Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerpflichtiges Besitzunternehmen. GmbH. Grundstücksgemeinschaft. Betriebsaufspaltung. Sachliche und personelle Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft. Stimmrechtsausschluss. Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtsprechung des BFH zur Betriebsaufspaltung ist mit dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) vereinbar.
2. Wer als Teilhaber einer Gemeinschaft nach Bruchteilen auch an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, an welche die Gemeinschaft ein Grundstück vermietet hat, kann von der Ausübung des Stimmrechts in der Gemeinschaft ausgeschlossen sein, wenn es sich um die Vornahme von Rechtsgeschäften der Grundstücksgemeinschaft mit der Kapitalgesellschaft handelt. Ist dies der Fall, dann fehlt es an der personellen Verflechtung zwischen der Grundstücksgemeinschaft und der Kapitalgesellschaft, die Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsaufspaltung mit der Rechtsfolge eines Gewerbebetriebs der Grundstücksgemeinschaft ist.
Orientierungssatz
1. Zu den Voraussetzungen der sachlichen Verflechtung des Besitzunternehmens und der Betriebsgesellschaft bei der Betriebsaufspaltung gehört, daß das Grundstück, das das Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft vermietet, eine wesentliche Betriebsgrundlage ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.1985 VIII R 342/82).
2. Das FA ist grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, in jedem Besteuerungsabschnitt einen Besteuerungstatbestand neu zu beurteilen und ggf. von einer Beurteilung in früheren Veranlagungszeiträumen abzuweichen.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2; GewStG § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1; GewStDV § 1 Abs. 1; BGB §§ 741, 744-745; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der inzwischen verstorbene K.M. war in den Streitjahren (1972 bis 1974) an einer GmbH mit 100 v.H. beteiligt. Die GmbH betrieb ihr gewerbliches Unternehmen auf einem Grundstück, das sie von einer Grundstücksgemeinschaft gemietet hatte. An der Grundstücksgemeinschaft waren in den Streitjahren K.M. zu 2/3 und seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) mit 1/3 beteiligt. K.M. ist von den Klägern beerbt worden.
K.M. und die Klägerin zu 1. erklärten in ihren gemeinsamen Steuererklärungen 1972 bis 1974 die Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah die Einkünfte aufgrund einer 1976 durchgeführten Betriebsprüfung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an (unechte Betriebsaufspaltung) und erließ 1978 erstmals entsprechende Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie tragen zur Begründung der Revision vor:
1. Das FG habe entgegen dem klaren Akteninhalt den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt und sei dadurch zu einer unrichtigen Rechtsauslegung gekommen. Aus der Ergänzung des Mietvertrags vom 1.Februar 1952 ergebe sich eindeutig, daß nur die Grundstücksfläche an die GmbH vermietet worden sei. Die aufstehenden Gebäude habe die GmbH selbst errichtet. Ab 1.Januar 1968 sei lediglich die Miete für dieselbe Grundstücksfläche entsprechend den allgemeinen Mietsteigerungen erhöht worden. Die GmbH sei rechtlicher Eigentümer der aufstehenden Gebäude; denn es handle sich bei diesen nur um "vorübergehende" Bestandteile i.S. des § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Vermietung der bloßen Grundstücksfläche sei keine Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage.
2. Im Streitfall sei eine wirtschaftliche Einflußnahme auf die GmbH durch die langfristige Vermietung des Grundstücks ausgeschlossen gewesen. Es seien keine Gewinnverlagerung und keine Teilwertabschreibung auf die GmbH-Anteile erfolgt. Aus der Entstehung von Besitzgemeinschaft und Betriebsgesellschaft im Streitfall ergebe sich, daß weder eine echte noch eine unechte Betriebsaufspaltung vorliege. Von einer Gleichrichtung der Interessen zwischen K.M. und der Klägerin zu 1. i.S. einer gemeinsamen Beherrschung der Betriebsgesellschaft könne wegen der zwischen K.M. und der Klägerin zu 1. vereinbarten Gütertrennung keine Rede sein.
