wirtschaftsgüter für vorläufig zu erklären, die Ablehnung für die drei PKW jedoch schon endgültig auszusprechen. Das FG übersieht nun aber, daß das FA eine Beschränkung der Vorläufig-Erklärung auf die anderen Wirtschaftsgüter mit Ausnahme der drei PKW jedenfalls nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Der erste Satz der Erklärung, nach der der Bescheid vorläufig gemäß § 100 Abs. 2 AO ist, enthält keinerlei Einschränkung dahin, daß er sich etwa nicht auf den Bescheid in seinem gesamten Inhalt, also einschließlich der Ablehnung der Investitionszulage für die 3 PKW, beziehen sollte. Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat (Urteile VI 129/63 U vom 13. November 1964, BFH 81, 563, BStBl III 1965, 203, und VI R 199/66 vom 11. August 1967, BFH 90, 385, BStBl II 1968, 127), ist ein vorläufiger Steuerbescheid voll vorläufig, wenn das FA nicht eindeutig und unmißverständlich den Umfang der Vorläufigkeit erklärt hat (ebenso Urteil des BFH II 64/62 vom 17. März 1970, BFH 99, 393, BStBl II 1970, 705, DB 1970, 2056).
Der Senat schließt sich der Auffassung beider Verfahrensbeteiligter an, daß der Bescheid vom 23. April 1968 in vollem Umfange als vorläufig und die Verfügung vom 4. September 1968, soweit darin nicht Investitionszulage zurückgefordert wird, als Endgültig-Erklärung anzusehen ist. Gegen diese, dem Revisionskläger am 5. September 1968 zugegangene Verfügung ist daher durch das am 4. Oktober 1968 beim FA eingegangene Schreiben noch wirksam Einspruch eingelegt worden.
2. Für Personenkraftfahrzeuge wird nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964 eine Investitionszulage nur gewährt, wenn sie im eigenen gewerblichen Betrieb ausschließlich der Beförderung von Personen gegen Entgelt dienen oder an Selbstfahrer vermietet oder für Fahrschulzwecke verwendet werden. Diese Gesetzesfassung schließt es, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, nicht aus, daß ein Unternehmen nicht ausschließlich Mietwagenverleih betreibt, sondern diesen Gewerbezweig neben anderen ausübt. Die Tatsache, daß die GmbH ein Verlagsunternehmen ist, würde daher für sich allein der Gewährung der Investitionszulage für die drei PKW nicht entgegenstehen.
Andererseits ist aber Voraussetzung für die Gewährung der Investitionszulage, daß der Mietwagenverleih im eigenen gewerblichen Betrieb ausgeübt wird. Mit Recht weist das FA darauf hin, daß diese Voraussetzung nur dann erfüllt ist, wenn der Mietwagenverleih auch für sich allein einen Gewerbebetrieb begründen würde.
Nach ständiger Rechtsprechung ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht der Gewinnerzielung unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, es sei denn, daß es sich um Ausübung von Landund Forstwirtschaft oder um Ausübung eines freien Berufs oder sonst einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt (BFH-Urteil VI 133/60 U vom 13. Dezember 1961, BFH 74, 331, BStBl III 1962, 127). Im Streitfall fehlt es bereits, worauf das FA zutreffend hinweist, hinsichtlich der Vermietung der PKW an einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Die PKW sind an Personen vermietet worden, die als Gesellschafter oder als Prokuristen mit der GmbH eng verbunden sind. Dieser Personenkreis stellt noch keine Allgemeinheit dar. Ein Unternehmen, das etwa seine Angestellten und Arbeiter in unternehmenseigene Ferienheime verschickt, wird dadurch noch nicht zu einem reisebetreibenden Unternehmen. Ebensowenig machen etwa Badeeinrichtungen eines Unternehmens für Betriebsangehörige das Unternehmen zu einer gewerbsmäßig betriebenen Badeanstalt. Diese Auffassung des Senats entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, nach dessen Begründung (Bundestags-Drucksache IV/2267) insbesondere für Personenkraftfahrzeuge, die der Beförderung des Unternehmers selbst oder seiner Betriebsangehörigen dienen, eine Investitionszulage nicht gewährt werden soll. Das Vorbringen der GmbH, daß sie zu denselben Konditionen an nicht mit dem Unternehmen verbundene Dritte ebenfalls PKW vermieten würde, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen, solange tatsächlich eine Vermietung nur an mit der GmbH eng verbundene Personen erfolgt.
Zur Annahme eines Gewerbebetriebs fehlt es des weiteren an der Absicht der Gewinnerzielung, da die sog. Mieten offensichtlich noch nicht einmal die Selbstkosten der GmbH decken. Bei einem Mietpreis (ohne anteilige Haftpflichtversicherungsprämie und Kraftfahrzeugsteuer) von 105 DM monatlich hatten die "Mieter" angesichts eines Anschaffungspreises von etwa 10 000 DM lediglich eine Jahresmiete von 1 260 DM zu entrichten. Bei einer üblicherweise angenommenen Abschreibungsdauer von drei bis höchstens fünf Jahren werden hierdurch noch nicht einmal die Nettoanschaffungskosten gedeckt. Für ein etwaiges, vom Mieter nicht zu ersetzendes, weil unverschuldetes Risiko ist ein Entgelt überhaupt nicht vorgesehen. Es ist nicht ersichtlich, worin hierbei dann noch ein Gewinn für die GmbH liegen sollte. Der möglicherweise gelegentlich vorhandene geschäftliche Zwang, als Entgelt für Anzeigengeschäfte Waren der betreffenden Auftraggeber hereinzunehmen, kann nicht begründen, daß die Vermietung mit der Absicht der Gewinnerzielung vorgenommen worden ist. Die GmbH weist selbst darauf hin, daß diese Geschäfte auf eine Erhöhung des Anzeigenumsatzes abzielten.
Der Hinweis der GmbH, daß Kapitalgesellschaften nur gewerbliche Einkünfte haben könnten, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Entscheidend ist nicht, ob Einnahmen im weiteren Sinne zu den gewerblichen Einnahmen gehören, sondern ob entsprechend der Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964, wie sie der Senat auslegt, das Verleihgeschäft für sich die Merkmale eines Gewerbebetriebs aufweist. Die Vorschrift stellt besondere Voraussetzungen auf, die an dem Zweck des BHG ausgerichtet sind. Dieser Zweck, der im Wortlaut der Vorschrift seinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat, schließt es aber aus, daß auch bei betriebsinternen, für Prokuristen und Gesellschafter verwendeten PKW eine Investitionszulage gewährt wird, wie sie für den gewerblich betriebenen Mietwagenverleih vorgesehen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 69342 |
BStBl II 1971, 173 |
BFHE 1971, 9 |