Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsrecht
Leitsatz (amtlich)
In § 8 Abs. 2 StBerG sind unter "Finanzverwaltung" nur die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder im Sinne der Gesetze über die Finanzverwaltung vom 6. September 1950 (BGBl I S. 448) und vom 15. Mai 1952 (BGBl I S. 293) zu verstehen.
Normenkette
StBerG § 8 Abs. 2
Tatbestand
Der 1913 geborene Bf., der von 1931 bis 1945 der Wehrmacht angehörte und sich anschließend in Kriegsgefangenschaft befand, war vom 14. Januar 1946 bis 24. Oktober 1953 beim Finanzamt X (SBZ) tätig, und zwar vom Juni 1948 bis 1. Februar 1949 als Bezirksbearbeiter, vom 1. Februar 1949 bis Oktober 1953 als Buch- und Betriebsprüfer, später als Ober- und Großbetriebsprüfer. Am 24. September 1948 hatte er die Prüfung für den gehobenen Dienst bestanden. Vom 1. November 1953 bis 10. September 1958 war er Helfer in Steuersachen in X. Nach Verlassen der Sowjetzone am 11. September 1958 war er Innenrevisor bei der ...bank in Y, seitdem ist er Revisor und Steuersachbearbeiter bei einem Wirtschaftsprüferbüro.
Der Zulassungsausschuß bei der Oberfinanzdirektion lehnte den Antrag des Bf. vom 1. November 1961 auf Befreiung von der Steuerbevollmächtigtenprüfung ab, weil der Bf. nicht zehn Jahre in der Finanzverwaltung tätig gewesen sei. Auch könne er nicht nach § 15 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 16. August 1961 (StBerG) - BGBl I S. 1301 - als Steuerbevollmächtigter wiederbestellt werden, da er nur bis September 1958 als Helfer in Steuersachen tätig gewesen sei, aber nicht die Eigenschaft als Steuerbevollmächtigter erworben habe.
Die Berufung des Bf. wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Seine Rb. begründet er wie folgt: Die Vorinstanz erkenne zwar an, daß er fünf Jahre als Sachbearbeiter auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig gewesen sei, meine jedoch zu Unrecht, daß unter Finanzverwaltung im Sinne des § 8 Abs. 2 StBerG nur die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder zu verstehen seien, nicht aber auch die Finanzverwaltung der Sowjetzone. Entscheidend müsse jedoch die fachliche und sachliche Tätigkeit und Erfahrung durch eine mindestens fünf Jahre dauernde, auf dem Gebiet des Steuerwesens als Sachbearbeiter oder dergleichen ausgeübte Tätigkeit sein. Die allzu enge, geradezu einschränkende Auslegung des Begriffs "Finanzverwaltung" durch Anführung der §§ 109, 120, 121 StBerG entspreche nicht dem Sinne dieses Gesetzes. Der angeführte Kommentar von Bühring zum StBerG wolle in der Anm. 3 zu § 8 nur den Unterschied zwischen den Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder und denjenigen der kommunalen Körperschaften betonen. Die Finanzverwaltung der Sowjetzone könne nicht gleichsam ausländischen Finanzverwaltungen gleichgestellt werden. Es treffe auch nicht zu, daß das Steuersystem der Zone, in deren Verwaltung er bis 1953 tätig gewesen sei, gleich nach dem Zusammenbruch andere Wege gegangen sei. Es würde den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzten, wenn er deshalb anders behandelt würde, weil er die Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens in einer deutschen staatlichen Finanzverwaltung abgeleistet habe, die nun außerhalb des Geltungsbereichs des GG liege. Er sei als Flüchtling mit C-Ausweis völlig jenen Deutschen gleichgestellt, die das Glück gehabt hätten, von Anfang an in der Bundesrepublik ihren Wohnsitz oder Arbeitsplatz zu haben.
Die Oberfinanzdirektion macht demgegenüber geltend, daß die Vorinstanz zu Recht die Finanzverwaltung der Sowjetzone nicht als Finanzverwaltung im Sinne des StBerG gelten lasse, im übrigen aber es dem Bf. an einer zehnjährigen Dienstzeit in der Finanzverwaltung fehle.
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat keinen Erfolg.
Nach § 8 Abs. 2 StBerG sind von der Steuerbevollmächtigtenprüfung zu befreien ehemalige Beamte und Angestellte der Finanzverwaltung, die während der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Dienst mindestens fünf Jahre lang auf dem Gebiete des Steuerwesens als Sachbearbeiter oder in mindestens gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind. Wie der Senat in seinem Urteil VII 224/63 U vom 21. Juli 1964 (BStBl 1964 III S. 496) entschieden hat, bedarf es danach nicht einer zehnjährigen Dienstzeit des Bewerbers in der Finanzverwaltung, sondern genügt es, wenn die geforderte fünfjährige Tätigkeit innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Ausscheiden aus dem Dienst der Finanzverwaltung stattgefunden hat.