3. In der rückwirkenden Erfassung der Grundstücksgemeinschaft als gewerbliches Besitzunternehmen liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Dem FA seien die tatsächlichen Verhältnisse etwa seit 1970 bekannt gewesen. Niemals sei die Erfassung der Grundstücksgemeinschaft als Gewerbebetrieb aufgegriffen worden. Es sei stets nach den abgegebenen Erklärungen veranlagt worden. Das Ergebnis (keine Betriebsaufspaltung) sei durch zwei zwischenzeitliche Betriebsprüfungen bestätigt worden.
Die Kläger beantragen, das FG-Urteil und die Gewerbesteuermeßbescheide 1972 bis 1974 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.Juni 1978 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
I. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob im Streitfall die Grundstücksgemeinschaft als gewerbesteuerpflichtiges Besitzunternehmen bei einer Betriebsaufspaltung anzusehen ist (§ 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 2 Abs.1, Abs.2 Nr.1 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--).
1. Die bloße Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken ist grundsätzlich Vermögensverwaltung und kein Gewerbebetrieb. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Betriebsaufspaltung (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 8.November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) dann, wenn die von einer Einzelperson, einer Gemeinschaft oder einer Personengesellschaft betriebene Vermietung oder Verpachtung (Besitzunternehmen) die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft --Betriebsgesellschaft-- zum Gegenstand hat (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft in dem Sinne beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung).
Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung. Das Besitzunternehmen ist ein Gewerbebetrieb.
2. An dieser steuerrechtlichen Beurteilung hat der Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) nichts geändert.
a) Der Große Senat hat allerdings in diesem Beschluß die Gepräge-Rechtsprechung mit der Begründung aufgegeben, daß die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft regelmäßig durch die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt wird. Daraus wurde geschlossen, der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung sei der Boden entzogen worden, weil die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft nicht mehr der Besitzgesellschaft zugerechnet werden dürfe. Diese Ansicht beruht auf einer unrichtigen Voraussetzung. Die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung rechnet nicht die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft der Besitzgesellschaft zu. Sie beruht vielmehr darauf, daß die Vermietung oder Verpachtung bei Vorliegen besonderer Umstände nicht mehr als Vermögensverwaltung, sondern als eine gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist. Die besonderen Umstände, welche es im Falle der Betriebsaufspaltung rechtfertigen, die Vermietung oder Verpachtung durch die Besitzgesellschaft als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen, sind die sachliche und die personelle Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft (Beschluß des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
b) Die Auffassung des Großen Senats im Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, daß sich die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft regelmäßig nach der Tätigkeit der Gesellschaft bestimmt, hindert auch nicht die Annahme einer personellen Verflechtung in den Fällen, in denen die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft nicht der Besitzgesellschaft, sondern deren Gesellschaftern gehören. Denn der Große Senat erweitert in diesem Zusammenhang das Betriebsvermögen der Personengesellschaft um das Kapital und die Wirtschaftsgüter, welche die Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlassen haben (§ 15 Abs.1 Nr.2 EStG). Das bedeutet, daß bei der Prüfung der personellen Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebskapitalgesellschaft auch das Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft zu berücksichtigen ist, obgleich es zivilrechtlich im Eigentum der Gesellschafter der Personengesellschaft steht. Sonderbetriebsvermögen liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn Wirtschaftsgüter der Gesellschafter dazu bestimmt und geeignet sind, dem Betrieb der Gesellschaft zu dienen. Im Fall der Betriebsaufspaltung genügt es, daß die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft dazu dienen, den einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebskapitalgesellschaft durchzusetzen (BFH-Urteile vom 23.Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 14.August 1975 IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88; vom 19.Januar 1973 III R 27/71, BFHE 108, 551, BStBl II 1973, 438). Das trifft nach den angeführten Entscheidungen auf die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft zu, die den Gesellschaftern der Besitzpersonengesellschaft gehören.
