Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung zur Vermögensteuer für das Kalenderjahr 1949 (ß 3 VStVeranlG) vorgelegen haben, kommt es bei der Anwendung des § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG auf die Verhältnisse am 1. Januar 1949, nicht auf diejenigen am Währungsstichtage an.
Sind der Gläubiger und ein Gesamtschuldner der 10 : 1 umgestellten Reichsmarkverbindlichkeit (Miteigentümer des belasteten Grundstückes) zur Vermögensteuer 1949 zusammen zu veranlagen, so entfällt die Hypothekengewinnabgabe für den ganzen Schuldnergewinn und nicht nur entsprechend dem Schuldenanteil des Gesamtschuldners.
Normenkette
LAG § 97 Abs. 1 Nr. 8; VStG § 11; VStVeranlG § 3
Tatbestand
Der Abgabepflichtige ist bis 1957 eingetragener Eigentümer eines Grundstückes gewesen, das am 20. Juni 1948 unter anderem mit einer Höchstbetragssicherungshypothek von 25.000 RM zugunsten des Herrn X. belastet war. Grundstückseigentümer waren am Währungsstichtage Frau E. S. zu 1/2 und ihre Söhne J. S. und H. S. zu je 1/4, sämtlich als Erben ihres Ehemannes bzw. Vaters W. S. Frau E. S. hat am 4. Juli 1948 den Gläubiger X. geheiratet. Das Finanzamt hat den Abgabepflichtigen unter anderem auch wegen eines Schuldnergewinnes in Höhe von 9/10 der genannten RM-Verbindlichkeit von 25.000 RM zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen. Im Einspruchsverfahren hat der Abgabepflichtige in erster Linie vorgetragen, der Sicherungshöchsthypothek habe in Wahrheit eine persönliche Förderung des Herrn X. gegen Herrn W. S. niemals zugrunde gelegen; die Bestellung der Sicherungshöchsthypothek habe Scheincharakter gehabt und nur dazu gedient, den Gläubigern des Herrn W. S. den Zugriff zu dem belasteten Grundstück zu erschweren. Die Sicherungshypothek sei stets Eigentümergrundschuld gewesen. Hilfsweise hat sich der Abgabepflichtige auf § 97 Abs. 1 Nr. 8 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) berufen; nach dieser Vorschrift könne allenfalls nur die Hälfte des Währungsgewinnes der Hypothekengewinnabgabe unterworfen werden. Die Berufung des Abgabepflichtigen hat zu seiner Freistellung geführt; das Finanzgericht hat sich zwar der Auffassung des Abgabepflichtigen, der Sicherungshöchsthypothek habe keine persönliche Forderung zugrunde gelegen, nicht angeschlossen, es hat aber § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG auf den ganzen Währungsgewinn angewandt. Diese Beurteilung hält der Vorsteher des Finanzamts in seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) unter Bezugnahme auf den Erlaß des Bundesministers der Finanzen IV C-LA 2535 - 4/54 vom 28. September 1954 (LA-Kartei, Karte 1 zu § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG) für unrichtig.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Nach § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG sind von der Hypothekengewinnabgabepflicht Schuldnergewinne aus der Umstellung von Verbindlichkeiten zwischen solchen Personen ausgenommen, bei denen nach § 11 des Vermögensteuergesetzes (VStG) die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung zur Vermögensteuer für das Kalenderjahr 1949 vorgelegen haben. In Ergänzung von § 11 VStG bestimmt § 3 des Vermögensteuer-Veranlagungsgesetzes (VStVeranlG), daß für die Haushaltsbesteuerung an Stelle der Verhältnisse zu Beginn des 21. Juni 1948 die Verhältnisse zu Beginn des 1. Januar 1949 zugrunde zu legen sind, wenn sich in der Zeit nach dem Beginn des 21. Juni 1948 die Voraussetzungen für die Haushaltsbesteuerung geändert haben. Dieser Sachverhalt ist hier gegeben, weil der Gläubiger der RM-Verbindlichkeit, Herr X., eine Gesamtschuldnerin dieser Verbindlichkeit, Frau E. S., nach dem 21. Juni 1948 - nämlich am 4. Juli 1948 - geheiratet hat. Herr X. und seine Ehefrau sind mithin entsprechend den angeführten Gesetzesbestimmungen zur Vermögensteuer