Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anrechnung der Kostenpauschale auf den ausbildungsbedingten Mehraufwand
Leitsatz (NV)
Gemäß DA-FamEStG 63.4.2.3 Abs. 4 Satz 1 ist die bei der Ermittlung der Bezüge des Kindes zu berücksichtigende Kostenpauschale nicht auf den ausbildungsbedingten Mehraufwand i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 und Satz 4 EStG anzurechnen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-4; DA-FamEStG
Tatbestand
Streitig ist, in welchem Umfang bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes während des Zeitraums der Berufsausbildung Aufwendungen zu berücksichtigen sind.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhielt bis Dezember 1998 für seine am 29. Januar 1979 geborene Tochter S Kindergeld in Höhe von 220 DM monatlich. Die S besuchte im Rahmen ihrer Ausbildung zur Erzieherin von September 1996 bis Juli 1998 die Berufsfachschule in K und absolvierte von August 1998 bis Juli 1999 ein einjähriges Berufspraktikum. Für die Monate Januar bis Juli 1998 erhielt sie Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 7 x 615 DM = 4 305 DM sowie von August bis Dezember 1998 Arbeitslohn in Höhe von 11 086 DM. Für die Zeit von Januar bis Juli 1998 machte der Kläger als Aufwendungen der S geltend: Unterbringung im Wohnheim, 7 Monate zu 450 DM, insgesamt 3 150 DM; Fahrtkosten 22 Wochen zu 60 km (einfach) zu 1,04 DM je km, insgesamt 1 372,80 DM (zusammen 4 522,80 DM). Für die Zeit ab 1. August 1998 setzte der Kläger weitere 1 190 DM als Werbungskosten der S an (Fahrtkosten zwischen der Wohnung in D und dem Ausbildungsort in Höhe von 532 DM, Kosten für den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung in B in Höhe von 428 DM, Kosten für Fachliteratur und Arbeitsmittel pauschal mit 200 DM und Kosten der Kontoführung mit pauschal 30 DM).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Arbeitsamt ―Familienkasse―) sah den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 12 360 DM durch die Einkünfte und Bezüge der S als überschritten an. Er setzte das Kindergeld für die S ab Januar 1998 auf 0 DM fest und forderte den danach für 1998 überzahlten Betrag in Höhe von 2 640 DM zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt. Zur Begründung führte es aus: Der Grenzbetrag von 12 360 DM sei nicht überschritten; die vom Kläger für Januar bis Juli 1998 aufgeführten Aufwendungen, gegen die die Familienkasse keine substantiierten Einwendungen erhoben habe, seien als Abzugsposten zu berücksichtigen.
Dagegen wendet sich die Familienkasse mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG rügt. Zur Begründung führt sie aus: Die Einnahmen der S im Jahre 1998 hätten 15 391 DM betragen (7 x 615 DM BAföG sowie Ausbildungsvergütung 5 x 2 058,80 DM, ferner Weihnachtsgeld von 792,56 DM). Die Kosten für die Unterbringung im Wohnheim in Höhe von 3 150 DM könnten nach Maßgabe der Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 2000 VI R 128/00 (BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495) und vom 21. Juli 2000 VI R 153/99 (BFHE 193, 316, BStBl II 2000, 566) nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung zählten zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung nicht jedoch zu den Werbungskosten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. November 2000 VI R 62/97, BFHE 193, 444, BStBl II 2001, 491). Die Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten der S während der Monate Januar bis Juli 1998 könnten in Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur in Höhe von 0,70 DM für jeden Entfernungskilometer berücksichtigt werden, so dass sich insoweit ein Betrag in Höhe von 924 DM ergebe. Für den Zeitraum August bis Dezember 1998 seien für die Fahrten der S von der Wohnung zum Ausbildungsort die geltend gemachten 532 DM als Werbungskosten anzusetzen. Die Kosten für den Besuch der Fortbildungsveranstaltung in B in Höhe von 428 DM seien ebenfalls ―wie vom Kläger geltend gemacht― zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Kosten für Fachliteratur und Arbeitsmittel in Höhe von pauschal 200 DM sowie die Kosten der Kontoführung mit pauschal 30 DM. Insgesamt könnten deshalb Werbungskosten in Höhe von 2 114 DM von den Einkünften und Bezügen der S abgezogen werden. Von den Bezügen sei zusätzlich die Kostenpauschale in Höhe von 360 DM abzuziehen. Die Einkünfte und Bezüge der S beliefen sich im Jahr 1998 somit ―nach der Berechnung der Familienkasse― auf insgesamt 12 917 DM. Der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in Höhe von 12 360 DM sei deshalb überschritten.
Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22. August 2000 2 K 2747/99 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er geltend, es seien noch die während des Besuchs der Fachschule für Sozialpädagogik in K angefallenen Unterkunftskosten in Höhe von 3 150 DM (7 Monate à 450 DM) zu berücksichtigen. An Fahrtkosten seien für den Zeitraum von Januar bis Juli 1998 je km der Hin- und Rückfahrt 1,04 DM anzusetzen, insgesamt also 1 372,80 DM. Mindestens seien Mehraufwendungen für Verpflegung während des Schulbesuches anzusetzen (22 Wochen x 5 Tage x 10 DM = 1 100 DM). Für den Zeitraum August bis Dezember 1998, in dem die S Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit erzielt habe, sei der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 2 000 DM anzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, sie war deshalb zurückzuweisen
(§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die Einkünfte und Bezüge der S haben den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung in Höhe von 12 360 DM nicht überschritten.
1. Entgegen der von der Familienkasse angestellten Berechnung sind die Einkünfte und die Bezüge eines Kindes jeweils gesondert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn ausbildungsbedingter Mehraufwand des Kindes zu berücksichtigen ist.
a) Die Einnahmen der S aus nicht selbständiger Arbeit (für den Zeitraum August bis Dezember 1998) beliefen sich auf insgesamt 11 086 DM. Davon ist der Werbungskostenpauschbetrag gemäß
§ 9a Satz 1 Nr. 1 a EStG in Höhe von 2 000 DM abzusetzen, so dass die Einkünfte der S im Jahr 1998 9 086 DM betragen.
b) Die als Bezüge zu erfassenden BAföG-Leistungen, die die S während des Zeitraums Januar bis Juli 1998 erhalten hat, beliefen sich auf insgesamt 4 305 DM. Davon ist gemäß der Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) 63.4.2.3 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. 63.4.2.8. Abs. 2 Nr. 1 (BStBl I 1998, 386, 435) in der insoweit durch das Schreiben des Bundesamtes für Finanzen (BfF) vom 31. März 1999 -St I 4 -S 2280- 22/99- (BStBl I 1999, 452) ergänzten Fassung die anteilige Kostenpauschale in Höhe von 210 DM (360 x 7/12) abzusetzen. Damit verbleiben zu berücksichtigende Bezüge der S in Höhe von 4 095 DM.
c) Von der Summe der Einkünfte und Bezüge des Kindes (13 181 DM) ist gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG entsprechend den Urteilen des erkennenden Senats vom 14. November 2000 VI R 52/98 (BFHE 193, 454, BStBl II 2001, 489) und in BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495) der ausbildungsbedingte Mehraufwand des Kindes abzuziehen, nämlich die Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten während des Besuchs der Fachschule für Sozialpädagogik in K im Zeitraum Januar bis Juli 1998 in Höhe von 924 DM. Dabei ist in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG je Entfernungskilometer ein Betrag in Höhe von 0,70 DM anzusetzen (vgl. dazu das Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 77/00). Damit belaufen sich die Einkünfte und Bezüge der S abzüglich des ausbildungsbedingten Mehraufwandes auf insgesamt 12 257 DM, so dass der für den Veranlagungszeitraum 1998 geltende Jahresgrenzbetrag in Höhe von 12 360 DM nicht überschritten ist.
d) Gemäß DA-FamEStG 63.4.2.3 Abs. 4 Satz 1, der sich die Bundesanstalt für Arbeit -Familienkasse- in der Revisionsbegründung vom 18. April 2001 angeschlossen hat, ist die bei der Ermittlung der Bezüge zu berücksichtigende ―anteilige― Kostenpauschale auf den ausbildungsbedingten Mehraufwand i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG nicht anzurechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 664366 |
BFH/NV 2002, 189 |