c) Schließlich ergibt sich aus dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 auch keine Einschränkung für die Annahme einer sachlichen Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft. Die sachliche Verflechtung setzt voraus, daß die vermieteten oder verpachteten Wirtschaftsgüter eine wesentliche Betriebsgrundlage der Betriebsgesellschaft sind (Beschluß des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Obgleich es sich insoweit um eine Voraussetzung handelt, die im Unternehmen der Betriebsgesellschaft verwirklicht wird, darf sie bei der Prüfung der sachlichen Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft berücksichtigt werden. Denn das Abstellen auf die Tätigkeit der Personengesellschaft bei der Bestimmung der Art der Einkünfte ihrer Gesellschafter bedeutet nicht, daß die besonderen Umstände, die nach dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit durch Vermietung oder Verpachtung rechtfertigen, ausschließlich in der Besitzgesellschaft vorhanden sein müssen. Es genügt, daß die Besitzgesellschaft die Tätigkeit des Vermietens oder Verpachtens entfaltet. Die besonderen Umstände der sachlichen Verflechtung und der personellen Verflechtung sind nicht Teil dieser Tätigkeit, sondern verleihen ihr lediglich die Eigenschaft eines Gewerbebetriebs.
3. Ob im Streitfall die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung mit der Rechtsfolge eines Gewerbebetriebs der Grundstücksgemeinschaft erfüllt sind, kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen.
a) Unschädlich für die Annahme einer Betriebsaufspaltung ist, daß die Anteile an der GmbH nicht den Teilhabern der Grundstücksgemeinschaft gemeinschaftlich zustanden (§ 741 BGB), sondern dem Teilhaber K.M. allein. Denn sie dienten dazu, in der Grundstücksgemeinschaft und in der GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen und wurden dadurch Sonderbetriebsvermögen der Grundstücksgemeinschaft (siehe oben unter Nr.2 b).
Das hat, wenn die übrigen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind (siehe unten Nr.3 b, c), zur Folge, daß die Einkünfte der Teilhaber der Grundstücksgemeinschaft aus der Vermietung des Grundstücks an die GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind. Da diese Einkünfte beiden Teilhabern der Grundstücksgemeinschaft zuzurechnen waren, haben beide Teilhaber, auch die Ehefrau des Teilhabers K.M., die an der GmbH nicht beteiligt war, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Diese Auffassung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 2.August 1972 IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796) und wird durch den Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 nicht in Frage gestellt, sondern bestätigt. Denn nach diesem Beschluß kommt es bei der Bestimmung der Einkunftsart der Gesellschafter einer Gesellschaft oder der Teilhaber einer Gemeinschaft nach Bruchteilen regelmäßig auf die Tätigkeit der Gesellschaft oder der Gemeinschaft an. Eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, wie sie im Streitfall vorliegt, kann zwar im Gegensatz zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) oder zur Personenhandelsgesellschaft als solche zivilrechtlich keine Tätigkeit entfalten. Die Vermietung oder Verpachtung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch K.M. und die Klägerin zu 1. ist jedoch zivilrechtlich eine Tätigkeit beider Teilhaber der Gemeinschaft und damit eine Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Beschlusses des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, welche, wenn die Voraussetzungen einer personellen und einer sachlichen Verflechtung vorliegen (siehe unten Nr.3 b, c), als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen ist.
b) Die personelle Verflechtung der Grundstücksgemeinschaft und der GmbH wäre im Streitfall nach dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 vorhanden gewesen, wenn K.M. rechtlich oder tatsächlich in der Lage gewesen wäre, in der Grundstücksgemeinschaft und in der GmbH seinen Willen durchzusetzen. Was die GmbH anbelangt, stand die Beherrschung durch den alleinigen Gesellschafter K.M. außer Frage. Dagegen läßt sich ohne weitere tatsächliche Feststellungen durch das FG nicht abschließend beurteilen, ob K.M. seinen Willen auch in der Grundstücksgemeinschaft durchsetzen konnte.