Mit Recht hat aber die Vorinstanz die in § 8 Abs. 2 StBerG geforderten Voraussetzungen beim Bf. deshalb nicht als erfüllt angesehen, weil er seine Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens nicht in einer Finanzverwaltung im Sinne dieses Gesetzes ausgeübt hat. Wenn nämlich ein Gesetz einen Begriff verwendet, der in einem bereits geltenden anderen Gesetz einen ganz bestimmten Inhalt hat, so spricht das mangels triftiger gegenteiliger Anhaltspunkte dafür, daß der gleiche Wortlaut nicht etwas anderes zum Ausdruck bringt. Daher ist auch, wenn das StBerG u. a. in § 8 Abs. 2 von "Finanzverwaltung" spricht, davon auszugehen, daß es damit die Finanzverwaltung in dem Sinne meint, wie es das Gesetz über die Finanzverwaltung vom 6. September 1950 (BGBl 1950 S. 448) und auch das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung vom 15. Mai 1952 (BGBl I S. 293) tun, zumal da es sich um Gesetze handelt, die auf einem Gebiet liegen, das sich mit dem des Steuerberatungsrechts berührt. Nach beiden Gesetzen sind jedoch unter Finanzverwaltung nur die darin erwähnten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zu verstehen. Irgendein Anhaltspunkt aber dafür, daß im StBerG der Begriff Finanzverwaltung trotz des gleichen Wortlauts einen anderen Inhalt hat wie in den genannten Gesetzen über die Finanzverwaltung, ist nicht ersichtlich.
Auch aus dem Sinn der Vorschrift ist nichts zugunsten einer abweichenden Auslegung des Begriffs Finanzverwaltung zu entnehmen. § 8 StBerG befreit unter bestimmten Voraussetzungen Bedienstete der Finanzverwaltung von Prüfungen, die andere Bewerber, von denen die Erfüllung der in §§ 5, 6 genannten Voraussetzungen verlangt wird, vor Behörden der Finanzverwaltung in dem oben dargelegten Sinne ablegen müssen, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet eben des Steuerwesens nachzuweisen, auf dem die Behörden tätig sind. Dementsprechend kann sinnvollerweise die Befreiung von der Prüfung nur solchen Bewerbern zugute kommen, die ihr Können an Stelle einer Prüfung dadurch nachgewiesen haben, daß sie bei Behörden dieser Finanzverwaltung und auf dem Gebiet dieses Steuerwesens die verlangten fünf Jahre in der Stellung eines Sachbearbeiters oder in gleichwertiger Stellung Dienst geleistet haben. Das aber trifft bei früheren Angehörigen von Finanzbehörden der Sowjetzone ebensowenig zu wie bei Bewerbern, die z. B. lediglich in der früheren Reichsfinanzverwaltung tätig waren, aber nie einer Finanzverwaltung des Bundes oder der Länder, wie sie durch neue Organisationsnormen in den Jahren 1949 und 1950 geschaffen worden sind, angehört haben.
Der Senat ist aus den vorstehenden Erwägungen der Auffassung, daß in § 8 Abs. 2 StBerG unter "Finanzverwaltung" nur die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder im Sinne der oben genannten Finanzverwaltungsgesetze zu verstehen sind.
Demgemäß kommt eine Befreiung des Bf. von der Steuerbevollmächtigtenprüfung auf Grund seiner Tätigkeit in der Sowjetzone nicht in Betracht, ohne daß er damit gegenüber anderen Bewerbern, die ebenfalls nicht der Finanzverwaltung im vorstehenden Sinne angehört haben, ungleich behandelt würde.
Mit Recht hat die Vorinstanz weiter festgestellt, daß auch eine Wiederbestellung des Bf. im Hinblick auf seine Tätigkeit als Helfer in Steuersachen nicht möglich ist. Denn wie der Senat in seinem Urteil VII 225/63 U vom 17. März 1964 (BStBl 1964 III 282, Slg. Bd. 79 S. 139) entschieden hat, ist eine Wiederbestellung nach § 15 StBerG nur bei Personen zulässig, die nach dem Inkrafttreten des StBerG zum Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestellt oder wegen der Ausübung eines derartigen steuerberatenden Berufs zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes nach § 109 StBerG ohne nochmalige Bestellung Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter geworden waren. Im einzelnen wird auf die Gründe des genannten Urteils verwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 411494 |
BStBl III 1965, 153 |
BFHE 1965, 428 |
BFHE 81, 428 |