für das Kalenderjahr 1949 zusammen zu veranlagen (vgl. hierzu auch Vermögensteuer-Richtlinien - VStR - 1949 Abschnitt 145 Abs. 1 auf Seite 227). Daraus folgt, daß nach dem Wortlaut des § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG die Verbindlichkeit zwischen Herrn und Frau X. (früher Frau E. S.) für die Hypothekengewinnabgabe außer Betracht bleibt. Dies hat das Finanzgericht zutreffend ausgeführt. Der angefochtenen Entscheidung ist darin beizutreten, daß die Auffassung des Bundesministers der Finanzen in seinem oben erwähnten Erlaß vom 28. September 1954 der gesetzlichen Grundlage entbehrt. Zwar ist es richtig, daß die Hypothekengewinnabgabe grundsätzlich an die Verhältnisse vom 21. Juni 1948 anknüpft. Hiervon macht aber § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG infolge seiner Verknüpfung mit der Vermögensteuerveranlagung 1949 eine Ausnahme. Die Tatsache, daß die Bestimmung des § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG im Rahmen der Hypothekengewinnabgabe systemwidrig ist, berechtigt die Finanzbehörden und Finanzgerichte nicht dazu, den § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG gegen seinen Wortlaut auszulegen. Soweit sich die Ausführungen des Erlasses auf das Vorliegen der unbeschränkten Vermögensteuerpflicht beziehen, mag ihnen zuzustimmen sein. Im übrigen erscheinen jedoch die Schlußfolgerungen bedenklich. Wenn der Gesetzgeber bei der Frage nach der Befreiung von der Hypothekengewinnabgabe auf die vermögensteuerlich bestehenden Sondervorschriften in § 3 VStVeranlG abstellt, so sind keine zwingenden Gründe erkennbar, weshalb das Gesetz nicht seinem Wortlaut gemäß angewendet werden soll; zudem wird schwerlich gesagt werden können, daß die Nichtbeachtung des § 3 VStVeranlG insgesamt gesehen zu gerechteren Ergebnissen führt. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut wäre nur gerechtfertigt, wenn seine Anwendung sinnwidrige und wirtschaftlich unvertretbare Folgen mit sich bringen würde. Die Bedeutung des Währungsstichtages wird angesichts der Gesetzesregelung zurücktreten müssen, um so mehr, als der im Erlaß vertretenen Ansicht, daß die im Zusammenhange mit den Voraussetzungen für die Veranlagung zur Vermögensteuer unterlassene Erwähnung des Währungsstichtages nichts besage, da das auf Grund des die Hypothekengewinnabgabe beherrschenden Prinzips entbehrlich erschienen sei, nicht beigetreten werden kann. Einmal dürfte eine dahingehende Normierung möglich gewesen sein, andererseits kommt es nicht darauf an, welche Vorstellungen dem Gesetzgeber bei dem Erlaß einer gesetzlichen Bestimmung vorgeschwebt haben. Maßgebend kann vielmehr nur der objektive Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung, hier des § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG, sein. Auch die Kommentare zum LAG sprechen sich für den 1. Januar 1949 als Stichtag der Zusammenveranlagung aus (Harmening, Anm. 17 zu § 97; Hopf-Littmann, Anm. 8 zu § 97; Kühne-Wolff, Anm. 11 zu § 97; Schulze-Brachmann, Meilicke, Georgi, Anm. 14 zu § 97).
Dem Finanzgericht ist schließlich darin zuzustimmen, daß es die Entstehung der Abgabeschuld nicht nur zur Hälfte, sondern im vollen Umfange verneint hat. Die angefochtene Entscheidung führt zutreffend aus, daß die Gesamtschuldnerin Frau E. S. dem Gläubiger X., ihrem späteren Ehemann, gemäß §§ 2058, 421 BGB zur vollen Leistung der Schuld verpflichtet war, als Verbindlichkeit im Sinne des § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG daher der Gesamtbetrag der RM-Verbindlichkeit von 25.000 RM in Betracht kommt, Das Finanzgericht hat deshalb den Abgabepflichtigen zutreffend von der Hypothekengewinnabgabe für den Währungsgewinn aus der RM-Verbindlichkeit von 25.000 RM freigestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 409399 |
BStBl III 1959, 338 |
BFHE 1960, 202 |
BFHE 69, 202 |