Diese war eine Gemeinschaft nach Bruchteilen (§ 741 BGB), bei der die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands durch Mehrheitsbeschlüsse erfolgt (§ 745 BGB; Urteil in BFHE 106, 325, 328, BStBl II 1972, 796; Woerner, Betriebs-Berater --BB-- 1985, 1609, 1614). Gegenstände einer Verwaltungsentscheidung durch Mehrheitsbeschluß sind auch die Vermietung oder die Verpachtung, die Einziehung der Miet- oder Pachtzinsen, die Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses (Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 744, 745 Rdnrn.4, 14). Unerheblich ist, daß der Mehrheitsherrschaft in einer Gemeinschaft Grenzen gesetzt sind, daß sie z.B. den Nutzungsanteil des einzelnen Teilhabers und eine wesentliche Veränderung des gemeinschaftlichen Gegenstands nicht umfaßt (§ 745 Abs.3 BGB; vgl. Karsten Schmidt, a.a.O., §§ 744, 745 Rdnrn.16 ff.). Denn zur Beherrschung im Sinne der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung genügt die Herrschaft über die Geschäfte des täglichen Lebens. Der erkennende Senat schließt dies daraus, daß der BFH in der Frage der Beherrschung der Betriebskapitalgesellschaft von dem Erfordernis einer Beteiligung von 75 v.H. abgerückt ist und sich mit einer einfachen Mehrheit begnügt hat (Urteil vom 28.November 1979 I R 141/75, BFHE 129, 279, BStBl II 1980, 162).
K.M. konnte daher mit seiner Beteiligung von 2/3 an der Grundstücksgemeinschaft diese beherrschen, wenn nicht sein Stimmrecht in Angelegenheiten, welche die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zwischen der Grundstücksgemeinschaft und der GmbH betrafen, ausgeschlossen war. Ob dies der Fall war, erscheint in rechtlicher Hinsicht zweifelhaft. Der I.Senat des BFH hat in dem Urteil vom 9.November 1983 I R 174/79 (BFHE 140, 90, BStBl II 1984, 212) darauf hingewiesen, daß nach einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassung der Gesellschafter einer Personengesellschaft sein Stimmrecht nicht ausüben darf, wenn es sich um die Vornahme eines Rechtsgeschäfts der Personengesellschaft mit diesem Gesellschafter oder mit einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft handelt. Gleiches wird für eine Gemeinschaft nach Bruchteilen angenommen. Davon betroffen wären im Fall der Betriebsaufspaltung solche Gesellschafter oder Teilhaber der Gemeinschaft, die an der Betriebskapitalgesellschaft allein oder mit Mehrheit beteiligt sind, wenn es sich um die Vornahme von Rechtsgeschäften zwischen der Besitzgesellschaft oder Besitzgemeinschaft mit der Betriebskapitalgesellschaft handelt. Diese Auffassung wird zum Teil auf eine entsprechende Anwendung der § 34 BGB, § 252 Abs.3 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.d.F. vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes (AktG) 1937, § 47 Abs.4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), zum Teil auf § 181 BGB gestützt (vgl. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, mit weiteren Nachweisen; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 1.Band, 1.Teil, Die Personengesellschaft, 246 ff., mit weiteren Nachweisen; Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 709, Rdnrn. 55 bis 57; Karsten Schmidt, a.a.O., §§ 744, 745 Rdnr.15; Urteile des Reichsgerichts --RG-- vom 3.Mai 1932 II 438/31, RGZ 136, 236, 245; vom 20.Dezember 1939 II 88/39, RGZ 162, 370, 373 --zweifelnd im Hinblick auf die Änderung des Aktienrechts durch das AktG 1937--; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29.März 1971 III ZR 255/68, BGHZ 56, 47 --zweifelnd für den Fall eines Rechtsgeschäfts einer Erbengemeinschaft mit einer Kapitalgesellschaft, an der nur ein Miterbe nicht beteiligt ist, der dann über Rechtsgeschäfte mit der Kapitalgesellschaft wohl nicht allein bestimmen könne--). Die Zweifel, die in der Rechtsprechung und im Schrifttum bei der Beurteilung dieser Frage geäußert werden, lassen es nicht zu, von einer festgefügten zivilrechtlichen Auffassung auszugehen. Hinzu kommt, daß der Ausschluß des Stimmrechts, soweit er auf eine entsprechende Anwendung der § 34 BGB, § 47 Abs.4 GmbHG gestützt wird, in den Grenzen der guten Sitten als abdingbar angesehen wird (Zöllner, a.a.O., 194) und, soweit er auf § 181 BGB gestützt wird, in dieser Vorschrift selbst als abdingbar behandelt wird ("soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist").
