Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur freiwilligen Leistung eines Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft in Gestalt eines Forderungsverzichts

 

Leitsatz (NV)

Ein Gesellschafter erbringt seiner Kapitalgesellschaft keine der Gesellschaftsteuer unterliegende freiwillige Leistung in Gestalt eines Forderungsverzichts, wenn er die jährliche Summe seiner monatlichen Tätigkeitsvergütungen seinen jeweiligen Gewinnanteilen zuschlagen läßt.

 

Normenkette

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, § 5 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine GmbH & Co. KG - besteht aus einer GmbH als persönlich haftendem Gesellschafter und Geschäftsführer und ferner einem Kommanditisten, der gleichzeitig einziger Gesellschafter der Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer ist. In der zuletzt genannten Eigenschaft führt er auch die Geschäfte der KG. Die GmbH hat keine Einlage erbracht; die des Kommanditisten hat 10 000 DM betragen.

Nach Nr. 16 des Gesellschaftsvertrages der KG hat der Geschäftsführer ,,in seiner Eigenschaft als Kommanditist - nicht in seiner Eigenschaft als Organ der geschäftsführenden GmbH -" 3 000 DM monatlich als Tätigkeitsvergütung zu erhalten. Gemäß Nr. 26 des Gesellschaftsvertrages war diese Vergütung ,,ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung . . . jedoch vor Feststellung des Jahresertrages . . . als Kosten (Aufwand) zu verbuchen". Von dem sich aufgrund der Nr. 26 des Gesellschaftsvertrages nach Berücksichtigung von Tätigkeitsvergütung, Aufwendungsersatz und Zinsen ergebenden Gewinn oder Verlust sollten zunächst 3 000 DM auf die Komplementär-GmbH und der verbleibende Restgewinn auf den Kommanditisten entfallen (Nr. 29 des Gesellschaftsvertrages).

Nach einer im Jahre 1977 durchgeführten Kapitalverkehrsteuerprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) davon aus, daß die Tätigkeitsvergütungen während der Jahre 1972 bis 1975 nicht - wie vereinbart - monatlich unter Verbuchung als Aufwand ausgezahlt worden seien; sie seien dem Kommanditisten vielmehr jährlich im Rahmen der Gewinnverteilung insgesamt gutgeschrieben worden. Dies sei ein Forderungsverzicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972.

Der gegen den Gesellschaftsteuerbescheid eingelegte Einspruch ist erfolglos geblieben.

Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) den angefochtenen Bescheid auf.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KVStG 1972 unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters einer inländischen Kapitalgesellschaft (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 KVStG 1972) in Gestalt des Verzichts auf Forderungen unter der Voraussetzung, daß die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972) zu erhöhen. Der Kommanditist der Klägerin hat keine Leistungen an die Klägerin erbracht. Das Gesetz verlangt, daß der Leistende in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Gesellschaft Vorteile einräumt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1974 II R 109/72, BFHE 114, 445, BStBl II 1975, 265). Eine Leistung i. S. der Vorschrift liegt nur dann vor, wenn durch sie der Kapitalgesellschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972) neue Vermögenswerte unmittelbar zugeführt werden (BFH-Urteil vom 5. März 1975 II R 18/66, BFHE 115, 289, BStBl II 1975, 453). Hieran fehlt es im Streitfall.

II. Aus dem dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Sachvortrag des beklagten FA ergibt sich, daß der Kommanditist nicht auf ihm gegen die Klägerin zustehende Forderungen - auch nicht durch Genehmigung der Bilanzen - verzichtet hat. Dabei mag dahingestellt bleiben - das FG hat hierzu mangels entsprechenden Vortrages der Beteiligten nichts festgestellt -, ob und in welcher Höhe der Kommanditist durch (ihm gestattete, laufende) Entnahmen, die ihm gegen die Klägerin zustehenden Ansprüche auf Tätigkeitsvergütungen zum Erlöschen gebracht hat.

Das FG hat festgestellt, ,,daß dem Kommanditisten die Tätigkeitsvergütungsbeträge im Rahmen der Gewinngutschriften auch tatsächlich zugeflossen sind". Diese Darstellung läßt nicht erkennen, ob jeweils die Jahressumme der monatlich geschuldeten Vergütungen als sog. Gewinnvoraus dem auf den Kommanditisten entfallenden Gewinnanteil gesondert zugerechnet worden ist; denkbar ist es auch, daß die Vergütungen mangels gesonderter Verbuchung dieser Summe in dem auf den Kommanditisten nach ,,Berücksichtigung von Aufwendungsersatz und Zinsen" und Abzug des der GmbH zustehenden Gewinnanteils in Höhe von 3 000 DM (Nr. 29 des Gesellschaftsvertrages) entfallenden Gewinnanteil rechnerisch unabgetrennt enthalten sind.

Auch wenn man zugunsten des beklagten FA von der zuletzt genannten Möglichkeit ausgeht, fehlt es an einer Leistung des Kommanditisten. Er hat nicht - im Rahmen der handelsrechtlich unrichtigen Bilanzierung - auf seine Forderungen aus Geschäftsführertätigkeit verzichtet, sondern den Gegenwert dieser Forderungen als Teil des ihm jährlich zustehenden Gewinnanteils erhalten. Die Klägerin ist nicht dadurch reicher geworden, daß die Jahressumme der monatlichen Tätigkeitsvergütung den jeweiligen Gewinnanteilen des Kommanditisten zugeschlagen wurde, anstatt sie als Verbindlichkeiten auszuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413859

BFH/NV 1987, 325

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