Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine nachträgliche Änderung der bestandskräftigen Wahl einer erhöhten Absetzung zur Vermeidung des Objektverbrauchs
Leitsatz (NV)
Haben sich die vom Steuerpflichtigen für ein Erstobjekt in Anspruch genommenen erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in bestandskräftigen Steuerfestsetzungen ausgewirkt, kann er seine Wahl nicht mehr durch den Ansatz einer anderen Abschreibung rückgängig machen, um so bei einem Folgeobjekt den Objektverbrauch i.S. von § 6 EigZulG zu vermeiden.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1, 3, § 7; EStG §§ 7b, 10e
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, beantragte beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) für eine Erweiterung ihres selbstgenutzten Hauses Eigenheimzulage ab dem Jahre 2002. Für dieses hatten sie bereits für acht Jahre (1988 bis 1995) einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch genommen. Das FA gewährte die Eigenheimzulage nur für das Jahr 2002. Es ging davon aus, dass für die Streitjahre (2003 bis 2009) Objektverbrauch eingetreten sei. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus einer fremdvermieteten Eigentumswohnung für sieben Jahre (1983 bis 1989) erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes in der im jeweiligen Jahr gültigen Fassung (EStG) geltend gemacht. Die Veranlagungen, in denen entsprechende Absetzungsbeträge berücksichtigt worden sind, sind bestandskräftig geworden.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt und gewährte die Eigenheimzulage auch für die Streitjahre. Die Klägerin könne für das erste Objekt statt der erhöhten Absetzungen eine ebenfalls in Betracht kommende degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) wählen. Objektverbrauch sei deshalb nicht eingetreten. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1197 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FG hat zu Unrecht für die Streitjahre Eigenheimzulage gewährt.
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein "Objekt" in Anspruch nehmen. "Objekte" im Sinne dieser Vorschrift sind Wohnungen sowie Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 2 EigZulG). Entfällt wegen der Aufgabe der Eigennutzung beim Erstobjekt die Voraussetzung für die weitere Inanspruchnahme der Eigenheimzulage, kann der Anspruchsberechtigte hinsichtlich des nicht ausgenutzten Förderzeitraums Eigenheimzulage für ein weiteres Objekt (Folgeobjekt) beanspruchen (§ 7 Sätze 1 bis 3 EigZulG). Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz EigZulG). Der Eigenheimzulage (für Erstobjekte) stehen die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG sowie die Abzugsbeträge nach § 10e EStG (für Erstobjekte) gleich (§ 6 Abs. 3, § 7 Satz 4 EigZulG).
Die in § 6 Abs. 3, § 7 Satz 4 EigZulG enthaltene Gleichstellungsanordnung hat zur Folge, dass Ehegatten, die für insgesamt zwei Objekte bereits erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG oder Abzugsbeträge nach § 10e EStG in Anspruch genommen haben, Eigenheimzulage für ein weiteres Objekt nur zusteht, wenn sie den früheren Begünstigungszeitraum (§ 7b Abs. 5 Sätze 4 und 5 EStG) oder Abzugszeitraum (§ 10e Abs. 4 Sätze 4 bis 6 EStG) nicht voll ausgeschöpft haben.
In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob --wie die Klägerin geltend macht-- erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG zu Unrecht gewährt worden sind. Objektverbrauch tritt auch dann ein, wenn ein Steuerpflichtiger erhöhte Absetzungen für ein für die Begünstigung untaugliches Objekt in Anspruch nimmt und diese Vergünstigung sich bei ihm steuerlich ausgewirkt hat (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Dezember 1992 IX R 137/88, BFH/NV 1993, 361, m.w.N.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2001 X B 93/01, BFH/NV 2002, 190, zu Abzugsbeträgen nach § 10e EStG).
2. Kommen entweder erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG oder degressive AfA in Betracht, so entscheidet sich der Steuerpflichtige für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG, wenn er nicht den vollen Abschreibungsbetrag der degressiven AfA geltend macht (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 7b Rz. 35; Boeker in Lademann/Söffing/ Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7b Anm. 109); ein Übergang von den (so gewählten) erhöhten Absetzungen zur degressiven AfA ist (dann) nicht (mehr) möglich (BFH-Urteil vom 17. Februar 1976 VIII R 188/71, BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414; Schmidt/Drenseck u. Boeker, jeweils a.a.O.; a.A. Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 1988, 437, 438).
§ 7b EStG eröffnet dem Steuerpflichtigen zwar dem Grund und der Höhe nach ein an keine Frist gebundenes Wahlrecht zur Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen. Hat er dieses jedoch in der Einkommensteuererklärung ausgeübt und haben sich die erhöhten Absetzungen auf eine bestandskräftige Steuerfestsetzung ausgewirkt, ist der Steuerpflichtige an die getroffene Wahl gebunden und kann die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nicht durch einen nachträglichen Austausch gegen bisher nicht geltend gemachte Werbungskosten oder Sonderausgaben rückgängig machen. Die fortbestehende Bestandskraft eines Einkommensteuerbescheides erlaubt es nicht, eine einmal ausgeübte Wahl erhöhter Absetzungen nachträglich unter Auswechslung von Besteuerungsgrundlagen zu ändern (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621, zur Nachholung erhöhter Absetzungen; vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 74/03, BFH/NV 2005, 1910, zur Eigenheimzulage).
3. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze hat das FG zu Unrecht keinen Objektverbrauch angenommen und für die Streitjahre Eigenheimzulage gewährt. Nach seinen mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) haben die Klägerin und ihr Ehemann für das eigengenutzte Haus Abzugsbeträge nach § 10e EStG im gesamten Abzugszeitraum in Anspruch genommen. Bei der im Jahre 1983 angeschafften (vermieteten) Eigentumswohnung haben sie für sieben Jahre des Begünstigungszeitraums erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG geltend gemacht. Dies ergibt sich zum einen aus der entsprechenden Kennzeichnung in den Einkommensteuererklärungen. Darüber hinaus haben die Klägerin und ihr Ehemann nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG im Jahre 1984 nicht den höheren Abschreibungsbetrag der degressiven AfA, sondern eine geringere Absetzung vorgenommen. Eine solche Möglichkeit besteht nur bei den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG, die der Steuerpflichtige in jedem Veranlagungszeitraum mit bis zu 5 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Objekts beanspruchen kann (§ 7b Abs. 1 Satz 1 EStG). Der für die Erweiterung am eigengenutzten Haus als Folgeobjekt geltend gemachte Anspruch auf Eigenheimzulage ab 2002 besteht damit --wie vom FA berücksichtigt-- nur für ein Jahr.
4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klägerin hat wegen Objektverbrauchs keinen Anspruch auf die Gewährung von Eigenheimzulage für die Streitjahre. Ihre darauf gerichtete Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1461782 |
BFH/NV 2006, 258 |