Unter diesen Umständen kommt es darauf an, wie die Gesellschafter einer Personengesellschaft oder die Teilhaber einer Gemeinschaft nach Bruchteilen die Frage des Stimmrechtsausschlusses tatsächlich handhaben. Das FG wird dazu für den Streitfall die erforderlichen Feststellungen treffen. Ergibt sich, daß K.M. bei der Vornahme von Rechtsgeschäften der Grundstücksgemeinschaft mit der GmbH vom Stimmrecht ausgeschlossen war, dann fehlte es an einer personellen Verflechtung der Grundstücksgemeinschaft und der GmbH. War er dagegen nach der tatsächlichen Handhabung vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen, dann waren die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung der Grundstücksgemeinschaft und der GmbH erfüllt.
c) Weiterer tatsächlicher Feststellungen des FG bedarf es auch, um feststellen zu können, ob die Voraussetzungen einer sachlichen Verflechtung der Grundstücksgemeinschaft und der GmbH erfüllt waren. Zu diesen Voraussetzungen gehört, daß das Grundstück, welches die Grundstücksgemeinschaft an die GmbH vermietet hat, eine wesentliche Betriebsgrundlage war. Dazu verweist der Senat auf sein Urteil vom heutigen Tag VIII R 342/82 (BFHE 145, 396). Die tatsächlichen Feststellungen des FG zu dieser Frage sind widersprüchlich. Auf der einen Seite hat das FG festgestellt, daß 1952 eine Festmiete von monatlich 1 050 DM festgelegt worden sei, "da die Vermietung seit der Zerstörung der Betriebsgebäude im Jahre 1945 im wesentlichen nurmehr die Grundstücksfläche" umfasse und daß sich die Besitzgemeinschaft an den Wiederaufbaukosten nur mit ca. 48 500 DM beteiligt habe. Das könnte dafür sprechen, daß die Wiederaufbaukosten im wesentlichen von der GmbH getragen worden sind und auch in den Streitjahren --wie die Kläger in der Revision vortragen-- an die GmbH nur der Grund und Boden verpachtet war. Andererseits aber hat das FG festgestellt, daß nach dem Mietvertrag von 1968 Büroräume, ein Lagerraum, zwei Hallenbauten, ein Hinterhaus, ein Vorbau, ein Durchgang, ein Tiefbrunnen und Hofräume vermietet seien.
II. Der Senat teilt die Auffassung der Kläger nicht, daß in der "rückwirkenden Erfassung" der Grundstücksgemeinschaft als gewerbliches Besitzunternehmen ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege; denn das FA ist grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, in jedem Besteuerungsabschnitt einen Besteuerungstatbestand neu zu beurteilen und ggf. von einer Beurteilung in früheren Veranlagungszeiträumen abzuweichen.
III. Das Vorbringen der Kläger, das FA habe die tatsächlichen Verhältnisse schon seit 1970 gekannt, kann nicht zu einer Verletzung des § 173 der Abgabenordnung (AO 1977) führen, weil es sich bei den angefochtenen Bescheiden nach den Feststellungen des FG um erstmalige Gewerbesteuermeßbescheide handelt.
Fundstellen
Haufe-Index 60915 |
BStBl II 1986, 296 |
BFHE 145, 401 |
BFHE 1986, 401 |
BB 1986, 651-653 (ST) |
DB 1986, 837-839 (ST) |
DStR 1986, 307-308 (ST) |
DStZ 1986, 488-491 (ST) |
DStZ, Beihefter zu Nr 15-16/1986 (ST) |
HFR 1986, 299-302 (ST) |